Protocol of the Session on October 24, 2002

Ich habe in meiner Antwort zwei Möglichkeiten aufgezeigt: Entweder es gilt das mitunter in der Energiewirtschaft praktizierte Prinzip der Verbändevereinbarung, also einer Form der Selbstverpflichtung - ich mache kein Hehl daraus, dass sich meine Begeisterung dafür eher in Grenzen hält -, oder aber - die rechtlichen Voraussetzungen dafür sind gegeben - die Bundesregierung regelt das in einer Verordnung. Ich gehe davon aus, dass die Bundesseite noch in diesem Jahr auf jeden Fall abschließend reagieren wird, sodass den Intentionen des Gesetzes auch in Zukunft Rechnung getragen werden kann.

Herr Dr. Stumpf! Dann Herr Hagenah.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, wir alle wissen, dass die Kraft-Wärme-Kopplung davon lebt und ihre Effizienz dadurch erhält, dass die Wärme in maximalem Umfang ausgekoppelt und ganzjährig genutzt wird. Wie viele Anlagen gibt es in Niedersachsen, bei denen die Wärme tatsächlich ganzjährig genutzt wird, und wie errechnet sich aus dieser Betrachtung der tatsächliche Wirkungsgrad?

Herr Jüttner!

Herr Stumpf, es tut mit Leid, dass ich Ihnen Ihre Frage aus Ihrer Sicht möglicherweise nicht hinreichend beantworten kann. Wir hatten in der ersten Phase, bei dem KWK-Vorschaltgesetz, ausschließlich die kommunalen Unternehmen, d. h. die größeren Anlagen im Visier. Diesbezüglich ist relativ schnell zusammenzutragen, wie viele Anlagen es gibt. Da ist - das kennen Sie ja auch - neben der Stromnutzung der Wärmemarkt ganz gezielt mit vorgesehen. Da kommen Sie auf die Wirkungsgrade, wie sie beschrieben sind, nämlich oberhalb von 80 %. 85 %, 86 % sind da durchaus üblich.

Mit der Neufassung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes ist auf Bundesebene aber bewusst der Einstieg in die kleineren Anlagen gemacht worden. Diese sind in dem Vorschaltgesetz nicht erfasst gewesen. Sie sind in den letzten Jahren - je nach Lage, Konzessionsvertrag oder Kooperationsbereitschaft der Energieunternehmen - mit Vergütungsregelungen versehen worden, und zwar in unterschiedlicher Höhe, oder aber auch nicht. Es gibt keine Statistik, anhand der wir landesweit feststellen könnten, wie viele kleine Kraft-WärmeKopplungsanlagen es gibt. Ich bin sicher, wir reden über hunderte - ich weiß nicht, ob man tausende sagen kann - von Anlagen, die sich bei einzelnen Betreibern in Wohnungsgenossenschaften, in einzelnen Wohnhäusern, in Schulen und ähnlichen Einrichtungen befinden. Ich glaube, wir haben auch nicht die Möglichkeit, hier nachzuarbeiten und das innerhalb kürzester Frist zusammenzutragen. Es gibt keine statistischen Pflichten, die dies möglich machten.

(Frau Harms [GRÜNE]: Sind Sie in einer Beobachterrolle?)

Herr Hagenah zur zweiten Frage! Dann Frau Steiner.

Herr Minister, ich frage Sie: Wie definieren Sie die Grenze des Missbrauchs der Regelungen des KWK-Gesetzes durch die Stromkonzerne? Ihre bisherigen Antworten lassen vermuten, dass Sie nur diejenigen mit uns zusammen anprangern, die

nach dem KWK-Gesetz jetzt sogar noch weniger zahlen wollen als vorher. Ist es nicht aber richtig, dass man zu dem bisherigen Preis, der von den Konzernen ohne Zuschuss gezahlt wurde, eigentlich den durch das Gesetz ihnen zustehenden Zuschuss über die Umlage von 5,11 Cent hinzu addieren muss und dass bei dieser Grenze die Stadtwerke Hannover, die ihren Gestellungspreis an die Anbieter in den neuen Verträgen mehr als halbiert haben, ebenso missbräuchlich mit der KWKUmlage umgehen wie z. B. die EAM?

Die dritte Frage war eine Unterfrage.

(Hagenah [GRÜNE]: Das war eine Frage! Das war ein Satz!)

Herr Präsident, ich will die Qualität der Frage nicht bewerten. Auf jeden Fall, Herr Hagenah, ist es ein hoch kompliziertes System, das da abgewickelt wird. Wir haben in das neue Gesetz ganz gezielt die kleinen Anlagen mit aufgenommen. Ziel war es, zu auskömmlichen Preisgestaltungen zu kommen. Wer sich das Gesetz ansieht, der wird über die Differenziertheit, zu der der Bundesgesetzgeber fähig ist, erstaunt sein, z. B. die Kombination mit Zuschlägen usw. Es braucht Zeit, bis man das begreift; das will ich gerne einräumen. Die Gesamtsumme wird über den Verband der Netzbetreiber festgestellt und umverteilt, sodass die Gesamtsumme in die Netzkosten eingerechnet wird.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, geht es Ihnen darum, auf der einen Seite den kleinen Unternehmen eine auskömmliche Preisgestaltung zu ermöglichen, aber auf der anderen Seite zu gewährleisten, dass die bis dahin gezahlten Vergütungssätze bei den kommunalen Unternehmen, die das schon gemacht haben, dadurch nicht konterkariert werden. Wie man das bewerkstelligt, kann ich Ihnen schon deshalb nicht sagen, weil uns die Instrumente dazu fehlen. Das ist eine Angelegenheit, die auf Bundesebene betrieben wird. Ich finde, hier hat der Bundesgesetzgeber eine angemessene Entwicklung vorgenommen, indem er für die kommunalen Energieunternehmen eine besonders günstige Variante abgeflacht und auf breitere Füße gestellt hat. Ich meine, dass das im Kern richtig ist. Das kann allerdings zur Folge haben, dass an einzelnen Stellen Absenkungen vorge

nommen werden. Davon ist uns jedoch nichts bekannt, weil wir darüber nicht zu informieren sind. Von daher bin ich wohl die falsche Adresse für die Fragen, die Sie hier vortragen,

(Zuruf von Schack [SPD])

allerdings nicht deshalb, weil ich das nicht weiß, sondern weil ich es nicht wissen kann und ich dafür nicht zuständig bin, Frau Harms. Weder die Preisaufsicht noch die Kartellaufsicht in Niedersachsen kann Ihnen diese Fragen hinreichend beantworten. Wenn Fälle bei uns bekannt geworden sind, haben wir die Bundesregierung darauf aufmerksam gemacht mit der Bitte, darauf zu reagieren.

(Frau Harms [GRÜNE]: Der Minister als Zuschauer einer Entwicklung! - Weiterer Zuruf von Wenzel [GRÜ- NE])

Frau Steiner! Anschließend stellt Herr Wenzel seine zweite Frage.

Herr Minister, auch wenn Sie sich gerade als im Wesentlichen nicht zuständig für die Handhabung dieses Problems erklärt haben,

(Frau Harms [GRÜNE]: Überflüssig!)

frage ich Sie, ob Ihrer Einschätzung nach die Preissenkung bei der Stromeinspeisung durch BHKW auch auf eine abgestimmte Strategie der Konzerne zurückgeht.

Herr Minister Jüttner!

Frau Kollegin, das kann ich nicht ausschließen, aber auch nicht bestätigen.

(Wenzel [GRÜNE]: Warum haben Sie sich denn nicht schlau gemacht?)

Ich werde in einen möglichen Diskussionsprozess nicht einbezogen.

Herr Wenzel zu seiner zweiten Zusatzfrage!

Herr Minister, wenn jemand in Niedersachsen in einen Laden geht und etwas klaut, dann ist das Diebstahl. Vor dem Hintergrund, dass jemand eine illegale Preisabsprache trifft und das so offensichtlich ist wie hier und Sie als Landeskartellbehörde und Preisaufsicht feststellen, dass Sie dafür nicht zuständig sind, frage ich Sie: Ist das ein Armutszeugnis, oder wie würden Sie das bezeichnen, Herr Minister?

(Beifall bei den GRÜNEN - Schack [SPD]: Ihr hört nicht zu! Das ist euer Problem!)

Herr Minister Jüttner!

Meine Damen und Herren! Hier handelt es sich um Energieunternehmen - in Ihrer Dringlichen Anfrage nennen Sie beispielhaft die EAM -, die in mehreren Bundesländern agieren. In einem solchen Fall gilt die Regelung, dass nach dem Kartellrecht das Kartellamt des Bundes tätig wird. Das heißt also, wenn bei uns Hinweise bekannt werden, dann sind wir in der Pflicht, diese weiterzugeben. Das ist auch durch die Kartellbehörde des Landes geschehen. Sie ist hier aber nicht die untersuchende und dem Vorgang nachgehende Behörde. Das ist so. Das wird auch nicht dadurch verändert, dass Sie das hier lautstark einklagen.

Frau Harms!

Herr Minister, wie viele der angesprochenen Unternehmen, die in Niedersachsen Blockheizkraftwerke herstellen, müssen in große wirtschaftliche Probleme kommen und möglicherweise Insolvenz anmelden, damit Sie die Rolle als besorgter Zuschauer einer Entwicklung aufgeben und ernst zu nehmende Initiativen anstoßen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leider ist es den Mitgliedern der Landesregierung verboten, Abgeordnete zu beschimpfen.

(Bachmann [SPD]: Leider!)

Frau Harms, ich finde den Tenor, der in Ihrer Frage steckt, wirklich dreist. Für jedes niedersächsische Unternehmen, das in eine Krise kommt, vor allem dadurch, dass Bundesgesetze nicht eingehalten werden, stehen wir bereit und kümmern uns darum. Es ist dreist, zu unterstellen, dass erst zig Unternehmen gefährdet sein müssten, ehe wir tätig werden. Ich sage Ihnen noch einmal: Wir sind uns in der Sache einig mit Ihnen, dass es darauf ankommt, sämtlichen Ansätze von regenerativen Energien und Energieeffizienzstrategien zur Durchsetzung zu verhelfen. Das haben der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung in den letzten vier Jahren durch vielfältige Maßnahmen gemacht, und zwar sehr wohl mit Unterstützung der Landesregierung. Von daher gibt es überhaupt keinen inhaltlichen Dissens.

Sie haben jetzt eine Stelle aufgetan, wo augenscheinlich - ich teile Ihre Einschätzung - einzelne Unternehmen versuchen, sich aus Verpflichtungen herauszustehlen. Hier ist es Aufgabe der Politik und der Exekutive, dem nachzugehen und für Abhilfe zu sorgen. Das ist im laufenden Geschäft in den letzten Wochen bereits geschehen. Ich habe in meiner Antwort darauf hingewiesen, dass die Bundesseite darauf aufmerksam gemacht worden ist, und zwar auch von Niedersachsen. Ich habe Ihnen mitgeteilt, dass es zurzeit Bestrebungen gibt, noch im nächsten Monat über eine Verbändevereinbarung das Thema aus der Welt zu bekommen. Ferner habe ich meine Bedenken zum Ausdruck gebracht, ob diese Verbändevereinbarung ausreicht, und gesagt, dass ich sehr viele Sympathien dafür habe, wenn die Bundesregierung von der Verordnungsermächtigung aus dem KWK-Gesetz Gebrauch macht. Das sage ich hier für das Land. Dies ist ein Hinweis an die Bundesebene. Wenn sich bei uns neue Gesichtspunkte abzeichnen, dann gehen wir dem selbstverständlich nach und helfen der Bundesebene dabei, zu angemessenen Ergebnissen zu kommen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Stumpf zu seiner zweiten Zusatzfrage! Anschließend folgt Frau Harms.

Herr Minister, ich muss noch einmal nachfragen. Es ist verständlich, dass Sie über die kleineren Einrichtungen, die in Mehrfamilienhäusern oder dergleichen untergebracht sind, keine Informationen liefern können. Man kann aber davon ausgehen, dass diese Anlagen im Winter die Wärme mit verbrauchen und im Sommer die Wärme über Rückkühlwerke oder anderweitig entsorgen. Wichtig sind für mich jedoch Auskünfte über die größeren Anlagen.

Fragen Sie bitte!

Sie deuteten an, dass Sie darüber Informationen haben. Hier wäre interessant zu erfahren, wie viel Prozent der Anlagen volle Sommer-/Winterwärmenutzung haben und damit auf den nominalen Wirkungsgrad kommen. Hierüber sollten Sie, wenn Sie es jetzt nicht parat haben, Informationen nachliefern.

Herr Minister!

(Minister Jüttner: Er hat keine Frage gestellt! - Mühe [SPD]: Er hat nichts gefragt!)

- Doch, er hat implizit gefragt, indem er gesagt hat: Hier wäre interessant zu erfahren. Es war keine direkte Frage, aber im Prinzip war es eine.

(Mühe [SPD]: Sind wir hier in einem Linguistikkurs? - Weiterer Zuruf von Biel [SPD])

Herr Kollege Stumpf, ich nehme zur Kenntnis, dass aus Reihen der großen Oppositionsfraktion angemahnt wird, die Datenerhebung durch die Landesregierung weiter auszuweiten und zusätzliche Erkenntnisfortschritte zusammenzutragen, um ihr Wissensbedürfnis zu bedienen. Wenn das unter vertretbaren Bedingungen realistisch ist, werden

wir prüfen, wie viele Kraft-Wärme-gekoppelte Anlagen in Niedersachsen von erkennbarer Größe in welchen Zeiträumen des Jahres Wärme bzw. Kälte - unterschätzen Sie den Aspekt der Kälte nicht - auskoppeln. Daran wird deutlich, inwieweit die Intention der Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen auch in Niedersachsen zur praktischen Anwendung kommt. Ich sage Ihnen, dass es nicht nur aus Gesichtspunkten der Klimapolitik, sondern auch aus Kostengesichtspunkten hoch attraktiv ist, Kraft-Wärme-gekoppelte Anlagen zu fahren. Deshalb können Sie sicher sein: Wo es sich rechnet, wird es auch gemacht. Von daher bin ich zuversichtlich, dass die Entwicklung zu mehr KWK auch in Niedersachsen die energiepolitische Landschaft prägen wird.