Das hat Ihnen, Herr Ministerpräsident, auch die Handwerkskammer ins Stammbuch geschrieben. Ich darf auch da einmal zitieren:
„Für besonders bedauerlich halten wir es, dass im Rahmen der Vorstellung Ihrer Überlegungen der Begriff der so genannten Restschule gefallen ist, der seit mehreren Jahren nicht mehr zum schulpolitischen Vokabular in Niedersachsen gehörte.“
Das war bis jetzt so. Neuerdings wird von Herrn Gabriel der Begriff wieder benutzt. Herr Wernstedt, der nun auch nicht gerade ein Freund z. B. unserer Überlegungen ist, hat, glaube ich, diesen Begriff jedenfalls nicht in den Mund genommen. Herr Gabriel, Sie sind dabei, die Hauptschule - klar ist, dass da durchaus Probleme bestehen - kaputtzureden, und das ist nicht in Ordnung.
Nun müssen wir uns auch noch ein bisschen mit dem befassen, was unsere Frau Kultusminister hier im Parlament alles erzählt. Ich weiß nicht, Frau Minister, ob Sie heute noch zu Wort kommen. Vielleicht hat Ihnen die Staatskanzlei ja eine Lizenz zum Reden gegeben; dann erfahren wir auch, wie Ihre Meinung wirklich ist.
- Ich bitte Sie! Wo sind denn die Ursachen für diesen Vorgang? - Auch darauf kommen wir noch zu sprechen.
Jedenfalls: So etwas von Wendehalsmentalität habe ich, wenn ich die letzten Jahre hier im Landtag bedenke, noch nicht erlebt. Frau Minister, es war doch in den letzten Jahren so, dass Sie das Hohe Lied von Hauptschulen und Realschulen gesungen haben. Distanziert haben Sie sich von der Sekundarschule usw. Jetzt heißt es plötzlich: ein Herz und eine Seele mit dem Ministerpräsidenten, Sie wollten seine Ideen eigentlich schon immer unterstützen. - Vielleicht sind es sogar Ihre Ideen gewesen - was man so alles beim Frisör erfährt -, wie auch immer. Ich darf auch dazu einmal zitieren. Frau Minister, Sie haben gegenüber dem Landtag - hier gibt ja so etwas wie Wahrheitspflicht; das haben wir doch schon ein paar Mal ansprechen müssen - am 11. Juni 1998 die Dreistigkeit besessen - so sage ich einmal -, wie folgt auszuführen:
„es gibt seitens der Landesregierung keine Absicht, die Sekundarschule als Regelschule einzuführen... weder als Ersatz für Haupt- und Realschulen noch als Parallelsystem zu diesen Schulformen.“
„Wir haben ein vielfältiges und hinreichend differenziertes Schulsystem mit den Regelschulformen, die wir im Augenblick in der Sekundarstufe haben.“
Es ist noch nicht einmal ein Jahr her, als es eine Große Anfrage gab. Große Lobrede von Ihnen auf die Realschule - das ist ja auch schon angesprochen worden -:
Da kann ich nur fragen: Welche Entwicklung haben Sie genommen? - Sie müssen sich jetzt irgendwann einmal entscheiden und können das hier vielleicht auch gleich deutlich machen. Entweder haben Sie das Parlament und die Öffentlichkeit in den letzten Jahren dreist beschwindelt, oder Ihre Einlassung, dass der Ministerpräsident Ihre Gedanken übernommen hat, stimmt nicht. - Vielleicht sollten Sie sich einfach einmal zusammentun und beide zugeben, dass Sie das Gedankengut der CDU einfach abgeschrieben haben.
Nun zum großen Meister, zu unserem Ministerpräsidenten. - Ich finde es irgendwo nicht schlecht, dass er langsam merkt, dass seine Ministerin ihm den ganzen Bildungsbereich an die Wand fährt. An seiner Stelle hätte ich da auch wirklich Muffensausen. Man muss schon mal gucken, ob man da nicht eine personelle Alternative hat.
- Hören Sie doch auf! - Ich kann mir schon vorstellen, wie das am Kabinettstisch so zugeht. Da wird dann immer erzählt „im Bildungsbereich alles in Ordnung; kriegen wir hin; Arbeitszeitkonto und das und das noch“;
„der Nachwuchs, das kriegen wir auch noch hin“, und man hofft, dass die Kollegen und der Ministerpräsident schon Ruhe geben.
Dass die Wahrheit dann krass anders ist, das merkt dann nach und nach auch einmal ein Ministerpräsident. Ich finde es auch gut, dass er langsam merkt, dass eine seit Jahren bestehende Forderung der Union die richtige ist, nämlich zu sagen: Es ist allerorts möglich, also muss es auch in Niedersachsen machbar sein, dass die jungen Leute das Abitur nach dem 12. Schuljahr ablegen. Es ist doch in Ordnung, wenn man das irgendwann einmal begreift.
Dazu, dass Sie sich zur Orientierungsstufe geäußert haben, will ich sagen: Jahrelang haben wir hier einen Kampf geführt, und jahrelang wollten Sie sich nicht überzeugen lassen. Jetzt haben Sie es wenigstens einmal ausgesprochen, dass die O-Stufe die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt hat und dass sie einer Modernisierung im Wege steht. Es ist ja immer gut, wenn man CDUForderungen übernimmt. Aber zu dem Verfahren, was sich dort abgespielt hat und welche Folgen den Kommunen daraus erwachsen, kann ich nur sagen, dass hier absolutes Kopfschütteln angesagt ist.
Herr Ministerpräsident, ich meine, Ihr Vorgehen ist dem eines Regierungschefs, der politisch führen soll, in Inhalt und Stil nicht würdig.
Eines Tages, Herr Plaue, sitzt der einfache Abgeordnete Gabriel - einer von vielen, wie Sie gesagt haben – am Wochenende zu Hause und tippt eine Ideenskizze auf ein Blatt Papier. Darüber kann man doch nur lachen. Ich glaube es auch nicht. Vielleicht erfahren wir ja einmal, wer das Ding wirklich geschrieben hat. So plant vielleicht ein Jungfalke das nächste Sommerlager seiner Truppe, aber so macht man doch keine Regierungspolitik.
Herr Gabriel, das ist ja allgemeine Erkenntnis: Sie haben in dem Zusammenhang Ihre Ministerin wirklich der Lächerlichkeit preisgegeben. Es ist eine Frage von Rückgrat, wie Minister darauf reagieren. Wenn es überhaupt so gewesen ist, soll ja dann die Ministerin ihren Chef richtig auf den Pott gesetzt haben, der sich dann kleinlaut und reumütig entschuldigt hat.
Ich war entsetzt und erstaunt, als ich die Reaktionen vor Ort in den Kollegien gehört habe. Frau Ministerin, es ist durch das, was da abgelaufen ist, ein extremer Schaden für Sie als Person, aber auch für das Amt des Kultusministers und für das Kultusministerium insgesamt entstanden. Das muss ich Ihnen einmal ganz deutlich sagen.
und zweitens: Eine Fraktion, die zu diesem heiklen Thema nicht in der Lage ist, einen Antrag zu stellen, weil sie mit der Vielfalt der Einzelmeinungen nicht fertig wird, der traue ich gar nicht zu, dass sie eine intelligente Frage zusammenbekommt.