Protocol of the Session on May 10, 2000

(Decker [CDU]: Das wollten die Grü- nen doch schon immer! - Eveslage [CDU]: Dann würden sich die Grünen freuen!)

Das ist gar nicht unrealistisch, wenn man sich Ihre Konzepte für die Bahn anhört. Ich nehme an, dass die Republik Kopf stehen würde, wenn man das beschließen wollte.

Drei Wochen vor Beginn der EXPO herrscht in Ihrer Verkehrspolitik das blanke Chaos.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt wollen Sie einen EXPO-Strafzoll, der nach Aussagen von Herrn Gabriel nur eine Lenkungswirkung von 2 % entfaltet. Angeblich sind nur 2 % betroffen. Dann können ja auch nur diese 2 % in andere Züge gelockt werden. Meine Damen und Herren, das kann sich nur ein Monopolist ausdenken, der keine Rücksicht mehr auf seine Kunden nehmen muss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wozu noch Geld für Marketing, wenn man sich selbst ein solches Negativimage bastelt! Wie wollen Sie den Kunden, wie wollen Sie den EXPO-Besuchern erklären, dass sie Bahn fahren sollen, wenn Sie mit diesem Strafzoll gerade die Menschen belegen, die sich für dieses Verkehrsmittel entscheiden, und die Hannoveraner, die mit der EXPO überhaupt nichts zu tun haben und vielleicht nur Verwandte besuchen wollen?

Jetzt hat unser Ministerpräsident, Herr Gabriel, ein „gewisses Verständnis“ für diese Maßnahme. Meine Damen und Herren, man muss sich ja fast Gedanken darüber machen, ob Herr Gabriel in Berlin einer Gehirnwäsche unterzogen wurde.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Er ist aber wahrscheinlich zu dieser Auffassung gekommen, weil er, weil die Landesregierung, weil Herr Minister Fischer selbst Stichwortgeber für diese Kampagne waren, weil sie sich einer seriösen Finanzierung der Mehrverkehre zur EXPO über Jahre hinweg verweigert haben. Dann ist die Idee geboren worden: Könnte man nicht Sonderangebote streichen und auf diese Art und Weise das Geld hereinholen? Vielleicht liegt darin der Grund für diesen Schwenk von Herrn Gabriel.

Herr Ministerpräsident, ein Armutszeugnis erster Klasse und eine Abzocke ist das. Ich sage das ganz deutlich. Wo der Lenkungseffekt bei nur 2 % bleibt, können Sie mir vielleicht noch erklären.

Aber was ist mit den maroden Schienen? - Ich meine, die Entscheidung hierüber geht über den Tag hinaus, Herr Gabriel. Das wird uns hier in Niedersachsen noch viele Jahre beschäftigen. Ihre Liste, die Sie hier präsentiert haben - ich habe dieses denkwürdige Papier mitgebracht -, ist schlichtweg eine Katastrophe und der Versuch, die Öffentlichkeit zu täuschen.

(Schurreit [SPD]: Fragen Sie doch einmal die Leute vor Ort!)

Sie zählen nämlich Dinge auf - ich erinnere an die Punkte 1 bis 4 -, die längst beschlossen worden sind,

(Eveslage [CDU]: So ist es!)

die vertraglich bereits abgesichert worden sind,

(Eveslage [CDU]: So ist es!)

die bereits mehrfach angekündigt wurden

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU - Eveslage [CDU]: Wiederho- lungstäter!)

oder die gesetzlich ohnehin vorgeschrieben sind oder die schlicht Unsinn sind, lieber Kollege. Wenn hier nämlich steht, die Bedienung der Strecke Hude - Nordenham sei von der DB AG langfristig garantiert worden, dann zeigt das nur, dass

Sie schon mit dem Gedanken gespielt haben, den Personennahverkehr auf dieser Strecke abzubestellen. Sonst könnte nämlich die Bahn gar nicht auf die Idee kommen, diese Strecke stillzulegen. Denn es liegen zwei wichtige niedersächsische Häfen an dieser Strecke.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU - Beckmann [SPD]: Du hast doch vor Ort gerade solche Sprüche losgelassen!)

Meine Damen und Herren, es wirft ein bezeichnendes Bild auf Ihre Verkehrspolitik, wenn Sie darüber nachgedacht haben, ob man hier den Personennahverkehr abbestellt, ein jämmerliches Bild!

(Schurreit [SPD]: Von dir, ja! - Beckmann [SPD]: Macht den Leuten vor Ort Angst und spricht hier so eine Scheiße!)

Erfreulich ist immerhin, dass Herr Gabriel mittlerweile festgestellt hat, dass die Landesregierung seit über zwei Jahren keine vertragliche Vereinbarung hat, weil sie sich nicht traut, die Daumenschrauben richtig anzuziehen, so wie wir das vorgeschlagen haben und wie wir das heute Nachmittag noch im Detail diskutieren werden.

(Plaue [SPD]: Daumenschrauben! - Beckmann [SPD]: Keinen Schlüssel in der Tasche, aber die Daumen- schrauben anziehen, was?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das Problem geht tiefer. Das Problem ist doch: Da fährt das größte Schwergewicht der Landesregierung nach Berlin, und was kommt zurück? - Er präsentiert eine magere Liste von Strecken, die saniert werden sollen, und er hat die Zusage, dass die Bahn einen Teil der Verträge, die man mit ihr abgeschlossen hat, einhält, und beim Strafzoll ist man abgeblitzt und übernimmt die Sprachregelung der Bahn.

(Plaue [SPD]: Das ist aber eine große Phantasie, die Sie da aufbringen! Sie müssen wissen, was die Interessen des Landes sind!)

Wir haben jetzt in der Tat ein Problem. Wir müssen uns nämlich alle gemeinsam in diesem Hause überlegen, wie wir es hinbekommen, dass die Bahn künftig wieder zum Kooperationspartner wird,

(Beckmann: [SPD]: Deine Rede war ein Beitrag dazu! - Schurreit [SPD]: Null Kooperation! - Beckmann [SPD]: Sprüche!)

wie wir wieder gemeinsam mit der Bahn AG dafür sorgen können, dass die niedersächsische Bahn ausgebaut wird, dass sie erfolgreich wird. Wir wollen den Erfolg dieser Bahn und dieses Verkehrssystems in Niedersachsen. - Vielen Dank.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Für fünf Minuten hat Jetzt der Ministerpräsident das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zumindestens in einem Punkt haben Sie Recht, Herr Wenzel: Es geht auch um die Frage, wie wir zu einem konstruktiven Verhältnis zu einer privatisierten Bahn zurückfinden.

(Zustimmung von Plaue [SPD])

Nur, Ihr Redebeitrag, Herr Wenzel, war kein Beitrag dazu.

(Plaue [SPD]: Er war das genaue Ge- genteil!)

Das hat auch etwas mit der Frage zu tun, wie man sachgerecht mit Problemen umgeht. Denn dass wir Probleme in diesem Bereich haben, ist völlig unumstritten.

Es gibt übrigens noch einen zweiten Punkt, in dem ich Ihnen Recht geben will. Natürlich ist eine Reihe der Strecken, die wir jetzt mit der Bahn konkret verabredet haben, bereits seit 1997/98 versprochen, und zwar im Schienenverkehrswegeausbaugesetz. Keine Frage. Nur, die Kollegen von Herrn Wulff, Wissmann und Co., haben darauf verzichtet, auch nur eine müde Mark z. B. für Oldenburg oder Wilhelmshaven vorzusehen.

(Beifall bei der SPD)

Was mich an der Geschichte stört, ist nicht das, was Sie jetzt öffentlich fordern und sagen, sondern es ist das Pharisäertum derjenigen, die landauf, landab versprochen haben, sie würden Schienenwege ausbauen,

(Zuruf von der CDU)

dafür aber keine müde Mark im Bundeshaushalt bereitgestellt haben.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Eveslage [CDU])

- Entschuldigung. Herr Eveslage, da Sie behaupten, ich wüsste in der Sache nicht Bescheid, sage ich Ihnen:

(Eveslage [CDU]: Was Sie zu Olden- burg und Wilhelmshaven gesagt ha- ben, stimmt nicht!)

Herr Wulff und Sie sind nicht bereit, den Preis für die Privatisierung der Bahn zu bezahlen. Der Preis heißt nämlich Verantwortung.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: So einfach ist das!)

Der Fahrpreis der Politik dafür, dass man die Bahn auf die Reise der Privatisierung geschickt hat, heißt Verantwortung. Sie, Herr Wulff, sind nicht bereit, den Fahrpreis zu zahlen. Sie sind ein bahnpolitischer Schwarzfahrer in dieser Hinsicht.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Weil wir gerade bei der Frage sind, wie wir ein solches Thema in der Öffentlichkeit behandeln: Herr Wulff hat völlig Recht, in Rheinland-Pfalz fahren die meisten Züge. Nur, meine Damen und Herren, es kommt nicht darauf an, wie viel Züge fahren,