Drittens. Die Qualität an der Schule muss gesteigert werden. Sie reicht in der jetzigen Form nicht aus. Dafür gibt es eine Fülle von verschiedensten Maßnahmen. Ich zähle einige auf: Es gibt Leistungsüberprüfungen, wie sie nicht nur von Lehrerinnen und Lehrern und von Eltern, sondern vor allen Dingen von den Betrieben gefordert werden. Auch soll das Arbeits- und Sozialverhalten beschrieben werden. Man kann Schlüsselqualifikationen im Unterricht nicht nur anstreben, sondern man muss sie auch kontrollieren und beschreiben können.
Was bleibt? - Es bleibt, dass sich die Landesregierung und die SPD-Landtagsfraktion in einem hohen Maße - wie im Übrigen andere Bundesländer auch - Gedanken darüber machen, wie es im beruflichen Sektor weitergehen soll.
Was ich bei Ihnen vermisse - obwohl Angebote von unserer Seite zuhauf da waren -, ist, wer bei Ihnen eigentlich Ansprechpartner für diesen Bereich ist. Ist es Herr Klare, ist es Frau Körtner, ist es Frau Vockert, oder sind es einige andere selbst Ernannte? Man hat bei Ihnen den Eindruck, dass sich der eine oder die andere immer mal wieder in dieses Thema hinein liest, dann aber untertaucht, weil es doch zu kompliziert ist.
Nun ein Wort zur Dialogbereitschaft auf unserer Seite. Wir stoßen nicht nur auf Zustimmung. Frau Vockert, Sie haben durchaus Recht, wenn Sie sagen: „Lehrer befürchten.“ Damit haben Sie Ihre Ausführungen begonnen. Im Übrigen hört sich das
bei Ihnen immer so an: Mies machen, schlecht machen und sich anschließend an die Spitze der Bewegung setzen. Ob das auf Dauer ein sinnvoller Politikstil ist - ich erinnere in diesem Zusammenhang nur einmal an die Verlässliche Grundschule -, wird man sehen.
Also noch einmal: Wichtig ist mir an dieser Stelle, dass wir mit den Regionen sprechen müssen. Wir sprechen auch mit den Kolleginnen und Kollegen aus den berufsbildenden Schulen. Da gibt es nicht nur Streicheleinheiten, das ist völlig klar. Dort sind Befürchtungen vorhanden.
- Wir können uns gern nachher noch unterhalten, Herr Kollege. Wenn Sie einen großen Betrieb haben, gerne. Wenn Sie einen kleinen Betrieb haben, umso lieber.
Es ist also wichtig, mit den Menschen zu reden. Das tun wir auch. Dort besteht die Befürchtung, dass kleinere Betriebe nicht mehr in dem bisherigen Maße ausbilden werden. Ich glaube, diese Befürchtungen müssen dort nicht auf Dauer bestehen. In der Schule muss aber auch ein Wirtschaftlichkeitsprinzip gelten dürfen. Darum bemühen wir uns. Mit Steuergeldern muss man angemessen umgehen können. Aber wie mit Geldern umgegangen wird, meine Damen und Herren von der CDUFraktion, sollte man in diesen Tagen nicht vertiefen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Voigtländer, es geht hier um die an den berufsbildenden Schulen zurzeit bestehende Verunsicherung. Es geht um einen ganz konkreten Bildungsabbau, und es geht um aktuelle Probleme, die wir hier am besten jedes Mal erörtern sollten, damit Ihre Beratungsresistenz endlich einmal aufgehoben wird.
Meine Damen und Herren, eine Tatsache bleibt doch völlig unbestritten bestehen, nämlich die, dass an unseren Berufsschulen zurzeit 1.500 Lehrerinnen und Lehrer fehlen, und das auf der Grundlage der von Ihnen gesteckten Maßstäbe. Das ist die Realität. Die Berufsschulen sind derzeit zu etwa 83 % versorgt. Wenn man bedenkt, dass noch ein Unterrichtsausfall von 6 % bis 7 % hinkommt, der auf Krankheit und andere Umstände zurückzuführen ist, so müssen wir konstatieren, dass an unseren berufsbildenden Schulen fast jede vierte Stunde ausfällt. Das ist doch die derzeitige Situation. Sie ist dramatischer denn je. Das ist der reale Alltag, in dem die Schulen tagtäglich arbeiten müssen.
Ich wiederhole: Wir müssen jeden Tag darüber sprechen. Wir müssen uns jeden Tag darum kümmern. Sie gehen doch auch in die Schulen, Herr Voigtländer, und registrieren, was dort los ist. Die Leute werden immer weiter verunsichert, auch durch das Modernisierungskonzept, über das, völlig klar, diskutiert werden muss. Es muss aber auch Veränderungen geben, und es muss in dieser Frage offen und ehrlich geredet werden.
Die Landesregierung ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass diese schlechte Unterrichtsversorgung nicht beschönigt wird. Sie ist vielmehr verpflichtet, den Schulen zu helfen. Aber anstatt ihnen zu helfen, stiften Sie weiter Verwirrung.
Der Ministerpräsident redet von der großen Bildungsoffensive. Das ist übrigens schon die dritte Bildungsoffensive in dieser kurzen Wahlperiode. Sie reden von „Anpassungen an den Bundesdurchschnitt“, praktizieren aber genau das Gegenteil: Sie nehmen nämlich Kürzungen vor. In Wahrheit betreiben Sie einen Bildungsabbau, den es an den berufsbildenden Schulen in Niedersachsen so bisher noch nicht gegeben hat,
und das in einer Situation, Herr Voigtländer, die - das wissen Sie doch auch - so große Anforderungen stellt wie noch nie. Wer in einer solchen Zeit Abbau betreibt, der macht sich unglaubwürdig.
Meine Damen und Herren, auf dem Felde des berufsbildenden Schulwesens haben wir eigentlich immer gemeinsam gearbeitet. Auch mit der zuständigen Abteilung des Ministeriums haben wir immer gut zusammen gearbeitet. Diese Zusammenarbeit war geprägt durch eine offene Diskussion. Wir haben die Probleme auch immer offen angesprochen.
Wenn Sie die Probleme jetzt aber auch hier - wie schon im allgemein bildenden Schulwesen - wieder nur durch statistische Tricks zukleistern - und nichts anderes passiert jetzt - , dann machen Sie einen ganz entscheidenden Fehler, der letztlich zulasten der Berufs- und Lebensperspektiven der Schülerinnen und Schüler geht. Was ist das nur für eine Art, Frau Ministerin? Sie kennen die Probleme, aber Sie vergrößern die Klassen und kürzen den Unterricht - bei steigenden Schülerzahlen -, ohne jedoch einen einzigen Lehrer zusätzlich einzustellen.
Wohlgemerkt, auf dem Papier wird die Unterrichtsversorgung mit einem Schlag verbessert. Die Probleme aber beseitigen Sie nicht. Sie werden nämlich noch größer. Mit Pädagogik hat das aus meiner Sicht überhaupt nichts zu tun. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes Bilanzfälschung.
- Aus meinem Mund. Ich lasse mir das auch nicht verbieten. Es ist nämlich so: Was Sie hier praktizieren, sind Statistiktricks und Bilanzfälschung.
Meine Damen und Herren, wenn Sie ein glaubwürdiges Modernisierungskonzept wollen - ich sage das, weil einige Ansätze ja auch in Ordnung sind -, dann muss dies mit gezielten Bildungsinvestitionen untermauert werden. Schöne Absichtserklärungen, freundliche Begrifflichkeiten bei gezielter Mittelkürzung, das kann nicht funktionieren. Die Schulen sind zum Scheitern verurteilt, obwohl sie noch gar nicht richtig angefangen haben. Sie lassen die Schulen regelrecht vor die Wand fahren. Ich sage Ihnen: Das hat nichts mehr mit verantwortlicher Politik zu tun. Sie müssen den Schulen und uns zunächst einmal erklären, was mit einem solchen Modernisierungskonzept tatsächlich umgesetzt werden kann. So jedenfalls kann es nicht bleiben. Sie müssen die Ressourcen schaffen, damit vernünftig gearbeitet werden kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Klare, ich möchte jetzt nicht von „Bilanzfälschung“ sprechen; denn davon verstehe ich nichts. Sie gehören einer Partei an, die möglicherweise mehr davon versteht.
Ich habe mich nach den Worten von Jacques Voigtländer noch einmal zu Wort gemeldet, um etwas richtig zu stellen. Ich halte es nicht für redlich, durch geschickte Formulierungen einen falschen Anschein zu erwecken. Diese 909 Lehrer und Lehrerinnen sollen kommen. Aber das ist doch nur der Ersatzbedarf, damit werden nur die Stellen, die aufgrund von Pensionierungen frei werden, wieder besetzt.
Wer rechnen kann und weiß, dass die Zahl der Schüler und Schülerinnen drastisch steigen wird, der weiß auch, dass es an dieser Stelle ein Problem geben wird, das Sie so beseitigen wollen, wie Sie es in der Vergangenheit immer getan haben, nämlich durch Kürzung dessen, was den Schülern und Schülerinnen an Unterricht zusteht, durch Vergrößerung der Klassen und durch die Budgetierung, die zu den Problemen führen wird, die ich in meinem ersten Redebeitrag bereits angesprochen habe.
Es ist schön und richtig, dass die Berufsschulen regionale Kompetenzzentren werden und auch im Weiterbildungsbereich tätig werden sollen. Das wollen wir auch, und das unterstützen wir auch. Ich glaube, dass auch die CDU dies tut. Dieser Modernisierungsschritt ist längst überfällig und sollte endlich unternommen werden.
Es ist auch gut und richtig zu gucken, wie wir im berufsbildenden Schulwesen bzw. im Schulwesen überhaupt Qualitätssteigerungen erreichen können.
Das Problem an dieser Stelle ist nur: Wer soll es wann machen? Wenn so viele zusätzliche Schüler und Schülerinnen bei einer jetzt schon eher miesen Situation mit Unterricht versorgt werden müssen - berufsbildende Schulen, die eine Unterrichtsversorgung von weniger als 80 % haben, sind in unserem Land doch keine Seltenheit, keine Ausnahme mehr -, frage ich mich: Woher soll die Zeit kommen, die gebraucht wird, um die Schulen in regionale Kompetenzzentren umzuwandeln? Woher soll die Zeit kommen, die gebraucht wird, um an den Schulen Konzepte dafür zu entwickeln, wie und mit welchen Mitteln die Qualität gesteigert werden kann?
Alle diese Fragen beantwortet der SPD-Plan jedoch überhaupt nicht, auch nicht ansatzweise. Deshalb fänden wir Grünen es wesentlich besser, wenn wir zunächst einmal Modellversuche, die sich noch stärker an dem dänischen Vorbild orientieren, einrichten und gucken würden, welche Hilfestellung die Schulen brauchen. Dann ginge es erst einmal nur um vier berufsbildende Schulen, und es würden nicht so viele Ressourcen benötigt, um festzustellen, wie sich das Neue mit dem Bisherigen verträgt.
Eines, Herr Klare, können wir meiner Meinung nach aber nicht machen: Wir können uns durch die Verunsicherung von Lehrern und Lehrerinnen und von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen überhaupt nicht von dringend notwendigen Modernisierungen abhalten lassen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Litfin, dieser letzte Satz war ja ein Hoffnungsschimmer in dieser Debatte.
- Ich bedanke mich herzlich. - Ich habe aber keinen neuen Vorschlag gehört. Man will immer nur mehr Lehrerstellen haben.
Lehrerstunden, und das will ich Ihnen, Herr Klare, gern noch einmal darstellen; denn bei Ihnen ist ja wohl irgendetwas passiert, das ich nicht mitbekommen habe.
Wir berufen uns doch auf die Statistik. Die Statistik, die Sie zitieren, und die, die ich zitiere, ist die gleiche. Das ist richtig, nicht? - Dann muss bitte einmal festgehalten werden, dass wir über alle Schulformen hinweg in diesem Jahr ein leichtes Sinken der Klassenfrequenzen zu verzeichnen haben. Über alle Schulformen hinweg beträgt sie 19,7 Schülerinnen und Schüler.