Protocol of the Session on June 15, 2001

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie von 100 Millionen DM sprechen und davon, dass wir mehr Schulden machen müssten, um die Kommunen zu unterstützen, kann ich nur darauf hinweisen, dass die 100 Millionen DM so oder so an Schulden in Niedersachsen vorhanden sind. Aber Sie haben es systematisch auf die kommunale Ebene verlagert. Das zeigt, dass Sie eigentlich noch viel mehr Schulden machen würden als bisher, wenn Sie die Kommunen fair behandeln würden.

Herr Endlein, ich spreche Sie ungern an, weil Sie einer der von mir am meisten geschätzten Kollegen im Hause sind, aber ich frage Sie trotzdem: Wie lange halten Sie uns im Landkreistag darüber Reden, wie die Lage wirklich ist, während Ihre Kollegen hier darüber Reden halten, wie die Lage gerade nicht ist? Irgendwann müssen auch Sie hier das Wort ergreifen und sagen: Jetzt ist der Punkt erreicht.

(Beifall bei der CDU)

Dies ist wirklich eine Angelegenheit, bei der wir unsere Möglichkeiten als Opposition für diese Woche erschöpft haben: Gestern die Dringliche Anfrage mit ihrer Antwort, die Mittel reichten nicht aus, es liege eine Flut von Anträgen vor. Dabei handelt es sich um ein Zitat, das heute in der Neuen Presse zu lesen ist. – Auf unsere heutige Frage, wie wir mit der Flut der Anträge fertig werden sollen, antwortet der Kollege Adam: Wir feiern weiter das Urteil von Bückeburg, sozusagen nach dem Motto „High sein, frei sein, Chaos muss dabei sein“, und das war es dann. – So kann es aber nicht sein.

(Starker Beifall bei der CDU)

Herr Minister Bartling, Sie haben das Wort. Bitte schön!

(Möllring [CDU]: Jetzt darf Adam nicht! Jetzt muss der Minister! – Ge- genruf von Adam [SPD]: Wunderbar! Sind Sie sicher, dass Ihre Kinder Sie nicht hören können?)

Jetzt kommt der Minister.

So etwas sprechen wir nicht ab. Darin sind wir uns einig. Mit solchen „niveauvollen“ Äußerungen setzen wir uns nicht auseinander.

Ich will eines nicht stehen lassen, Herr Wulff. Das möchte ich noch einmal deutlich machen. Ich halte es schon für – vorhin habe ich es mit „Widersprüchlichkeit“ bezeichnet, ich kann es auch anders nennen – Heuchelei, wenn Sie am Mittwoch die Haushaltssituation und die Verschuldung geißeln, jetzt aber mal eben 100 Millionen DM drauflegen.

Wenn man sich Ihre Brandreden anhört, könnte man meinen, dass Sie auf den kommunalen Finanzhaushalt 1 Milliarde DM drauflegen wollten. Wir sollten einmal zusammenzählen, was Sie alles beantragen. Sie machen den Leuten etwas vor, was Sie nie erfüllen können. Sie tun so, als hätten Sie Geld zur Verfügung, und geben Geld aus, das einfach nicht vorhanden ist.

(Adam [SPD]: Richtig!)

Zur Situation der Kommunen will ich Ihnen gern noch eines sagen: Sie erwecken den Eindruck, als sei der kommunale Finanzausgleich ein Instrument, um die Kommunen zu finanzieren.

(Mörring [CDU]: Ja natürlich!)

Aber 80 % sind andere Einnahmen, und nur 20 % sind Einnahmen aus dem kommunalen Finanzausgleich, und zwar sehr differenziert bei den unterschiedlichen Gebietskörperschaften. Das sollten Sie zumindest einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von Wulff (Osnabrück) [CDU])

Herr Kollege Adam, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich greife das Wort des Fraktionsführers der CDU auf. Herr Wulff, auch ich finde es unerträglich,

(Oh! bei der CDU – Zuruf von Frau Schliepack [CDU])

ich dachte bisher, Herr McAllister wäre Ihr Terrier; nein, Herr McAllister ist ja noch ein großes Tier Ihnen gegenüber –,

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Nun mal langsam!)

ich halte es für unmöglich, wie Sie mit einem Wortbeitrag dazu beitragen wollen,

(Zuruf von der CDU: Reden Sie mal was zur Sache!)

z. B. auch die kommunalen Spitzenverbände gegeneinander auszuspielen. Ich weiß nicht, wo der Kollege Eveslage heute ist.

(Frau Schliepack [CDU]: Wir wissen nicht, wo Herr Aller ist!)

Ich vermute, dass er einen Grund hat, warum er nicht hier ist. Aber das ist ein Thema, zu dem sich vielleicht auch Herr Eveslage hätte äußern können.

Das, was vom Städte- und Gemeindebund in den Schreiben und in dem, was in Oldenburg geschehen ist, lanciert wurde und was Sie in Ihren Schreiben aufgegriffen haben - sehr zu Ihrer Freude wissend, dass Sie es gar nicht umsetzen können und wollen -, dient in keinster Weise den Kommunen zum Vorteil, sondern zum großen Nachteil.

Ich wiederhole, was ich in meiner Rede gesagt habe, meine Damen und Herren. Wir freuen uns über das Bückeburger Urteil, sind aber nicht glücklich darüber.

(Oh! bei der CDU – Zuruf von der CDU: Unerträglich!)

Wir werden die Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden weiterführen.

(Frau Schliepack [CDU]: Ist das schwach!)

Wir werden auch mit den kommunalen Spitzenverbänden zu einem Ergebnis kommen und keine Sonntagsreden halten, so wie Sie.

Ich zitiere noch einen Satz aus dem Bückeburger Urteil: Die Verfassungsbeschwerden sind unzulässig. – Herr Jurist Wulff, wollen Sie noch größere Ohrfeigen bekommen?

(Beifall bei der SPD - Frau Schliepack [CDU]: Aber nicht von Ihnen!)

Danke schön.

Meine Damen und Herren, damit die Debatte in den Bahnen verläuft, in denen sie eigentlich verlaufen sollte, muss ich Sie darauf hinweisen, Herr Minister, dass ich zwar keine Möglichkeit habe, Ihnen einen Ordnungsruf zu erteilen, aber das Wort „Heuchelei“ wäre eines Ordnungsrufs würdig. Ich möchte Sie bitten, sich entsprechend zu verhalten, so wie es alle anderen Kolleginnen und Kollegen versuchen, auch wenn es einmal daneben geht.

(Zuruf von Mühe [SPD])

Im Übrigen haben wir keine Fraktionsführer, Herr Kollege Adam, sondern Fraktionsvorsitzende. Die Zeit der Führer ist in Deutschland Gott sei Dank vorbei.

(Beifall bei der CDU – Adam [SPD]: Aber er fühlt sich so! – Oh! bei der CDU - Gegenruf von Wulff (Osna- brück) [CDU])

Herr Kollege Möllring, nach § 78 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung erhalten Sie jetzt bis zu drei Minuten Redezeit. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht sollte man wieder auf die Zahlen zurückkommen. Zu Ihrer Reaktion, Herr Adam, den Kollegen McAllister als „Terrier“ zu bezeichnen, ist anzumerken, dass wir Sie schließlich auch nicht als „NDR-Pausenzeichen“ bezeichnen.

(Beifall bei der CDU – Adam [SPD]: Da kann ich noch mal fragen, Herr Kollege: Was sagen Ihre Kinder zu diesen Äußerungen?)

Ich will Ihnen nur noch einmal die Fakten nennen. Hätten wir heute den von Ihnen damals bekämpften kommunalen Finanzausgleich, dann hätten die Kommunen in jedem Jahr 1 Milliarde DM mehr. Das ist doch ein Fakt, den wir nicht wegdiskutieren können. Das weist Ihre Statistik aus. Wenn Sie diese Statistik nicht gefälscht haben, ist sie halt richtig. Ich unterstelle auch, dass sie richtig ist. Es ist Ihre Aufgabe, Ihre Finanzplanung so zu gestalten, dass die Kommunen ihren Anteil bekommen und dass der Staat seinen Anteil bekommt. Es darf

nicht so sein, dass sich das Land reich rechnet und dass die Kommunen arm gerechnet werden.

(Collmann [SPD]: Das ist doch Un- sinn! Das ist absolut wahrheitswid- rig!)

Das ist es eben, was im Haushaltsplan 2002 wieder völlig falsch angelegt ist: Sie treiben die Kommunen in Kassenkredite, also zu einer Überziehung des Girokontos in einem Umfang von 3,4 Milliarden DM, was rechtswidrig ist und was Ihre Bezirksregierungen an sich beanstanden müssten.

(Collmann [SPD]: Sie versuchen, das Bückeburg-Urteil auf den Kopf zu stellen, weil es Ihnen nicht gefällt!)

Zugleich genehmigen Sie einen Haushalt nach dem anderen und stellen sich hier hin und sagen: Die Kommunen geben auch noch Hinweise. Ich kann Ihnen die Hinweise der kommunalen Prüfungsämter einmal vorlegen. Als Erstes fällt ihnen ein, die Grundsteuer zu erhöhen. Die Grundsteuer fällt unter die Mietnebenkosten. Es ist von Sozialdemokraten besonders sozial gedacht, wenn die Mieter die Finanzierung über die Grundsteuer übernehmen sollen. Es wird uns weiter empfohlen, dass wir kommunalen Gesellschaften Kapital entziehen, nachdem das Land vorher Zuschüsse gegeben hat. Ich möchte einmal wissen, was Sie dazu sagen würden, wenn wir die Zuschüsse des Landes im Bereich der Wirtschaftsförderung oder in anderen Bereichen hinterher wieder entnehmen würden, um unseren Verwaltungshaushalt auszugleichen. Das ist doch unmöglich.

Sie müssen doch endlich akzeptieren, dass die Kommunen finanziell am Ende sind. Deshalb müssen Sie einen neuen kommunalen Finanzausgleich auf die Beine stellen. Als Erstes muss als Konsequenz aus dem Bückeburger Urteil - der Kollege Klein hat dies auch gesagt - die Bedarfszuweisungsmasse erhöht werden, und zwar natürlich nicht zulasten der Kommunen, sondern zulasten des Landeshaushaltes. Da müssen Sie sich etwas einfallen lassen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Collmann [SPD]: Das ist wie in der Märchen- stunde hier! Das ist unglaublich!)