Protocol of the Session on December 13, 2000

Herr Möllring, ich bin übrigens gar nicht unfroh, dass uns in der Bewertung der Behandlung des Themas Ökosteuer so viel trennt. Denn gäbe es diese Trennung zwischen uns nicht, dann wären ja plötzlich wir die CDU. Ich weiß gar nicht, ob Sie das wirklich wollen.

(Frau Harms [GRÜNE]: Michel, dar- über reden wir noch einmal! - Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, ohne Frage sind Infrastrukturmaßnahmen für ein Flächenland von großer Bedeutung. Als alleiniges Entwicklungskon

zept reichen sie jedoch nicht aus. Wir unterstützen deshalb den angestrebten vorzeitigen Lückenschluss der A 31 und den Bau eines Tiefwasserhafens an der niedersächsischen Nordseeküste. Wir warnen aber davor, diese Maßnahmen in ihrer Wirkung zu überschätzen.

Der ländliche Raum ist kein Speditionsunternehmen, und es bleibt daher ständige Aufgabe einer Landesregierung, wissenschaftliche Exzellenz und technologische Spitzenleistung auch in die Fläche zu bringen. Ganz offen gestanden haben wir Zweifel, ob der Landesregierung dies gelingt oder ob sie ernsthaft dieses Ziel verfolgt. Völlig zu Recht hat der Bezirksvorstand der SPD Weser-Ems am vergangenen Wochenende gefordert, Hochschulen müssten Entwicklungsmotor einer Region sein. Wie naiv wirkt allerdings eine solche Forderung, wenn gleichzeitig im Wissenschaftsministerium ein Erlass vorbereitet wird, den nicht nur wir, sondern auch die Hochschulleitung Vechta als drohendes Aus der Universität bewerten? Wie naiv wirkt eine solche Forderung, wenn der Fachhochschule Nordwest selbst bei 100-prozentiger Auslastung Mittel entzogen werden sollen, die sich in den nächsten Jahren auf einen Millionenbetrag addieren werden?

Ich glaube, dass es kein Zufall ist, wenn der Ministerpräsident in seiner Halbzeitbilanz vier Seiten über Wissenschaftspolitik referiert und dabei die Standorte Hannover, Göttingen und Braunschweig 13 mal namentlich erwähnt, während gerade ein einziges Mal auf Oldenburg verwiesen wird. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen, sage ich: Wir wissen um die wissenschaftliche Exzellenz im Forschungsdreieck Hannover, Braunschweig und Göttingen, und wir wollen dieses gerne mit zusätzlichen Mitteln fördern. Was wir nicht wollen, ist, dass eine Förderung bei begrenzten Mitteln ausschließlich zulasten von Hochschulstandorten in geografischen Randlagen erfolgt.

(Zustimmung von Frau Harms [GRÜNE])

Forschungszentren für die Ballungsräume, aber Call Center für den ländlichen Raum ist keine Strukturpolitik, wie sie uns vorschwebt. Wir werden deshalb mit dem neu geschaffenen Planungsstab in der Staatskanzlei den vom Ministerpräsidenten so häufig eingeforderten „Wettbewerb der Ideen“ suchen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, dass es dem Ministerpräsidenten mit diesem Wettbewerb der Ideen, mit dem Ringen um die beste Lösung ernst ist, wird allerdings nicht nur in unserer Fraktion bezweifelt. Herr Gabriel ist bisher den Beweis schuldig geblieben, dass es ihm um mehr geht als um ein rhetorisches Stilmittel in der politischen Debatte. Ich meine, wenn er einen solchen Wettbewerb tatsächlich will, wenn er wirklich mehr Politik wagen will, dann muss er durch seinen Führungsstil im Kabinett und durch sein Auftreten im Landtag dafür ein Beispiel geben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Es ist kein Ruhmesblatt für seinen Führungsstil, wenn er Staatssekretäre und Pressechefs der Ministerien wegen angeblicher Arbeitsverweigerung herunterputzt. Es ist weitaus mehr als eine Stilfrage, wenn er Teile des Landtages und der Landespresse als „johlende Meute“ bezeichnet, nur weil deren Kritik ihm gegen den Strich geht.

Er prägt damit einen Umgangston, der für einen Ministerpräsidenten nicht angemessen ist, der aber im Kabinett bereits Nachahmer findet, wenn sich sein Lieblingsminister mit dem Satz zitieren lässt: In der eigenen Fraktion sitzen eben bloß Flaschen.

Diese Arbeitsweise weckt Zweifel, wie wichtig Herrn Gabriel selbst große Anliegen wie die Schulreform tatsächlich sind. Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt zum Zeitpunkt seines Vorstoßes, dass nicht nur die CDU, sondern dass auch die Bildungspolitiker der eigenen, der SPD-Fraktion eine Pressekonferenz zur Schulpolitik angekündigt hatten. Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt weiter:

„Die Gesamtschulkumpane und GEW-Lehrer wollten sagen, dass alles so bleiben soll, wie es ist, heißt es dazu spöttisch aus der Staatskanzlei.“

Dieser Ton und dieser Umgang, meine Damen und Herren, entwertet die politische Arbeit von Herrn Gabriel. Das sage ich vielleicht auch nicht nur aus der Sicht der Opposition.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Politik lebt von Veränderungen. Wenn ein Justizminister noch vor Amtsantritt ein Gespräch mit ausschließlich der SPD angehörenden oder der SPD nahestehenden Haft

anstaltsleitern führt, wenn Schulleiterstellen anscheinend nach Parteibüchern vergeben werden und wenn wir unter Hinweis auf Versorgungsansprüche eine Staatssekretärin für eine Nacht erleben, dann setzt sich der Eindruck fest, dass eine Partei in Niedersachsen schon zu lange regiert.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Als Herr Gabriel mit Herrn Oppermann in den USA gewesen ist, hat er im Hotelfoyer „moments of glory“ gesungen. Meine Damen und Herren von der SPD, wir wollen Ihnen im Jahre 2003 gern „wind of change“ einspielen. Wir sind gespannt, wer dann noch mitsingt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Herr Kollege Möllring, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Mein lieber Michel, wenn du das auf Schellack hast, dann drehe ich die Kurbel für das Grammophon, damit dafür nicht unnötig Strom verbraucht wird.

Herr Plaue, ich darf mich ganz herzlich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie noch eine Steigerung gegenüber heute Morgen geschafft haben. Das ist nicht zu erwarten gewesen. Wir hatten heute Morgen gedacht, Sie würden noch einen dritten Aufschlag machen. Das haben Sie uns dann leider nicht gegönnt. Aber Ihre Haushaltsrede hat dann doch gezeigt, dass Sie sich entweder nicht klug gemacht haben, sich nicht klug machen wollten oder die Rede noch vom letzten Jahr im Aktenschrank oder im Computer war und Sie sie haben neu ausdrucken lassen. Denn es war nichts Neues darin enthalten.

(Möhrmann [SPD]: Ihre Diskette war das!)

- Über Disketten rede ich einmal, Herr Möhrmann, wenn ich in Pension gehe. Dann erzähle ich einmal die wahre Geschichte. Dann werden manche rote Ohren bekommen.

Herr Plaue, Sie haben unseren Einzelantrag offensichtlich nicht genau angeguckt. Immerhin hat

dieser Einzelantrag zu erheblicher Unruhe geführt. Denn es hat nicht nur eine Presseerklärung des Ministerpräsidenten gegeben, die inhaltlich leider völlig falsch war, aber von einer gewissen Erregung zeugte, sondern auch eine Pressekonferenz des Finanzministers, in der er im Wesentlichen erklärt hat, wir hätten die Holzverkäufe um 1,5 Millionen DM zu hoch angesetzt. Das zeige schon, dass Fehler darin seien. - Das ist aber hinten und vorn so nicht richtig. Wir sind mit einem einzigen Ziel in die Haushaltsplanberatungen gegangen. Die Fraktion war sich darin einig. Wir haben gesagt: Wir haben im Moment einen Unterrichtsausfall, der nicht hinnehmbar ist, der katastrophal ist. Da wir nicht die Regierung stellen, wollen wir einen Weg aufzeigen, wie es möglich ist, diesen Unterrichtsausfall, der vom Kultusministerium mit einem Gegenwert von 3.000 Stellen beziffert worden ist, zu beseitigen. Dafür haben wir alle Anstrengungen unternommen. Der Beweis, dass der Unterrichtsausfall beseitigt werden kann, ist uns gelungen. Das möchte ich Ihnen kurz vortragen.

(Beifall bei der CDU)

Um 3.000 Lehrerstellen zu bezahlen, bräuchte man, so hat Herr Möhrmann freundlicherweise in seiner Presseerklärung geschrieben, 230 Millionen DM. Wir sind - brutto, brutto, brutto - auf die sichere Seite gegangen und haben gesagt: Das kostet uns im Jahr 300 Millionen DM.

Da bei Lehrern die Einstellungen nicht zum 1. Januar, sondern alternativ zum 1. Februar Schuljahreshalbzeit - oder zum 1. August - Schuljahresbeginn - vorgenommen werden, könnten wir, wenn Sie am Freitag unseren Vorschlägen zustimmen würden, es zeitlich nicht mehr schaffen, die Einstellungen zum 1. Februar vorzunehmen. Die Einstellungen zum 1. Februar sind verwaltungsmäßig bereits abgearbeitet. Das wäre beim besten Willen verwaltungstechnisch nicht mehr möglich. Deshalb haben wir gesagt: Wir müssen das zum 1. August 2001 darstellen. Dafür brauchen Sie nur eine ganz einfache Rechnung zu machen: Teilen Sie den Betrag durch 13, und multiplizieren Sie das Ergebnis mit fünf, dann bekommen Sie genau den Betrag, den Sie von August bis Dezember brauchen. Das sind etwa 110 Millionen DM. Diesen Betrag haben wir auf Seite 10 unseres Änderungsantrages bei Kapitel 07 10 Titel 422 11 eingesetzt – plus 110 Millionen DM. Das hätte auch Herr Plaue lesen können. Diese 110 Millionen DM haben wir überfinanziert.

Das sind Zahlen aus dem Finanzministerium, von Herrn Aller, die er auf seiner letzten Pressekonferenz noch einmal - korrigierend, weil der Ministerpräsident, wie immer in Einzelfragen nicht kundig, ganz andere Zahlen genannt hatte - dargestellt hat. Wir haben in diesem Jahr gegenüber dem Haushaltsplan 2000, gegenüber den Steuerschätzungen Mehreinnahmen von 690 Millionen DM. Wir haben 121 Einzelanträge gestellt. Herr Plaue hat das vorhin Klein-Klein genannt. Ich gebe zu: Es war eine verdammt mühselige Geschichte, ein paar hundert Einzeltitel nach dem Ist-Ergebnis für 1999 und nach dem vorläufigen Ist - 31. Oktober 2000 abzufragen und daraus Einsparungen bzw. Mehreinnahmen zusammenzusetzen. Das ist natürlich nicht der große Wurf, sondern das ist Kleinarbeit. Aber diese muss man machen. Wenn man ein Ziel vor Augen hat, kann man nicht nur sagen: Wir wollen das. Vielmehr muss man auch die dafür notwendige Kleinarbeit leisten. Das haben wir getan.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind auf Einsparungen und Mehreinnahmen von etwa 215 Millionen DM gekommen. Das macht zusammen mit den Steuermehreinnahmen, die in die Rücklage gehen, 905 Millionen DM. Davon müssen wir die 110 Millionen DM für die Lehrer abziehen. Das haben wir getan. Dann bleiben immer noch 795 Millionen DM übrig. Wenn wir von diesen 795 Millionen einen Betrag von 750 Millionen DM für die EXPO-Finanzierung nehmen, bleiben für die Rücklage immer noch 45 Millionen DM erhalten, die für andere Sachen verwendet werden können. Schade, dass Herr Plaue jetzt nicht hier ist.

(Plaue [SPD]: Ihre Weitsicht war noch nie besonders gut!)

- Das gebe ich zu. Es mag interessant sein, wenigstens einmal auf dem Abgeordnetenplatz eines Ministers zu sitzen, wenn es schon für die Regierungsbank nicht reicht. - Herr Plaue hat vorhin gesagt - Herr Plaue, hören Sie einmal zu, damit Sie das nachher in Ihrer Fraktion klären können -, dass die CDU für die Beamten, die mehr als zwei Kinder haben, diese Kinder in der Besoldung angerechnet haben wolle. Einen entsprechenden Antrag haben wir im letzten Plenarsitzungsabschnitt gestellt, und am Freitag werden wir eine entsprechende Eingabe zur Diskussion stellen. Dabei geht es nicht, Herr Plaue, um die Besoldung für das Jahr 2001, sondern es geht um vom Verfassungsgericht

ausgeurteilte Besoldungsansprüche für die Jahre 1990 bis 1998, die den Beamten vorenthalten wurden.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie dazu bereit sind, können wir dieser Rücklage von 45 Millionen DM einen Betrag von 10 Millionen DM entnehmen und ihn für das Jahr 2001 einsetzen. Dann haben wir in der Rücklage eben nur noch 35 Millionen DM. Entsprechen Sie der Eingabe, stimmen Sie unserem Antrag zu, dann können wir den Beamten Gerechtigkeit widerfahren lassen, die auf die Rechtstreue des Staates vertraut haben! Folgekosten sind nicht zu befürchten, weil das Beamtengesetz 1999 insoweit geändert wurde.

(Zuruf von Wegner [SPD])

Ich möchte nun noch folgendes Beispiel bilden, Herr Wegner. Herr Plaue hat gesagt, wir hätten jetzt zwar Anträge für die Einsparung von 215 Millionen DM vorgelegt, aber er hat auch die Frage gestellt, wie sich das im Jahre 2002 verhalte, in dem wir 300 Millionen DM bräuchten. Dazu will ich Ihnen einmal eine ganz einfache Rechnung aufmachen: Die Zahl 300 Millionen schreibt man vorne mit einer 300 und danach mit sechs Nullen. Diese 300 Millionen zusätzlich müssen aus einem Haushalt herausgeholt werden, der einen Umfang von 43 Milliarden DM hat.

(Zuruf von Wegner [SPD])

- Sie wissen ja gar nicht, wie viele Nullen Sie in der Fraktion haben. Dann wissen Sie auch nicht, wie viele Nullen eine Milliarde hat.

(Lachen und Beifall bei der CDU)

Wenn bei uns jemand so wie über Sie herziehen würde, dass Sie im Prinzip hier nur für Pfandgeld sitzen, dann wäre bei uns in der Fraktion der Teufel los.

(Beifall bei der CDU)

Bei der Zahl 43 Milliarden ist vorne eine 43, und dahinter sind neun Nullen. Das heißt, wir müssen 300 Millionen DM zu 43 Milliarden DM ins Verhältnis setzen. Wenn wir jetzt einmal so, wie wir es in der fünften Klasse gelernt haben, nach dem Motto „kürzen, kürzen, kürzen“ verfahren und beide Zahlen um sechs Nullen kürzen, dann haben wir 300 DM und 43.000 DM. Diese 300 DM stehen in demselben Verhältnis zu den 43.000 DM

wie die 300 Millionen DM zu den 43 Milliarden DM.

Nun stellen Sie sich einmal die Familie, die allein erziehende Mutter oder wen auch immer vor, die ein Jahreseinkommen von 43.000 DM zur Verfügung hat und für die Ausbildung des Kindes oder der Kinder zusätzlich 300 DM benötigt. Stellen Sie sich also einmal vor, dass von 43.000 DM 300 DM erforderlich wären. Diese Familie hat natürlich Rechtsverpflichtungen, sie muss Miete bezahlen, Reinigung, das Auto, die Ökosteuer und alles Mögliche.