Protocol of the Session on October 12, 2000

bei der Bahnreform. Sie haben doch die Möglichkeit!

Das Einzige, was von dieser Landesregierung und ihrem Ministerpräsidenten zu diesem Thema bisher gekommen ist, war Wehklagen und waren - das ist heute Vormittag bestätigt worden - falsche Pressemitteilungen.

(Unruhe bei der SPD)

Der Wirtschaftsminister hat vor der Bundestagswahl 1998 eine Kampagne gegen die damalige CDU-geführte Bundesregierung geführt und ihr vorgeworfen, sie stelle dem Land Niedersachsen nicht die Regionalisierungsmittel zur Verfügung, die dem Land zustünden. Herr Wirtschaftsminister, damals haben Sie das Verhalten der Bundesregierung gegeißelt, aber nach der Bundestagswahl habe ich diese Forderung von Ihnen in dem Maße nicht wieder gehört, eine Forderung, die berechtigt ist - Herr Wenzel hat noch einmal darauf hingewiesen - und die sich im Übrigen auch aus der Wibera-Überprüfung ergibt. Insofern wäre es logisch und konsequent, jetzt nicht die Kehrtwende zu machen, sondern nach wie vor den Finger in die Wunde zu legen und diese Mittel beim Bund einzufordern.

Warum gibt es keine Bundesratsinitiative des Landes Niedersachsen, die den Bund verpflichtet, die festgestellten Mittelerhöhungen nach § 8 Regionalisierungsgesetz zur Verfügung zu stellen? Eine solche Initiative wäre ja denkbar, wäre machbar, aber Sie als Land stellen einen entsprechenden Antrag nicht, weil Sie inzwischen zum Erfüllungsgehilfen Ihres eigenen Bundeskanzlers geworden sind und die Interessen des Landes Niedersachsen insofern nicht richtig vertreten.

(Beckmann [SPD]: Immer die glei- chen Sprüche! Inhaltlich kommt nichts rüber, nur Polemik!)

Ebenso richtig ist, dass die Grünen in ihrem Antrag feststellen, dass das Land auf die Bereitstellung des 20-prozentigen Nahverkehrsanteils aus dem Bundesschienenwegeausbaugesetz dringen muss; denn wenn der InterRegio-Verkehr in der Fläche des Landes vollständig ausfällt, dann ist das nicht nur ein riesiger wirtschaftlicher Nachteil für die Fläche des Landes Niedersachsen; das benachteiligt natürlich auch die Menschen in der Fläche ganz erheblich. Gerade für die Tourismusgebiete an der Küste und auf den Ostfriesischen Inseln über Cuxhaven ist der Weg über die Schiene aus dem Ruhr

gebiet von existentieller Bedeutung. Was wollen Sie machen, wenn diese Urlaubsorte von den Urlauberströmen abgeschnitten sind, weil es eben keine durchgehende Zugverbindung mehr gibt? Wer will Urlauberehepaaren mit Kindern zumuten, mit Sack und Pack, mit vielen Koffern mehrere Male umzusteigen, um an den Urlaubsort zu gelangen? - Das werden die in aller Regel nicht auf sich nehmen. Deshalb ist die Forderung der Grünen richtig, schon jetzt die Weichen dafür zu stellen, dass der InterRegio-Verkehr in Niedersachsen auch in Zukunft funktioniert.

Das kann z. B. durch die Gründung einer InterRegio-Gesellschaft des Landes geschehen. Wenn der Wirtschaftsminister dieses Landes die Gründung einer solchen landeseigenen Gesellschaft zum Betrieb von Bahnfernverkehren schon nicht mehr ausschließt, dann ist die Frage, warum er bisher noch nicht an der Umsetzung solcher Pläne gearbeitet hat. Wenn er daran gearbeitet hat, gibt es möglicherweise Pläne, die in irgendwelchen Schubladen liegen. Die Dringlichkeit ist so groß, dass wir dieses Thema auch im Fachausschuss diskutieren müssen und dass die Landesregierung da natürlich auch über diese Pläne informiert.

Zur Umsetzung solcher Pläne gehört natürlich vor allem auch, dass die entsprechenden Finanzmittel vom Bund auf ein solches Unternehmen übertragen werden. Politisch haben Sie den kurzen Draht nach Berlin, so denke ich, und dann müssen Sie ihn auch nutzen. Wo bleibt denn die Bundesratsinitiative, die die finanziellen Voraussetzungen dafür schafft, dass die Länder den InterRegio-Verkehr in die eigene Hand nehmen können?

(Beckmann [SPD]: 16 Jahre Tief- schlaf!)

In der Verkehrspolitik gibt es bei Ihnen von der SPD doch nur ein großes Durcheinander und keine erkennbare strategische Ausrichtung.

(Beckmann [SPD]: Schreiben Sie das eigentlich selber, oder lassen Sie das aufschreiben? - Unruhe)

Den Autofahrern wollen Sie durch immer höhere Benzinpreise und immer schlechtere Straßen das Autofahren verleiden, aber das Umsteigen auf die Bahn erschweren Sie auch noch, indem Sie die Züge und die Strecken aufs Abstellgleis stellen.

(Beckmann [SPD]: Beim nächsten Mal können Sie gleich eine Kassette abspielen mit der Rede vom vorigen Mal!)

Allein an der Problematik der InterRegio-Verkehre zeigt sich eindeutig: Die SPD-Landesregierung in Niedersachsen hat kein Konzept für den Verkehr von heute und morgen in Niedersachsen. Anstatt Ihre alten Pläne für die Entwicklung der Verkehrsströme insgesamt laufend zu aktualisieren und an neue Erkenntnisse, steigende Verkehre anzupassen, haben Sie diese Entwicklung seit Jahren nicht genutzt, um nicht zu sagen: verschlafen. Wer so agiert, verspielt die Zukunft des Landes Niedersachsen, denn eines ist klar: Hauptthemen der Zukunft sind die Erhaltung und der Ausbau der Verkehrswege,

(Beckmann [SPD]: Solche Reden darfst du nicht mal auf dem Parteitag halten, geschweige hier im Landtag!)

weil die Transport- und Verkehrswirtschaft sonst zum Nadelöhr der wirtschaftlichen und Arbeitsmarktentwicklung des Landes wird.

Was wir als CDU-Fraktion wirklich wollen und einfordern - da unterstützen wir Sie, Herr Wenzel -, ist, dass dieser Antrag zügig beraten wird; denn wir dürfen keine Zeit verschlafen, glaube ich; wir müssen hier Anschluss halten.

Ich persönlich würde auch das nicht akzeptieren wollen, was hier und da auch im Fachausschuss erörtert wird: Wenn bestimmte Strecken im Lande zum Juni 2001 nicht mehr bedient werden, dann haben wir dafür noch keine Ersatzlösung. Wenn die Ausschreibung läuft, wird sich, wie man so schön sagt, eine „temporäre Lücke“ geben, d. h. wird zeitweise überhaupt kein Angebot mehr da sein. - Das darf es nicht geben! Wir müssen zumindest versuchen, den nahtlosen Übergang auf andere Lösungen zu schaffen; denn sonst werden weite Bereiche der Fläche des Landes Niedersachsen wirklich zum „bahnpolitischen Niemandsland“. Das kann keine Fraktion im Landtag wollen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Wenzel [GRÜNE])

Jetzt hat Herr Kollege Biel das Wort.

(Unruhe)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dinkla, Sie mögen es mir verzeihen, wenn ich sage: Auf diese ungeordnete verkehrspolitische Rede kann man überhaupt nicht antworten.

(Frau Pruin [CDU]: Dann hören Sie auf! - Rolfes [CDU] und andere: Set- zen! - Unruhe)

Ich muss wirklich einmal sagen: 90 Milliarden DM Schulden in der Verkehrspolitik hinterlassen

(Rolfes [CDU]: Was soll eine so plumpe Polemik? - Ontijd [CDU]: Das hat damit überhaupt nichts zu tun!)

und dann erwarten, dass andere das, was man in 16 Jahren versaubeutelt hat, innerhalb von zwei Jahren in Ordnung bringen!

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Antrag zeigt ganz deutlich, wie undurchdacht und unlogisch sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Verkehrspolitik bewegt. Diese Aktion zum jetzigen Zeitpunkt ist unverantwortlich im Hinblick auf die Interessen des Landes Niedersachsen.

(Ontijd [CDU]: Was ist das? Wozu sitzen wir hier eigentlich?)

Das Grundgesetz und die Bahnreform regeln eindeutig die Aufgabenverteilung.

(Frau Pruin [CDU]: Deshalb funktio- niert auch alles!)

Die Bahn AG muss selbst als Unternehmen am Markt agieren und dabei rentabel wirtschaften.

(Ontijd [CDU]: Das ist der falsche Antrag!)

Das ist mit der Bahnreform so gewollt. Auch die CDU hat das so gewollt, meine Damen und Herren!

(Fischer [CDU]: Ein bisschen ruhiger! - Heineking [CDU]: Kommen Sie mal zur Sache!)

In der Begründung des Entschließungsantrages schreiben die Bündnis-Grünen:

„Der Bund steht aufgrund der Festlegung in § 87 GG u. a. in der Verantwortung für die Gewährleistung und die Verbesserung des Bahnangebotes im Fernverkehr.“

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

„Richtig“ kann ich da nur sagen. Würden wir dem Antrag zustimmen, die Entschließung verabschieden, dann gäbe es sicherlich einen in der Bundesrepublik, meine Damen und Herren, der sich darüber schlapplachen würde.

(Wenzel [GRÜNE]: Das ist Quatsch! Da kann man in seinen eigenen Papie- ren nachlesen!)

Herr Mehdorn brauchte nur laut zu denken, und schon sagen wir: Eure Aufgaben übernehmen wir, koste es, was es wolle.

Zum Schluss will ich nur noch sagen: Opposition ist, etwas zu versprechen, was die Regierung nicht halten kann.

(Beifall bei der SPD - Frau Pruin [CDU]: Das war’s? - Gegenruf von Wenzel [GRÜNE]: Das war’s! - Un- ruhe)

Meine Damen und Herren, Herr Minister Dr. Fischer hat um das Wort gebeten.

(Anhaltende Unruhe)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Grünen wollen mit ihrem Antrag die Gründung einer InterRegio-Gesellschaft erreichen. Wenn man eine Gesellschaft gründen will, dann sollte man vorher wissen, was eigentlich der Gesellschaftszweck sein soll.

(Plaue [SPD]: Ja!)

Dieser eigentlich selbstverständliche Grundsatz scheint mir bei Ihrem Antrag, Herr Wenzel, nicht ausreichend beachtet worden zu sein; denn dieser Antrag lässt völlig im Unklaren, welche Funktion

die InterRegio-Gesellschaft eigentlich wahrnehmen soll.