Protocol of the Session on March 14, 2001

(Möllring [CDU]: Das hat Inselmann aber gesagt!)

und deswegen ist das, was Sie hier diskutiert haben, unanständig.

(Starker Beifall bei der SPD - Möll- ring [CDU]: Das kam bei Inselmann aber ganz anders rüber!)

Nun komme ich zu einer letzten Bemerkung. Rebecca Harms, wir müssen uns wohl über eines im Klaren sein: Ich bin dafür, dass man seine abweichende Meinung in dieser Frage nicht nur im Par

lament, nicht nur schriftlich, sondern auch in Form von Demonstrationen deutlich machen kann.

(Möllring [CDU]: Sie sind ja ein rich- tig liberaler Mensch!)

- Sie, Herr Kollege, reden Unfug. Aber das ist bekannt, und deswegen gehe ich darauf gar nicht weiter ein.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin der Meinung, dass man das machen kann, und ich würde nie einer Gliederung meiner Partei - mag sie noch so klein oder groß sein par ordre du mufti untersagen, solche Demonstrationen zu organisieren oder sich daran zu beteiligen.

(Decker [CDU]: Das ist im Grundge- setz festgelegt! - Weiterer Zuruf von der CDU: Das können Sie auch gar nicht!)

Aber, meine Damen und Herren, wir müssen die Friedfertigkeit und die Friedlichkeit unserer Demonstration in den Vordergrund stellen, und dafür tragen wir Verantwortung, liebe Rebecca, auch du!

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der SPD - Zustimmung von Wulff (Osnabrück) [CDU])

Der Kollege Schwarzenholz hat sich gemeldet, dann noch einmal die Kollegin Harms! - Herr Abgeordneter Plaue, der Begriff „dämlich“ ist unparlamentarisch.

(Plaue [SPD]: Das nehme ich zurück! - Decker [CDU]: Das haben Sie doch auch vorher gewusst! - Möllring [CDU]: Wer hat denn behauptet, dass Plaue dämlich ist? - Lachen bei der CDU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Raum Gorleben wird eine der größten Demonstrationen erleben, die es dort je gegeben hat. Das liegt nicht daran, dass die Menschen dort gewalttätig sind oder Gewalttaten beabsichtigen. Es liegt daran, dass eine politische Entscheidung getroffen worden ist, die von den Menschen nicht akzeptiert wird. Das betrifft nicht nur den Raum Gorleben,

sondern z. B. auch den Raum Salzgitter, aus dem ich komme. Auch viele Menschen von dort werden sich an den Protesten beteiligen.

Das hat etwas damit zu tun, dass sich diese Demonstration in erster Linie gegen den Atomkonsens richtet. Wenn Sie die Aufrufe lesen, dann stellen Sie fest, dass es darum geht, mit diesen Transporten den Brennstoffkreislauf wieder zu eröffnen, sicherzustellen, dass Atomkraftwerke in Deutschland noch jahrzehntelang weiterbetrieben werden können, und der Schlüssel dazu liegt gegenwärtig bei den Gorleben-Transporten. Deshalb sind die Gorleben-Transporte auch das Symbol, unter dem sich die Anti-Atom-Bewegung zu Demonstrationen versammelt.

Es ist ein Protest gegen den Konsens zwischen SPD und GRÜNEN auf der einen und der Atomindustrie auf der anderen Seite, der die Atomkraftgegner ausgeschaltet hat. Das ist ein Konsens, der weder von den Menschen in der Region Gorleben noch von den Atomkraftgegnern in der Bundesrepublik insgesamt akzeptiert wird.

Ich bitte Sie um eines: Respektieren Sie bei aller Unterschiedlichkeit der Positionen, dass diese Proteste politische Proteste sind, und reden Sie diese Proteste nicht im Vorfeld kriminell, wie das durch viele Verlautbarungen - auch aus dem Innenministerium - geschehen ist, in denen von Gewaltbereitschaft die Rede ist. Es geht bei diesen Protesten auch darum, das Demonstrationsrecht zu verteidigen, und es geht darum, das zu verteidigen, was auch durch die Rechtsprechung in den 80erJahren erreicht worden ist, z. B. das Akzeptieren von Sitzblockaden als berechtigtes Instrument bei solchen Demonstrationen.

Wir - dazu gehöre ich, dazu gehört meine Partei werden uns insgesamt vor diese Castoren setzen, wir werden uns dort friedlich versammeln, und wie das abläuft, wird davon abhängen, ob alle Beteiligten dabei Vernunft bewahren und nicht eine Gewaltatmosphäre schaffen, wie ich es bei den letzten Castor-Transporten erlebt habe.

Frau Kollegin Harms noch einmal!

Ich will nur noch ganz kurz auf den Schluss der Rede des Kollegen Plaue eingehen, weil ich diesen permanenten Versuch, zu suggerieren, wir als

Grüne oder auch ich als Fraktionsvorsitzende hätten ein ungeklärtes Verhältnis zur Gewaltfreiheit, so nicht stehen lassen kann. Das haben Sie, Herr Kollege Plaue, eben wieder gemacht.

(Widerspruch bei der SPD)

- Lesen Sie es nach! Das haben Sie wieder so gemacht.

Ich sage Ihnen an dieser Stelle: Der GorlebenWiderstand ist seit 25 Jahren ein gewaltfreier Widerstand.

(Decker [CDU]: Was? Wo haben Sie das denn gelesen?)

Das, wofür die Bürgerinitiative steht, das, wofür die bäuerliche Notgemeinschaft steht, ist gewaltfreier Widerstand. Wer, wie die Bezirksregierung Lüneburg in der Gefahrenprognose,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

die gestern veröffentlicht wurde, etwas anderes suggeriert, der denunziert auf ganz bösartige Weise nicht nur Grüne, sondern auch diese gesamte Protestbewegung.

Herr Kollege Plaue, wenn Sie sagen, Sie seien in der Anti-AKW-Auseinandersetzung politisch sozialisiert worden, dann wägen Sie bitte Ihre Worte in Zukunft besser ab!

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, damit ist Punkt 1 a abgeschlossen.

Wir kommen zu

b) Arbeitsplätze in Gefahr - Betriebe vor dem Ruin: Landesregierung lässt Bauwirtschaft im Stich! - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2312

Das Wort hat der Abgeordnete Möllring.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer sich in diesen Tagen mit der Bauwirtschaft beschäftigt, wird Überschriften wie „Die deutsche Bauwirtschaft liegt am Boden“ lesen,

oder er wird lesen, wie der Präsident des Hauptverbands, Professor Walter, sagt, das Jahr 2000 sei das schlimmste Jahr in der Nachkriegsgeschichte, die Bauwirtschaft werde durch den Finanzminister tot gespart. Auch der neue Bundesbauminister erklärt in Presseerklärungen, es gebe einen Abschwung in der Baukonjunktur.

In Niedersachsen trifft uns das besonders hart, weil es einen dramatischen Einbruch nicht nur bei den Arbeitsplätzen, sondern auch bei den Aufträgen und Lohnzahlungen gibt. Wir haben allein im vergangenen Jahr jeden dreißigsten Arbeitsplatz innerhalb der Bauwirtschaft verloren. Die Bauwirtschaft geht davon aus, dass dies im Jahr 2001 so weiter geht.

Auslöser dieser Problematik ist insbesondere die öffentliche Hand. Niedersachsen hat die geringste Investitionsquote. Investitionen sind neben der Beschaffung von Maschinen, Autos und anderen Dingen im Wesentlichen die öffentlichen Hochbauten und der öffentlichen Straßenbau, d. h. der Tiefbau. Dies ist in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt worden.

(Beckmann [SPD]: Falsch!)

Das Land Niedersachsen ist das Land mit der geringsten Investitionsquote. Es steht folglich am Ende der westlichen Bundesländer in der Baukonjunktur. Wir müssen leider feststellen, dass alle Fachleute erwarten, dass entgegen der allgemeinen Konjunktur – wobei man sich darüber streiten kann, ob sie um 2,4 %, wie Herr Eichel gesagt hat, um 2,5 oder gar um 3 % steigt – die Baukonjunktur in diesem Jahr Minuszahlen aufweisen wird. Das muss uns wirklich zu denken geben. Meines Erachtens müssen wir hinsichtlich der öffentlichen Investitionen umdenken.

Allein im Raum Hannover befinden sich zurzeit 18 Baufirmen in Insolvenzverfahren. Hier kommt kein Bundeskanzler – wie bei Philipp Holzmann -, der sich um die Arbeitsplätze kümmert. Aber wir haben in Niedersachsen viel mehr Arbeitsplätze als Philipp Holzmann. Bei den kleinen Betrieben – ich habe das vorhin schon gesagt – sind es 6 000 Arbeitsplätze, die wegfallen. Das ist jeder dreißigste Arbeitsplatz innerhalb der Bauwirtschaft.

Wenn wir sehen, wie im öffentlichen Bereich die Bauwirtschaft vernachlässigt wird, dann müssen wir umsteuern.

(Zustimmung bei der CDU)

Das gilt nicht nur für das Land Niedersachsen, sondern auch für die Kommunen, weil der kommunale Finanzausgleich - -

(Beckmann [SPD]: Immer wieder die gleiche Leier! Immer wieder dassel- be!)

- Ja, das ist die gleiche Leier. Wenn Sie innerhalb von vier Jahren den Kommunen 3,5 Milliarden DM netto saldiert aus der Tasche ziehen, dann müssen die Kommunen eben zusehen, dass sie entsprechend sparen. Aber wo sparen sie? – Sie sparen dort, wo wir es eigentlich nicht hinnehmen können, nämlich bei der Bauunterhaltung und beim Bau. Das sind Arbeitsplätze, die unmittelbar betroffen sind.

(Beifall bei der CDU)

Ich verstehe nicht, wie Sie noch ehrlichen Herzens Kommunalpolitik machen können, wenn Sie dies sehen und immer wieder einen derartigen kommunalen Finanzausgleich mit unterstützen.

(Zuruf von Wegner [SPD])