Protocol of the Session on February 22, 2001

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU: Bravo! – Plaue [SPD]: Das ist anders als bei CDU-Regierungen! Sie erinnern sich wahrscheinlich an Ihre Zeit zurück!)

Frau Mundlos!

Frau Ministerin, können Sie die Sorgen der Elternvertretung und des Kollegiums der SelmaLagerlöf-Schule in Empelde, die darin bestehen, dass die Kürzungen so zu verstehen sind, dass jede vierte Stelle eingespart wird, ausräumen, indem Sie hier und heute klar bekennen, dass am Ende der Diskussion eher mehr pädagogische Stunden in den Schulen zur Verfügung stehen werden als weniger?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Frau Jürgens-Pieper!

Frau Mundlos, ich kann das nicht bekennen, weil das mathematisch nicht möglich ist. Ich habe eine bestimmte Anzahl von Stellen. Ich habe es schon erwähnt: Die Zahl 678 setzt sich jetzt langsam fest. Es gibt auch eine bestimmte Anzahl von Stunden, je nachdem, welche Verträge man macht. Das wird nicht mehr und nicht weniger. Deshalb kann ich das jetzt leider nicht bekennen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Klare, zweite Frage!

Ich wollte gern noch in Richtung von Frau Andretta fragen, ob Sie nicht einmal fragen wollen, weil Sie uns

(Zuruf von Groth [SPD])

- ich frage ja – bei der Debatte an der HeinrichBöll-Schule in Göttingen in jeder Weise unterstützt haben und auch unsere Forderungen, die wir gemeinsam mit den Grünen und den 150 Eltern da vorgetragen haben, ebenfalls in jeder Weise unterstützt haben. Es wäre doch gut, wenn Sie einmal in Richtung der Ministerin agieren und sagen würden: Ändern Sie einmal etwas. – Das wäre meine herzliche Bitte, und das ist auch meine Frage an Sie, Frau Ministerin.

Herr Kollege Klare, das war aber keine Frage.

(Plaue [SPD]: Das ist hier doch kein Kasperletheater, Herr Klare! – Gegen- ruf von Klare [CDU]: Sie kann sich hier doch nicht verstecken!)

Herr Klare, obwohl ich die Frage nicht genau verstanden habe, erkläre ich jetzt, dass sich Frau Andretta hier nicht versteckt. Sie sitzt hier.

Nach meiner Kenntnis hat Frau Andretta dort einen Besuch abgestattet, und ich glaube, dass sie dort mit Ihnen auch eine Podiumsdiskussion bestritten hat. Wir haben das sehr intensiv besprochen. Sie hat sich für diese Schule und für diese Eltern nachdrücklich eingesetzt.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb habe ich auch gesagt, dass wir uns die Situation an dieser Schule ganz genau ansehen wollen. Wir wollen eine Regelung finden, die den Kindern und dort insbesondere den Schwerstmehrfachbehinderten gerecht wird, Herr Klare.

(Klare [CDU]: Sie hat aber erklärt, ih- re Politik dürfe nicht umgesetzt wer- den!)

Weitere Wortmeldungen für Zusatzfragen liegen nicht vor.

Wir kommen damit zur zweiten Dringlichen Anfrage:

b) Niedersachsen als Drehscheibe für illegale Tierarzneimittel - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2240

Wer fragt? - Herr Abgeordneter Klein.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Fernsehmagazin „Report“ berichtete in seiner letzten Ausgabe über staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen eine Tierarzneimittelfirma aus dem Raum Diepholz, die 45 t antibakteriell wirk

samer Arzneimittel an 250 Tierärzte im Bundesgebiet vertrieben haben soll. Dabei soll es sich um Pharmaka handeln, die schon seit Jahren in der EU verboten sind, aus China bezogen wurden und vermutlich illegal in der Schweinemast eingesetzt worden sind. Schon in den 80er-Jahren war diese Tierarzneimittelfirma im Zuge des Hormonskandals, der illegalen Anwendung von Hormonen in der Kälbermast, Ziel staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen.

In seiner Regierungserklärung im Januar hat Ministerpräsident Gabriel davon gesprochen, dass Bayern mitten in einem handfesten Tierarzneimittelskandal stecke, und den Eindruck vermittelt: Wir sind sauber. - Das Landwirtschaftsministerium hat inzwischen erklärt, dass seit Dezember 1999 die Staatsanwaltschaft wegen dieser Vorgänge gegen die Firma ermittelt, und zwar auf Veranlassung der Landesbehörden.

Wir fragen die Landesregierung:

1. In welchem Umfang überprüfen die zuständigen Behörden in Niedersachsen den Tierarzneimittelhandel, Tierärzte, Futtermittelhersteller und Mastbetriebe auf die Einhaltung der zu beachtenden einschlägigen Vorschriften?

2. Welche Konsequenzen für die Kontrolltätigkeit in diesem für den Verbraucherschutz wichtigen und sensiblen Bereich hat die Landesregierung gezogen, als die Behörden 1999 den begründeten Verdacht hatten, dass verbotene Antibiotika illegal in der Tiermast eingesetzt werden?

3. In welchem Umfang und mit welchen Ergebnissen wird in Niedersachsen eine Rückstandskontrolle auf Arzneimittel bei Schlachttieren durchgeführt?

Die Antwort gibt Minister Bartels.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bezieht sich auf die Sendung "Report aus München", die am Montag, dem 12. Dezember 2001 ausgestrahlt wurde. In dieser Sendung wurde auf ein in Niedersachsen ansässiges pharmazeutisches Unternehmen hingewiesen, das in Verdacht steht, rund 45 t pharmakologisch wirksame Roh

substanzen an fast 250 Tierärzte vertrieben zu haben.

Zum Hintergrund dieses Geschehens Folgendes: Seitens des für das Veterinärwesen zuständigen Dezernats der Bezirksregierung Hannover wurde am 1. Dezember 1999 im Rahmen einer Regelüberprüfung der betreffenden Arzneimittelherstellerfirma festgestellt, dass das Unternehmen neben Fertigarzneimitteln auch Arzneimittelrohstoffe veräußert hat.

Erstens. Die amtlichen Ermittlungen durch die Bezirksregierung Hannover ergaben, dass von den in der Fernsehsendung erwähnten etwa 45 t erstens rund 44 t Rohsubstanzen waren, die im Einzelhandel nur in Apotheken oder tierärztlichen Hausapotheken abgegeben werden dürfen; der Vertrieb von dem Herstellerbetrieb an Ärzte war folglich rechtskonform. Es war jedoch bei diesen apothekenpflichtigen Rohstoffen zu prüfen, ob sie von den Empfängern, insbesondere Tierarztpraxen, ordnungsgemäß verwendet wurden. Soweit mir bekannt ist, sind in diesem Zusammenhang bis dato eingeleitete Verfahren bisher von den Strafverfolgungsbehörden eingestellt worden; die Ermittlungen haben bislang zu keinen Beanstandungen geführt.

Zweitens. Ca. 1,5 t der insgesamt rund 45 t Rohstoffe sind solche, die der Verschreibungspflicht unterliegen.

Drittens. Bei ca. 180 kg handelt es sich um Wirkstoffe, die nach der EU-Rückstandshöchstmengenverordnung zur Anwendung bei lebensmittelliefernden Tieren verboten sind. Die letztgenannten Stoffe wurden an insgesamt vier Tierärzte im Bundesgebiet abgegeben.

Die Bezirksregierung Hannover hat nach Auswertung der Vor-Ort-Erhebungen und nach Rücksprache mit meinem Haus wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz bei der zuständigen Staatsanwaltschaft, die seitdem Herr des Verfahrens ist, Anzeige erstattet.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wie folgt:

Zu Frage 1: In Niedersachsen sind neben sechs mittelgroßen Arzneimittelfirmen überwiegend kleinere Unternehmen ansässig. Insgesamt gibt es 22 pharmazeutische Herstellerbetriebe, 17 Vertriebsunternehmen, darunter vier Betriebe, die

Arzneimittel aus Drittländern einführen, und 24 so genannte Großhandelsbetriebe.

Bei den im Zusammenhang mit dem aktuellen Geschehen stehenden Herstellerbetrieben wurden im Jahr 2000 insgesamt neun Überprüfungen durchgeführt. Von den vier Tierarzneimittelimporteuren wurde letztjährig einer kontrolliert. Von den insgesamt 1 325 in Niedersachsen betriebenen tierärztlichen Hausapotheken sind im Jahre 2000 von den dafür zuständigen Veterinärdezernentinnen und -dezernenten der Bezirksregierungen 334 überprüft worden. Darüber hinaus wurden von 24 futtermittelrechtlich anerkannten Betrieben, die Fütterungsarzneimittel herstellen bzw. lagern, 17 kontrolliert. Ergänzt wurden diese Kontrollen durch Überwachungsmaßnahmen der Veterinärund Lebensmittelüberwachungsämter der Landkreise und kreisfreien Städte auf der Ebene der Tierhaltungen. Diese Überprüfungen stehen häufig im Zusammenhang mit der Feststellung von Auffälligkeiten bei Rückstandsuntersuchungen. Für die Durchführung dieser Überprüfung ist in Niedersachsen ein Katalog mit Folgemaßnahmen inklusive einer Checkliste entwickelt worden, die alle den Erzeugerbetrieb tangierenden Rechtsbereiche - von den Arzneimitteln über Lebensmittel bis zum Viehverkehr - abdeckt. Ich stelle Ihnen diese Checkliste gerne auf Anfrage zur Verfügung. Sie liegt an meinem Platz und kann dort abgeholt werden.

Im Rahmen der amtlichen Futtermittelkontrolle wurden 1999 insgesamt 382 Überprüfungen auf antibiotische Futterzusatzstoffe in Vormischungen, Alleinfuttermitteln und Ergänzungsfuttermitteln durchgeführt. Diese Überprüfungen fanden bei den insgesamt 292 niedersächsischen Futtermittelherstellern, bei Händlern und bei Vertretungen von Drittlandherstellern statt. Sie umfassten Kontrollen auf den vorschriftsmäßigen Einsatz zugelassener Leistungsförderungen und Kontrollen auf verbotene Zusatzstoffe ab dem 1. Juli 1999.

Zu Frage 2: Die Ermittlung und die Anzeige der in Rede stehenden illegalen Abgabe von Ausgangsstoffen für Tierarzneimittel macht deutlich, dass in Niedersachsen ein effektiv strukturiertes Überwachungssystem existiert. Wäre dies nicht so, wären die betreffenden Unregelmäßigkeiten nicht aufgedeckt worden. Aufgrund des bereits bestehenden dichten Überwachungsnetzes und wegen des Fehlens konkreter Hinweise auf eine Gefährdung der Verbraucherinnen und Verbraucher durch eine Belastung von Fleisch und anderen Erzeugnissen

tierischer Herkunft als Folge einer unsachgemäßen Tierarzneimittelanwendung bedurfte es keiner weiteren Maßnahmen der Lebensmittelüberwachungsbehörden.

Um Missverständnissen vorzubeugen, weise ich darauf hin, dass es vorschnell wäre, anzunehmen, dass Fehlhandlungen im Arzneimittelverkehr regelmäßig zu erhöhten Rückständen in den von Tieren gewonnenen Produkten führen. Ich habe aufgrund der Diskussion in der Öffentlichkeit den Eindruck gewonnen, dass diese Annahme besteht. Dass dies nicht der Fall ist, ändert nichts an der Notwendigkeit, unter Verbraucherschutzgesichtspunkten den Arzneimittelverkehr strikt und zielorientiert zu überwachen.

(Zustimmung bei der SPD)

Es muss verhindert werden, dass sich illegale Praktiken des Vertriebs und der Verwendung von Arzneimittelrohstoffen, zugelassenen und nicht zugelassenen Arzneimitteln und letztlich auch von verbotenen Stoffen etablieren können, weil solche Vorgänge in aller Regel über kurz oder lang Negativfolgen unterschiedlicher Art haben können.

Es geht dabei neben der prioritären Vermeidung von Verbrauchergefährdungen insbesondere auch um ökotoxische Wirkungen, um mögliche Resistenzentstehungen in Bakterienstämmen und um die Ausschaltung des noch immer verbreiteten Prinzips, schlechte Haltungsbedingungen durch unsachgemäßen Arzneimitteleinsatz zu kaschieren.

In Verbindung mit den aktuellen Vorfällen sind in Niedersachsen besondere Maßnahmen initiiert worden, um den Verstößen noch schneller auf die Spur zu kommen und die Möglichkeit illegalen Handels noch mehr einzuengen. Neben länderübergreifenden Arzneimittelüberwachungsaktionen, die in enger Zusammenarbeit zwischen den Veterinärbehörden einschließlich des Ihnen bekannten niedersächsischen Rückstandskontrolldienstes und den Strafverfolgungsbehörden initiiert wurden, sind von uns Änderungen im Arzneimittelrecht angeschoben worden, die die Möglichkeiten der Überwachung des Tierarzneimittelverkehrs und deren Effektivität steigern sollen, ohne eine tierärztlichen notwendige Behandlung kranker Tiere unmöglich zu machen. Hier ist z. B. die Einschränkung der tierärztlichen Dispensierrechts zu nennen, mit der wir den Bezug von Arzneimittelrohstoffen durch Tierärzte ausschließen und auch die Anwendung zugelassener Tierarzneimittel

restriktiv gestalten wollen. Wir prüfen, ob ein Verbot der Abgabe von Tierpharmaka für Tierärzte noch mehr Sicherheit bringen kann. Ein entsprechender Antrag liegt derzeit im Bundesrat vor.

Zudem sind wir auch im Bundesrat initiativ geworden, um eine schon seit Jahren bestehende, bisher aber nicht durchsetzbare Forderung zu realisieren, die sich auf die Einrichtung von Eigenkontrollsystemen in Erzeugerbetrieben bezieht und die mit einer differenzierten Aufzeichnungspflicht sowie der Mitwirkung eines behördlich anerkannten Tierarztes verbunden werden soll.