ziert sehr wohl und stellt eine Menge Fragen, die ja die Reaktorsicherheitskommission selbst beantworten will. Sie machen daraus schon eine schlüssig bewiesene Situationsbeschreibung, dass ein akutes Gefährdungspotenzial vorhanden sei.
Ja, ich komme zum Schluss. - Ich teile mit Ihnen die Einschätzung, Frau Harms, dass das sehr ernsthaft geprüft werden muss und dass das eine völlig neue Situation ist. Aber ich bitte dann auch, ein bisschen mehr Besonnenheit an den Tag zu legen, weil Sie sonst Ängste in der Bevölkerung wecken, die wir alle als Politiker nicht wecken dürfen, weil wir sonst eine Sicherheitslage schaffen, die nicht beherrschbar ist. Ich glaube nicht, dass Sie das herbeireden wollen. Deswegen sollten wir alle gemeinsam verantwortlich damit umgehen. Dafür sind die Weichen in Berlin und Hannover gestellt. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den Verlauf der Debatte hatte ich mir ungefähr so vorgestellt. Dazu gehören aber auch keine hellseherischen Kräfte, sondern das kennt man.
Auch unter den Bedingungen, dass wir jetzt in Berlin das Atomenergieausstiegsgesetz im Verfahren haben, ist es für die Atomaufsicht möglich, den sicherheitsorientierten Vollzug sozusagen zum Tragen zu bringen. Dann, wenn Zweifel an der Sicherheit von Anlagen bestehen, muss die Atomaufsicht handeln. Ich habe die öffentlichen Stellungnahmen von Wolfgang Jüttner so gelesen, dass er, ebenso wie andere, berechtigte Zweifel hat. Ich hätte dazu gerne präzise Einschätzungen zu den einzelnen Atomkraftwerken in Niedersachsen. Diese habe ich nicht bekommen.
Lothar Hahn - um es auch für den Kollegen Inselmann noch einmal laut und deutlich zu sagen -, der Vorsitzende der Reaktorsicherheitskommission, hat öffentlich erklärt, dass die Reaktorsicherheitskommission nicht davon ausgeht, dass die Sicherheit eines Reaktors garantiert werden kann, wenn auch nur in der Nähe dieses Reaktors ein großes Verkehrsflugzeug aufprallt.
Wir müssen jetzt nicht darüber reden, ob wir Ängste schüren oder nicht. Diese Ängste sind berechtigterweise in der Welt. Wir müssen allein darüber reden, wie wir jetzt mit diesen Ängsten umgehen. Darin, dass ich - wie andere - sage, eine schnellere Abschaltung von Atomanlagen sei wünschenswert, unterscheide ich mich nicht von dem Umweltminister in Niedersachsen. Wir unterscheiden uns lediglich darin, dass er, wenn er zu einer solchen Einschätzung kommt, in Sachen sicherheitsorientiertem Vollzug Pflichten hat.
Ich kann nur sagen: Jürgen Trittin kann man da im Moment überhaupt nichts vorwerfen. Er hat in Süddeutschland dafür gesorgt, dass mehrere Atomkraftwerke wegen sicherheitstechnischer Bedenken derzeit nicht am Netz sind.
Nun noch einmal zu den Behältern. Ich finde es infam, uns zu unterstellen, wir würden die Geschehnisse des 11. September für die Sicherheitsdebatte instrumentalisieren; denn die Sicherheitsdefizite dieser Behälter sind seit langem bekannt. Die Forderungen, die Behälter anders zu testen, sind immer wieder gestellt worden. Dass diese Sicherheitsmängel jetzt diskutiert werden, liegt an der Atomaufsicht in Niedersachsen mindestens ebenso wie an anderen Aufsichtsbehörden. Niedersachsen hat wegen des Zwischenlagers in Gorleben die längsten Erfahrungen mit der Behältertechnik.
Die Entscheidung, den kommenden Transport an dem geplanten Termin durchzuführen, hat das Land Niedersachsen ausdrücklich unter innenpolitischen Aspekten getroffen.
Sie waren gefragt worden, ob Sie wegen der veränderten Sicherheitslage nach dem 11. September möglicherweise eine andere Einschätzung hinsichtlich der Rahmenbedingungen dieses Transportes hätten. Die Gewerkschaft der Polizei hatte zu diesem Zeitpunkt die Absage gefordert, und es war das Niedersächsische Innenministerium, das ausdrücklich nach Berlin gemeldet hat, es gebe keine veränderte Sicherheitslage.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Harms, der Klarstellung wegen: Erstens hat Herr Trittin im Lande Baden-Württemberg interveniert, weil ein dortiger Kraftwerksbetreiber augenscheinlich und heute erkennbar seit Jahren rechtswidrig seine Kraftwerke betrieben und jedes Mal nach Revision beim Wiederanfahren die rechtlichen Bestimmungen ignoriert hat. Wenn uns das hier passiert wäre, hätten Sie gute Gründe, mir richtig den Hintern zu versohlen. Davon hätten Sie Gebrauch gemacht.
Ich will nur sagen: Da hat Herr Trittin zu Recht interveniert. Das Problem ist die dortige Landesaufsichtsbehörde, weil sie erkennbar schludrig gearbeitet hat.
Zweitens zum Thema Atomtransporte. Sie wissen es, erwecken hier aber den gegenteiligen Eindruck: Die Atomaufsichtsbehörde Niedersachsen wird in diesem Verfahren der Transporte beteiligt, indem sie mitzuteilen hat - das ist, glaube ich, die Auflage 18.2 der entsprechenden Genehmigung -, ob es stimmt, dass das Lager in Gorleben noch da ist; denn wenn es nicht da wäre, dürfte man es nicht hinbringen.
Da gibt es überhaupt keinen Grund, mit dem Kopf zu schütteln. Das ist der atomrechtliche Bestandteil, den das Land Niedersachsen hinsichtlich der Sicherheitsanforderungen bei CASTORTransporten zu gewährleisten hat. Der Rest liegt ausschließlich und abschließend bei der Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter, das Jürgen Trittin untersteht.
Niedersachsen ist einzig und allein mit dem Thema befasst - das betrifft meinen Kollegen Bartling -, ob der Innenminister über die Polizei gewährleisten kann, dass ein Transport sicher von A nach B
kommt. Herr Bartling ist nicht mit der Frage befasst, welche Gefährdungspotenziale in diesen Behältern stecken. Das entscheidet abschließend das BfS. Dies hat im Juni dieses Jahres erklärt, dass von der Sicherheitsseite her alles in Ordnung ist. Deshalb können wir uns solche Sachen hier ersparen.
Auch bezüglich des dritten Punktes muss Klarheit herrschen. Das Land Niedersachsen ist - diesbezüglich hat Rot-Grün von 1990 bis 1994 hinreichend Erfahrungen gesammelt - oberste atomaufsichtliche Behörde im Lande und agiert im Rahmen von Artikel 85 des Grundgesetzes. Da ist nämlich festgelegt, wie der Bund das steuern kann.
Wir haben die Möglichkeit, im Rahmen unserer Aufsicht Auflagen zu erteilen. Das ist dann möglich, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen nicht mehr gegeben sind. Diese Genehmigungsvoraussetzungen werden in § 7 des Atomgesetzes und in seiner Auslegung durch die Gerichte festgelegt. Wenn ich als Landesminister einen Sonderweg der kurzfristigen Eigeninterpretation des Atomrechts gehen und vor dem Hintergrund der Terroranschläge Kraftwerke im Lande stilllegen würde - Sie suggerieren ja, dass ich das eigentlich tun müsste -, dann hätten wir sehr schnell eine Debatte, die sich gewaschen hat. Deshalb hatte ich eingangs eine Bemerkung zur Rechtsstaatlichkeit gemacht. So etwas wäre ohne jede Rechtsgrundlage. Man mag es emotional so empfinden, Frau Kollegin, dass so verfahren werden müsste. Aber dafür gibt es keine Rechtsgrundlage. Ich bin der zuständige Atomminister, und meine Arbeit mache ich auf der Basis der vorhandenen rechtlichen Bestimmungen.
Schauen Sie sich einmal § 17 des Atomgesetzes an. Dort ist im Einzelnen aufgelistet, erstens welche Voraussetzungen gegeben sein müssen und zweitens welche Konsequenzen das nach sich zieht. Wir können gerne ein kleines Privatissimum machen. Ich will Ihnen das gerne zusammen mit unseren Fachleuten erläutern.
Sie erwecken hier den Eindruck, das Land könnte ohne Rücksicht auf das, was die zuständige Bundesbehörde an Vorgaben macht, einen Sonderweg gehen und könnte sich national und international als Held aufspielen.
Die Möglichkeiten hierfür bestehen jedoch nicht. Deshalb kann man sich solche Veranstaltungen auch abschminken. Das ist mit mir nicht machbar. Wir brauchen eine rationale Beschreibung der Risiken - das ist nicht ohne; daraus mache ich überhaupt kein Hehl - und einen nationalen Weg der Therapie, und zwar möglichst zügig. Ich gehe davon aus, dass Jürgen Trittin das genauso sieht und möglichst umgehend eine Reihe von Vorgaben machen wird, die wir im Rahmen unserer aufsichtlichen Tätigkeit umsetzen werden.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ministerpräsident hat heute Morgen gesagt, es gebe keine sicherheitspolitischen Gründe, den für November geplanten CASTORTransport abzusagen. Das ist eine Feststellung, die die Regierung trifft. Wir als Opposition in diesem Hause haben Vertrauen zu dieser Feststellung. Der Innenminister hat aus der Sicht des Landes Niedersachsen sicherlich eine Überprüfung durchgeführt. Aus diesem Grunde tolerieren wir die Entscheidung. Wir gehen davon aus, dass der Innenminister die Sicherheitslage fortlaufend im Blick hat; das ist selbstverständlich. Mehr brauche ich zu diesem Punkt jetzt nicht zu sagen.
Wenn unsere Bürger draußen die Debatte verfolgen, dann wissen sie überhaupt nicht mehr, was los ist. Eines scheint mir klar zu sein, Frau Harms: Wenn Sie eine Absage der CASTOR-Transporte fordern und dies mit der allgemeinen Sicherheitslage nach dem 11. September begründen, dann ist das insofern nicht sehr glaubwürdig, weil Sie die CASTOR-Transporte insgesamt verhindern wollen.
Das ist falsch. Von der CDU-Fraktion haben zwei Leute für den Stopp der Transporte gestimmt. Leider hat die SPD-Fraktion - das sage ich noch zu Ihnen - sehr wenig Vertrauen in die Landesregierung und in den Innenminister. Sie hat nämlich gänzlich für eine Absage der Transporte gestimmt. Das war natürlich ein Problem. Aber der neue Kreistag kommt ja bald. Ich sage Ihnen voraus, dass wir das dann verantwortungsvoll diskutieren werden. - Das dazu.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, wir werden diese Fragen, die sich aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage in der Welt und damit auch in Europa stellen, neu diskutieren müssen. Die Menschen bei uns regt insbesondere auf, dass sich die Bundesregierung einen AK End leistet, der jahrelang über Kriterien diskutiert, keine Vorschläge für neue Erkundungen unterbreitet und dann ein Moratorium mit Stopps aufstellt, bei dem es über viele Jahre keine Chancen gibt, Strahlenmüll in tiefe geologische Formation zu bekommen. Dies müssen wir neu überdenken. Wir als CDU sind im Bund und im Land bereit, darüber zu diskutieren. So, wie Sie sich das vorstellen, geht es natürlich nicht.
Ich möchte nun noch etwas zur Landesregierung sagen. Herr Inselmann, ich wäre sehr neugierig, wie die Einschätzung der Sicherheitslage der Landesregierung wäre, wenn es eine andere Bundesregierung gäbe. Ich kenne ja noch die Abqualifizierung dieser Transporte von Ihnen mit dem Wort „Merkel-Transporte“. Sie werfen Frau Harms vor, dass sie aus parteipolitischen Gründen einen Sonderweg geht, anders als Trittin. Das haben Sie auch immer gemacht.
Im Übrigen - das zum Schluss -: Wir haben bei der letzten Kommunalwahl festgestellt, dass sich Beständigkeit auszahlt. Die Grünen und die SPD haben das auch festgestellt. Gott sei Dank sind es auf kommunaler Ebene künftig nur noch halb so viele SPD-Kollegen wie CDU-Kollegen. So weit ist die SPD abgesackt. Das kommt davon, wenn man eine Politik macht, die unglaubwürdig ist.
Ich will allen Demokraten Folgendes ans Herz legen: Glaubwürdig und nachvollziehbar für die Menschen diskutieren, dann kommen wir weiter! Danke schön.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deshalb schließe ich die Beratungen zur Aktuellen Stunde.
Bevor wir zu den nicht strittigen Eingaben kommen, möchte ich Sie davon unterrichten, dass die Fraktionen übereingekommen sind, dass zu den Tagesordnungspunkten 4, 13 und 15 keine Aussprache stattfinden soll, sondern nur die erforderlichen Abstimmungen durchgeführt werden.