Protocol of the Session on February 17, 2000

Wie wir das machen, wie wir die Gebührenfinanzierung, die heute stattfindet und die übrigens eine grüne Idee gewesen ist, aufrecht erhalten, wie wir zusätzliche Finanzierungsquellen erschließen, und zwar z. B. in den Kommunen, die von diesen Lokalradios profitieren, wie wir Mitglieder, z. B. Vereinsmitglieder, die ja auch herangezogen werden können und die übrigens auch heute schon einen Beitrag zu diesen Projekten leisten, gewinnen können, wie wir das alles so hinbekommen, dass aus einem kleinen Erfolg ein richtig großer Erfolg wird, darüber zu beraten haben wir jetzt ein Jahr Zeit. Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum alle Kollegen in den Projekten vor Ort immer beteuern, dass es jetzt dringend darum geht, eine dauerhafte Lösung zu finden, und dass in dieser Debatte hier so getan wird, als wenn es eine fixe grüne Idee wäre, dass der Landtag darüber beraten muss.

(Widerspruch bei der CDU - Reck- mann [SPD]: Das stimmt doch gar nicht! Lesen Sie doch einmal Ihren Antrag!)

Schauen Sie also nicht nur in den Gesetzestext, sondern lassen Sie sich auch öfter einmal in den Redaktionen bei den Projekten sehen!

(Große Unruhe bei der CDU)

Dann wissen Sie ganz genau, was die von Ihnen erwarten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor wir zur Ausschussüberweisung kommen, möchte ich darum bitten, dass möglichst viele Kolleginnen und Kollegen an dem Parlamentarischen Nachmittag - so sage ich jetzt einmal - der Landwirtschaftskammern teilnehmen. Ich weiß, dass sich die Kammern da sehr bemüht haben. Es wäre wirklich sehr schade, wenn wegen des veränderten Zeitablaufs dort nur wenige Kolleginnen und Kollegen erschienen.

Wir kommen also zur Ausschussüberweisung. Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen, den Antrag zur federführenden Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Medienfragen und zur Mitberatung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zu überweisen. - Weitere Wünsche sehe ich in diesem Zusammenhang nicht. Dann erfolgt das so.

Nach Rücksprache mit den Fraktionen bleibt es dabei, dass wir die Mittagspause um 14.30 Uhr beenden, d. h. um 14.30 Uhr hier wieder mit den Beratungen beginnen.

Ich wünsche Ihnen einen guten Appetit.

Unterbrechung: 12.34 Uhr.

Wiederbeginn: 14.30 Uhr.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Mittagspause. Wir fahren in unserer Tagesordnung fort. Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 23: Erste Beratung: Umsetzung der Insolvenzordnung vereinfachen - Verbraucherinsolvenzverfahren beschleunigen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/1387

Zur Einbringung hat sich Frau Kollegin Bockmann zu Wort gemeldet. Ich gehe davon aus, Frau Bockmann, dass Sie den Antrag einbringen und gleichzeitig die Redezeit der Fraktion in Anspruch nehmen. Bitte schön, Sie haben das Wort!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt eine Prähistorie der Insolvenzordnung, nämlich die, ob Privatleuten der Weg aus der Schuldenfalle qua Gesetz ermöglicht werden sollte. Diese Frage hat die Politik, durchgehend durch alle Parteien, mit einem eindeutigen Ja beantwortet.

(Zuhörer unterhalten sich lautstark auf der Tribüne)

Frau Bockmann, ich bitte Sie um Entschuldigung. Ist es möglich, dass oben auf der Tribüne mit etwas mehr Ruhe agiert wird! Ich muss Sie bitten, sich auf das Zuhören zu beschränken. - Bitte schön, Frau Bockmann!

Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin. - Es gibt aber auch eine Historie der Insolvenzordnung, nämlich die, in welcher Form, mit welchem finanziellen Aufwand und mit welchen Arbeitsmöglichkeiten diese so genannte Jahrhundertreform umgesetzt werden soll. Hierüber haben wir bereits zweimal im Landtag debattiert, und ich werde nicht nach Art von tibetanischen Gebetsmühlen diese Diskussionsdetails wieder aufwärmen. Uns geht es heute vielmehr um die Gegenwart und um die Zukunft und insbesondere um die Erfahrungen, die die Insolvenzberatungsstellen mit diesem nagelneuen Gesetz gesammelt haben.

Ziel des Antrages, den ich hiermit einbringe, ist es, verbesserte Bedingungen in der Praxis zu schaffen. Lassen Sie mich deshalb gleich zur Schwachstelle Nr. 1 dieses Regelwerkes kommen, die wir mithilfe der neuen Bundesregierung beseitigen wollen.

Das ist die einheitliche Gewährung von Prozesskostenhilfe. Mangels gesetzlicher Regelungen kommen die Gerichte zu unterschiedlichen Entscheidungen. Dies ist ein unhaltbarer Zustand, vor allem deshalb, weil Prozesskostenhilfe in der niedersächsischen Stadt X nicht gewährt wird, wohl aber in der Stadt Y. Wenn es einer Wohnortummeldung bedarf, um an die begehrte Prozesskostenhilfe zu kommen, werden rechtsstaatliche Prinzipien unter den Tisch gekehrt. Wer solches Unrecht akzeptiert, wird es auch in Zukunft fortschreiben. Wir wehren uns deshalb ganz entschieden gegen diesen von der alten Bundesregierung geschaffenen Schildbürgerstreich.

(Widerspruch bei der CDU)

Ein weiteres Problem ist, dass die Insolvenzberatung nach der InsO in der Praxis nur schwer von der so genannten Schuldnerberatung abgegrenzt werden kann. Insbesondere mit Blick auf die in der InsO vorgesehene Wohlverhaltensphase von fünf bzw. sieben Jahren ist die soziale Schuldnerberatung ein ganz wichtiger Baustein im System der Schuldnerbetreuung.

Das Land hat für das Jahr 2000 Geld für die Schuldnerberatungsstellen zur Verfügung gestellt. Bemerkenswert ist aber auch das soziale Sponsoring des Sparkassen- und Giroverbandes in Höhe von 1 Million DM für diesen Zweck.

Hier drängt sich allerdings die Frage auf, wie wir die Hauptverursacher von Insolvenzen für ein solches soziales Sponsoring ebenfalls mit ins Boot bekommen können. Ich nenne einige Stichworte: Das ist z. B. die Kreditvergabe von Versandhäusern, das sind Handys zu scheinbar kostenlosen Konditionen, das sind Ratenzahlungsverträge in Kettenform, die gleich einem Würgegriff das finanzielle Schicksal von Privatleuten besiegeln.

Sicherlich gehört eine aggressive Werbestrategie zu unserem Wirtschaftssystem. Bestandteil unseres Gesellschaftssystem sollte aber auch die soziale Verantwortung sein. Deshalb wollen wir Firmen, Banken, Versandhäuser etc. auf freiwilliger Basis in die Verantwortung nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Last, but not least haben Anhörungen der Schuldnerberatungsstellen ergeben, dass die Insolvenzordnung in preiswerterer Form optimiert werden kann. So sind z. B. die Veröffentlichungskosten für dieses Verfahren in jedem Fall überdimensioniert.

Weniger kann auch mehr sein, und weniger Anzeigen können ein preiswertes Verfahren auch ohne Qualitätseinbußen ermöglichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe einige Punkte unseres Antrags herausgehoben. Die Detailberatung sollte dem Ausschuss vorbehalten werden. Ich komme zum Schluss, verbunden mit der Hoffnung, dass wir über die wesentlichen Punkte Einvernehmen erzielen werden, und zwar zugunsten eines funktionierenden Insolvenzverfahrens.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Bockmann. - Herr Kollege Heinemann, Sie haben sich zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Verbraucherinsolvenzrecht ist ein wichtiges sozialpolitisches Gesetz, um überschuldeten Menschen und ihren Familien wieder eine Chance für die Zukunft zu geben. Das Insolvenzrecht ist seinerzeit von allen begrüßt worden und sogar als Jahrhundertgesetz bezeichnet worden.

Nun haben sich in der Tat in der Durchführung der Insolvenzordnung Probleme aufgetan, die gelöst werden müssen. Das war bei einer Reform dieses Umfanges allerdings auch nicht anders zu erwarten. Es handelt sich um Anfangsschwierigkeiten, die auch bei anderen gesetzgeberischen Innovationen auftreten.

Im Mittelpunkt der Diskussion - Frau Bockmann hat das gerade gesagt - steht die Problematik der Prozesskostenhilfe und des Restschuldbefreiungsverfahrens. Frau Bockmann liegt meines Erachtens aber völlig daneben, wenn sie Schuldzuweisungen an die Adresse der alten Bundesregierung vorträgt, denn das Gesetz ist im Bundestag von allen Fraktionen getragen worden, und zwar auch von der SPD. Insofern ist dies auch Ihr Gesetz.

(Beifall bei der CDU)

Die Frage, ob völlig mittellose Schuldner Prozesskostenhilfe erhalten, ist bei den Gerichten zu einer Art modernem Justizroulette geworden. Manche Gerichte gewähren Prozesskostenhilfe für Verbraucherinsolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren

überhaupt nicht. Andere Gerichte gewähren Prozesskostenhilfe nur für das gerichtliche Schuldenbefreiungsplanungsverfahren - ich weiß nicht, wer das Wort erfunden hat -, für weitere Verfahren aber nicht. Einige Gerichte lehnen Prozesskostenhilfe für das gerichtliche Schuldenbefreiungsplanungsverfahren mangels Erfolgsaussichten ab, wenn die Quote, die angeboten ist, zu niedrig ist. Andere Gerichte wiederum bewilligen Prozesskostenhilfe nicht nur für das gerichtliche Schuldenbefreiungsverfahren, sondern auch für das Verfahren auf Eröffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens. Das führt zu riesigen Schwierigkeiten bei der tatsächlichen Durchführung von Insolvenzverfahren.

Wird Prozesskostenhilfe durch die Gerichte grundsätzlich nicht gewährt, so bedeutet das für einen Schuldner, dass auf ihn Gerichtskosten zwischen 2.000 DM und 3.000 DM zukommen, die er gerade wegen seiner Überschuldung ja nicht hat. Damit führt sich das Verfahren von selbst ad absurdum, weil ein solcher Schuldner einen solchen Weg gar nicht mehr geht.

Genauso heillos sind die Entscheidungen über die Beiordnung von Rechtsanwälten in den Verfahren. Wenn es die Gerichtspraxis werden sollte, dass Rechtsanwälte nicht beigeordnet werden, dann wird sich die Anwaltschaft geschlossen aus diesen Verfahren zurückziehen und keine Schuldnerberatung mehr durchführen.

Eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung durch obergerichtliche Entscheidung ist hier nicht zu erwarten, denn gegen die ablehnenden PKHBeschlüsse endet der Rechtsweg bei den Landgerichten. Hier bedarf es dringend einer Regelung auf Bundesebene. Ich nehme an, dass insoweit unter allen Fraktionen Einvernehmen bestehen wird.

Meine Damen und Herren, ein trauriges Kapitel der Landespolitik ist aber, dass die soziale Schuldnerberatung und die Insolvenzberatung beim Land auf tönernen Füßen stehen. Die Insolvenzberatung ist nun einmal Ländersache. Das Land hat die Mittel hierfür aufzubringen. 1999 stand die Schuldnerberatung vor dem Aus, weil sich das Land dieser Verpflichtung entzogen hat. Die Schuldnerberatungsstellen sind auf die Zuschüsse des Landes nun einmal angewiesen. Da das Land für das Jahr 2000 diese Zuschüsse streichen wollte, stand die Schuldnerberatung vor dem Aus. Erst auf Druck auch der CDU-Fraktion hin, die eine Anhörung der beteiligten Verbände durchführte, und

auch auf erheblichen öffentlichen Druck hin wurde die Sockelfinanzierung für das Jahr 2000 noch einmal fortgeschrieben. Unsere Anhörung hat aber auch ergeben, dass ohne unterstützende Finanzierung mit Landesmitteln die soziale Schuldnerberatung in Niedersachsen nicht fortgeführt werden kann. Deshalb fordern wir eine dauerhafte Sockelfinanzierung durch das Land auch über das Jahr 2000 hinaus. Sie ist bisher nicht gesichert.

(Beifall bei der CDU)

Die Ansicht, ein Großteil der Überschuldung privater Haushalte stehe in einem Zusammenhang mit Verträgen der Betroffenen mit Banken, Versandhäusern, Warenhausketten und Mobilfunkbetreibern, kann ich in dieser pauschalen Form nicht teilen. Das hört sich fast so an, als würden die Vertragspartner die Kunden in den Ruin treiben. Die Menschen tragen für die Gestaltung ihres Lebens nun einmal selbst die Verantwortung.

Gleichwohl ist es einen Versuch wert, zur Finanzierung der Schuldnerberatung Wirtschaftsverbände und Banken auf freiwilliger Basis mit einzubeziehen. Ein Herantreten an Kreditgeber und Vertragspartner, sich im Sinne eigener Verantwortung ebenfalls für die Finanzierung der Schuldnerberatung einzusetzen und sich daran zu beteiligen, darf aber keinesfalls dazu führen, dass sich das Land aus der finanziellen Verpflichtung zurückzieht.

Meine Damen und Herren, der Privatkonkurs ist kompliziert und bürokratisch und bedarf dringend der Verbesserung. Das gerichtliche Schuldenbereinigungsplanungsverfahren müsste ebenso vereinfacht werden wie die Vordrucke und die Antragsformulare, die von einem normalen Schuldner kaum ausgefüllt werden können.

Die Probleme, die sich in der Praxis aufgetan haben, sind erkannt. Die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung und Gesetzesergänzung wurde von der Justizministerkonferenz aufgegriffen. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe wurde beauftragt, Vorschläge zur Änderung des neuen Insolvenzrechts zu erarbeiten.

Mein Vorschlag ist, das wir das Ergebnis dieser Bund-Länder-Gruppe zunächst einmal abwarten sollten. Möglicherweise erledigen sich dieser Antrag und auch der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen aus dem Jahr 1998 damit von selbst.

(Beifall bei der CDU)