Protocol of the Session on October 10, 2000

(Beifall bei den GRÜNEN)

So, meine Damen und Herren von der SPD, werden Sie die Akzeptanz für den Nationalpark nicht erhöhen.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Akzeptanz erreichen Sie durch Verlässlichkeit bei Vereinbarungen und durch Berechenbarkeit von Entscheidungen. Ich möchte dazu sagen: Wir teilen die Argumentation der Inselgemeinden nicht, wenn diese klagen, dass der Nationalpark ihre Entwicklungsmöglichkeiten blockiere. Wenn sie glauben, der Bau von Golfplätzen und die Ausweitung des Flugverkehrs auf Kosten der Natur erhöhten die touristische Attraktivität der Inseln, dann sind sie auf dem falschen Dampfer.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zwei Umfragen von WWF und Emnid unter Inselurlaubern - ich habe vernommen, dass auch Herr Inselmann die gelesen hat - haben ergeben, dass 91 % der Befragten der Meinung sind, dass die Inseln als besonderer Lebensraum für Mensch und Natur weiterhin zum Nationalpark gehören sollen.

(Zuruf von Frau Pruin [CDU])

86 % standen Golfplätzen auf den Inseln eher ablehnend gegenüber, und die Fragestellung war ganz eindeutig, Frau Pruin.

(Frau Pruin [CDU]: Haben Sie die ge- sehen?)

Nur 3,8 % der von WWF Befragten antworteten, dass eine Ausweitung der Zahl der Flüge die Ostfriesischen Inseln für sie attraktiver machen würde.

(Frau Pruin [CDU]: Die brauchen auch nicht davon zu leben!)

Vielleicht sollte auf den Inseln also zunächst einmal eine Marktanalyse gemacht werden.

(Ontijd [CDU]: Es ist unverschämt, was Sie da erzählen! - Weitere Zurufe von der CDU)

Der Nationalpark und seine Besonderheiten sind ein zugkräftiges Werbeargument, aber dafür muss man auch die Werte in diesem Nationalpark erhalten.

(Zurufe von der CDU)

Natürlich muss sich der Nationalpark entwickeln, und es muss Planungssicherheit geben für die Bevölkerung ebenso wie für die dort zuständigen Behörden und Träger öffentlicher Belange. Deshalb braucht der Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ ein Entwicklungs- und Maßnahmenkonzept für die Zukunft. Voraussetzung ist ein klares Leitbild. An dieser Diskussion müssen auch die Inselgemeinden beteiligt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN - Frau Pruin [CDU]: Das wollen die auch!)

Andere Bundesländer machen das so. Das hätten wir auch für die niedersächsischen Nationalparke für notwendig gehalten anstelle des Etikettenschwindels mit dem vorliegenden Gesetzentwurf.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Lassen Sie mich jetzt noch kurz etwas zum Nationalpark „Harz“ sagen. Hierzu ist weniger anzumerken, weil es in dem Gesetzentwurf weniger Änderungen gibt. Aber auch hier muss man feststellen, dass sinnvolle Erweiterungen der Nationalparkfläche abgeblockt wurden. Schon lange wird gefordert, dass die wertvollen Buchenwälder um den Großen Knollen in den Nationalpark aufgenommen werden. Hier wurde uns wieder einmal anschaulich demonstriert, wo die Grenzen des Naturschutzes liegen. Der Umweltminister startete einen Versuch, die Flächen einzubeziehen, und der Landwirtschaftsminister zeigte ihm, wo der Hammer hängt bzw. die Säge. Er legte sein Veto ein, weil er gern weiterhin 2,4 Millionen DM durch das Schlagen von Buchenholz einnehmen möchte.

Teilen Sie, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, etwa auch die Meinung von Staatssekretär Greifelt, wenn er behauptet „Seitdem wir die Forsten ökologisch bewirtschaften und darauf achten, dass der Natur kein großer Schaden zugefügt wird, brauchen wir einen größeren Nationalpark nicht“?

(Oestmann [CDU]: Das ist doch eine Aussage!)

Ich sehe keine Notwendigkeit, Parkplätze und den intensiv genutzten Bereich um Torfhaus aus dem Nationalpark herauszunehmen. Parkplätze sollten im Nationalpark belassen werden, gerade um der Nationalparkverwaltung bessere Steuerungsmöglichkeiten an die Hand zu geben und durch entsprechende Bewirtschaftung in Zukunft Einnahmen zu erzielen.

Zur Gesamtbewertung muss ich sagen, dass der Gesetzentwurf, insbesondere bezogen auf das Wattenmeer, den Nationalpark zum Biosphärenreservat degradiert, in dem Naturschutz und -nutzung in Einklang gebracht werden sollen.

(Inselmann [SPD]: Das stimmt doch nicht, wie auch Sie wissen!)

Ein Biosphärenreservat ist für uns natürlich nichts Negatives, aber dann soll keiner „Nationalpark“ draufschreiben.

Wir fordern Sie, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, auf, diesen Gesetzentwurf zurückzuziehen oder grundlegend zu ändern.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN - Unruhe bei der SPD)

Zwei Minuten Redezeit erhält der Kollege Schwarzenholz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir über Nationalparke, über Naturschutz diskutieren, dann diskutieren wir auch über Nachhaltigkeit. Wir diskutieren darüber, wie wir unsere natürlichen Ressourcen entwickeln und in welchen Bereichen wir uns weitestgehend, nahezu vollständig zurückziehen. Das ist im Nationalpark „Harz“ anders zu lösen als im Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“.

Die Geschichte des Nationalparks „Harz“ ist insgesamt gesehen eine Erfolgsgeschichte, und zwar deshalb, weil es gelungen ist, die Argumente gegen den Nationalpark und die Tatsache, dass Naturschutz notwendig ist, weitestgehend zu isolieren. Was Sie jetzt aber mit dem vorliegenden Gesetzentwurf machen, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ist ein Schritt rückwärts. Falsch ist nicht etwa, dass ein Dialog geführt wird; ganz im Gegenteil: Das ist notwendig. Auch ist nicht falsch, dass man über einzelne Korrekturen diskutiert, wenn das Bestehende nicht der Lebenswirklichkeit entspricht. Das Beispiel Torfhaus zeigt aber, dass man mit dem jetzigen Zustand dort sehr gut leben kann, dass es also überhaupt keine sachliche Notwendigkeit dafür gibt, das Gesetz in dieser Form zu ändern, und dass es keine Chance gibt, den Hardlinern in Altenau, die sich einer bundesweiten Organisation angeschlossen haben, welche den Hass auf Nationalparke predigt, durch solche Zugeständnisse im Prinzip eine Kooperation abzuringen.

Erreichen kann man etwas, wenn man dort weiter macht, wo die Nationalparkverwaltung vorbildlich arbeitet; Stichworte: Kooperationsprojekte mit der Bevölkerung und diese mit mehr Mitteln ausstatten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie setzen im Harz im Augenblick das falsche Signal, und zwar deshalb, weil Umweltminister Jüttner nicht den Mumm in den Knochen hatte, seinem Landwirtschaftskollegen in einem Konflikt einmal entgegenzutreten. Wir hätten die Chance gehabt, die wir auch weiterhin politisch einfordern müssen, den Nationalpark „Harz“ flächenmäßig hier zu erweitern. Ich bitte darum, dass die Fraktion der SPD in dieser Frage einmal ernsthaft darangeht zu prüfen, welche Gebiete dort tatsächlich nationalparkwürdig sind und dringend einbezogen werden müssen.

Des Weiteren muss ich feststellen, dass wir in der heutigen Debatte kein einziges Wort über die Kooperation mit Sachsen-Anhalt und über das Zusammenwachsen der beiden Nationalparke, die eine Naturschutzregion sind, gehört haben.

(Glocke des Präsidenten)

Das ist wirklich ein ernsthaftes Problem. Sie haben sich aus dem Eckertal, aus Stapelburg zurückgezogen. Kein Pfennig geht dort hinein. Das gemeinsame Projekt ist gestorben. Sie sagen nichts zur Kooperation, nichts zur gemeinsamen Entwicklung. Das ist ein Zeichen dafür, das für den Naturschutz ganz ganz schädlich ist.

Ich habe nun leider keine Zeit mehr, noch etwas zum Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ zu sagen, weil der Herr Präsident mir nur zwei Minuten Redezeit gegeben hat. Lassen Sie mich deshalb dazu nur Folgendes anmerken:

(Zuruf von Frau Pruin [CDU])

Auch da, Frau Pruin, wäre es notwendig, aus den Erfahrungen im Harz, nämlich aus diesem Kooperationsgedanken heraus, eine Erfolgsgeschichte zu machen. Der Nationalpark ist eine Riesenchance und kein Hindernis für unsere Entwicklung.

(Frau Pruin [CDU]: Das ist doch ein Erfolg! Was wollen Sie denn noch mehr?!)

Das Wort hat noch einmal der Kollege Inselmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir drei kurze Bemerkungen.

Erstens, Frau Zachow, zu der Frage der unterschiedlichen Nutzergruppen. Ich sage das hier sehr deutlich, und zwar auch als Umweltpolitiker: Für die SPD-Fraktion gilt: Offshore-Windanlagen haben an der Küste Priorität; denn wir setzen auf Windenergie, weil wir aus der Atomenergie aussteigen. - Ich hoffe, dass die Grünen das auch so sehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für meine Fraktion ist das jedenfalls klar, meine Damen und Herren.

(Frau Harms [GRÜNE]: Aber es ist noch die Frage, wo Sie die bauen wollen!)

- Natürlich unterhalten wir uns über die Standorte. Aber ich habe manchmal den Eindruck, dass die Grünen vor Ort nicht ganz das machen, was die Landes-Grünen beschließen. Da haben Sie von den Grünen noch ein bisschen Bildungsarbeit zu leisten. Aber das ist ja auch eine normale Aufgabe von Fraktionen, überzeugen zu müssen.

Zweitens möchte ich beantragen, dass der Gesetzentwurf zur Mitberatung auch an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen wird.

Drittens lassen Sie mich noch einen Satz zu den Ausführungen von Frau Steiner sagen. Ich meine, sie hat einiges durcheinander gebracht. Nicht die Fläche beim Wattenmeer wird verkleinert, sondern beim Harz. Die Fläche beim Wattenmeer wird um

38.000 ha vergrößert. Für mich ist das schon etwas mehr Qualität. Wenn ich mir ansehe, um welche Flächen Sie damals, als wir noch eine rot-grüne Regierung hatten, gekämpft haben, dass sie in den Nationalpark hineinkommen - nun kommen sie hinein, meine Damen und Herren. Unter der SPDRegierung kommen sie hinein. Das haben wir durchgesetzt und nicht Sie. Dass Sie darüber ein bisschen sauer sind, kann ich verstehen, aber das sehen wir als Erfolg unserer Politik, meine Damen und Herren.