Protocol of the Session on September 18, 2001

Wir kommen zur Abstimmung. Wenn Sie der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr, Drucksache 2644, zustimmen wollen, dann bitte ich um Ihr Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? - Das ist auch nicht der Fall. Dann haben wir, obwohl es nicht so aussah, einstimmig so beschlossen.

Wir kommen jetzt zum

Tagesordnungspunkt 22: Zweite Beratung: Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Anbau nachwachsender Rohstoffe Antrag der Fraktion der CDU – Drs. 14/1898 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - Drs. 14/2668

Dieser Antrag wurde in der 60. Sitzung am 12. Oktober 2000 an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Berichterstatter zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Klein, dem ich das Wort erteile.

(Klein [GRÜNE] begibt sich zu einem Saalmikrofon)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten empfiehlt dem Landtag mit den Stimmen der Vertreter der Fraktion der SPD gegen die Stimmen der Vertreter der CDU-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, den Antrag abzulehnen. Im Übrigen gebe ich den Bericht zu Protokoll.

(Zu Protokoll:)

Gegenstand des Entschließungsantrages ist die Aufforderung an die Landesregierung, für einen wirtschaftlichen Anbau nachwachsender Rohstoffe praxisgerechte Rahmenbedingungen zu schaffen. Insbesondere soll die Höhe des Mindestertrages überdacht werden, an den die EU die Gewährung

der Stilllegungsprämie knüpft, und der Zeitpunkt für seine Festsetzung vorgezogen werden.

Die CDU-Fraktion machte im Rahmen der Ausschussberatung darauf aufmerksam, dass im Vergleich zu anderen Bundesländern die festgesetzten Mindesterträge für Raps als nachwachsenden Rohstoff auf Stilllegungsflächen in Niedersachsen recht hoch seien. Bei einer rechtzeitigen Festlegung des Mindestertrages bestände für die Landwirte zudem die Möglichkeit, aus den Verträgen auszusteigen und den Aufwuchs zu vernichten, anstatt die Differenz der Ernte zum Mindestertrag zukaufen zu müssen.

Der Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betonte, er könne dem Antrag in der Sache zustimmen. Es sei wichtig, angesichts der „absurden Abrechnungsmodalitäten“ und des daraus resultierenden Verwaltungsaufwandes ein Signal zu setzen. Andererseits sei ihm bewusst, dass die Handlungsmöglichkeiten der Landesregierung aufgrund des in diesem Bereich umzusetzenden Gemeinschaftsrechts relativ gering seien.

Der Vertreter der Fraktion der SPD entgegnete, die Regelungen, die das Land gemeinsam mit dem Bund entsprechend den Vorgaben der EU beschlossen habe, müssten angewendet werden; ein Abweichen von dem Verfahren sei aus Rechtsgründen nicht möglich, und daher werde der Entschließungsantrag von seiner Fraktion abgelehnt.

Die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung, den Antrag der CDU-Fraktion abzulehnen, wurde dementsprechend im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit den Stimmen der Vertreter der Fraktion der SPD und gegen die Stimmen der Vertreter der Fraktionen CDU und Bündnis 90/Die Grünen beschlossen. Die mitberatenden Ausschüsse für Wirtschaft und Verkehr, Haushalt und Finanzen und Umweltfragen folgten bei gleichem Abstimmungsverhalten dem Votum des federführenden Ausschusses.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bittet Sie, der Beschlussempfehlung in der Drucksache 2668 zuzustimmen.

(Biel [SPD]: Frau Präsidentin, dass muss klar gemacht werden! Das war keine Zwischenfrage!)

Nein. - Nehmen Sie Platz, Herr Kollege Klein. Der Bericht gilt als eingebracht.

Es liegen drei Wortmeldungen vor. Ich rufe zunächst die Wortmeldung des Kollegen Wojahn von der CDU-Fraktion auf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie bereits berichtet, ist dieser Antrag fast ein Jahr alt. Vielleicht sollte man uns im Agrarausschuss ein bisschen schelten, dass wir ihn so lange haben liegen lassen. Wir haben ihn aber rechtzeitig diskutiert und wollten einmal probieren, ob der Minister und das Ministerium dem Begehren, das wir mit diesem Antrag verfolgen, von alleine, also ohne Aufforderung des Landtages, nachkommen. Aus meiner Sicht ist das nicht geschehen.

Ich bedauere außerordentlich, dass sich die SPDFraktion dazu durchgerungen hat, den Antrag abzulehnen. Ich kann das eigentlich gar nicht verstehen. Es geht ja um die Verbesserung der Rahmenbedingungen für nachwachsende Rohstoffe. Dieses Begehren ist völlig haushaltsneutral - nicht dass jemand erzählt, das könnten wir mit dem Haushalt nicht leisten. Das ist eigentlich eine Aufforderung an den Minister und an das Ministerium, ein bisschen zügiger zu arbeiten.

Ganz kurz zum Sachverhalt: In der Ernte 2000, die sehr früh eingesetzt hat, speziell bei Raps, ist der Referenzertrag, den das Ministerium für nachwachsende Rohstoffe auf Stilllegungsflächen festlegen muss, so spät gekommen, dass die Ernte bereits fast abgeschlossen war und Landwirte, die auf Stilllegungsflächen nachwachsende Rohstoffe angebaut haben, nicht mehr reagieren konnten. Das Ministerium muss das bis 31. Juli festlegen. Das ist so in der EU-Verordnung festgeschrieben. Dies wissen wir alles. Aber wir können von einem Ministerium erwartet, dass es das rechtzeitig tut. Im Ausschuss haben wir gesehen, dass diese Möglichkeiten vorhanden sind, damit die Landwirte, die nachwachsende Rohstoffe anbauen - das liegt ja im allgemeinen gesellschaftlichen Interesse und fördert das Wirtschaften und die Arbeitsplätze im ländlichen Raum; darüber gibt es keinen Dissens -, nicht die Lust daran verlieren, weil es ein Ministerium nicht fertig bekommt, auch mal 14 Tage früher zu arbeiten, als es arbeiten muss. Herr Minister, ich möchte Sie ganz herzlich darum bitten. Das

kann doch gar kein Problem sein. Natürlich muss man die Ernteerträge ermitteln.

Ich erinnere an die gestrige Haushaltsdebatte, in der der Kollege Golibrzuch Ämter mit ihrer Arbeitsweise in Frage gestellt hat. Hier ist es genau so. Wir arbeiten hier über das Landesamt für Statistik mit Ernteschätzungen und mit dem Ministerium. Die Methoden sind schon Jahrzehnte alt. Das kann aber nicht mehr die Neuzeit sein. Dies wird dem Begehren, nachwachsende Rohstoffe zu erzeugen, in keinem Fall gerecht. Deswegen lautet unsere Forderung an das Ministerium ganz klar, das früher zu machen. Auch im Jahr 2000 ist das erst spät gemacht worden. Zwar hat das Wetter dies ausgeglichen, weil sich die Ernte verzögert hat. Die Ernte kam erst dann, als der Referenzertrag vorlag. Das kann aber nicht Sinn der Sache sein. Deswegen verstehe ich überhaupt nicht, dass die SPD-Fraktion dieser unserer Bitte im Ausschuss nicht nachgekommen ist und auch hier im Parlament wohl nicht nachkommen will, den Minister aufzufordern, die Referenzerträge in Zukunft zügiger festzulegen.

Hinzu kommt, dass unserer Meinung nach der Referenzertrag relativ hoch festgelegt worden ist. Ich weiß nicht, woran das liegt, Herr Minister. Liegt das daran, dass zu viele Referenzpartien in besseren Böden sind? Ich weiß aber, dass er in Mecklenburg etwas geringer festgesetzt worden ist, obwohl dort eigentlich bessere Rapsertragsbedingungen herrschen. Das gleiche Problem bekommen wir jetzt bei Getreide, das auf Stilllegungsflächen für Energiezwecke freigegeben wird. Ich muss schon sagen, da erwarten wir eigentlich mehr vom Ministerium. Wenn sich die Landwirte draußen in der Praxis so langsam neuen Bedingungen anschließen würden wie das Ministerium mit der relativ schwerfälligen Festlegung des Referenzertrages, dann hätten wir überhaupt keine nachwachsenden Rohstoffe. So kann das ja nicht laufen.

Deswegen sage ich noch einmal zur SPD-Fraktion: Mit der Ablehnung erweisen Sie dem Begehren, nachwachsende Rohstoffe zu erzeugen, und Niedersachsen als Agrarland Nr. 1 einen schlechten Dienst. Ich meine, es ist Aufgabe des gesamten Parlaments, das Ministerium zu kontrollieren und dann, wenn es Verbesserungsmöglichkeiten gibt, das Ministerium und den Minister aufzufordern, entsprechend zu handeln.

Wenn dieser Antrag heute abgelehnt wird, dann sage ich Ihnen bereits voraus: Sollten wir im

nächsten Sommer wieder Schwierigkeiten damit haben, werden wir erneut mit einem Antrag auf dieses Haus zukommen. Das werden wir so lange tun, bis wir entweder das Ministerium alleine besetzen oder diesen Minister so weit gebracht haben, dass er das tut. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der SPD: Das wäre eine rechtswidrige Handlung, das Ministerium zu beset- zen!)

Ich nehme an, gemeint war eine Instandbesetzung. - Für die Fraktion der SPD hat sich der Kollege Brauns zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Anbau nachwachsender Rohstoffe ist gut gemeint, lässt sich aber aus sachlichen und fachlichen Gründen nicht umsetzen. Die Landesregierung hat genau das umgesetzt, was mit dem Bund gemeinsam beschlossen und von der EU als Rahmenbedingungen vorgegeben worden ist.

Seit Beginn der Agrarreform können Stilllegungsflächen für nachwachsende Rohstoffe benutzt werden. Nachdem entsprechende Erfahrungen gesammelt worden sind, hat es kritische Bemerkungen seitens der EU-Kommission gegeben. Die Europäische Union hat nachgerechnet, wo die festgesetzten Erträge erreicht worden sind und wo es Probleme gab. Nach dieser Kritik haben die Mitgliedstaaten der EU einen gemeinsamen Vorschlag unterbreitet, wie man die Thematik zur Zufriedenheit aller Beteiligten regeln könne. Die Regelung beinhaltet, dass die statistischen Erträge der letzten fünf Jahre zugrunde gelegt werden. Hierbei werden das Jahr mit dem höchsten sowie das Jahr mit dem niedrigsten Ertrag weggestrichen und wird von den drei verbleibenden Jahren der Durchschnitt ermittelt.

Es ist zu Recht auch darauf hingewiesen worden, dass Raps als nachwachsender Rohstoff in der Regel auf Stilllegungsflächen bzw. auf Standorten mit geringem Ertragsniveau angebaut wird. Aus diesem Grund wird ein Abschlag vorgenommen, der von der EU vorgegeben ist. Daneben wird aber auch auf eine Vegetationsbeobachtung abgestellt.

Diese wird landesweit repräsentativ mit Hilfe der Ernteberichterstatter durchgeführt. Das Ergebnis liegt erst kurz vor Beginn der Ernte vor. Das lässt sich nicht ändern. Deshalb ist das ein Punkt, der uns zeitlich bindet. Dabei ist auch zu bedenken, dass die Vegetationsbeobachtungen für alle betreffenden Kulturpflanzen gelten sollten, die für einen repräsentativen Ertrag festgelegt sind. Eine frühere Festlegung, die im Antrag gefordert wird, ist daher gar nicht möglich.

Meine Damen und Herren, ein Problem gibt es in der Tat. Es besteht darin, dass für die Statistik auf den Food-Anbau abgestellt wird, während es beim Anbau von Raps als nachwachsenden Rohstoff ausschließlich um den Non-Food-Bereich geht. Das kann zur Folge haben, dass es auf den schlechteren Böden auch einmal eng wird. Insgesamt gesehen gibt es aber keine Möglichkeit, von diesem System abzuweichen. Es hat sich im Laufe der Zeit eingespielt und wird auch anerkannt. Wollte man davon abweichen, stellte sich sehr schnell die Frage der Anlastung. Dann, Herr Wojahn, bekämen wir echte Probleme.

Andererseits gibt uns das Gemeinschaftsrecht auch gar keinen Spielraum, von diesem System abzuweichen. Die Agrarverwaltung ist verpflichtet, das Gemeinschaftsrecht umzusetzen. Aus diesem Grunde hat die Landesregierung den Handlungsspielraum, den Sie wünschen bzw. fordern, eben nicht.

Meine Damen und Herren, weil das so ist, müssen wir den vorliegenden Antrag ablehnen.

Abschließend möchte ich feststellen, dass sich bei den nachwachsenden Rohstoffen insgesamt viel getan hat. Es ist eine Reihe von Verbesserungen eingetreten, die von der Landwirtschaft und der Wirtschaft aufgegriffen worden sind und die uns in der Nutzung der nachwachsenden Rohstoffe vorangebracht haben. Daran wollen wir gemeinsam weiterarbeiten. - Ein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der SPD)

Kollege Klein, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die vierte Säule der so genannten Neuorientierung der Landwirtschaftspolitik, soweit sie in Berlin gestal

tet worden ist, ist die Schaffung von Einkommensalternativen zur bisherigen Produktion in der Landwirtschaft. Ein ganz zentraler Punkt ist dabei das Stichwort „der Landwirt als Energiewirt“. Der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen hat in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung: als Gaslieferant für die Biogasanlage, aber auch als Rohstoff für Treib- und Schmierstoffe. Hier hat die Berliner Regierungskoalition vieles auf den Weg gebracht und die Rahmenbedingungen insgesamt erheblich verbessert.

Nun muss auch die Landesregierung ihren Teil dazu beitragen. Die Forderungen des CDU-Antrags sind eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Sie sind notwendig, weil ein hoch bürokratisches EU-Verfahren die Landwirte möglicherweise abschreckt, entsprechenden Anbau zu betreiben. Das aber kann nicht unser aller Ziel sein.

Ich finde es absurd, dass jemand, der in einer schwachen Ackerbauregion mit Dünge- und Pflanzenschutzbeschränkungen nachwachsende Rohstoffe anbaut, mit diesem Anbau wirtschaftlichen Totalschaden erleidet, nur weil ihm ein paar Gramm an dem Mindestertrag fehlen, der am grünen Tisch festgelegt wurde.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Frau Hansen [CDU])

Deswegen halte ich es nicht für ungebührlich, die Landesregierung aufzufordern, ihren Handlungsspielraum flexibel zu nutzen.

Im Ausschuss haben sich sowohl die Landesregierung als auch die SPD-Fraktion auf ein kurzes „Anders geht's nicht“ zurückgezogen. Sie haben darauf verzichtet, auf die zugegebenermaßen engen Spielräume bei der Umsetzung der aufgestellten Forderungen einzugehen. Insofern finde ich die SPD-Ablehnung nicht nachvollziehbar. Sie ist für mich ein typischer Fall, wie man den gesunden Menschenverstand durch den Hinweis auf Paragrafen ersetzt. Sie ist für mich auch als einseitige Parteinahme für überbordenden EU-Bürokratismus interpretierbar. Für alles das sind wir nicht zu haben. Deshalb sprechen wir uns gegen die Ablehnung dieses Antrags aus. - Danke sehr.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Herr Minister Bartels, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir erleben heute praktisch die Wiederaufführung dessen, was wir hier vor einem Jahr schon einmal gehört haben. Die Argumente sind die gleichen. Neues ist nicht hinzugekommen.

Sicherlich könnte ich hier erklären: Nun seid mal flexibel, seid mal großzügig, nutzt die Spielräume, lasst euch nicht einengen, seid nicht kleinherzig! Aber auf der anderen Seite verlangt man von uns, dass wir nach Recht und Gesetz vorgehen, dass wir die Spielregeln, die Europa uns mit deutscher Zustimmung auferlegt hat, einhalten, und zwar so, dass das hinterher weder zum Nachteil der Landwirte in Niedersachsen ausgeht, denen nachher nicht mehr die entsprechende Prämie gewährt würde, noch zum Nachteil des Landeshaushalts, weil wir die Folgen unseres gesetzlich nicht einwandfreien Handelns zu tragen haben würden. Das kann niemand von uns verlangen. Wo wir Spielräume haben - das habe ich immer wieder deutlich gemacht -, werden wir sie auch nutzen und uns einbringen.

Auch uns liegen die nachwachsenden Rohstoffe sehr am Herzen. Wir wollen ebenfalls, dass sie in Niedersachsen in der Zukunft stärker genutzt werden, im Non-Food-Bereich, aber auch in anderen Bereichen. Ich bin mit Ihnen der Auffassung, dass wir gegenüber der Bundesregierung noch tätig werden müssen, damit gerade im Bereich der Biogasanlagen der gute Weg, den wir beschritten haben - wir haben ja viele Anträge bekommen -, auch in der Zukunft weiter beschritten werden kann.

Aber an dieser Stelle muss man auch die Kirche im Dorf lassen. Im Ausschuss ist sehr deutlich besprochen worden, dass das System, das hier Anwendung findet, im Großen und Ganzen vernünftig ist und gegriffen hat.