Protocol of the Session on October 25, 2001

Kein anderer Bereich in Niedersachsen - wir haben heute Morgen über die Umfragen gesprochen wurde so aufgebläht wie die Staatskanzlei. Im Vergleich zu 1998, lieber Kollege Schurreit, ist das Personal um mehr als 30 % verstärkt worden. Bei der Auflösung des Bundesratsministeriums im Jahre 1994 waren es 162 Stellen, und im Jahr 2003 werden es insgesamt 261 Stellen sein. Das ist immerhin eine Steigerung um mehr als 61 %. Ich möchte deutlich sagen: Die Leistungen in diesem Land, die von einer Staatskanzlei ausgehen müssten, stehen im umgekehrt proportionalen Verhältnis zur Aufblähung dieser Staatskanzlei.

(Beifall bei der CDU)

Ihnen fehlt es an einem klaren Kurs, insbesondere im Bereich der Verwaltungsreform. Sie haben die Stelle des Beauftragten für Staatsmodernisierung, die in diesem Lande mit viel Tamtam geschaffen wurde, inzwischen in die Bedeutungslosigkeit verbannt. Hierzu möchte ich aus dem Ministerial

blatt zitieren. Der Beauftragte für Staatsmodernisierung - auch das war schon einmal Thema in diesem Hause - wird inzwischen nach B 7 und seine Stellvertreterin nach B 4 besoldet. Welche Aufgaben haben Sie ihm eigentlich noch gelassen?

„Die oder der Beauftragte für Staatsmodernisierung ist berechtigt, sich unmittelbar bei dem Projektverantwortlichen über einzelne Maßnahmen zu informieren.“

(Zuruf von der CDU: Donnerwetter!)

Des Weiteren muss er an der Öffentlichkeitsarbeit hinsichtlich der Einzelprojekte frühzeitig beteiligt werden. Außerdem nimmt er mit beratender Stimme am Lenkungskreis Verwaltungsreform teil. - Wie können Sie allen Ernstes behaupten, dass das ein verantwortlicher Mann ist, der in Niedersachsen die Verwaltungsreform voranbringen soll?

(Beifall bei der CDU)

Ich finde, Sie haben durch die Aufteilung auf Staatskanzlei und Innenministerium einen Stand von vor 1998 erreicht, und das ist nicht hilfreich für Niedersachsen. Es fehlt in diesem Land an einer Verwaltungsreform aus einer Hand, Herr Rabe, aus einem Guss, wenn Sie so wollen. Sie wagen sich nicht an die Reform der Mittelinstanz. Sie verstecken die Probleme des Landes in Dutzenden von Diskursen,

(Frau Leuschner [SPD]: Das haben wir doch gemacht!)

in großen Quasselbuden, liebe Frau Leuschner, wo in Form einer großen Landesvolkshochschule am Ende darüber berichtet wird, dass ältere Menschen zu Kassenwarten ausgebildet werden sollen. Das ist die Realität in Sachen Verwaltungsreform in Niedersachsen.

Darüber hinaus sind die Mitarbeiter des Landes demotiviert. Das zeigen die Umfragen bestens, die wir heute Morgen besprochen haben.

(Beifall bei der CDU)

Darüber sollten Sie sich aber nicht wundern. Insbesondere der Finanzminister hat sich groß dafür abfeiern lassen, dass er den Beamten des Landes Niedersachsen Leistungszulagen versprochen hatte. Seit 1998 wurden jedoch den Beamten in

Niedersachsen insgesamt 160 Millionen DM, die ihnen versprochen wurden, vorenthalten. Ich meine, Sie sind am Ende in Sachen Verwaltungsreform.

Ich möchte darauf hinweisen, was der Hauptpersonalratsvorsitzende im Innenministerium dazu ausgeführt hat:

„Wer kann noch guten Gewissens für Ziele werben,“

- er meint die Verwaltungsreform

„die schon morgen als absurd gelten? Wer in diesem Zusammenhang noch von Motivation als einem der Ziele der Verwaltungsreform spricht, hat von Menschenführung keinen blassen Schimmer.“

Ein schlechteres Zeugnis hätte man Ihnen in Sachen Verwaltungsreform nicht ausstellen können. Ich finde, Sie verschanzen sich inzwischen in der Staatskanzlei, während draußen Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit für diese Landesregierung und für diejenigen, die Verantwortung für eine Verwaltungsreform, für den Aufbau dieser Landesregierung tragen, kontinuierlich wegbrechen. Die Verwaltungsreform ist nur noch Stückwerk. Sie schmücken sich mit Justizministern, die im eigenen Land nicht für Sicherheit sorgen können und gefährdete Personen ins Ausland verschicken.

(Möhrmann [SPD]: Reden Sie zum Antrag, Herr Kollege! - Weitere Zuru- fe von der SPD)

All diese Dinge sind beste Beispiele dafür, dass Sie in diesem Bereich nicht vorangekommen sind. Selbst dann, Herr Rabe, wenn die verfassungsrechtlichen Bedenken, die der GBD angezweifelt hat, nicht bestehen sollten und wir nicht einen Minister ohne Geschäftsbereich, also sozusagen einen Minister nur mit Sonderaufgaben hätten, werden wir dem Antrag der Grünen zustimmen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Hagenah, wenn ich es ganz genau nehme, dann darf ich Ihnen eine Redezeit von bis zu 15 Sekunden zubilligen. Da Sie aber vorhin sozusagen abgewürgt worden sind, erlaube ich mir

die Freiheit, Ihnen eine Redezeit von bis zu zwei Minuten zu erteilen.

(Möhrmann [SPD]: Der hat sich doch selber abgewürgt!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Rabe hat ein ziemlich einseitiges Bild von den Beratungen im Fachausschuss dargestellt. Herr Rabe, Sie unterschlagen die Argumente des Landesrechnungshofes. Das ist in Ordnung; das würde ich an Ihrer Stelle auch so machen. Aber Sie müssen bedenken, dass wir bis zum Ende dieser Legislaturperiode - das verkündet ja die Landesregierung immer stolz - die Anzahl der Beschäftigten des Landes Niedersachsen um 12 000 reduziert haben werden. Außerdem ist zu erwähnen, dass es heute in der Staatskanzlei - das hat Ihnen der Landesrechnungshof vorgeworfen; das ist sehr nachvollziehbar - zehn Beschäftigte in der Besoldungsgruppe B 6 und höher gibt, also genauso viele, wie es in der Staatskanzlei und im Europaministerium gab, als es das noch gegeben hat. Vor diesem Hintergrund darf man sich doch nicht wundern, dass die Beschäftigten im Lande Niedersachsen der Meinung sind, dass mit Verwaltungsreform letztendlich nur Einsparungen gemeint sind, die nur bei ihnen vorgenommen werden, und an der Spitze nicht gespart wird.

(Frau Leuschner [SPD]: Woher neh- men Sie das?)

- Dass das demotiviert, entnehme ich den Befragungsergebnissen, Frau Leuschner. Mit der Personalauswahl und mit den Personalentscheidungen sind im Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales nur 8 % und im MI nur 20 % zufrieden. Der Frage, ob sich ihre Tätigkeit seit Beginn der Verwaltungsreform positiv verändert hat, stimmen im MI nur 16 % zu, und der Frage, ob bei dem Reformvorhaben Bedürfnisse der Mitarbeiter berücksichtigt wurden, stimmen nur 18 % der Mitarbeiter zu. Mehr als 80 % der Mitarbeiter im für Verwaltungsreform zuständigen Ministerium sagen also, dass dieses für sie nur Nachteile gebracht hat. Und dann fragen Sie, woher ich weiß, dass die Reform bei den Beschäftigten keine Unterstützung mehr findet und dass die innere Kündigung um sich greift? Sie müssen diese Zahl ernst nehmen und sich klar machen, dass die Aufgabe des Arbeitgebers in der Reform eine fürsorgende und eine der Verlässlichkeit ist. Wenn Sie diesen Weg verlas

sen, dann wird der Widerstand noch viel stärker werden, als er im Augenblick ist, und seinen Niederschlag nicht nur in Befragungsergebnissen finden. Daran werden Sie noch denken. - Auf Wiederhören.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratungen.

(Unruhe bei der SPD und bei der CDU)

- Ich freue mich ja immer, wenn die Kollegen Veranlassung zur Heiterkeit haben. Angesichts der bevorstehenden Abstimmung müssen wir diese ein wenig abstellen.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht in der Drucksache 2712 zustimmen will und damit den Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 2285 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Der Beschlussempfehlung ist gefolgt.

Meine Damen und Herren, wir befinden uns am Ende unserer Beratungen und treten jetzt in die Mittagspause ein. Sie wird bis 15 Uhr dauern. Ich wünsche Ihnen guten Appetit.

Unterbrechung: 13.21 Uhr.

Wiederbeginn: 15 Uhr.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Mittagspause. Bevor wir zu Tagesordnungspunkt 24 kommen, möchte ich eine Anmerkung machen. In der gestrigen Plenarsitzung ist unter Punkt 5 unserer Tagesordnung kontrovers diskutiert worden. In der zum Teil etwas hitzig geführten Debatte habe ich einen Zwischenruf nicht gehört. Laut Protokoll hat Herr Kollege Plaue den Ausdruck „dreiste Lüge“ benutzt. Dieser Ausdruck ist nach unseren Regeln unparlamentarisch.

(Coenen [CDU]: Ungeheuerlich!)

Im Nachhinein erteile ich Herrn Kollegen Plaue deshalb einen Ordnungsruf.

(Zustimmung bei der CDU - Coenen [CDU]: Immer wieder Plaue! - Plaue [SPD] meldet sich zu einer persönli- chen Bemerkung)

- Bitte?

(Frau Vockert [CDU]: Er möchte sich entschuldigen, Frau Präsidentin!)

- Sie möchten eine persönliche Bemerkung machen. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich respektiere und akzeptiere ich diesen Ordnungsruf. Ich wundere mich nur sehr darüber, dass der Kollege Möllring, der meinen Zwischenruf offenbar zum Anlass genommen hat, sich beim Präsidium über mich zu beklagen, mir ausweislich des Protokolls in der 22. Plenarsitzung - vom Präsidium ungestraft entgegenrufen konnte: „Sie lügen ja schon wieder!“

Ich akzeptiere und respektiere das also. Nur, die Dünnhäutigkeit des Kollegen Möllring wundert mich an dieser Stelle sehr.

(Beifall bei der SPD)

Das war die persönliche Bemerkung des Kollegen Plaue. - Ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 24: Zweite Beratung: Küstenautobahn - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2160 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr Drs. 14/2749

Der Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 2160 wurde in der 69. Sitzung am 26. Januar 2001 an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.