Protocol of the Session on February 23, 2001

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Wojahn!

Herr Präsident Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich frage nach. Sie haben in Ihrer Antwort, wenn ich es richtig verstanden habe, gesagt, dass die Zuckerrübenmarktordnung für die EU und für Deutschland weitgehend finanziell neutral ist. Es ist hier aber immer so dargestellt worden - so habe ich auch den Ministerpräsidenten in seiner Regierungserklärung verstanden -, dass die Subventionen zugeführt werden müssen. Darauf kann ich mir nun keinen Reim machen, nachdem Sie heute gesagt haben, dass dieser Vorgang finanziell neutral ist. Bitte erklären Sie es uns noch einmal: Ist es nun neutral, oder entstehen Kosten?

Herr Bartels!

Herr Abgeordneter Wojahn, Sie müssen genau aufpassen, welche Formulierungen ich verwendet habe. Ich habe dargestellt, sie ist annähernd haushaltsneutral. Das ist so und lässt sich auch nachvollziehen. Ich habe aber gleichzeitig auch die Summen genannt, die im Haushalt der Europäi

schen Union für die Zuckermarktordnung zur Verfügung gestellt werden, nämlich für Exporterstattungen. Das sind 833 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2000, die natürlich auch aus Deutschland mit aufgebracht werden, weil wir ja auch Einzahler in die EU sind. Das ist also eine Relativierung der Neutralität. Aber ich muss dazu sagen: Wenn wir den AKP-Staaten nicht die Möglichkeit eröffnet hätten, die 1,6 Millionen t jährlich in den europäischen Markt einzuführen, dann brauchten wir diese Summe nicht aufzuwenden, weil wir dann nämlich genauso viel produzieren würden, wie wir in Europa unterbringen könnten. Insofern ist das wieder eine Haushaltsneutralität, wenn Sie so wollen. Da schließt sich der Kreis.

Herr Wenzel stellt eine Zusatzfrage.

Herr Minister Bartels, die „Financial Times Deutschland“ hat die Gesamtkosten der Zuckermarktordnung vor einigen Wochen mit 6,5 Milliarden Euro beziffert. Wie erklären Sie sich die Differenz zwischen dieser Zahl und Ihren Zahlen?

Herr Minister!

Herr Abgeordneter Wenzel, ich kann jetzt natürlich nur über die Haushaltzahlen berichten, die uns offiziell vorliegen, nämlich über diejenigen aus dem Haushalt der Europäischen Union. Darin steht die Zahl, die ich Ihnen genannt habe. Woher die „Financial Times“ ihre Zahl rekrutiert hat, kann ich nicht nachvollziehen. Sie ist jedenfalls auf keinen Fall identisch mit dem Zahlenwerk, das uns vorliegt.

Herr Hogrefe verzichtet auf die zweite Frage. Dann Herr Oestmann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zucker ist süß, aber auch etwas verwirrend. Herr Minister, wenn der Ministerpräsident Ihre jetzigen Darle

gungen gekannt hätte, hätte er dann die Bemerkungen, die er in der Regierungserklärung abgegeben hat, möglicherweise nicht machen können, weil damit die Grundlagen für seine Annahme eigentlich entfallen wären?

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Bartels!

Herr Abgeordneter Oestmann, Sie können davon ausgehen, dass dem Ministerpräsidenten diese Zusammenhänge bekannt gewesen sind, aber dass man durchaus - das habe ich zu Anfang meiner Antwort deutlich gemacht - über das System mit den Einzelheiten, die damit verbunden sind, nachdenken muss. Das macht auch die Europäische Kommission. Das ist auch das, was der Agrarrat sozusagen fortlaufend weiterdiskutiert. Dass man das immer wieder auf Stimmigkeit, auf Sinnhaftigkeit abklopft, ist sicherlich notwendig. Sie kennen vielleicht die öffentlich geführte Diskussion über die weitere Öffnung der europäischen Märkte für die ärmsten Länder dieser Erde, die hoffen, einen Anteil am Zuckermarkt für sich reklamieren zu können. Diese Diskussion ist gerade in den letzten Jahren sehr intensiv geführt und zu einem Abschluss gebracht worden, indem die EU gesagt hat „Wir wollen erst einmal bis zum Jahr 2006 weitere Überlegungen anstellen und jetzt keine Veränderungen vornehmen“, weil man in diesem Zusammenhang natürlich auch abwägen muss, was in diesen Ländern tatsächlich passiert, ob dadurch nicht der Markt unterlaufen wird, der sich in den eigenen Ländern aufbaut, und ob da nicht auch die Unsitte eintreten kann, dass diese Länder auf dem Weltmarkt Zucker kaufen, um ihn dann in den europäischen Markt zu bringen. Auch das ist ja Praxis. Dass man über solche Dinge intensiv nachdenkt, halte ich für vernünftig und richtig.

Zu einer zweiten Zusatzfrage hat der Herr Kollege Wenzel das Wort. - Er zieht zurück.

Herr Wojahn!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich frage noch einmal nach: Stammt die Passage in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten, die sich kritisch mit der Zuckermarktordnung auseinandergesetzt hat, aus Ihrem Haus oder aus dem Haus des Umweltministers?

(Jahn [CDU]: Das ist die Frage!)

Herr Bartels!

Herr Abgeordneter Wojahn, Sie können von Folgendem ausgehen: Wenn der Ministerpräsident eine Regierungserklärung abgibt, dann stammt die von der Landesregierung.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Damit ist die Fragestunde beendet.

Die Antworten der Landesregierung auf die Fragen, die jetzt nicht aufgerufen werden konnten, werden nach § 47 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung zu Protokoll gegeben. Die Mitglieder der Landesregierung werden gebeten, die Antworten jetzt an der Bank der Landtagsverwaltung abgeben zu lassen.

Wir kommen damit zu

noch:

Tagesordnungspunkt 2: 30. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben Drs. 14/2220 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2243 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drs. 14/2246

(Unruhe)

Ich bitte diejenigen, die jetzt noch stehen, ihre Plätze einzunehmen.

Über die Ausschussempfehlungen zu den Eingaben in der Drucksache 2220, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen, haben wir bereits vorgestern in der 70. Sitzung am 21. Februar entschieden. Wir beraten jetzt nur noch über die Eingaben aus der Drucksache 2220, zu denen Änderungsanträge vorliegen.

Die Redezeitverteilung ist so wie immer: SPDFraktion zehn Minuten, CDU-Fraktion zehn Minuten, Fraktion der Grünen fünf Minuten, Landesregierung fünf Minuten.

Zunächst hat sich der Abgeordnete Wenzel gemeldet.

Ich stelle jetzt auch die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich spreche über die Eingabe von Herrn Detlev Herbst aus Uslar-Volpriehausen gegen die Planung einer innerörtlichen Verlegung der Bundesstraße 241.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Volpriehausen ist ein kleines Dorf im Landkreis Northeim, durch das eine Bundesstraße mit einer Belastung von etwas über 5 000 Kfz am Tag führt, der so genannte DTV. Diese Bundesstraße soll - so heißt es in der offiziellen Planung - -

(Anhaltende Unruhe)

Einen Moment, Herr Abgeordneter! - Meine Damen und Herren, ich habe Sie darum gebeten, Ihre Plätze einzunehmen. Sie wissen, dass wir gleich Abstimmungen durchführen werden. Es geht nicht, dass hier solch ein Lärm herrscht.

(Zustimmung bei der CDU)

Laut offizieller Planung soll dieser Ort eine Umgehungsstraße erhalten. Ich habe mir das vor Ort angeguckt und war sehr überrascht, dass gar keine Umgehungsstraße geplant ist, sondern eine inner

örtliche Verlegung in einen anderen Bereich des Ortes, und zwar dorthin, wo heute eine Bahnstrecke ist. Man will diese Bahnstrecke halbieren, also ein Gleis herausnehmen - das ist heute noch im Landes-Raumordnungsprogramm als zweispurig ausgewiesen -, und darauf eine Bundesstraße bauen, und zwar in unmittelbarer Nähe eines Ortsteils, der direkt an dieser Bahnlinie liegt. Diese Straße würde diesen Ort an einer anderen Stelle teilen. Von daher verstehe ich nicht, wie man hier überhaupt von einer Ortsumgehung sprechen kann.

Zudem sind in unmittelbarer Nähe der neuen Trasse Freizeiteinrichtungen, z. B. eines der letzten Freibäder in dieser Region. Auch das ist höchst bedenklich.

Hinzu kommt die ungeklärte Überbauung der Bahnstrecke, die ohnehin in der Diskussion ist, weil die Deutsche Bahn angekündigt hat, dass sie diese Strecke stilllegen will.

Jetzt kommen wir in eine Situation, in der einerseits die Bahn „Stilllegung“ sagt und andererseits der Landkreis Northeim sagt „Wir wollen dort ein Gleis weniger haben“. Meine Damen und Herren, was ist das denn für ein fürchterliches Signal, wenn man hier auch noch selber eine solche Bahnstrecke anknapst?

Die Bürgerinitiative vor Ort hat gesagt, sie könne sich vorstellen, eine Umgehungsstraße zu bauen, aber bittet noch einmal um eine ordentliche Überprüfung aller Trassenvarianten, die, soweit ich weiß, 1985 verworfen wurden.

Es kann doch nicht angehen, dass wir 30 Millionen DM für eine innerörtliche Verlegung ausgeben, nur um Menschen zu belasten, die an einer anderen Stelle dieses Ortes wohnen, und gleichzeitig auch noch diese Bahnlinie in Bedrückung bringen!

Ich möchte Sie ganz ernsthaft bitten und auch meinen Kollegen Axel Endlein noch einmal direkt ansprechen - der im Kreistag diese Maßnahme mitdiskutiert hat und die Situation vor Ort sehr genau kennt -, sich noch einmal zu überlegen: Ist das wirklich notwendig? Wem nutzt dieses Projekt?

Wenn man den Menschen, die künftig an dieser neuen Trasse leben müssen, passiven Lärmschutz anbietet, dann frage ich Sie: Wer möchte schon passiven Lärmschutz haben? - Passiver Lärmschutz bedeutet doch nichts anderes als Lärm

schutzfenster. Wenn sie im Sommer draußen sitzen und grillen wollen, dann nützt ihnen der passive Lärmschutz überhaupt nichts, und wenn sie im Sommer einmal bei offenem Fenster schlafen wollen, dann nützt ihnen der passive Lärmschutz auch nicht; denn der funktioniert ja nur, wenn die Lärmschutzfenster geschlossen sind. Das darf, meine ich, nicht die Folge einer innerörtlichen Verlegung für 30 Millionen DM sein, die letztlich mit Steuergeldern bezahlt wurde.

Meine Bitte ist also, das Ganze noch einmal vor dem Hintergrund der Prioritäten zu überprüfen, die wir insgesamt in Niedersachsen haben. Wir haben Straßen mit Belastungen von 10 000, 15 000 oder 20 000 Autos. Wir reden gar über Straßen mit einer Belastung von 25 000 Autos, die heute durch kleine Orte gehen. Diesbezüglich gibt es an vielen Stellen ernsthafte Überlegungen, ob man etwas machen kann und muss. Jeder und jede von Ihnen hat solche Projekte in seinem Wahlkreis.