Protocol of the Session on January 25, 2001

Das will ich Ihnen hier einmal ganz offen sagen.

(Beifall bei der CDU)

Wie kommt denn der stellvertretende Leiter einer Staatskanzlei dazu, außerhalb der Dienstzeit sozusagen an den Schreibtisch eines Kollegen zu gehen, höchstvertrauliche Unterlagen dort herauszunehmen und weiterzuleiten?

Herr Kollege, Sie müssen leider zum Schluss kommen!

Welche Naivität will er selbst an den Tag legen und uns zumuten, anzunehmen, dass das nicht sozusagen zum Hauptbeschuldigten durchdringt? Ich kann nur sagen: Das ist ein unglaublicher Vorgang! Wir dürfen uns nicht wundern - Sie schon gar nicht -, dass Sie jetzt im Untersuchungsausschuss wahrscheinlich mehrere Auftritte vor sich haben. Das läuft auch schon. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen laufen zu Vorwürfen wie Geheimnisverrat, Urkundsdelikten, Behinderung von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen; das ist ja das Mindeste, was dort stattgefunden hat. Sie dürfen sich auch nicht wundern, Herr Wewer - das will ich auch gern dem Herrn Ministerpräsidenten vorschlagen -, wenn man sich an die Landesdisziplinarordnung erinnert.

Herr Kollege, Sie müssen jetzt wirklich zum Schluss kommen!

Das will ich gern tun. Vielleicht bekommen wir gleich eine Antwort. Dann komme ich noch einmal wieder und frage, wie die Disziplinarordnung in Niedersachsen auf Herrn Wewer Anwendung findet.

(Beifall bei der CDU)

Sie möchten reden, Frau Ministerin? - Bitte schön! - Frau Ministerin, Sie wissen, dass auch Sie an die Fünf-Minuten-Regelung gebunden sind. Ich möchte nur freundlich darauf hinweisen, damit uns das hier nicht aus dem Ruder läuft.

Herr Präsident, vielen Dank! Meine Damen und Herren! Wissen Sie, Herr Busemann, was ich für einen unglaublichen Vorgang halte? - Dass nämlich Herr Wulff ein Interview, ein Hintergrundgespräch macht und Sie dann vorschickt, hier zu reden. Wir hätten das gern anders gehabt.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU - Plaue [SPD] – zur CDU -: Absolut feige ist das! Sie ha- ben noch nicht einmal den Schneid, das selbst zu machen! - Gegenruf von Wulff (Osnabrück) [CDU]: Wo ist eigentlich Herr Gabriel?)

Die Kommentierung dazu überlasse ich anderen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion

(Coenen [CDU]: Sagen Sie etwas zur Sache!)

hat die Landesregierung in einem Hintergrundgespräch mit Journalisten aufgefordert, Herrn Staatssekretär Dr. Wewer aus dem Landesdienst zu beurlauben. Die Vorwürfe beziehen sich nicht auf seine Tätigkeit in Niedersachsen,

(Möllring [CDU]: Hier hat er ja auch noch nichts getan!)

sondern auf Herrn Dr. Wewers frühere Tätigkeit als stellvertretender Chef der Staatskanzlei in Schleswig-Holstein.

(Fischer [CDU]: So entsorgt man!)

Dort hat er

(Unruhe)

- vielleicht hören Sie einmal zu; aber Sie wissen ja jetzt schon alles besser, bevor der Untersuchungsausschuss richtig stattgefunden hat - in seiner Funktion als stellvertretender Chef der Staatskanzlei einen Bericht über Strafsachen der Lübecker Staatsanwaltschaft zum Stand der Ermittlungen gegen den dortigen Wirtschaftsstaatssekretär an den von der Ministerpräsidentin mit der Aufklärung des Sachverhalts beauftragen Wirtschaftsminister übergeben.

(Möllring [CDU]: Ist der Wirt- schaftsminister der Staatsanwalt?)

- An den von der Ministerpräsidentin Beauftragten. - Ein Untersuchungsausschuss in SchleswigHolstein wird die Rechtsfrage zu klären haben, ob die anschließende Weitergabe dieses Berichtes der Staatsanwaltschaft durch den Wirtschaftsminister an seinen Staatssekretär berechtigt war. Weder die Dienstherrin noch die Opposition haben in diesem Zusammenhang Vorwürfe gegen Herrn Dr. Wewer erhoben. Die Kieler Staatsanwaltschaft jedenfalls ist nach Überprüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Weitergabe aus der Staatskanzlei an den Wirtschaftsminister rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Trotzdem erhebt Herr Wulff jetzt zu diesem in Schleswig-Holstein seit Monaten bekannten Vorgang erhebliche Beschuldigungen mit strafrechtlicher Relevanz.

(Möllring [CDU]: Bevor Herr Wewer hier Staatssekretär wurde, ging uns das auch nichts an!)

Offenbar kann er diesen Vorgang per Ferndiagnose besser beurteilen als diejenigen, die in SchleswigHolstein damit befasst waren und sind.

Meine Damen und Herren, in diesem Rechtsstaat hat immer noch derjenige Beweise zu erbringen, der solche massiven Anschuldigungen erhebt.

(Beifall bei der SPD)

Verwahrbruch, Strafvereitelung im Amt und Urkundenunterdrückung sind keine Kleinigkeiten, sondern Straftatbestände.

(Möllring [CDU]: Genau das ist es! - Busemann [CDU]: Sie wissen jetzt schon das Ergebnis!)

Herr Wulff, ich glaube, dass ich Sie jetzt nicht mehr auffordern muss, tue es im Namen der Landesregierung aber dennoch: Kommen Sie aus der Deckung des Hintergrundgespräches und wiederholen Sie Ihre Vorwürfe öffentlich!

(Beifall bei der SPD - Möllring [CDU]: Das war ein offizieller Pres- seabend!)

Wiederholen Sie Ihre Vorwürfe öffentlich, damit sich Herr Dr. Wewer wehren kann!

(Coenen [CDU]: Wieso muss er sich wehren? - Gegenruf von Frau Seeler [SPD]: Weil Sie ihn anschuldigen!)

- Weil Sie ihn anschuldigen! - Bringen Sie für Ihre ungeheuerlichen Anschuldigungen vor allem Belege, oder entschuldigen Sie sich öffentlich!

(Starker Beifall bei der SPD - Möll- ring [CDU]: Sie haben es doch eben zugegeben!)

Meine Damen und Herren, Herr Staatssekretär Dr. Wewer macht seit seinem Amtsantritt eine tadellose Arbeit für die Landesregierung,

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU)

sodass es nicht die geringste Veranlassung gibt, eine Beurlaubung auszusprechen. Was Sie hier betreiben, hat offensichtlich Methode. Sie diffamieren Menschen, um daraus Kapital zu schlagen. Sie versuchen, von mangelnden politischen Konzepten abzulenken. Sie beschädigen damit nicht nur leichtfertig Menschen, Sie schaden - leider der gesamten Politik.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die „Braunschweiger Zeitung“ kommentierte diese „Methode Wulff“ vorgestern unter dem Titel „Scheinheilig“ in der Sache „Trittin“ - Herr Präsident, ich darf zitieren -:

„Doch wer wie etwa CDU-Vize Christian Wulff unter dem Deckman

tel der politischen Hygiene den Schmutz bereithält, den er bei jeder noch so windigen Gelegenheit auf die Kontrahenten wirft, handelt nicht korrekt, sondern scheinheilig.“

Damit ist alles gesagt.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, nur für das Protokoll lassen Sie mich vor dem Hintergrund der Tatsache, dass wir nachher noch einige Abstimmungen vornehmen müssen, jetzt die Beschlussfähigkeit feststellen.

Das Wort hat jetzt der Kollege Schröder.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die so genannte Rohwer-Mantik-Affäre wird seit Sommer letzten Jahres in Kiel diskutiert. Folgender Zwischenstand: Die Staatsanwaltschaft in Kiel hat das Verfahren gegen Minister Rohwer wegen der Weitergabe des Vermerkes eingestellt. Der Landesdatenschutzbeauftragte hat dieses Verfahren auch datenschutzrechtlich für in Ordnung befunden.

(Plaue [SPD]: Hört, hört!)

Gleichwohl wird natürlich ein Untersuchungsausschuss eingesetzt. Ich halte das für legitim, und ich glaube, dass auch ich als Oppositionsabgeordneter im Kieler Landtag eine ganze Reihe von Fragen gehabt hätte. In der Tat ist es nicht üblich, dass ein Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren wegen Untreue noch vor der Durchsuchung seines Büros den Stand der Ermittlungen aus einem Vermerk erfährt. Ich meine schon, dass man insoweit einige Fragen stellen kann.