Protocol of the Session on June 20, 2000

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat der Kollege Inselmann das Wort.

(Schirmbeck [CDU]: Er ist auch für Gorleben!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin dankbar dafür, dass die CDU dieses Thema als Thema der Aktuellen Stunde gewählt hat.

(Schirmbeck [CDU]: Wir helfen, wo wir können!)

Dies gibt uns Gelegenheit, Klarheit in der Sache herzustellen.

Herr Möllring, ich bin allerdings enttäuscht über Ihren Beitrag. Ich habe mich gefragt: Was will uns Herr Möllring eigentlich damit sagen? - Eigentlich hat er uns gar nichts gesagt. Die CDU ist in dieser Frage nach wie vor ratlos und bietet keine Perspektiven an.

(Schirmbeck [CDU]: Sie haben auch nichts gesagt! Das ist das Problem!)

Aber das sind wir von Ihnen, meine Damen und Herren, ja gewohnt. Deswegen sitzen Sie auch da und haben zu wenig, und wir regieren in Niedersachsen, weil wir die Konzepte haben, weil wir die Sorgen und Nöte der Menschen aufnehmen und Lösungen anbieten. Das ist der Unterschied zwischen uns, und den hat Ihr Beitrag sehr deutlich gemacht.

(Beifall bei der SPD - Schirmbeck [CDU]: Warten Sie einmal ab!)

Ich wundere mich ein wenig darüber, was man bundesweit so lesen kann. Der Herr Umweltmi

nister hat schon deutlich gemacht, dass wir etwa 70 % der Forderungen, die wir in Entschließungsanträgen des Landtages gestellt haben, heute in dem Konsenspapier abgearbeitet finden. Das ist, meine ich, unstrittig.

(Schirmbeck [CDU]: Ich glaube, ich bin im Wald!)

- Herr Schirmbeck, das ist so.

Es gibt drei Punkte - die wollen wir auch offen ansprechen -, die wir uns klarer gewünscht hätten und in denen die Fragestellungen in Niedersachsen anders gewichtet werden.

Erstens ist dies natürlich Gorleben. Wir sind der Auffassung, dass Gorleben nicht geeignet ist.

(Möllring [CDU]: Es steht doch ganz anders drin! Von Ihrem Bundeskanz- ler!)

- Warten Sie doch einmal ab! Ich wollte es ja gerade sagen.

Natürlich gibt es aus niedersächsischer Sicht bezüglich des Papiers einen Klarstellungsbedarf in der Frage Gorleben. Wir meinen, dass der Salzstock nicht geeignet ist.

(Schirmbeck [CDU]: Wie ist es bei Schacht Konrad?)

- Herr Schirmbeck, Sie haben diese Fragen in der Vergangenheit nie so sensibel gestellt. Sie haben nie gefragt, ob dieser Salzstock geeignet ist. Sie haben immer nur gesagt: Wir wollen da politisch hin. - Das war Ihr Abwägungskriterium unter Albrecht. Sonst nichts. Seien Sie deshalb jetzt einmal ganz ruhig, und schweigen Sie dezent. Das wäre besser in dieser Frage.

(Beifall bei der SPD)

Der zweite Punkt betrifft die Frage, ob die PKA zukünftig notwendig ist. Dazu sagt der Bund, dass es eine neue Verwendung für die PKA gebe. Diese Frage muss man offen diskutieren. Einige Fachleute sagen ja, dass man diese Anlage auch als Reparaturanlage braucht. Daran haben wir in Niedersachsen immer Zweifel gehabt. Wir sind aber offen, diese Frage mit dem Bund zu diskutieren, meine Damen und Herren.

Der dritte Punkt ist auch klar: Schacht Konrad halten wir nicht für notwendig, weil die erforderli

chen Mengen nicht vorhanden sind. Das ist der Punkt, meine Damen und Herren.

Ich wundere mich über Ihre Position. Wer vertritt hier eigentlich niedersächsische Interessen, und wer nimmt eigentlich Verantwortung - das ist doch die Überschrift Ihrer Aktuellen Stunde - für die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen wahr? Sie doch nicht, meine Damen und Herren! Was passiert denn? - Sie sind doch schon vor langer Zeit eingeknickt und vertreten nur noch die Interessen der süddeutschen CDU- und CSU-geführten Bundesländer, die nur eines wollen: Ausbau der Kernenergie und Entsorgung in Niedersachsen. Das ist die Verantwortungsgemeinschaft, wie sie der Süden sich vorstellt. Aber nicht mit uns, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD)

Sie haben die Interessen der niedersächsischen Bürger in dieser Frage noch nie vertreten!

Meiner Meinung nach muss im Zusammenhang mit dieser Frage auch betont werden - wenn man lesen kann -, dass die dezentrale Zwischenlagerung an den Kraftwerkstandorten als Zumutung betrachtet wird. Im Süden Deutschlands wird dazu gesagt, dass dies eine Zumutung und verantwortungslos sei. Ich will Ihnen jetzt einmal anhand eines Beispiels aufzeigen, wie verlogen diese Debatte ist und warum Sie von der CDU in dieser Frage lieber kleinlaut sein und sich ganz geschickt zurückhalten sollten. Im Jahr 1990, meine Damen und Herren, ist Greifswald/Lubmin in Ostdeutschland stillgelegt worden. Eigentlich haben Sie ja den Ausstieg aus der Kernenergie schon eingeleitet; allerdings nur in Ostdeutschland. Sie haben den Reaktor stillgelegt, und jetzt wird er demontiert. Zurzeit wird dort auf dem Betriebsgelände ein Zwischenlager für radioaktiven strahlenden Müll mit einer Kapazität von mehr als 100.000 Tonnen betrieben. Das stellt nach Auffassung der CDU keine Zumutung für die ostdeutsche Bevölkerung dar. Das wird dort praktiziert. Das ist Ihre Logik, meine Damen und Herren!

So verantwortungslos kann man mit den Interessenlagen der Menschen aber nicht umgehen. Deshalb haben wir gesagt: Es ist verantwortbar, die dezentrale Zwischenlagerung zu akzeptieren. Die dezentrale Zwischenlagerung ist akzeptabel, um im Anschluss daran im Rahmen eines objektiven Standortfindungsverfahrens auch die Lagerung in Granit im Süden Deutschlands zu untersuchen.

Denn wenn ich die Kernenergie ausbauen will, dann muss ich auch Verantwortung bezüglich der Endlagerung, bezüglich der Entsorgung übernehmen. Das ist doch die entscheidende Frage.

Dieser Weg wird jetzt durch das Konsenspapier beschritten. Ich würde mir wünschen, dass Sie und Herrn Wulff uns in diesem Kurs unterstützen, nicht aber Herrn Stoiber und Herrn Teufel bestärken. Das ist nicht der Weg, den Niedersachsen gehen kann. Das entspricht auch nicht der niedersächsischen Interessenlage, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat nunmehr der Abgeordnete Schwarzenholz für zwei Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat den Titel für ihre Aktuelle Stunde völlig irrig gewählt. Es gibt doch gar keinen Energiekonsens; es gibt einen Atomkonsens. Dieser Atomkonsens hat massive Auswirkungen auf die Energiepolitik in Deutschland. Der schreibt nämlich die Erzeugung von Atomstrommengen fest, die die Wettbewerbsmöglichkeiten für regenerative Energien und andere Energieformen massiv verschlechtern werden. Die großen Energiekonzerne haben sich auf diesen Konsens eingelassen, weil er ihre Marktposition gegenüber den Konkurrenten massiv verstärkt. Sie haben doch überhaupt nichts hergeben müssen; denn nichts von dem, was Schröder und Trittin in der Koalitionsvereinbarung noch versprochen haben, ist gekommen. 1990 ist in Niedersachsen in der Koalitionsvereinbarung noch festgestellt worden, dass die 1990 vorhandenen Erkenntnisse über Gorleben ausreichten, um die Nichteignung des dortigen Salzstocks festzustellen. Heute unterschreiben Trittin und Schröder aber, dass keine Erkenntnisse zur Nichteignung des besagten Salzstockes vorlägen.

Was ist zu Schacht Konrad festzustellen? - Der ehemalige Ministerpräsident Schröder hat hier 1998 gesessen und von der Bundesregierung gefordert, den Antrag und die Weisungen zu Schacht Konrad zurückzuziehen. Daraufhin ist aber nichts geschehen. Die Industrieregion Braunschweig/Salzgitter soll zum zentralen Endlagerstandort für 95 % des deutschen und wahrscheinlich auch des europäischen Atommülls werden,

und zwar über eine Laufzeit von 40 Jahren. Das wird nun einfach nur so mit einem einzigen Satz in einem solchen Konsenspapier festgeschrieben.

Ich kann doch nicht sagen, dass dieser Vertrag angesichts dieser Laufzeiten und angesichts dieser Entsorgungsregelungen ein ernsthafter Vertrag zum Atomausstieg ist. Es ist ein Vertrag zur Regelung des langfristigen Weiterbetriebs der Atomkraftwerke massiv zulasten des Landes Niedersachsen, massiv zulasten des Ausbaus der regenerativen Energieträger. Mit einem solchen Papier kann man nicht behaupten, dass die rot-grüne Regierung in Berlin ihre Wahlversprechen gehalten hat. Sie hat ihre Wahlversprechen gebrochen. Die Kritik der CDU in diesem Sinne ist völlig unberechtigt.

(Zurufe von der CDU: Berechtigt!)

Meine Damen und Herren, das Wort hat jetzt für die CDU-Fraktion der Kollege Schirmbeck.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man sich daran erinnert, was wir hier im Landtag in den letzten zehn Jahren zu dieser Problematik ausgetauscht haben und was Rot-Grün dazu gefordert bzw. in Aussicht gestellt hat - wenn der schwarze Kanzler erst einmal weg ist -, dann muss man fairerweise zugestehen, dass das Ergebnis mehr als enttäuschend ist. Ich wundere mich deshalb über Ihre Arroganz, Frau Harms, mit der Sie hier auftreten.

(Beifall bei der CDU)

Dass Sie als Abgeordnete, die den Raum Gorleben ja hier im Landtag vertritt, überhaupt noch lachen können, wundert mich. Ich habe immer gedacht, dass Sie darunter körperlich zerbrechen würden.

Wenn in diesem Papier steht, somit stünden die bisher gewonnenen geologischen Befunde einer Eignungshöffigkeit des Salzstocks Gorleben zwar nicht entgegen, dann kann ich dazu nur sagen: Dieses hat die CDU hier im Landtag nie gefordert bzw. nie festgestellt. Wir haben gesagt, dass dort untersucht werden muss und dass erst nach Abschluss einer Untersuchung festgestellt werden kann, wie das Ergebnis aussieht. Diese Bundesregierung - von Niedersachsen angeführt - und alle

anderen, die dort verhandelt haben, stellen fest, dass dieser Salzstock geeignet ist.

(Frau Harms [GRÜNE]: Haben Sie meine Presseerklärung gelesen? Es scheint, dass Sie daraus zitieren!)

- Ja, ich zitiere daraus.

(Inselmann [SPD]: Zitier mal weiter!)

Und was machen Sie nun? - Ihr Bundesumweltminister, der auch hier in Niedersachsen im Landtag und Minister war, hat dies mit unterschrieben. Wenn wir das so unterschrieben bzw. damals so in Aussicht gestellt hätten, hätte es riesige Auseinandersetzungen gegeben. Sie hätten Hunderttausende auf die Straße geholt.

(Beifall bei der CDU)

Auf dem Rücken junger Polizisten hätten Sie Ihre Politik gemacht. Auf dem Rücken und zulasten der Gesundheit junger Polizisten haben Sie hier in Niedersachsen Straßenterror betrieben. Das darf man doch wohl einmal feststellen.