selbst deutlich gemacht, dass die Rolle einer Regierungsfraktion hierbei anders zu betrachten ist als die Rolle von beispielsweise Herrn Finke oder auch die Rolle der Opposition. Wir haben im Gegensatz zu Ihnen jeden einzelnen Punkt der Gesetzesvorschläge auch darauf zu prüfen, welche finanziellen Auswirkungen er hat.
(Zustimmung von Möhrmann [SPD] – Frau Pothmer [GRÜNE]: Wir auch! – Frau Harms [GRÜNE]: Das muss hier jeder! – Eveslage [CDU]: Das haben Sie beim Haushaltsgesetz aber nicht gemacht! – Zuruf von der CDU: Das steht in der Verfassung!)
Es besteht doch gar kein Zweifel daran - der Beitrag von Frau Pothmer und viele andere Beiträge haben es doch deutlich gemacht -, dass wir uns in der Sache quer durch die Fraktionen im Niedersächsischen Landtag einig sind, dass die meisten der Vorschläge vernünftige Vorschläge sind, die auf den Weg gebracht werden müssen, dass es Vorschläge für Bereiche sind, in denen Handlungsbedarf besteht, und dass es daher notwendig und sinnvoll ist, hier etwas auf den Weg zu bringen.
Dies ändert aber überhaupt nichts daran, dass die Bundeskasse in Schwierigkeiten ist, dass die Landeskasse in einer katastrophalen Situation ist
und dass auch die kommunalen Kassen in einer schwierigen Lage sind, und alle drei Bereiche müssen diese Gesetzesvorhaben umsetzen. Es wäre aus meiner Sicht einfach unredlich, der Öffentlichkeit mit einem beschlossenen Gesetz weiszumachen, jetzt würde sich in kurzer Zeit alles ändern. Es wird ein langer, ein schwieriger Weg. Aber wir müssen diesen Weg beschreiten.
Ich meine, die vorliegenden Gesetzentwürfe, der Entschließungsantrag und alle anderen Vorschläge sind eine gute, hervorragende Grundlage für eine Diskussion und einen breit angelegten Dialog mit den Interessenverbänden, mit den Behinderten selbst und mit allen relevanten Gruppen in Niedersachsen. Diesen Dialog müssen wir führen, um dann hoffentlich gemeinsam für die Ausschussberatungen und für den Niedersächsischen Landtag ein Papier auf dem Tisch zu haben, das so geraten
Meine Damen und Herren, ich will zum SPDAntrag einige Punkte nennen, die gleichzeitig zum Teil natürlich auch die Punkte sind, die Frau Pothmer angesprochen hat. Es sind letztlich eine Beschreibung des Handlungsbedarfes und eine Beschreibung der Ziele. Es geht um die Erhöhung der Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen, um die Förderung von Selbsthilfeeinrichtungen, um die Weiterentwicklung der Integration behinderter Kinder, um die Weiterentwicklung des Grundsatzes barrierefreien Bauens, um den öffentlichen Personennahverkehr und um viele andere Ziele, die in unserem Antrag, in dem Vorschlag von Herrn Finke und dem Vorschlag der Grünen festgeschrieben sind. Dies werden wir auf den Weg bringen müssen. Es ist ein anspruchsvoller Katalog. Die Zeit ist ohne Zweifel reif, diese Themen jetzt offensiv anzupacken. Aber ich wiederhole mich an dieser Stelle gerne: Wir werden dies mit der notwendigen Behutsamkeit tun müssen, um nicht gegenüber den Betroffenen den Eindruck zu erwecken, in kurzer Zeit alles schaffen zu können - das wäre eine Verhöhnung Ihrer Interessen -, sondern wir müssen das in Ruhe mit der Finanzlage in Einklang bringen und entsprechend handeln.
Meine Damen und Herren, die Tatsache, dass wir Behindertenpolitik in Niedersachsen sehr ernst genommen haben, wird eigentlich auch durch die Bilanz der Behindertenpolitik der letzten zehn Jahre deutlich. Wir haben hier 1990 mit Rot-Grün begonnen und das dann alleine weiter beschritten.
Ich will nur vier Beispiele nennen, die wohl dafür stehen, dass diese Fraktion und die SPD-geführte Landesregierung dieses Thema nicht nur ernst nehmen, sondern auch etwas auf den Weg gebracht haben. Die Tatsache, dass Niedersachsen das erste der alten Bundesländer war, das in seine Verfassung geschrieben hat „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“, spricht für sich. Wir haben die Integration tausender von Kindern und Jugendlichen in Kindergärten bzw. Schulen, die Lohnfortzahlung für die in Werkstätten beschäftigten Behinderten und die Erhöhung der Werkstattentgelte durchgesetzt. Dies sind nur wenige Beispiele von vielen.
Ich freue mich auf eine intensive Beratung sowohl in der Öffentlichkeit als auch im Ausschuss und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Zum Schluss beantrage ich, dass die Mitberatung auf den Ausschuss für Städtebau und Wohnungswesen ausgedehnt wird. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einen Gesetzentwurf zur Durchsetzung der Gleichstellung und Verbesserung der Lebenssituation behinderter Menschen eingebracht. Mit derselben Thematik beschäftigt sich auch der Antrag der Fraktion der SPD mit dem markigen Titel „Zukunftsweisende Behindertenpolitik gemeinsam gestalten“.
Meine Damen und Herren, in den vergangenen zwei Jahren, in denen ich diesem Landtag angehörte, habe ich zu meiner Freude festgestellt, dass gerade zum Thema Behindertenpolitik sehr oft in fraktionsübergreifenden Anträgen ein Konsens gefunden wurde. Aber ich muss sagen: Es gehört schon eine ganze Menge Mut dazu, hier einen solch aussagelosen Antrag, wie ihn die SPDFraktion jetzt vorgelegt hat, einzubringen.
Die SPD-Fraktion fordert in ihrem Antrag eine Gleichstellungs- oder Antidiskriminierungsgesetzgebung. Der Landesbehindertenbeauftragte, Herr Finke, hat - das haben wir vorhin auch schon gehört - solch einen Gesetzentwurf längst vorgelegt und ihn - offenbar zum Entsetzen der Landesregierung - auch in der Öffentlichkeit vorgestellt. Von Frau Ministerin Merk war nämlich nichts anderes als peinliches Schweigen zu hören.
Jetzt haben die Grünen diesen Entwurf von Herrn Finke eingebracht. Was nun, Herr Plaue? - Herr Plaue ist aber wohl gerade nicht da. - Ja oder Nein, oder wird die SPD wieder kneifen, wenn es konkret wird? – Die Forderung der SPD nach einem Gleichstellungsgesetz ist auch deshalb seltsam, weil sie selbst bereits seit zehn Jahren hier in Niedersachsen die Regierungsverantwortung innehat
und diesen Gesetzentwurf längst hätte einbringen können. Der SPD-Antrag strotzt nur so vor belangloser Allgemeinplätze. Meine Damen und Herren, das haben die Menschen mit Behinderungen und ihre Verbände nicht verdient.
Diesen schamlosen Rückfall in eine Sonntagsrhetorik glaubten sie längst überwunden zu haben. Darin bin ich mir mit meiner Kollegin Frau Pothmer einig. Doch die SPD schlägt brutal zu und lässt nicht eine Plattitüde aus: ein Sammelsurium belangloser Aussagen, die keine, aber auch nicht eine einzige konkrete Maßnahme zugunsten behinderter Menschen nach sich ziehen oder auch nur in irgendeiner Weise zur Verbesserung der arbeitsmarktpolitischen Perspektiven für Behinderte beitragen werden.
Durch die von der SPD-Fraktion formulierte Entschließung wird sich in Niedersachsen im Bereich der Behindertenpolitik nichts, aber auch gar nichts ändern. Sie ist sogar ein bedauerlicher Rückschritt;
denn bereits in der Legislaturperiode von 1990 bis 1994 hat der damalige SPD-Sozialminister Hiller 1993 Leitlinien und Empfehlungen zur Behindertenpolitik in Niedersachsen herausgegeben - das werden Sie alle ja sicherlich kennen -, die sich auf den Bericht der Fachkommission Behinderte stützten. Bereits in diesen Leitlinien wurde eine Rahmenempfehlung zur gesellschaftlichen Gleichstellung von behinderten und nicht behinderten Menschen aufgestellt. Sozialminister Hiller erklärte damals, dass die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen ihren Verpflichtungen entsprechend diesen Rahmenempfehlungen uneingeschränkt nachkommen werde.
Seit 1993 sind nunmehr sieben Jahre vergangen. Wenn man den Antragstext der SPD-Fraktion liest, dann ist klar und deutlich festzustellen, dass die SPD-Regierung ihre Versprechen wieder einmal nicht gehalten hat.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, es ist ja schön, wenn der Niedersächsische Landtag das behindertenpolitische Vierpunkteprogramm der Bundesregierung begrüßen soll. Aber es hilft uns hier in Niedersachsen nicht weiter. Denn z. B. die Verbesserung der arbeitsmarktpolitischen Perspektiven für Behinderte wäre eine Aufgabe, die sich zunächst einmal die Niedersächsische Landesregierung selbst stellen sollte.
(Beifall bei der CDU - Frau Elsner- Solar [SPD]: Haben Sie schon einmal etwas von konkurrierender Gesetzge- bung gehört?)
Ich frage an dieser Stelle, ob sich das Land selbst dieser Verpflichtung gestellt hat und die nach dem Schwerbehindertengesetz geforderte Quote von 6 % bei der Besetzung von Arbeitsplätzen mit Schwerbehinderten erfüllt. Die Antwort ist: Nein. Aber anstatt alle Anstrengungen zu unternehmen, um diese Quote zu erfüllen, unterstützen Sie die Bestrebungen der Bundesregierung, die die Absicht hat, diese Quote kurzerhand von 6 auf 5 % abzusenken.
Das, meine Damen und Herren, ist Behindertenpolitik der SPD: There is no business like showbusiness!
Damit dürfte klar sein, dass die Forderung auf Erhöhung der Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen, die im Antrag der SPD erhoben wird, an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten ist.
Auch die Ausführungen zur Fortsetzung der Integration behinderter Kinder in Tagesstätten und Schulen sind eine Farce, denn nach der Novellierung des Kindertagesstättengesetzes ist der entsprechende Erlass über die Integrationsvoraussetzungen aufgehoben worden.
Darüber hinaus ist das Thema der Integration von Behinderten in Kindertagesstätten und Schulen in einigen der letzten Plenarsitzungen behandelt
Ich muss noch eine Bemerkung zur Begründung des SPD-Antrages loswerden. Sie erinnern dort an den Satz von Willy Brandt „Mehr Demokratie wagen“ und stellen eine Verbindung zu Sigmar Gabriels Leitsatz „Mehr Politik wagen“ her.
Wenn Sie sich tatsächlich an diesem Maßstab messen lassen wollen, dann sollten Sie Ihren Antrag nehmen und sich damit in die hinterste Ecke verkriechen, denn mit „Politik wagen“ hat dies nun wirklich nichts mehr zu tun.
Die Wahrheit ist diese: Die Niedersächsische Landesregierung hat in den ersten zwei Jahren dieser Legislaturperiode im Sozialbereich ständig Kürzungen vorgenommen.
(Groth [SPD]: Das stimmt doch gar nicht! - Gegenruf von Möllring [CDU]: Natürlich, Herr Groth! Das haben Sie nur nicht gemerkt, weil Sie im Untersuchungsausschuss gesessen haben!)
Nur mit großer Mühe konnte im vergangenen Jahr die Verschlechterung der Lebenssituation für Schwerstbehinderte von den Oppositionsparteien und von den verschiedenen betroffenen Organisationen bezüglich der Abgrenzung zwischen Eingliederungshilfe und Pflegeversicherung verhindert werden. Dies war nicht gerade eine Glanzleistung der Landesregierung.