Protocol of the Session on June 22, 2000

Erstens. Angesichts der Haushaltslage des Landes Niedersachsen gehe ich davon aus, dass in allen Fraktionen keine Denkverbote bestehen.

(Beifall bei der SPD)

Jeder Vorschlag, der an Überlegungen anknüpft, die wichtigen Kostenfaktoren im Landeshaushalt zu überprüfen und auch auf Alternativen zu überprüfen, ist grundsätzlich zunächst einmal zu begrüßen. Dass in einigen Fraktionen möglicherweise Denkschemata vorherrschen, die bestimmte Tabufelder festlegen, stimmt mich traurig. Während die Grünen sonst immer mit ganz wichtigen Vorschlägen, gerade was Besoldungsstrukturen, Versorgungsfragen und Ähnliches angeht,

(Möhrmann [SPD]: Chefarztbehand- lung!)

ganz vorn stehen, sind sie in diesem Punkt in den Möglichkeiten des Denkens offenbar eingeengt.

(Frau Pothmer [GRÜNE]: Wir wollen Kosten senken, aber das Solidarsys- tem stärken!)

Es betrübt mich, Frau Kollegin, dass Sie sich hier selbst Denkverbote auferlegen. Dass der Vorsitzende der SPD-Fraktion eine Überlegung hat durchrechnen lassen und vielleicht auch mit Fachleuten besprochen hat, zeigt ja nur, dass man Transparenz in dem Versicherungsbereich bekommen wollte. Das ist vom Grundsatz her zu begrüßen, weil wir uns nämlich in der Situation befinden, dass wir im Gesundheitsbereich und auch im Versicherungswesen im Hinblick auf die Preise und Beiträge eher auf marktwirtschaftliche Korrekturen setzen. Diese Transparenz ist also nicht von Übel. Dazu war diese Diskussion sicherlich ein ganz wichtiger Beitrag. Ich gehe davon aus, dass sich die übrigen Versicherungen angesichts der Preiskämpfe - angesichts der Kämpfe um Versicherte und auch um Beiträge – daran orientieren müssen, wie gut oder schlecht die Beitragslage in den unterschiedlichen Versicherungssystemen ist.

Dass es insgesamt offensichtlich auch in der SPDFraktion in Abwägung unterschiedlicher Gesichts

punkte derzeit keine Initiative gibt, diese Idee weiterzuverfolgen, liegt in der Natur der Sache.

(Frau Pawelski [CDU]: Das liegt in der Natur des Vorschlages!)

Die Landesregierung – das kann ich Ihnen versichern – prüft jedes Tabufeld auf mögliche Alternativen, um im Interesse des Haushaltsausgleichs konkrete Vorschläge unterbreiten zu können.

Kurze Antwort auf eine kurze Frage: Ich bin Herrn Plaue sehr dankbar, dass er bereit ist, für die Mehrheitsfraktion im Sinne von Haushaltskonsolidierung immer wieder mit neuen Ideen auch die Landesregierung herauszufordern.

(Frau Pawelski [CDU]: Das war ein Flop! – Decker [CDU]: Weisen Sie das sofort zurück!)

Wichtig ist, dass die Landesregierung in enger Abstimmung mit der Regierungsfraktion zu einem gemeinsamen Ergebnis kommt. In diesem Fall haben wir gesagt: Die Zahlen sind zwar beachtlich, aber sie sind nicht so, dass der Gedanke einer Betriebskrankenkasse unter den obwaltenden Bedingungen weiterzuverfolgen ist.

Herr Minister, ich danke Ihnen für die außerordentlich lehrreiche Beantwortung der Frage.

(Heiterkeit bei der SPD)

Die nächste Zusatzfrage stellt die Frau Kollegin Pawelski. – Bitte schön!

Wurde der Vorschlag des Vorsitzenden der SPDFraktion, nämlich Betriebskrankenkassen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung einzurichten, vorher mit dem Sachverstand der Landesregierung bzw. der zuständigen Ministerien abgestimmt?

(Plaue [SPD]: Das passt zu Ihnen! Sie brauchen den Sachverstand von ande- ren! Ich habe einen eigenen! – Gegen- ruf von Frau Pawelski [CDU]: Das war Ihr Sachverstand! – Eveslage [CDU]: Das ist schlimm genug!)

Herr Minister, bitte schön!

Der Landtag tut gut daran, die Fraktionen mit Sachverstand und Personal auszustatten, damit wichtige gesellschaftspolitische Fragen auch vom Grundsatz her aufgearbeitet werden können.

(Frau Pawelski [CDU]: Das geht an ihm vorbei!)

Im Übrigen steht die Landesregierung jeder Fraktion in diesem Haus und jedem Abgeordneten für Rückfragen, für zusätzliche Informationen zur Verfügung.

(Frau Pawelski [CDU]: Das habe ich nicht gefragt! – Gegenruf von Beck- mann [SPD]: Er antwortet sogar auf Fragen, die Sie nicht gestellt haben! Das ist doch mehr als höflich!)

Ich gehe davon aus, dass zu den grundsätzlichen Überlegungen aus der SPD-Fraktion nachgefragt worden ist. Wenn Herr Plaue dies getan hat, war dies sein gutes Recht. Ich gehe davon aus, dass er die von ihm genannten Zahlen fundiert an mehreren Stellen – möglicherweise auch bei Teilen der Landesregierung – abgesichert hat. Das ist vorauszusetzen.

(Beckmann [SPD]: Die Frage hatte das Niveau Ihrer Anträge!)

Vielen Dank. – Frau Pothmer hat noch eine Zusatzfrage.

(Plaue [SPD]: Aber jetzt bitte ohne dieses Denkbrett vor dem Kopf, liebe Brigitte Pothmer!)

Herr Plaue, die Bretter sind schon verteilt. Für mich war keines mehr da.

(Mühe [SPD]: Wir haben noch ein paar Bohlen!)

Herr Minister, ich frage Sie: Wie steht die Landesregierung zu dem Begehren der SPD-Bundestagsfraktion, den Preiskampf der Betriebskrankenkas

sen gesetzlich einzuschränken, weil dieser der gesetzlichen Krankenversicherung bis jetzt schon 1,3 Milliarden DM entzogen hat? Wie steht die Landesregierung dazu?

(Groth [SPD]: Das ist das Problem der Untätigkeit von Frau Fischer!)

Herr Minister!

Frau Pothmer, diese Frage fällt unter die Rubrik, die ich vorhin schon - -

(Zuruf von Frau Pothmer [GRÜNE])

Herr Minister, bitte schön!

Ich fange noch einmal an; extra für Sie, Frau Pothmer! Diese Frage fällt unter die Kategorie, die ich vorhin schon einmal angesprochen habe: Auch die Bundestagsfraktion der SPD hat natürlich die Freiheit, sich Gedanken darüber zu machen, ob, wie und unter welchen Bedingungen man Verwerfungen in der Landschaft der Versicherungen einschränken oder beheben kann. Ich bin nicht auf dem aktuellen Stand, wie sich das derzeitige Beratungsergebnis darstellt.

(Frau Pothmer [GRÜNE]: Die Sozi- alministerin weiß das!)

Ich gehe aber davon aus, dass die SPDBundestagsfraktion, da sie klug beraten ist, natürlich auch die Länder in diese Diskussion einbezieht. Wir sind bisher noch nicht gefragt worden.

(Frau Pothmer [GRÜNE]: Bei Herrn Plaue nützt das doch nichts!)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen zur Frage 1 liegen mir nicht mehr vor. Bevor ich die Frage 2 aufrufe, darf ich Ihnen mitteilen, dass der Herr Präsident, der jetzt eigentlich hier sitzen sollte, offensichtlich ein Opfer der gestrigen Feier der SPD geworden ist.

(Heiterkeit)

Er ist nämlich die Treppe heruntergefallen. Aber er ist nicht auf den Kopf, sondern nur auf den Rücken gefallen. Aber auch das kann unangenehm sein. Er ist zum Arzt gegangen. Wir wünschen ihm alles Gute.

Wir kommen dann zu

Frage 2: Altenpflegeausbildung in Gefahr?

Die Frage wird gestellt von der Kollegin Frau Jahns. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Niedersächsische Landesregierung hat im vergangenen Jahr durch die Änderung des Altenpflegeberufegesetzes die Diskussion über die Finanzierung der Ausbildungsvergütung eröffnet. Die bisherige allgemein seit 1996 anerkannte Umlagefinanzierung sollte bereits zum 1. August 1999 aufgehoben werden.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Einen Moment, bitte! - Meine Damen und Herren, der Geräuschpegel ist nicht akzeptabel! Das gilt für alle Seiten. – Bitte fahren Sie fort!

Durch Protest der Wohlfahrtsverbände und der Oppositionsparteien im Niedersächsischen Landtag konnte letztendlich auch mit Zustimmung der SPD-Fraktion dieses Vorhaben zunächst bis zum 1. August 2000 hinausgeschoben werden. Die Landesregierung wälzt das Problem der Ausbildungsfinanzierung für die Altenpflegeberufeausbildung auf die ausbildenden Einrichtungen ab, die sich mit den Pflegekassen bezüglich der Erhöhung der Pflegesätze auseinander setzen müssen. Dies ist zwar nach dem Bundessozialhilfegesetz zulässig, verzerrt aber den Wettbewerb. Innerhalb der zwölf Monate, die die Landesregierung den bisher ausbildenden Pflegeeinrichtungen Zeit gelassen hat, dieses Problem zu regeln, hat sich die Situation katastrophal entwickelt. Viele Einrichtungen lehnen es zwischenzeitlich ab, Ausbildungsplätze für das Praktikum zur Verfügung zu stellen, sodass