Protocol of the Session on November 16, 2000

Herr Minister!

Frau Kollegin, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass es ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gibt und dass Tatsachenbehauptungen, wie sie eben aufgestellt worden sind, erst noch bewiesen werden müssen.

(Frau Harms [GRÜNE]: So wie bei Herrn Klimmt! – Zuruf von Möllring [CDU])

- Warten Sie einmal! – Herr Selenz hat mir genauso wie der Staatskanzlei und Herrn Dr. Krajewski, dem Abteilungsleiter 2, der auch Geschäftsführer der HanBG ist, in einem Schreiben mit Datum vom 17. November 1998 Mitteilung über einen Vorgang gemacht, der fast genau ein Jahr zuvor stattgefunden haben soll. Diese Mitteilung ist mit einem Anschreiben und einer Anlage versehen gewesen. Die Anlage war nicht datiert und nicht unterschrieben.

Herr Kollege Hagenah hat eine zweite Frage.

Herr Minister, noch einmal zurück zu den Wohnungen. Haben die Vertreter der Landesregierung im Aufsichtsrat der Salzgitter AG zu irgendeinem Zeitpunkt darauf gedrungen, die Wohnungsfrage ruhen zu lassen?

Herr Minister!

Es gibt keinen Vertreter der Landesregierung im Aufsichtsrat der Salzgitter AG. Es gibt gleichwohl einen Vertreter der HanBG und Vertreter der NORD/LB. Da die Aufsichtsräte im Interesse des Unternehmens tätig sind – das ist ihre Aufgabe -, ist es auch Aufgabe des Aufsichtsrat, dann, wenn es Initiativen aus der Mitte des Aufsichtsrats geben sollte, diese an den Vorstand heranzutragen. Solche Initiativen hat es nicht gegeben. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass aus der Mitte dieses Hauses im Zusammenhang mit Sachdebatten zum Thema Salzgitter – weder von den Grünen noch von der CDU, noch von der SPD – Vorschläge auf den Tisch gekommen sind, die daran erinnert hätten, über den mittelbaren Einfluss, den wir haben, darauf hinzuwirken, dass die Salzgitter AG die Immobilien bitte schön zurückkauft. Die Landesregierung hat das ihrerseits auch nicht getan.

Herr Kollege Möllring!

Herr Minister, welche Initiativen hat es wann seitens der Landesregierung gegeben, sich von der Beteiligung an der Salzgitter AG wieder zu trennen?

Herr Minister!

Sie wissen, dass die Anteile – 48,9 % NORD/LB, 48,9 % Land – ausdrücklich mit der Ansage gekauft worden sind, sie vorübergehend erst einmal zu sichern, um den Standort und den Kernbestand der Salzgitter AG in Niedersachsen zu halten. Diese Ansage gilt für alle drei Standorte, insbeson

dere aber auch für die Kernbestände „Produktion“, „Forschung und Entwicklung“ und „Headquarters“. Das war die strategische Ansage. Das ist durch den Kauf auch gelungen.

Ansage war gleichfalls, den Börsengang, der ja auch schon unter dem früheren Eigner überlegt worden war, voranzutreiben. Dieser Börsengang ist in etwa einem halben Jahr vorbereitet und dann umgesetzt worden.

(Möllring [CDU]: Das ist doch ge- scheitert!)

- Wie bitte?

(Möllring [CDU]: Das ist doch schlicht gescheitert! Darüber diskutie- ren wir doch seit zwei Jahren! – Ge- genruf von Plaue [SPD]: Darüber fa- selt ihr! Darüber redet kein anderer!)

Das Problem bei dem Börsengang war, dass die Situation, wie sie ja diskutiert worden ist, bekannt war. Der Börsengang ist nach dem üblichen Verfahren vorbereitet worden. Der Emissionstag ist Ihnen bekannt. Die Salzgitter AG ist an die Börse gegangen und hat einen hervorragenden Start gehabt, hat sich dann – das muss man feststellen – durchaus im Rahmen der Standardaktien Stahl parallel entwickelt, auch wenn man zugeben muss: in den ersten Monaten nicht so optimal, wie das gewünscht war.

Herr Kollege Möhrmann, bitte schön!

Herr Minister, welchen Grund gab es, im November 1998 Herrn Wulff und den Betriebsrat der Salzgitter AG anzuschreiben?

(Möllring [CDU]: Herrn Wulff sollte man häufiger mal schreiben, weil man klugen Rat kriegen kann! – Gegenruf von Plaue [SPD]: Dann können Sie ja Kassiber darüber anlegen!)

Herr Minister!

Herr Wulff bekommt von der Landesregierung immer dann Post, wenn es – das unterstelle ich – angemessen ist und wenn es im Interesse des Landes ist.

(Frau Pawelski [CDU] lacht – Unru- he)

Es ist immer wichtig, die Oppositionsparteien bei wichtigen Entscheidungen der Landespolitik mit einzubeziehen, etwa wenn es um strategische Planungen geht; bisweilen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass strategische Planungen gefährdet werden.

Da Sie eben einen Briefwechsel erwähnten, der gleichermaßen in Richtung Salzgitter und Herrn Wulff gegangen ist, muss ich daraus entnehmen – ich muss das vermuten; darauf basiert meine Antwort -, dass es darum ging, Schaden von der NORD/LB abzuwenden und Schaden von der Salzgitter AG abzuwenden, sich aber insbesondere an die guten Spielregeln zwischen Politik und Wirtschaft zu erinnern, vor allem an den juristischen Grundsatz, dass man Anschuldigungen nur dann erhebt, wenn man sie auch beweisen kann. Wir hatten seinerzeit große Zweifel, dass die Komplottdiskussion, die organisiert worden war – WestLB, andere institutionelle Anleger störten den Börsengang der Salzgitter AG - - - Da ist auch der Name Wulff häufiger aufgetaucht und in den Zeitungen zitiert worden. Wir haben Herrn Wulff daraufhin angeschrieben, haben darum gebeten, das zu unterlassen und sich bitte schön bei den inkriminierten Personen zu entschuldigen. Soweit mir bekannt ist, ist das nicht erfolgt.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Knebel, bitte schön!

Herr Minister, der Herr Selenz behauptet ja, dass neben ihm auch anderen Vorstandskollegen ein Erfolgshonorar angeboten worden ist. Ich frage Sie: Gibt es eine Bestätigung dieser Angelegenheit durch die übrigen möglichen betroffenen Vorstandsmitglieder?

(Plaue [SPD]: Das würde mich auch einmal interessieren!)

Die Landesregierung ist mit dem Schreiben, auf das ich schon eingegangen bin, informiert worden. Es war nicht datiert, nicht unterzeichnet, hob aber auf mehrere Sachverhalte ab. Unter anderem hat Dr. Selenz behauptet, er habe die übrigen Vorstandsmitglieder von dem Angebot informiert. Diese Behauptung ist von den fünf Vorstandsmitgliedern inzwischen zurückgewiesen worden. Sie haben laut Pressemitteilung erklärt, dass sie weder mittelbar noch unmittelbar ein solches Angebot erhalten hätten. Das ist in der letzten Aufsichtsratssitzung von Salzgitter so dargestellt worden.

(Möllring [CDU]: Warten Sie doch erst einmal die staatsanwaltschaftli- chen Ermittlungen ab!)

Das ist die Sachverhaltsbeschreibung, Herr Möllring. Dazu kommt - ich ergänze das zu dieser Frage -: Zwischen dem Zeitpunkt des Vorwurfs, den Herr Dr. Selenz erhoben hat, und dem Zeitpunkt der Mitteilung an die Staatskanzlei, an mich und an Herrn Dr. Krajewski, lagen elf Monate.

Der Sachverhalt macht aber auch klar, dass Herr Dr. Selenz für den Vorwurf, den er erhoben hat, offenbar fünf Zeugen, nämlich die Vorstandsmitglieder, selbst hätte nennen können. Wenn er denn so überzeugt gewesen wäre, dass der Vorwurf fundiert ist, dann hätte er also jederzeit die Chance gehabt, selbst Anzeige zu erstatten und fünf Zeugen zu benennen. Das wäre der erste Durchgang der Veranstaltung gewesen. Das hat er leider nicht gemacht, sondern er hat, aus welchen Gründen auch immer, diese Information erst in dem besagten Schreiben elf Monate später herausgegeben.

Wir sind inzwischen sicher, dass das gleiche Schreiben in ähnlicher Kopie auch an andere gegangen ist. Der Verteiler ist uns aber leider nicht in vollem Umfang bekannt.

Herr Kollege Eppers!

Herr Minister, da Sie die Frage des Kollegen Möllring nicht beantwortet haben, möchte ich diese Frage noch einmal stellen.

(Zurufe von der SPD: Fragen! - Mühe [SPD]: Frechheit! - Weitere Zurufe von der SPD)

- Er hat die Frage nicht beantwortet. Herr Möllring hat gefragt, welche Initiativen es seitens der Landesregierung wann gegeben hat, sich von der Beteiligung an der Salzgitter AG wieder zu trennen.

(Möhrmann [SPD]: Seit wann kennen Sie den Herrn Selenz so gut, Herr Kollege? - Plaue [SPD]: Herr Kollege, seit wann sind Sie eigentlich der Pres- sesprecher von Herrn Selenz?)

Insbesondere will ich hier auf die Frage Arbed abstellen.

(Zurufe von der SPD: Fragen!)

Auch dazu gab es damals widersprüchliche Äußerungen von Ihnen.

Meine Damen und Herren, für die Frage, ob die Geschäftsordnung eingehalten wird, sind wir hier oben zuständig. Dafür brauchen wir keinen Nachhilfeunterricht.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, bitte schön!

Herr Eppers, das Problem liegt ein bisschen in der Fragestellung. Ich bitte um Entschuldigung dafür, dass ich, weil es mehrere Phasen der Diskussion gibt, bei der Beantwortung der Frage wahrscheinlich einen falschen Sachverhalt zugrunde gelegt habe, während Sie wussten, was Herr Möllring gemeint hat. Ich bedanke mich dafür, dass Sie jetzt gesagt haben, was er gemeint hat, nämlich die Vorgänge um Arbed. Darauf will ich dann jetzt gern eingehen.

Sie wissen, dass der Auftrag des Landes und der NORD/LB, die als Hauptgesellschafter der Salzgitter AG angetreten waren, den Standort Salzgitter, die Stahlproduktion, die Konzernleitung und den Bereich Forschung und Entwicklung hier in Niedersachsen zu halten, durch den Kauf erst einmal erfüllt war, dass durch den Börsengang dann der zweite Schritt eingeleitet war und dass damit die strategische Frage gestellt werden musste, wie sich Salzgitter AG in dem umkämpften

europäischen und internationalen Stahlmarkt künftig bewegt. Da ist es Aufgabe jedes Vorstands und jedes Geschäftsführers einer landeseigenen Gesellschaft, nach Optimierungsstrategien zu suchen, solche auszuloten und vorzubereiten, und das Ergebnis dieser Bemühungen den Entscheidungsgremien zur Verfügung zu stellen und diese das bewerten und darüber entscheiden zu lassen.

Die Diskussion um Arbed Saar hat in diesem Landtag mehrere Wochen in Anspruch genommen. Ich möchte darauf hinweisen, dass all die Fragen, die Sie heute wiederholt stellen, in einem Fragenkatalog der CDU-Fraktion, der 51 Fragen umfasste, und in einem Fragenkatalog der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der 22 Fragen umfasste, enthalten waren und in einer Sitzung im März 1999 eine Rolle gespielt haben. Ich verweise auf diese Sitzung und kann wohl davon ausgehen, dass sich auch die interessierten Abgeordneten über die damaligen Antworten informiert haben.

Um es hier präzise zu wiederholen, ohne die Vertraulichkeit der damaligen Ausschusssitzung zu brechen: Aus dem Auftrag und aus ihrem Amt heraus hatten die Vorstandsmitglieder der NORD/LB und der Geschäftsführer der HanBG Optimierungsstrategien zu überlegen. Diese sind mit mir, mit dem damaligen Ministerpräsident Gerhard Glogowski sowie offensichtlich auch im Bereich der Gewerkschaften und der Vorstände und Gremien der Salzgitter AG erörtert worden und haben dann zu den Ergebnissen geführt, die Sie kennen. Abgeschlossen wurde das Ganze mit einer lebhaften Diskussion hier im Landtag sowie einer Entschließung, der hoffentlich auch Sie zugestimmt haben.