Protocol of the Session on October 24, 2002

Über die Jugendbüros und die Zeitarbeitsinitiative „Sprungbrett“ hinaus bereitet das Land gezielte Fördermaßnahmen für die Einrichtung von JobCentern in Niedersachsen vor. Wir haben die Initiative ergriffen und prüfen gemeinsam mit dem Landesarbeitsamt und den Kommunen, wie JobCenter und gemeinsame Anlaufstellen von Arbeitsund Sozialämtern in Niedersachsen nicht nur wie bei den Jugendbüros für junge Menschen, sondern für Erwachsene zügig eingerichtet werden können.

Konkret geht es darum - das ist Vorgabe der Bundesanstalt für Arbeit -, noch in diesem Jahr flächendeckend Kooperationsvereinbarungen zwischen Arbeitsämtern und Sozialämtern zu realisieren, um die Zusammenarbeit zwischen diesen Institutionen weiter zu konkretisieren und im Sinne der Job-Center voranzubringen.

Außerdem will das Land als Anstoß die Einrichtung von Job-Centern auch finanziell fördern. Erste Vorarbeiten sind bereits geleistet. Die zügige Umsetzung lebt von guten Beispielen, und wir wollen in Niedersachsen diese guten Beispiele schnell gemeinsam mit den Kommunen auf den Weg bringen.

Örtliche Träger, die gemeinsam mit den Arbeitsämtern schnell und engagiert gemeinsame Anlaufstellen als Vorstufe von Job-Centern einrichten, werden von uns unterstützt. Dabei werden die

Ergebnisse der MoZArT-Modellversuche zur Verbesserung der Zusammenarbeit und die Erfahrung mit den Jugendbüros genutzt. Erste Interessenbekundungen und Anträge liegen uns bereits vor.

Meine Damen und Herren, gleichermaßen engagieren sich MFAS und MW bereits gemeinsam, über die ergriffene Zeitarbeitsinitiative hinaus PersonalService-Agenturen einzurichten. Hierzu hat das Bündnis für Arbeit und Ausbildung in Niedersachsen in seiner Sitzung die nächsten Schritte vereinbart.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die Landessregierung hält es für sinnvoll, die Kompetenzen der Zeitarbeitsunternehmen bei der Einrichtung von PSA zu nutzen.

Unterstützen will das Land auch die Bestrebungen der Bundesregierung, die legale Beschäftigung in privaten Haushalten zu fördern und dort möglichst viele neue Arbeitsplätze zu schaffen. Neben den Mini-Jobs und der Ich-AG ist die Einschaltung von Dienstleistungsagenturen, die mehrere Kleinstarbeitsverhältnisse bündeln, ein geeigneter Weg. Es wird deshalb zurzeit ein Konzept erarbeitet, wie im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik des Landes über die Einrichtung von Dienstleistungsagenturen der Bereich der haushaltsnahen Dienstleistung zu einem regulären Arbeitsmarkt ausgebaut werden kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auf der jetzigen rechtlichen Basis fördern wir bereits über unsere Arbeitsmarktprogramme Dienstleistungsagenturen in Niedersachsen. Diese Möglichkeiten werden durch die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen ausgeweitet werden.

Insgesamt sieht die Landesregierung in der zügigen Umsetzung der Vorschläge der Hartz-Kommission ein wirksames Mittel, um die hohe Arbeitslosigkeit zeitnah und nachhaltig zu reduzieren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Die erste Frage stellt Frau Kollegin Schliepack.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die Arbeitslosenzahlen um etwa 400 000 bis 500 000 Arbeitslose mit einem Federstrich allein dadurch reduziert werden, dass die Arbeitslosenstatistik um 1 bis 1,2 % geändert wird?

Ich darf meine zweite Frage gleich anschließen: Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass weitere 700 000 Arbeitslose aus der Statistik herausfallen, weil Arbeitslose über 54 Jahre nicht mehr registriert werden?

Frau Trauernicht!

Es ist richtig, Frau Abgeordnete Schliepack, dass es die Absicht gibt, die Arbeitslosenstatistik in dem Sinne zu überarbeiten, dass sie transparenter

(Lachen bei der CDU)

den Anforderungen der Arbeitsmarktpolitik entspricht. Es wird keinesfalls zu einer Verschleierung der Bedarfe kommen. Deswegen ist meines Wissens beabsichtigt - das wird unser Land auch begleiten -, die Weiterentwicklung der Arbeitsmarktstatistik durch Parallelstatistiken auch dauerhaft transparent zu halten. Den politischen Vorwurf der Verschleierung durch Statistiken werden wir uns keinesfalls einhandeln.

(Zuruf von der CDU: Den habt ihr schon längst eingefangen!)

Herr Bachmann, nächste Frage! Dann kommt Frau Schröder.

Frau Ministerin, vor dem Hintergrund, dass die Hartz-Kommission einen Schwerpunkt in den Bereichen jüngerer Arbeitslosen und Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit setzt und die Job-Center in die Pflicht genommen werden, konkrete Angebote für die Betroffenen zum Einstieg in das Arbeitsleben vorzulegen und zu entwickeln, frage ich Sie: Wie schätzen Sie diese Vorschläge ein, und

wie ist Niedersachsen auf eine erfolgreiche Umsetzung in diesem Bereich vorbereitet?

(Rolfes [CDU]: Das hat sie doch be- antwortet!)

Frau Dr. Trauernicht!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte hier nicht die einzelnen Instrumente darstellen, die wir in Niedersachsen gemeinsam mit den Kommunen und mit den Arbeitsämtern aufgebaut haben, um die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Die kennen Sie alle. Aber erfreulich ist, dass wir mit Blick auf die Effekte feststellen können, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Niedersachsen absolut sinkt, und zwar im zweiten Monat um 4,4 % gegenüber den Vorjahreswerten. Gemessen an der bundesweiten Entwicklung ist das eine bemerkenswerte Entwicklung, auch eine bemerkenswerte Leistung, insbesondere der Arbeitsämter vor Ort. Bundesweit ist die Arbeitslosigkeit junger Menschen um 8,8 % gestiegen. Sie mögen es nicht gern hören, aber in einigen anderen Ländern, wie z. B. Bayern und Baden-Württemberg, liegt der Anstieg bei 25 %.

(Möllring [CDU]: Von welchen Ba- sisdaten? Von welchem Sockel denn?)

Vor diesem Hintergrund ist die Situation in Niedersachsen mit Blick auf die auf den Weg gebrachten Maßnahmen sehr positiv.

(Zustimmung bei der SPD - Möllring [CDU]: Wie kann man nur so dum- mes Zeug reden! - Zuruf von Plaue [SPD])

Frau Schröder!

Frau Ministerin, ich frage die Landesregierung, ob sie mit uns die Auffassung teilt, dass 800 000 Arbeitsplätze allein deshalb aus der Statistik herausfallen werden, weil durch die staatlichen Personal-Service-Agenturen diese Zahl verwackelt? Ich muss mich vorsichtig ausdrücken, sonst werden

wir gleich wieder so hingestellt, als sähen wir nur schwarz.

(Plaue [SPD]: Der eine sagt so, der andere sagt so!)

- Herr Plaue, das ist nicht neu.

Frau Ministerin!

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, ich weiß nicht, auf welcher Basis Sie diese Vermutung hier äußern und diese Zahlen zitieren. Ich kann Ihnen nur eines versichern: Es ist absolut nicht politische Absicht, durch Zahlenmanipulation das Problem klein zu reden. Das werden Sie sehen.

(Zustimmung bei der SPD - Lachen bei der CDU)

Frau Jahns! Danach Herr Dr. Winn.

Frau Ministerin, gibt die Landeregierung zu, dass es sich aufgrund der eben dargestellten Scheinreduktionen in der Arbeitslosenstatistik bei der Ankündigung, diese Arbeitslosenzahl in Zukunft schnellstmöglich auf 2 Millionen zurückzuschrauben, um einen Taschenspielertrick handelt?

Frau Ministerin!

Ich antworte im Namen der Landesregierung mit einem ganz klaren Nein.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Dr. Winn! Danach Herr Rolfes.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die nach Presseberichten beabsichtigte Mehrwertsteuererhöhung auf Zahnersatz bzw. Zahngold wird natürlich auch eine Steigerung der Versichertenbeiträge nach sich ziehen, die auf 14,7 % prognostiziert sind. Hält die Landesregierung das für einen geeigneten Weg, um der Arbeitslosigkeit begegnen?

Meine zweite Frage möchte ich gleich anschließen: Der Eigenanteil der Versicherten beim Zahnersatz beläuft sich z. B. bei einer Brücke jetzt schon auf ca. 1 000 Euro. Ist das nicht der Weg in Richtung einer Zwei-Klassen-Medizin?

(Zustimmung der CDU - Mühe [SPD]: Die wollten die doch einfüh- ren mit Grundleistungen und Wahl- leistungen!)

Frau Ministerin!

Im Moment bin ich etwas beeindruckt von der Geschmeidigkeit Ihrer Argumentation, wenn Sie vom Hartz-Konzept direkt auf den Zahnersatz kommen.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich gebe zu, dass ich etwas verblüfft bin.