Protocol of the Session on May 10, 2000

Sie haben bis heute keine Koordination mit unseren Nachbarländern hinbekommen, weder mit Hamburg noch mit Bremen, noch mit NordrheinWestfalen, noch mit Schleswig-Holstein, mit Sachsen-Anhalt oder den anderen Ländern wie den Niederlanden, die unsere Nachbarn sind. Niedersachsen ist das einzige Land, in dem in dem Umfang Strecken vernachlässigt worden sind und marode verrotten. Niedersachsen ist das einzige Land ohne ein integrales Bus-Schiene-Konzept, das wir hier seit Jahren eingefordert haben.

(Mühe [SPD]: Seit drei Jahren!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir möchten, dass die Verhandlungsposition des Landes gegenüber der Bahn konsequent genutzt wird. Das Land Niedersachsen vergibt im Jahr für 1.200 Millionen DM Aufträge an die Bahn für den Nahverkehr, und daraus wird seitens des Landes nichts herausgeholt. In anderen Bundesländern gibt es wasserdichte Verträge, mit denen man auch Sanktionsmöglichkeiten hat, wenn Züge nur noch 50 km/h fahren und die Fahrgäste an der Strecke während der Fahrt Blumen pflücken können, wenn die Übergangszeiten nicht mehr funktionieren und wenn Züge aus der Fläche an einem Bahnhof ankommen, alle weiterführenden Verbindungszüge gerade abgefahren sind und man deshalb 30 bis 45 Minuten lang auf die Anschlüsse warten muss.

(Möhrmann [SPD]: Der Kollege hatte ausreichend Zeit, sich damit intensiv zu beschäftigen!)

Das ist die Wirklichkeit, die die Menschen in Niedersachsen längst begriffen haben und die der Grund dafür ist, dass sie der Bahn und der Landesregierung Dampf machen, damit diese Politik so nicht fortgesetzt wird.

(Beifall bei der CDU)

Wir erwarten von Ihnen das Bewerkstelligen eines Niedersachsentaktes auf der Grundlage eines Verkehrsvertrages, den Sie aber seit drei Jahren zwischen Bahn und Land nicht hinbekommen haben, und der sich auszeichnet durch Fahrpläne, auf die man sich verlassen kann. Wir wollen nicht, dass nach dem Motto verfahren wird: Kommen Sie, wann Sie lustig sind. Wir fahren, wann wir wollen. - Das kann nicht die Kombination sein, die gestern - -

(Lachen bei und anhaltende Zurufe von der SPD)

- Jetzt stellen Sie einmal Ihre Kolleginnen und Kollegen, die gestern nicht beim Deutschen Gewerkschaftsbund gewesen sind, nicht an den Pranger, weil die nämlich jetzt gar nicht verstehen, worüber Sie sich schon frühmorgens erheitern können.

Herr Gabriel, wir möchten, dass Sie gegenüber der Bahn keine Liebedienerei betreiben. Ich finde, dass man dann, wenn man nichts außer dem, was schon vereinbart und vertraglich festgelegt war, erreicht hat, keine Presseerklärungen mit dem Inhalt abgeben sollte, dass das Gespräch mit Herrn Mehdorn ein Erfolg gewesen sei.

(Beifall bei der CDU)

Dass es schön gewesen sein mag, ist unbestritten. Aber es war kein Erfolg; denn Sie haben im Kern bei Herrn Mehdorn nichts erreicht.

Wenn der Landtag in einer Entschließung einstimmig festlegt, dass das, was die Bahn betreibe, moderne Wegelagerei und Abzockerei sei, dann ist es schon aufregend, wenn Sie anschließend in der Presseerklärung Verständnis für die Deutsche Bahn AG äußern und sich gegen solche Begrifflichkeiten wehren.

(Beifall bei der CDU)

Sie selbst, Herr Gabriel, haben dieser Begrifflichkeit hier im Hause vor wenigen Tagen zugestimmt.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden Sie - das ist die eigentliche Nagelprobe - an dem Verkehrsvertrag messen, den wir jetzt erwarten. Der Abschluss dieses Vertrages wird nun wirklich langsam Zeit. Wir werden Sie außerdem messen an den Fahrplänen, die demnächst in Nie

dersachsen bestehen werden. Das ist die Nagelprobe für Sie, aber nicht die vollmundigen Erklärungen nach Gesprächen, bei denen nichts herausgekommen ist. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Schurreit.

(Frau Harms [GRÜNE]: Schienen- stillleger!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde geht völlig an der Realität vorbei.

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

Es ist doch völlig klar: In Niedersachsen wird überhaupt nichts abgekoppelt. Die Bahnpolitik entgleist nicht. Ich kann nur sagen, dass ich das gemeinsame Vorgehen, das Sie einmal signalisiert haben, indem wir die Interessen des Landes zugunsten einer gemeinsamen Politik gegenüber Dritten, z. B. der privaten Organisation Bahn, bündeln wollen, nicht erkennen kann. Ich mahne an, dass Sie diese gemeinsame Politik mit uns auch in Zukunft weiter verfolgen. Ich erinnere nur einmal daran, dass alle Fraktionen im Ausschuss eine InterRegio-Linie Hamburg - Lüneburg - Uelzen in Richtung Stendal - Berlin gefordert haben. Das ist eine gemeinsame Vorgehensweise mit großem Erfolg. Die erste Priorität der Anmeldung des Landes Niedersachsen ist der zweigleisige trassierte und elektrifizierte Ausbau mit einem vertakteten System. Insofern ist das gemeinsame Vorgehen zugleich auch das richtige Vorgehen des Landes Niedersachsen. Das Gleiche gilt für die Y-Trasse, bei der wir zwar nicht alle, aber zumindest die beiden großen Fraktionen in einem Boot sitzen.

Ich möchte noch einmal deutlich machen, dass es nicht geht, nur eine kontroverse Position einzunehmen, sondern dass das permanente Gespräch notwendig ist.

(Eveslage [CDU]: Und das über Jah- re! Nichts erreicht!)

Ich kann überhaupt nicht verstehen, weshalb Sie Schuld zuweisen. Es wurde festgestellt, dass der Unterbau auf der Trasse Hamburg - Cuxhaven seit

27 Jahren nicht angefasst worden ist. Wer hat denn in den vielen Jahren die Verantwortung dafür gehabt? - Das waren doch Sie!

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte nur noch einmal deutlich machen, dass es mit der Übereinkunft, mit der CDU gemeinsame Verkehrspolitik zu organisieren, nicht allzu weit her ist. Sie mäkeln herum. Sie anerkennen nichts. Sie bedauern nur. Das ist die bedauerliche Situation der Opposition. Ich möchte Sie einfach einmal fragen, ob Sie in der Region Kontakte zu den Menschen oder den Unternehmensverbänden haben. Ich kann aus meiner Region berichten, dass sich z. B. die Industrie- und Handelskammern und die Wirtschaft freuen, dass es nun endlich gelungen ist, das dritte Gleis Hamburg - Lüneburg zu realisieren. Dieses Vorhaben ist doch von Ihnen über Jahre vernachlässigt worden.

(Beifall bei der SPD - Frau Harms [GRÜNE]: Ich denke, es geht um die Planung! Seit wann ist eine Planung eine Realisierung?)

Ich kann hier noch einmal berichten, dass der damalige Ministerpräsident und heutige Bundeskanzler Schröder und der Erste Bürgermeister Voscherau aus Hamburg vor sechs Jahren im Lüneburger Rathaus gesessen haben

(Wulff [Osnabrück] [CDU]: Gut ge- gessen und geraucht haben!)

und gemeinsam ihre Zustimmung artikuliert haben, dass dieses dritte Gleis als eine prioritäre Maßnahme zweier Länder im Bundesrat durchgesetzt werden solle. Diese Maßnahme hatte aber keine Chance, in der Region Norddeutschland, in der die Sozialdemokraten die Mehrheit hatten, realisiert zu werden, weil Waigel alles im Süden installiert hat. Das ist doch über Jahre hinweg unsere Krux gewesen. Das ist doch Ihre Veranstaltung gewesen. Sie müssen heute dafür abgestraft werden, über Jahre hinweg keine konstruktive Politik betrieben zu haben.

(Beifall bei der SPD)

Ich bekomme für diese Maßnahme eine breite Zustimmung aus der Region. Die IHKs stimmen dem Vorhaben ebenfalls zu.

Die SPD-Fraktion war in der Region Nordenham/Hude. Es gibt die Zusage, dass die Trasse dort ausgebaut und mit entsprechender Qualität aus

gestattet wird. Ohne diese Ausgestaltung wäre z. B. der niedersächsische Hafen Nordenham oder wären die an der Weser liegenden Häfen ohne jegliche Wettbewerbschance im Gütertransport. Sie haben diese Vorhaben über Jahre hinweg vernachlässigt, haben nichts gemacht.

Sie haben sich noch nicht einmal um die Umgehungsstraßen, z. B. die in Berne, gekümmert, um die Zu- oder Ableitung zum Güterverteilzentrum Bremen zu organisieren. Das ist Ihre Politik gewesen - völlig am Thema vorbei. In Berne findet diese Entscheidung, die zwischen den Herren Mehdorn und Gabriel getroffen worden ist, breite Zustimmung.

Die Entscheidung, dass die InterRegio-Verbindung Oldenburg - Wilhelmshaven bis 2001 erhalten bleibt, ist für die Region eine große Chance, wohl wissend, dass die Zahlen nicht allzu rosig sind.

(Glocke des Präsidenten)

Aber man ist in der Region bereit, zusammenzustehen.

Cuxhaven - Bremerhaven: Diese InterRegio-Linie wird fortgeführt. Auch wir wissen, dass dort von einer E-Lok auf eine Diesellok umgespannt wird, ohne dass es eine Perspektive gibt. Wir wissen auch von den 4 Millionen Übernachtungen in Cuxhaven, dem größten niedersächsischen Seebad. Früher haben 16 % der Menschen Cuxhaven mit dem Zug erreicht; heute sind es noch 1 %. Das ist ein Potential sondergleichen. Da muss eine Region zusammenstehen. Es gibt noch andere Punkte, die ich aus der Bilanz der Übereinkünfte hervorheben könnte.

Wir müssen miteinander reden. Frau Grote wird die Koordination und die Clearingstelle zwischen Bahn und dem Land übernehmen. Wir freuen uns, dass das Schülerticket erhalten bleibt. Sie können weiter fahren. Ein Wermutstropfen ist natürlich die Entscheidung, dass für die EXPO - aber zielorientiert und nicht von Pendlern - dieser Beitrag gezahlt werden muss.

In Niedersachsen wird nichts abgekoppelt! Hier entgleist niemand, vor allem niemand in der Regierung. Sie aber schlingern so vor sich hin ohne Konzept, mäkeln und kommen immer nur mit Anmerkungen und Verspätungen. Kommen Sie doch endlich einmal wieder dazu, dass wir eine gemeinsame Verkehrspolitik gegenüber Dritten

organisieren, in diesem Fall gegenüber dem Bund. Dazu fordere ich Sie auf. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Der Abgeordnete Wenzel hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Möllring [CDU]: Gemeinsame Ver- kehrspolitik gegenüber dem Bund ist gefragt, Herr Wenzel!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Stellen Sie sich vor, der Benzinpreis in Hannover wird während der EXPO um 50 Pfennig erhöht.

(Decker [CDU]: Das wollten die Grü- nen doch schon immer! - Eveslage [CDU]: Dann würden sich die Grünen freuen!)