Protocol of the Session on May 10, 2000

Unter dem dritten Punkt in Ihrem Antrag geht es um die Budgets und hier insbesondere darum, die sektoralen Budgets durch ein Globalbudget abzulösen. Diesen Punkt halte ich für hoch widersprüchlich. Zum Einen fordern Sie dazu auf, das Globalbudget einzusetzen, andererseits sagen Sie aber: Wir wollen das Arznei- und Heilmittelbudget ganz strikt trennen. Das leuchtet mir überhaupt nicht ein; denn damit schränken Sie die Flexibilisierung, die wir in diesem Bereich zum Teil noch haben, noch weiter ein. Wenn Sie hier sagen „bis wir das Globalbudget haben, wollen wir die Sektorierung weiter vorantreiben“, scheint mir das überhaupt nicht plausibel zu sein. Ich kann zwar verstehen, dass sich die Heilmittelerbringer aufgrund der Probleme, die wir in Niedersachsen haben, ihren Teil des Kuchens sichern müssen. Dafür habe ich Verständnis. Dieses Kästchendenken führt doch aber genau zu der Erstarrung und der Einschränkung, die Sie in Ihrer Begründung meiner Meinung nach zu Recht kritisieren. Wenn wir diesen Weg der weiteren Aufspaltung noch weiter gehen, dann ist die Gefahr sehr groß, dass demnächst auch andere Berufsgruppen kommen und wir immer kleinteiligere Budgets bekommen. Ich glaube nicht, dass das ein Weg ist, der uns voranbringt. Deshalb bin ich sehr skeptisch und würde darüber im Ausschuss sehr gern noch einmal diskutieren.

Was Sie unter Punkt 4 in Ihrem Antrag vorschlagen, halte ich für gut. Ich finde es schade, dass wir an der Stelle nur mit Appellen arbeiten können. Natürlich ist es richtig, die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen aufzufordern, die

Fehler, die sie in der Vergangenheit gemacht haben und inzwischen auch selbst als solche definieren, nicht zu wiederholen. Es ist dringend notwendig, endlich das Budget 2000 zu verabreden. Ich finde es auch gut, dass die Heilmittelerbringer und -erbringerinnen, bevor die Budgets verabredet werden, dazu gehört werden. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Pothmer. - Herr Kollege Schwarz, Sie haben noch einmal ums Wort gebeten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wollte nur noch einmal eines klar stellen, Frau Pothmer: Der Einzelregress hängt von der Überschreitung der Richtgröße ab. Im Gesetz steht: Wenn die Richtgröße um mehr als 25 % überschritten wird, kommt der Einzelregress zum Tragen. - Ich sage dies jetzt einmal mit meinen Worten. Die Richtgröße ist eine Hilfsgröße, die dort konstruiert worden ist, die aber genau zu diesem Problem führt. Das führt ja dazu, dass die Ärzte ihren potentiellen Regressbescheid bekommen haben, weil sie ihre Richtgröße überschritten haben, obwohl das Budget lange nicht erreicht ist.

Zweitens ein Wort zur Kollektivhaftung. Herr Dr. Strahl - um das einmal deutlich zu sagen macht ja kein Hehl daraus, dass er die Kollektivhaftung verhindern wollte. Die Kollektivhaftung kommt bei einer fünfprozentigen Überschreitung des Budgets zum Tragen, bzw. dann setzt eine Prüfung ein. Deshalb sage ich: Wenn eine Richtgröße so abgesenkt wird, dass Ärzte automatisch in den Einzelregress getrieben werden, dann ist das Ziel der Richtgröße, sie als Hilfsgröße anzunehmen und zu steuern, absolut verfehlt. Insofern bitte ich zu unterscheiden, warum das so formuliert worden ist.

Zweitens zur Frage des Globalbudgets. Ich sage es noch einmal: Ich halte das Globalbudget für ein Steuerungsinstrument. Darüber kann man sich austauschen und unterschiedlicher Auffassung sein. Aber solange es das Globalbudget nicht gibt, müssen Heilmittel und Arzneimittel getrennt werden. Wir haben die schizophrene Situation, dass es auf der Landesebene ein gemeinsames Arznei- und Heilmittelbudget gibt - hier führen wir es zusammen -, aber bei dem einzelnen Arzt wird es nach

unten weggebrochen. Das heißt, der Arzt bekommt die Mitteilung, dass er ein Heilmittelbudget in der Größe X hat - wenn er das überschreitet, hat er ein Problem -, und dass er ein Arzneimittelbudget in der Größe X hat. Deshalb bin ich schon lange der Auffassung, dass man es entweder konsequent machen und auch nach unten mitteilen sollte, dass es ein gemeinsames Budget gibt, das man auch so betrachten sollte, oder aber man trennt es auf beiden Ebenen - auf Landesebene und auf der Ebene des Arztes.

Hier wird der Eindruck erweckt, als gebe es Richtgrößen und Budgets für einzelne Patienten - das ist sowieso dummes Zeug -, und es wird dann auch noch der Eindruck erweckt, das gebe es auch noch möglichst für einzelne Indikationen.

Ich meine schon, hier muss eine klare Linie ins System. Deshalb die Aufforderung: Solange es kein Globalbudget gibt, muss man Arznei und Heilmittel durchgängig von oben nach unten trennen.

(Beifall bei der SPD - Frau Pothmer [GRÜNE]: Hat meine Fraktion noch Redezeit?)

Sie hat keine Redezeit mehr. - Aber Herr Dr. Winn, Sie haben um das Wort gebeten, und Sie haben auch noch Redezeit.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Grundübel ist das Budget überhaupt.

(Beifall bei der CDU - Frau Schlie- pack [CDU]: So ist es! Das ist so!)

Denn jedes Budget ist leistungsfeindlich, Herr Schwarz; das einmal ganz grundsätzlich. Das war zwar eine späte Einsicht von Herrn Seehofer, aber er hat es immerhin eingesehen. Er konnte es nur leider nicht mehr korrigieren, weil seine Amtszeit nicht länger dauerte.

Das Problem, über das wir reden, ist tatsächlich die mangelnde Datenlage. Der Auftrag, der im Gesetz steht, die Daten zeitnah zur Verfügung zu stellen - nämlich von den Krankenkassen -, wird nicht erfüllt. Das ist das Grundproblem.

Die Frühinformation der KV ist sicherlich völlig daran vorbeigegangen, was man damit beabsichtigt

hat. Es war als Hilfswerkzeug gedacht. Das ist in die ganz falsche Richtung geschlagen. Aber dass die Krankenkassen ihrem gesetzlichen Auftrag nicht nachkommen, ist eigentlich nicht hinnehmbar.

Wenn hier von Regressen gesprochen wird, muss auch klargestellt werden, dass es gar kein Regress ist. Denn der Arzt hat persönlich gar nichts bekommen, was er wieder hergeben kann. Das ist eine pure Strafzahlung, die vom Arzt auch nach Steuern zu entrichten ist. So muss man das sehen.

(Zustimmung von Frau Schliepack [CDU])

Es ist auch keine Amnestie. Wir sind doch nicht strafrechtlich verurteilt worden. Was ist das denn für ein Sprachgebrauch? - Ich bin gespannt und wäre froh, wenn wir endlich einmal einen Prozess dagegen führen könnten; denn die Kollektivhaftung steht nämlich im Gesetz. Wir werden den ersten Pathologen zur Klage führen, der zunächst einmal sagen müsste, wie viele Rezepte er überhaupt verschrieben hat. Das wird eine sehr interessante Auseinandersetzung werden.

Ich meine, wir müssen uns ein klein wenig über die Gegebenheiten klar werden. Das Übel liegt tatsächlich in der Bundesgesetzgebung. Es wäre nur klug, wenn man auf das Instrument der Strafzahlung vom Grundsatz her verzichten würde.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit schließe ich die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Wenn Sie diesen Antrag an den Ausschuss für Sozialund Gesundheitswesen überweisen wollen, dann bitte ich um Ihr Handzeichen. - Möchte jemand dagegen stimmen? - Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? - Das ist auch nicht der Fall. Dann haben Sie so beschlossen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 13: Erste Beratung: Anreizsystem für eine umweltfreundliche und sichere Seeschifffahrt vor Niedersachsens Küste - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 14/1573

Wir kommen zur Einbringung. Dazu hat sich der Kollege Adam gemeldet. Bitte schön, Herr Adam!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Raue Sitten auf See - Wie werden die Weltmeere weniger verschmutzt? Für umweltfreundliche Schiffe die Hafengebühren senken!“ - So ist ein Bericht in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ vom 3. März dieses Jahres überschrieben.

In dem Bericht wird angeführt, dass auf den Weltmeeren immer mehr Schiffe fahren und dass man sich die Frage stellen muss, wie Umweltschäden wirksam verhindert werden können.

Hamburg meint - so wird in diesem Bericht zitiert einen Weg gefunden zu haben:

„‘Wir wollen Betreibern umweltfreundlicher und sicherer Schiffe Rabatte bei den Hafengebühren gewähren‘, erklärte der Hamburger Umweltsenator Alexander Porschke sein Konzept.“

Sein Konzept sieht so aus, dass es sich nach Hamburger Meinung lohnt, von einem Bonus-MalusSystem zu sprechen und umweltfreundliche Schiffe mit weniger Hafengebühren zu belasten.

Auch die niedersächsischen Häfen werden jährlich von einigen hundert Schiffen aller Größenordnungen mit unterschiedlichen Ladungen angelaufen, meine Damen und Herren. Besonders Wilhelmshaven als Deutschlands größter Ölumschlagsplatz wird als einziger Tiefwasserhafen von den größten Tankern der Welt mit über 200.000 t angelaufen.

Die Zahl der insgesamt in den niedersächsischen Seehäfen abzufertigenden Seeschiffe wird immer größer und immer diffiziler. Aber auch auf den Weltmeeren fahren immer mehr Schiffe.

Um den stark wachsenden globalen Schiffverkehr in Zukunft wirksam eindämmen zu können, sind verschiedene Häfen im In- und Ausland dazu übergegangen, mit einem ökonomischen Anreiz

system bei den Hafengebühren umweltfreundlichen Schiffen das Anlaufen zu erleichtern und gleichzeitig die Meere vor Umweltschäden zu schützen.

Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir Überlegungen unterstützen, die das Ziel haben, Betreibern von umweltfreundlichen und sicheren Schiffen Rabatte bei den Hafengebühren zu gewähren. Gleichzeitig sollen potentiell umweltschädigende Schiffe mit erhöhten Gebühren belastet werden. Wie Hamburg meinen wir, dass auch Niedersachsen über ein Bonus-Malus-System nachdenken sollte.

Die zunehmende Ausflaggung der Handelsflotte in Billigländer ist mit einem Verfall bei den Umweltund Sicherheitsstandards einhergegangen, meine Damen und Herren. So fuhr der am 12. Dezember letzten Jahres vor der bretonischen Küste zerbrochene Tanker „Erika“ unter maltesischer Flagge. Eigentümer ist eine griechische Reedereigesellschaft. Verwalterin ist eine italienische Firma. Gechartert war das Schiff von einer französischen Ölgesellschaft über einen englischen Makler, der dafür eine indische Besatzung anheuerte. - Das, meine Damen und Herren, zeigt uns, wie gefährlich die Tendenz der Aufflaggung doch sein kann.

Ein solches wohl kalkuliertes Gestrüpp von Gesellschaften und Zuständigkeiten erschwert es nicht zuletzt den Justizbehörden, die Verantwortlichen dingfest zu machen. Solche verwickelten Rechtsverhältnisse scheinen auf den Meeren gang und gäbe zu sein.

Ich habe mir von der Wasserschutzpolizei Wilhelmshaven die Zahlen der Verstöße geben lassen, die - nur auf dem Jade-Revier - im Jahr 1999 durch die Wasserschutzpolizei geahndet wurden. Die Zahlen sehen so aus, dass die Wasserschutzpolizei bei 213 Seeschiffen Gesetzesverstöße bearbeiten musste. Ich halte das für eine gravierende Zahl - nur in einem Revier, meine Damen und Herren. Insgesamt sah es so aus, dass 183 Fälle intensiv untersucht wurden.

Vorstehende Daten und Zahlen zeigen mir, dass die Entscheidungsfindung dazu dienen muss, dass bei der Berechnung von Hafengebühren zwischen positiv und negativ unterschieden werden muss.

Wirklich schwere Verstöße, die ein Auslauf- oder Weiterfahrverbot für Schiffe nach sich ziehen, wurden von der Wasserschutzpolizei Wilhelmshaven in sieben Fällen geahndet. Nun kann man

sagen: Sieben Fälle sind ja nicht allzu viel. Aber ein Schiffsunglück ist schon ein Schiffsunglück zu viel. Deshalb halte ich sieben für eine alarmierende Zahl für ein Revier.

Ich meine, dass wir darüber nachdenken müssen, ob es nicht sinnvoll wäre, die Schiffsregistrierung in Saint Malo - also in Frankreich - durch die Behörden abzufragen. Denn in Saint Malo werden alle Schiffe erfasst, die im Rahmen der Hafenstaatenkontrolle europaweit - einschließlich Nordafrika - mit erheblichen Mängeln auffällig wurden und die oft in den Polizeistatistiken nicht auftauchen.

Auf diesen Rechner in Saint Malo hat die SeeBerufsgenossenschaft als deutsches Exekutivorgan der Hafenstaatenkontrolle Zugriffsbefugnis. Vielleicht müssen wir diese Möglichkeiten mehr als bisher nutzen.

Mit unserem Antrag wollen wir einen schnelleren Weg zum maritimen Umweltschutz suchen und umweltschonende Investitionen wie doppelte Schiffsböden oder abgasmindernde Katalysatoren rentierlich machen.

(Zuruf von Biel [SPD])

Meine Damen und Herren, das, was wir für Niedersachsen anzudenken empfehlen, wird in Rotterdam praktiziert, wird in Hamburg angedacht und ist, was Abgasqualität angeht, in den schwedischen Häfen inzwischen zur Selbstverständlichkeit geworden.

Wir sind uns aber auch darüber klar, dass dieser Antrag als Denkanstoß zu sehen ist, als Denkanstoß auch für gemeinsame europäische Initiativen; denn wir wollen über die ökologische Schiffsausstattung und Betriebsweise der niedersächsischen Häfen nachdenken, ohne dass im Ergebnis unsere Häfen einen Wettbewerbsnachteil gegenüber konkurrierenden Häfen erleiden. Wir meinen allerdings auch, dass die IMO-Richtlinien betreffend Sicherheitsstandards und Umweltstandards für alle Häfen in Deutschland, im europäischen Ausland und darüber hinaus bindend sein müssen.