Die bisher geöffneten Teilmärkte wie Telekommunikation oder Strom zeigen, dass durch den Wettbewerb wirtschaftliche Vorteile wie Effizienzsteigerung, Kosten- und Preisreduzierung erzielt werden können, ohne dass es zu Nachteilen hinsichtlich der Versorgungssicherheit und der Qualität der Leistungen kommen muss. Deshalb ist eine Wettbewerbsöffnung auch bei Leistungen der Daseinsvorsorge grundsätzlich zu befürworten.
Problematisch ist jedoch der Ansatz der Europäischen Kommission. Sie erhebt Anspruch auf eine möglichst umfassende Liberalisierung von Leistungen der Daseinsvorsorge und damit verbundene
Vorgaben zur Sicherung von Gemeinwohlbelangen. Die Kommission will darüber hinaus eine aktive Politik entwickeln, um den Zugang aller Bürger zu den besten Diensten sicherzustellen. Sie will dafür Sorge tragen, dass die Erbringung dieser Dienste im Hinblick auf Qualität und Preis den Bedürfnissen der Nutzer und der Bürger im Ganzen entspricht.
Meine Damen und Herren, auch wenn diese Ziele ehrenwert sind, verkennt sie, dass die EU grundsätzlich keine Zuständigkeit für die inhaltliche Ausgestaltung von Leistungen der Daseinsvorsorge hat. Es liegt in der Regel allein in der Verantwortung der Mitglieder bzw. der Regionen und der Kommunen, die die Aufgaben der Daseinsvorsorge, insbesondere die dabei zu gewährleistenden Gemeinwohlbelange, zu definieren sowie die Art und Weise ihrer Erfüllung zu bestimmen haben. Die nationalen Behörden können den individuellen lokalen Besonderheiten und Bedürfnissen der Bevölkerung im Bereich der Daseinsvorsorge am besten Rechnung tragen. Sie tragen den Nutzern gegenüber auch die politische Verantwortung.
Dabei sollte nicht vergessen werden, dass gerade bei Leistungen der Daseinsvorsorge durch das in Artikel 5 Abs. 2 EG-Vertrag verankerte Subsidiaritätsprinzip durch Artikel 16 EG-Vertrag und vor allem durch den Grundsatz der Gemeinschaftstreue enge Grenzen gesetzt sind. Aus Letzterem ergibt sich eine Pflicht zur kompetenzschonenden Auslegung eigener Befugnisse, wenn ansonsten die Zuständigkeit einer anderen Ebene überlagert wird, was Sie ja bekanntlich unter dem Stichwort „Subsidiarität“ gern unterschreiben werden.
Wenn wir über die Daseinsvorsorge sprechen, denken wir zunächst an Energieversorgung, Wasserversorgung, öffentlichen Nahverkehr, Schienenverkehr, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, Landesbanken und Sparkassen. Es ist jedoch absolut denkbar, dass es weitere Fälle gibt, in denen Strukturen und Institutionen der Daseinsvorsorge durch Handeln der EU berührt werden. Hierzu rechne ich u. a. die karitativen Einrichtungen - z. B. ambulante Pflegedienste, Krankentransporte -, kulturellen Einrichtungen - z. B. Theater, Sportstätten, etwa Schwimmbäder -, Abfall- und Abwasserentsorgung bzw. Filmförderung der Länder, wo es nach unserer Erkenntnis bereits Ansätze zur Regulierung gibt.
gesehen werden. Gerade die im Juli 2000 verabschiedete Transparenzrichtlinie verfolgt das Ziel, die Erfüllung besonderer Gemeinwohlverpflichtungen daran zu knüpfen, dass sie nicht außer Verhältnis zu den damit verbundenen Belastungen stehen. Wenn auch das mit der Transparenzrichtlinie verfolgte Anliegen grundsätzlich berechtigt ist, so ist doch ein derartiger Nachweis häufig sehr kompliziert und mit viel Aufwand zu führen.
Überzogene Anforderungen an die Entsprechung von Begünstigungen und Belastungen tragen der Bedeutung der Gemeinwohlverpflichtungen nicht hinreichend Rechnung und können über Gebühr in die bestehenden Gestaltungsrechte der Mitgliedstaaten, Regionen und Kommunen bei der Daseinsvorsorge eingreifen. Die CDU-Landtagsfraktion setzt sich daher dafür ein, dass von der Beihilfekontrolle ausgenommen werden die öffentlichen Zuwendungen an nicht gewinnorientierte Einrichtungen, die Leistungen von sozialen, kulturellen, bildungspolitischen oder karitativen Interessen innerhalb eines Mitgliedstaates.
Abschließend stellen wir als CDU-Fraktion fest, dass eine effiziente, qualitativ hochwertige und möglichst preisgünstige Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge ein wichtiger Standortfaktor im globalen Wettbewerb ist. Auch im Bereich der Daseinsvorsorge ist ein Wettbewerb um die beste Politik der geeignetste Weg, um Effizienzsteigerungen herbeizuführen. Außerdem muss die Leistungsausgestaltung den örtlichen Gegebenheiten angepasst sein, um sensibel auf sich wandelnde Verhältnisse reagieren zu können.
- Wirklich der letzte Satz, Frau Präsidentin! - Auch vor diesem Hintergrund muss die EU-Entscheidung darüber grundsätzlich den zuständigen Träger der Daseinsvorsorge vorbehalten bleiben, getreu nach dem Grundsatz, dass dieses vereinigte Europa nicht dadurch interessant wird, dass wir alles vereinheitlichen, sondern dass sich auch in den Lösungen der Daseinsvorsorge die Individualität und die Mentalität der Mitgliedsländer oder Regionen widerspiegeln - zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde es kürzer machen als der Kollege von der Heide. - Gerade in den letzten Wochen konnten wir wieder viel lesen und hören über die Europäische Union, über die Osterweiterung, über eine Stärkung der europäischen Exekutive. Der Bau der Europäischen Union - hier möchte ich den in der letzten Tagen oft bemühten Begriff der „Baustelle“ aufgreifen - ist, wie wir alle wissen, mit besonderen, wirklich besonderen Schwierigkeiten verbunden. Denn es handelt sich nicht, wie viele vielleicht denken, um einen Neubau, sondern im Gegenteil, die EU besteht aus vielen denkmalgeschützten Teilen, die bewahrt und unterhalten werden müssen. Diese Teile symbolisieren die regionale Identität, die über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen, die für das Miteinander in unserem Land so wichtig sind.
Diese Teile durch geeignete Bausteine zu einem neuen Ganzen zu verbinden, haben wir uns mit der Europäischen Union zur Aufgabe gemacht. Dass bei dieser Baustelle alle Materialien natürlich eingehend zu prüfen sind, versteht sich von selbst. Schließlich wollen wir ein solides Fundament und stabile Träger haben.
Meine Damen und Herren, diese Prüfung darf jedoch nicht dazu führen - hier sehen wir erheblichen Verbesserungsbedarf -, dass bewährte Strukturen dem freien Spiel des Marktes und der Kräfte des Marktes zum Opfer fallen. Die öffentliche Daseinsvorsorge ist ein besonders sensibles Thema. Subsidiarität ist, wie in vielen anderen Bereichen, das Zauberwort. Gerade in Deutschland als einem föderalen Staat muss dem Erhalt des gewachsenen und gesicherten Systems der öffentlichen Daseinsvorsorge besonderes Gewicht zukommen.
Meine Damen und Herren, wir werden den Menschen in diesem Land nicht vermitteln können, welcher Vorteil ihnen durch die EU erwächst, wenn gleichzeitig wichtige Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge wie der öffentliche Personennahverkehr, Förderung des Wohnungsbaus oder öffentlich-rechtliche Finanzdienstleistungen auf den Prüfstand geraten und drohen, dem freien Wettbewerb unterworfen zu werden.
die im freien Spiel der Kräfte das Nachsehen hätten. Wir müssen mit unseren Angeboten der öffentlichen Daseinsvorsorge in der Fläche bleiben. Das heißt auch, dass wir die bereits vorhandenen Strukturen im Bereich der ehrenamtlich Tätigen hier nenne ich nur die Wohlfahrtsverbände - stützen und weiter ausbauen müssen. Das hat sich in besonderem Maße bei der Anhörung gezeigt, die wir im Laufe unserer Beratung durchgeführt haben.
Diese gerade für den ländlichen Raum besonders wichtigen Einrichtungen dürfen nicht der Wettbewerbspolitik der EU unterworfen werden.
Bei der Daseinsvorsorge geht es schließlich nicht um frei verhandelbare Leistungen, sondern um das Gemeinwohl. Das ist für mich, meine Damen und Herren, der Kernsatz, das, was wir wollen: einen am Verbraucher orientierten Wettbewerb, einen Wettbewerb, der dem Verbraucher ausschließlich nützt.
Meine Damen und Herren, unter Berücksichtigung dieser wichtigen Bausteine werden wir das neue oder auch alte Haus der Europäischen Union stabil und sicher aufbauen und dann eine breite Zustimmung innerhalb der Bevölkerung erzielen.
Ich möchte jetzt noch ganz kurz auf den Änderungsantrag der Grünen eingehen. Herr Wenzel, wir haben diesen Antrag unserer Fraktion fast auf den Tag genau 14 Monate beraten. Herr von der Heide hat erwähnt, wie viel Mühe wir uns gemacht haben, wie intensiv wir dieses Thema angegangen sind, mit einer Anhörung usw. Ich verstehe nicht ganz, warum jetzt, kurz vor der Schlussabstimmung, noch dieser Änderungsantrag kommt. Sie hatten genügend Zeit, ihn während der Beratung einzubringen; 14 Monate sind eine lange Zeit. Aus dem Grund, kann ich nur sagen, werden wir ihm nicht zustimmen können. - Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Knebel, die Argumente haben wir sehr wohl schon im Verfahren eingebracht. Wir hatten auch schon einen ersten Änderungsantrag formuliert. Dieser ist allerdings nicht so detailliert auf die Problematik eingegangen. Insofern habe wir das jetzt noch einmal schriftlich zusammengefasst.
Ich denke, das ganze Thema Daseinsvorsorge müssen wir sehr stark vom Ziel her betrachten. Staatliche Garantien, die im direkten Zusammenhang mit der öffentlichen Daseinsvorsorge stehen, dürfen nicht einer nur an den Prinzipien des freien Marktes orientierten EU-Wettbewerbspolitik unterworfen werden. Insofern sind wir uns hier - ich denke, das geht über alle drei Fraktionen - völlig einig.
Fragen der Gerechtigkeit, soziale und ökologische Ziele müssen eindeutig im Vordergrund stehen. Wettbewerbspolitik muss sich immer daran messen lassen, ob sie geeignet ist, diese übergeordneten Ziele zu stützen. Sie kann nur Werkzeug sein, nicht Zweck. Manchmal hat man den Eindruck, dass das Wettbewerbsrecht und die Beihilferegelungen der EU-Verträge von vielen als Holzhammer eingesetzt werden, um ganz andere politische Ziele zu erreichen.
Das gilt aber nicht nur für die Kommission, sondern auch für Bund und Länder. Mit dem Argumente „Daseinsvorsorge“ wird oft ebenso undifferenziert zurückgeschlagen.
Der Europäische Rat von Lissabon hat die Kommission um Klarstellung gebeten. Klar ist, der § 86 der EU-Verträge gilt nur für wirtschaftliche Tätigkeiten. Auch der EuGH hat klargestellt, dass Tätigkeiten von Einrichtungen, die weitgehend soziale Aufgaben ohne Gewinnabsicht erfüllen, von den wettbewerbsrechtlichen Vorschriften nicht erfasst werden. Das betrifft beispielsweise Kirchen, Gewerkschaften, Parteien, wissenschaftliche Gesellschaften, Wohlfahrtsverbände und ähnliche Organisationen. Schwierig ist aber dann die Abgrenzung zwischen wirtschaftlichen und nicht
wirtschaftlichen Tätigkeiten. Hier kommt man schnell ins tiefe Wasser. Hier brauchen wir, hier brauchen alle diese Organisationen mehr Planungssicherheit. Deshalb haben wir die Formulierung zu den Wohlfahrtsverbänden auch wortgleich in unseren Änderungsantrag übernommen.
Problematisch ist für uns jedoch der Passus, der sich mit den Banken und Sparkassen befasst. Wer auf internationalen Märkten agiert, schafft sich hier eine offene Flanke. Deshalb sind wir der Meinung, dass man die Zumutungen, die einzelne Vorgehensweisen der EU-Kommission enthalten, eher zurückweisen kann, wenn man hier differenzierte Lösungen anbietet. Wenn Landesbanken sich auf internationalen Finanzplätzen mit Investmentgesellschaften engagieren, erscheint uns eine Abführung des geldwerten Zinsvorteils durch die Gewährträgerhaftung an die entsprechenden Landeshaushalte als sinnvoll. Das hat im Übrigen auch noch einen positiven Nebeneffekt für unseren Landeshaushalt. Aber wenn öffentlich-rechtliche Sparkassen im Einzugsbereich ihres Gewährträgers im öffentlichen Auftrag und aus strukturpolitischen Gründen ein größeres Filialnetz vorhalten als private Banken, dann darf das keinesfalls als Grund für wettbewerbsrechtliche Beanstandungen gelten.
Auch beim ÖPNV ist eine Überprüfung gewachsener Strukturen durchaus angebracht. Daseinsvorsorge ist für viele Bürgerinnen und Bürger im ländlichen Raum ein Fremdwort, weil öffentliche Verkehrsdienstleistungen, die man als Daseinsvorsorge bezeichnen könnte, einfach nicht vorhanden sind. Aber grundsätzlich gilt: Die Frage, wie diese Fragen geregelt werden sollen, darf nicht über die Köpfe der Länder und Kommunen hinweg entschieden werden.
Deshalb wollen wir, dass sich die Landesregierung in der Vorbereitung der Nizza-Folgekonferenz, die für das Jahr 2004 terminiert ist - insbesondere soll es hier um das Thema Kompetenzabgrenzung gehen -, vehement dafür einsetzt, dass die Subsidiaritätsregeln des geltenden Gemeinschaftsrechts gesichert werden. Eine Schwächung der föderalen Struktur und der kommunalen Selbstverwaltung ist in jedem Fall zu verhindern. Im Gegenteil, Subsi
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden hier über Daseinsvorsorge - ein schreckliches Wort, unter dem sich die Menschen draußen im Lande kaum etwas vorstellen können. In Wirklichkeit reden wir hier über das Angebot an Sparkassen, wir reden über Krankenhaustransporte, wir reden über den öffentlichen Personennahverkehr - bis hin zur Drogenberatung, also über das gesamte Spektrum öffentlicher Leistungen, Leistungen, die der Staat dem Bürger anbietet, zu bestimmten Bedingungen, möglicherweise auch mit einer staatlichen Unterstützung. Wir reden also über ein ganz, ganz wichtiges Problem, das jede Frau, jeden Mann an irgendeiner Ecke seines Landes, seiner Stadt, seines Lebens täglich berührt.
An diesem Punkt wird auch deutlich, meine sehr verehrten Damen und Herren: Es fehlt ein europäische Verfassung,
die regelt, wer welche Aufgaben wann und wo in der Europäischen Union wahrzunehmen hat. Hätten wir eine solche Regelung, hätten wir eine solche Diskussion schon hinter uns gebracht und in eine Verfassungsform gegossen, dann wäre klar, wer was wo in Europa zu tun hat. Dann wäre auch klar - nach meiner festen Überzeugung jedenfalls -, dass die Europäische Union sich aus den Fragen dieses öffentlichen Leistungsspektrums, aus den Fragen der Daseinsvorsorge herauszuhalten hat.
Leider sind wir noch nicht so weit, sondern wir sind erst auf dem Weg. Ich stimme Herrn Wenzel ausdrücklich zu, dass die Zielrichtung lauten muss: Wir müssen so viel möglich dort erledigen lassen - nämlich hier unten, in den Ländern, in den Kommunen -, wo es gut erledigt werden kann, weil die hiesigen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger am besten wissen, wo die Leute der Schuh drückt.