Protocol of the Session on May 17, 2001

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn diese technische Lösung, statt Benzin oder Diesel Wasserstoff als Brennstoff zu verwenden, mehr oder weniger geklärt ist, so ist doch entscheidend: Es müssen eine Infrastruktur und neue Kraftstoffe einschließlich der regenerativen Gewinnung geschaffen werden. Mit anderen Worten: Wir müssen die klimaschonende Erzeugung und die flächendeckende gesicherte Brennstoffversorgung sicherstellen. Dabei ist die Erzeugung von Wasserstoff für Brennstoffzellen aus herkömmlichen Kraftstoffen nur als Übergangstechnologie anzusehen. Es kommt auch aus klimapolitischen Gründen - ich habe es eingangs erwähnt - darauf an, Wasserstoff durch Elektrolyse mit Strom aus regenerativen Energien zu gewinnen. Dies wäre sozusagen der ideale Weg; davon bin ich fest überzeugt. Wir hätten dann ein Kraftfahrzeug als echtes emissionsfreies Fahrzeug. Das macht auch die Faszination und den Reiz dieser Technologie aus. Deswegen halte ich es für wichtig, dass wir da, wo wir Einfluss haben und wo wir auch über öffentliche Mittel bestimmen, Geld verstärkt, stärker als bisher, für Entwicklung und Forschung zur Verfügung stellen.

Ich würde mir wünschen, dass genau hier für Forschung und Entwicklung mehr passiert. Es ist zu wenig - darauf muss ich leider etwas kritisch eingehen -, dass die Landesregierung darauf verweist, die Universität Clausthal plane in Zusammenarbeit mit weiteren niedersächsischen Universitäten und dem Studieninstitut ein Brennstoffzellenkompetenzzentrum. Wir können nicht immer nur von Plänen reden, sondern hier ist Handeln gefordert, und hier müssen auch Anspruch und Wirklichkeit zusammengebracht werden. Das erleben wir leider nicht allzu oft bei der Landesregierung.

Aber die Landesregierung ist nicht allein in der Pflicht. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu. Wir fordern insbesondere auch die Bundesregierung auf, die Brennstoffzellentechnologie massiv voranzutreiben und stärker auch koordinierend zu wirken. Es kann doch nicht sein, dass überall einzelne Sachen gemacht werden, jeder ein bisschen, aber die Koordination, das Zusammenführen, einen Schwerpunkt zu bilden, unterbleiben. Hier sind Schwerpunkte zu setzen. Hier muss Niedersachsen aufgrund der Dinge, die ich bereits genannt habe, Schwerpunktland werden, weil wir eben, was Mobilität betrifft, eines der interessantesten Länder in Deutschland sind.

Wir müssen uns dieser neuen Antriebstechnik verstärkt zuwenden, auch wenn die Markteinführung von Pkws mit Brennstoffzellenantrieb noch Jahre dauern wird. Die Landesregierung hat hier die Entwicklung bisher leider mehr oder weniger verschlafen. Andere Bundesländer wie Bayern und Baden-Württemberg - leider muss man das von dieser Stelle aus immer wieder erwähnen - sind hier in ihrer Forschungsarbeit erheblich weiter, weil dort auch von den Ländern schon seit Jahren erhebliche Geldmittel zur Verfügung gestellt werden.

Es drängt sich in der Tat ein Vergleich mit dem Solarinstitut in Hameln auf. In den 80er-Jahren wurde Ministerpräsident Ernst Albrecht für die Initiative, ein derartiges Institut einzurichten, von vielen belächelt. Heute weiß man jedoch, dass dieses Institut maßgeblich am Durchbruch der Solarnutzung durch Fotovoltaik und Solarthermie beteiligt war. Auch die Betriebsansiedlung des geplanten Modulwerks von BP in Hameln ist letztendlich eine Folge des Vorhandenseins dieses renommierten Institutes hier bei uns in Niedersachsen.

Deshalb bin ich, ähnlich wie die Grünen, der Überzeugung, dass wir hier gemeinsam mehr Druck ausüben sollten, dass wir nach den Beratungen im Wirtschaftsausschuss und in den mitberatenden Ausschüssen den Druck auf die Landesregierung zum Handeln verstärken sollten, um an der Spitze der Bewegung zu marschieren. Wir sollten diese neue Technologie nutzen, um in Niedersachsen Forschung, Technologie und Arbeitsplatzaufbau zusammenzubringen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Wendhausen.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auf den Segen der Brennstoffzelle und ihre Funktionsweise brauche ich jetzt nicht mehr einzugehen. Ich möchte mich aber dagegen wehren, dass niedersächsische und deutsche Firmen von Ihnen immer wieder schlecht geredet werden.

(Beifall bei der SPD)

Gerade bei unserem Besuch in Japan und Korea, den wir vor kurzem unternommen haben, konnten wir feststellen, dass deutsche Unternehmen sich weltweit sehr gut positioniert haben und sich vor ausländischer, vor japanischer oder auch amerikanischer, Konkurrenz nicht zu fürchten haben. Im Gegenteil! Wenn man bedenkt, dass in Kiel UBoote gebaut werden, in denen geschlossene Sauerstoffsysteme mit Brennstoffzellen versorgt werden, stellt man fest, dass wir in dieser Beziehung in der militärischen Entwicklung weltweit an der Spitze sind.

(Zurufe von Frau Harms [GRÜNE] und von Schwarzenholz [fraktions- los])

- Auch technologisch! In Wolfsburg und Stuttgart wird - das weiß ich aus eigener Erfahrung; ich komme aus der Forschung und Entwicklung in Wolfsburg - schon sehr lange an der Brennstoffzelle gearbeitet. Wir sind dort in der Entwicklung sehr weit. In den USA wird mit General Motors und Hochschulen gemeinsam im Verbund die Brennstoffzelle erforscht und versucht, sie weltweit zur Serienreife zu entwickeln.

Wenn man dann noch sieht, dass direkt neben dem Volkswagenwerk die Fachhochschule für Automobiltechnik steht, wäre man ein Narr, wenn man nicht glauben würde, dass die Fachhochschule nicht wüsste, was VW mit der Brennstoffzelle vorhat. Ich gehe davon aus, dass in diesem Punkt schon eine sehr konkrete Zusammenarbeit besteht.

Außerdem muss man hier im Niedersächsischen Landtag sehen, dass eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft besteht. Ich setze meine Hoffnung darauf, dass diese Zusammenarbeit gerade bei der Entwicklung der Brennstoffzelle zu einem Beispiel dafür wird, wie so etwas zu funktionieren hat.

Die SPD-Fraktion möchte an sich kein Kompetenzzentrum mit Netzwerk und Geschäftsstellen schaffen, sondern wir setzen weiter auf die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft. Wir möchten aber gern darüber diskutieren. Die Brennstoffzelle hat bei der SPD einen sehr hohen Stellenwert. Darum freuen wir uns auf hoffentlich fruchtbare Beratungen in den Ausschüssen.

(Beifall bei der SPD)

Der fraktionslose Kollege Schwarzenholz hat sich zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm für zwei Minuten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir über die Automobilindustrie in Niedersachsen sprechen, sollten wir realistische Einschätzungen austauschen. Gerade vor 14 Tagen war in der Wirtschaftspresse detailliert nachzulesen, dass die Firmenpolitik - es geht hierbei nicht um die Technologiekompetenz bei VW; diese ist hoch - von VW sich bewusst entschieden hat, hier keine nach vorn gerichtete Politik zu betreiben und dass zwischenzeitlich Daimler und andere VW in diesem Bereich abhängen. Das kann uns nicht egal sein. Das kann uns auch in Salzgitter nicht egal sein, Herr Eppers! Wir haben in Salzgitter nämlich das Motorenwerk. Die Zukunftsfähigkeit der Arbeitsplätze dort hängt davon ab, dass VW auf diesem Gebiet offensiver ist. VW ist aber nicht offensiv. Das ist nicht allein ein Konzernproblem für VW, sondern ein Problem für den Standort Niedersachsen.

Wir drohen abzuschiffen. Sie haben das Beispiel Japans angesprochen. Ihre Reise nach Japan und Korea war offensichtlich keine Vergnügungsreise.

(Zurufe von der CDU)

- Gestatten Sie zumindest die Frage. Offensichtlich hat die Reise bei Ihnen ja zu inhaltlichen Konsequenzen geführt. Schauen Sie sich aber einmal an, welchen Mittelklassewagen der Toyota-Konzern auf den Markt geschmissen hat. Mit dem Prios ist eine neue Motorentechnologie, eine Zwischentechnologie entwickelt worden. Der Prios ist auf dem Markt. Es handelt sich um einen Benziner, der 5,1 Liter verbraucht; ein großer Mittelklassewagen. Was haben wir auf dem Sektor heute zu bieten? Wie viel verbraucht ein VW in dieser Größenordnung?

(Schirmbeck [CDU]: Meiner braucht auch nicht mehr!)

- Ich rede nicht vom Diesel, sondern von einem Benziner! - Auch da ist wieder eine Entwicklung verschlafen worden.

Was die Zukunft betrifft, so hat der Kollege Wenzel Recht, dass es nicht nur um die mobilen Technologien geht. Wir werden die Brennstoffzelle im Bereich des Hausbrands, im Bereich der Industrie und bei der Stromversorgung als zunehmend wichtigen Faktor bekommen. Ich frage aber: Wie wird die Brennstoffzelle als Wasserstofftechnologie zukünftig gefüttert? Wo wird dieser Wasserstoff produziert?

(Frau Harms [GRÜNE]: Regenerativ natürlich!)

Werden wir ihn in Niedersachsen herstellen, oder wird das wieder in die Hände der großen Mineralölkonzerne gehen? Werden wir eine dezentrale Wasserstoffproduktion bekommen? Werden wir auf diesem Sektor mit dezentralen Wasserstofferzeugungsanlagen eine Vorreiterrolle spielen? Das wird eine spannende Frage sein, in der Niedersachsen viel gewinnen kann.

Herr Minister, bitte!

(Fischer [CDU]: Aber ein bisschen flüssiger als heute Morgen beim INI!)

Gerade Sie müssen etwas von Flüssigkeit sagen, Herr Fischer.

(Zurufe von der CDU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich teile die Sorge meiner Vorredner um die Klimaentwicklung. Ich bin mit ihnen einer Meinung, dass wir die Brennstoffzellentechnologie entwickeln müssen, um etwas gegen die wachsenden Probleme zu tun.

Ich möchte aber zunächst kurz auf die Wirkungsweise der Brennstoffzelle und ihre wirtschaftliche Bedeutung eingehen. Einige werden sich sicherlich noch an das Chemieexperiment zur Elektrolyse erinnern, bei dem sich Wasser unter Anlegen einer Spannung in Wasserstoff und Sauerstoff zersetzte und dabei Knallgas bildete, das wiederum zu Wasser verbrannt werden konnte. Die Brennstoffzelle stellt die Umkehrung dieses Vorgangs dar: Wasserstoff und Sauerstoff werden zusammengeführt und reagieren unter Erzeugung von Strom. Diesen Vorgang nennt man auch kalte Verbrennung.

Vor allem schärfere Abgasvorschriften haben die Brennstoffzellentechnologie zu einer interessanten Alternative zum herkömmlichen Verbrennungsmotor werden lassen. Dabei haben alle großen Automobilhersteller dieses Verfahren technologisch weiterentwickelt und beabsichtigten, in den nächsten Jahren Kleinserien aufzulegen.

Neben dem mobilen Einsatz der Brennstoffzelle sind auch stationäre Anwendungen z. B. in Blockheizkraftwerken möglich. Der Kollege Schwarzenholz hat schon darauf hingewiesen.

Wasserstoff eignet sich gegenwärtig allerdings nur bedingt für den Einsatz in Fahrzeugen, da bei gasförmigem Einsatz große Tanks und bei Einsatz von flüssigem Wasserstoff umfangreiche Kühlanlagen erforderlich sind, um eine Temperatur von minus 253 Grad Celsius zu erreichen. Daher verwendet die Industrie statt des reinen Wasserstoffs wasserstoffhaltige Verbindungen, wie z. B. Methanol, aber auch Benzin und Diesel, die für den Einsatz in der Brennstoffzelle in einem so genannten Reformer in ein wasserstoffhaltiges Gemisch umgewandelt werden. Brennstoffzellenfahrzeuge mit Reformertechnologie werden sich künftig nur dann am Markt behaupten können, wenn sie bei Anschaffung und Betrieb mit herkömmlichen

Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren konkurrieren können.

(Frau Harms [GRÜNE]: Das ist ir- gendwie plausibel!)

- Das ist nicht nur plausibel, sondern wir müssen auch einmal auf die strategische Bedeutung dieser Technologie hinweisen. Denn auch die herkömmlichen Verbrennungsmotoren bieten noch weitere Potenziale zur Krafteinsparung und Emissionsminderung, während der Reformer keinesfalls emissionsfrei arbeitet und durch Raumbedarf und Gewicht zusätzlichen Kraftstoff verbraucht.

Herr Kollege Wenzel, mir ist übrigens Folgendes aufgefallen: Das abgasfreie Fahrzeug, das als Vision sozusagen hinter der Brennstoffzellentechnologie steht, führt natürlich auch dazu, dass die Ökosteuer überflüssig wird; jedenfalls gibt es dann keine Verbrennung von konventionellen Kraftstoffen mehr. Ich habe das auch als den ersten wegweisenden grünen Redebeitrag zur Abschaffung der Ökosteuer interpretiert.

Die Reformertechnologie dürfte deshalb letztlich nur eine Übergangstechnologie sein, bis eine hinreichende Infrastruktur zur Wasserstoffverteilung zur Verfügung steht und z. B. gasförmiger Wasserstoff mit höheren Drücken als heute bei geringerem Raumbedarf getankt werden kann.

Es ist also festzustellen, dass die Brennstoffzellentechnologie aufgrund ihrer Komplexität nicht ausschließlich einer wissenschaftlichen Einrichtung zuzuordnen ist, sondern eine interdisziplinäre Vorgehensweise erfordert. So hat im vergangenen Jahr der Wissenschaftsrat in seinen Empfehlungen zur Energieforschung Folgendes festgestellt:

„Die Brennstoffzellentechnologie stellt ein Forschungsgebiet dar, bei dem es insbesondere auf enge Kooperation zwischen Industrie und Wirtschaft ankommt. Aufgrund der Vielfalt der Aspekte, die bei einer systematischen Weiterentwicklung der Brennstoffzellentechnologie zu berücksichtigen sind, ist es erforderlich, dass grundlagenorientierte und anwendungsbezogene Forschungseinrichtungen untereinander und insbesondere mit Anwendern eng kooperieren. Forschungsarbeiten sollten daher nicht nur landesweit, sondern vor al

lem im nationalen oder europäischen Kontext erfolgen.“

Herr Minister, der Herr Kollege Eppers möchte Ihnen eine Frage stellen. Wollen Sie sie zulassen?

Gerne. Ich möchte nur den Gedanken zu Ende führen. - So weit zu den etwas provinziell anmutenden Vorstellungen, das Land Niedersachsen könnte in der Brennstoffzellentechnologie die wesentlichen forschungs- und anwendungsorientierten Arbeiten leisten.

Ich habe ja Verständnis dafür, dass Sie gelegentlich mal einen ordentlichen Aufschlag in der Presse mit einem zukunftsweisenden Thema brauchen. Da bot es sich gerade an, das von den Grünen für diese Landtagssitzung aufbereitete Thema sozusagen zu klauen und großzügig zu präsentieren. Dieses Thema erfordert aber leider größere Zusammenhänge. Das muss ich hier feststellen.

Bitte schön, Herr Eppers!

Herr Minister, ich hatte das bereits in meiner Rede angesprochen und möchte meine Frage wiederholen: Wie viele Projekte wurden wann und wo mit wie viel Geld aus dem Landeshaushalt gefördert?

Lassen Sie mich erst einmal im Einzelnen darlegen, was im Bereich der Brennstoffzellentechnologie bisher getan worden ist. Im vergangenen Jahr ist die Landesregierung von CUTEC und Volkswagen darüber informiert worden, dass ein Verbundprojekt mit dem Titel „Reformertechnologien für die Brennstoffzelle zum Einbau in Produkte der niedersächsischen Mobilitätswirtschaft“ - das nennt sich REZELL - unter Beteiligung der Universitäten in Braunschweig, Hannover und Clausthal geplant sei. Programmförderung ist aber im Wesentlichen Aufgabe der Europäischen Union und des Bundes. - Das schaffen übrigens auch die süddeutschen Länder nicht in einem wesentlichen Umfang. - Daher hat das Wissenschaftsministerium die damals vorliegende Projektskizze bereits

im Dezember 2000 dem zuständigen Bundeswirtschaftsministerium mit der Bitte um Prüfung zugeleitet. Dies erfolgte auch vor dem Hintergrund, die für die Energieforschung zusätzlich bereitgestellten Mittel aus den UMTS-Zinserlösen - immerhin 300 Millionen DM für die Energieforschung für drei Jahre - für niedersächsische Projekte mit zu nutzen. Die Landesregierung hat sich beim Bund für dieses Projekt weiterhin unterstützend eingesetzt. Eine Entscheidung steht noch aus. Aber ich nehme an, dass auch die an der Bundesregierung beteiligten Grünen hier ihren Einfluss geltend machen.