Keine Zwischenfragen, bitte! - Dieser Block besteht aus der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer. Sie haben sofort erklärt, dies komme nicht in die Tüte, stellen aber gleichzeitig knapp 200
Millionen Euro zusätzliche Ausgaben in Niedersachsen für Lehrkräfte und Kindergärten in den Raum, ohne dass Sie vorher das abgearbeitet haben, was Herr Möllring eben gegeißelt hat.
Ziehe ich ein Fazit, hat diese Landesregierung zwei Dinge gemacht, die Verlässlichkeit demonstrieren.
Erstens. Wir haben den Fahrplan, den wir Anfang dieses Jahres vorgestellt haben, konsequent eingehalten und umgesetzt. Wir haben im Laufe des Jahres durch unsere Haushaltsbewirtschaftung und durch Konsolidierungsblöcke, die wir formuliert haben, deutlich gemacht, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Zweitens. Nach der Steuerschätzung am 12. November werden wir die Situation bewerten und dann auch mit Aktivitäten an den Landtag herantreten. Dann werden Sie sich wieder verhalten müssen.
Bis jetzt haben Sie jedenfalls jede konkrete Mitarbeit vermissen lassen und sich stattdessen auf die Beschreibung der Situation zurückgezogen. Das wird nicht reichen, um überzeugend Politikfähigkeit präsentieren zu können. Am Ende, am 2. Februar nächsten Jahres wird deutlich sein, dass diese Landesregierung die schwierigste finanzpolitische Phase, durch die Niedersachsen je gegangen ist, in den Griff bekommen hat und die Perspektiven für die nächste Legislaturperiode überzeugend darstellt. - Schönen Dank.
Mir liegen zwei Anträge auf zusätzliche Redezeit vor. Zunächst erteile ich Herrn Möllring das Wort für bis zu drei Minuten und dann Herrn Golibrzuch für bis zu zwei Minuten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Aller, wenn das Ihre Abschiedsbilanz als Minister sein soll: Ich würde mich schämen, eine solche Bilanz zu übergeben. Es muss doch peinlich sein, nicht nur 1,5 Milliarden Euro Kassenkredit, sondern für 2003 auch noch einen Haushalt zu übergeben, bei dem ca. 2 Milliarden Euro schlichtweg nicht gedeckt sind. Das ist doch der Offenbarungseid jeder Finanzpolitik.
Es ist ja nicht die Frage, was in den einzelnen Häusern übrig ist, sondern es geht darum: Was ist wichtig für Niedersachsen, was bringt Niedersachsen voran, und was wollen wir finanzieren? Sie haben vor zwölf Jahren gefordert, alle Kindergärten müssten kostenfrei sein. Nach zwölf Jahren haben Sie erst 20 % geschafft. Wir sagen, wenigstens das letzte Kindergartenjahr muss frei sein. Wir haben errechnet, das macht 0,3 % des gesamten Landeshaushalts aus. Nun muss man sich eben hinsetzen, einen Fonds schaffen und sagen, das und das wollen wir bezahlen, und andere Aufgaben müssen über Bord gekippt werden.
Ich wundere mich schon: Da wird ein Koalitionsvertrag geschlossen. Der wird schön in Plastik eingebunden - das ist nicht sehr ökologisch, aber etwas anderes war nicht zu kriegen. Dann bekamen alle Abgeordneten bis ins letzte Dorf vorgerechnet, wie es sich dort auswirken würde. Und dann stellen sich heute hier alle wieder hin - der Ministerpräsident und die Minister - und sagen: Ja, da gibt es noch Ungereimtheiten. Das muss alles noch überprüft werden, ob es sinnvoll ist, ob wir das überhaupt machen können, ob wir das wollen usw. Der ganze Koalitionsvertrag ist noch nicht mal das Plastik wert, in das er eingebunden ist.
Sie stellen sich aber hierher und sagen, Sie konnten vor der Wahl keinen Haushaltsplan aufstellen. Genau das hat ja der Ministerpräsident gesagt: Die Wahrheit vor der Wahl, das hätten Sie wohl gerne gehabt. - Welches Risiko sind Sie denn eingegangen? Wenn Stoiber gewonnen hätte, wir zwei, drei Sitze mehr gehabt hätten und die FDP einen Prozentpunkt mehr gehabt hätte, dann wäre es überhaupt kein Problem gewesen.
Wer derart die wirtschaftliche Zukunft im Lande abwürgt, der weiß nicht mehr, wie es aussieht. Ich möchte Ihnen ein einziges Beispiel sagen,
was in dem Blumen erzeugenden Land Niedersachsen erhebliche Bedeutung hat und Betriebe nach Holland vertreiben wird. Ich habe neulich einen Betrieb besucht, der Weihnachtssterne für Aldi herstellt. Das sind diese roten Blumen.
- Entschuldigen Sie. Sie wissen das. - Wenn die davon 100 000 Stück herstellen, aber plötzlich die Mehrwertsteuer von 7 % um neun Prozentpunkte auf 16 % nicht nur verdoppelt, sondern mehr als verdoppelt wird, dann ist das bei einem Verkaufswert von 99 Cent eine Katastrophe für diesen Betrieb, und dann wird sich dieser Betrieb auch nach der Ökosteuer irgendwann überlegen, ob er sich nicht 50 km weiter in Holland ansiedelt, wo er die Ökosteuer nicht hat, wo die Gaspreise subventioniert werden und wo es mit der Mehrwertsteuer anders ist. Dann werden Sie demnächst Ihre Pflanzen bei Aldi aus holländischer Produktion und nicht mehr aus niedersächsischer Produktion kaufen. Sie müssen hier doch einmal sehen, dass hier Arbeitsplätze vernichtet werden.
Meinen Sie, die Arbeitsplätze gehen nach Niedersachsen? Dann stellen Sie sich her und sagen „RotGrün ist gut für Niedersachsen“. Der Weihnachtsstern ist rot-grün. Der wäre gut für Niedersachsen gewesen. So etwas begrüßen Sie noch!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie rechnen hier als zusätzliche Landeseinnahmen den Nettobetrag, der aus den Besteuerungsbeschlüssen der rot-grünen Koalition für Niedersachsen eintre
ten würde. Ich halte diesen Betrag nicht für belastbar, weil er z. B. daraus resultiert, dass es eine rotgrüne Vereinbarung in Berlin ist, die Ausnahmetatbestände in der Ökosteuer insbesondere für energieintensive Produktionszweige zu korrigieren. Wenn Sie das hereinrechnen, dann müssten Sie fairerweise das herausrechnen, was Ministerpräsident Gabriel in den letzten beiden Tagen an Einwänden gegen diesen Koalitionsvertrag deutlich gemacht hat, nämlich dass insbesondere diese Ausgleichstatbestände bei der Ökosteuer vonseiten des Landes Niedersachsen auf den Prüfstand gestellt werden, weil z. B. ein Unternehmen wie die Salzgitter AG davon möglicherweise negativ betroffen wäre. Wenn Sie das hier so tun, müssten Sie fairerweise auch das herausrechnen, was der Ministerpräsident in Frage gestellt hat, nämlich die höhere Besteuerung der privaten Nutzung von Dienstwagen, weil auch hier möglicherweise - so interpretiert es jedenfalls die Staatskanzlei - niedersächsische Interessen berührt sind.
Wir haben das bisher vorbehaltlos gerechnet. Ich kann Ihnen nur sagen: An Ihrer Stelle und in der Argumentation der Staatskanzlei und des Finanzministeriums gibt es mindestens diesen Widerspruch.
Sie müssen dann fairerweise auch hineinrechnen, was es für den Landesdienst bedeutet, wenn die Rentenversicherungsbeiträge um zwei zehntel Prozentpunkte ansteigen. Sie müssten fairerweise hineinrechnen, was es bedeutet, wenn die Krankenversicherungsbeiträge für Arbeiter und Angestellte im Landesdienst um vielleicht bis zu sieben zehntel Prozentpunkte steigen. Das sind angesichts des hohen Personalbestandes des Landes enorme Lasten. Ich behaupte: Es wird in der Summe jedenfalls zu keiner Entlastung des Landeshaushalts führen.
Wenn die Situation heute so ist, wie wir das beschreiben, dann hat das damit zu tun, dass sich das Land Niedersachsen in den zurückliegenden Jahren, ob wirtschaftspolitisch sinnvoll oder nicht, Sonderlasten und Ausgaben geleistet hat, die so und in dieser Form in anderen Bundesländern nicht angefallen sind. Dazu gehört dann eben die teilweise Übernahme des Expo-Defizits, das negative Sondervermögen des Landeshaushalts. Dazu gehören die BEB-Last und die Tatsache, dass man einen aussichtslosen Prozess bis in die letzte Instanz getragen hat, der allein durch Gerichts- und Anwaltskosten zu einer zweistelligen Belastung des Haushalts geführt hat. Dazu gehört der vorzei
tige Lückenschluss der A 31 im Emsland. Wenn man das will, dann ist das in Ordnung. Das kostet aber mehr für das Land, als wenn man darauf gewartet hätte, dass der Bund dies finanziert. Dazu gehört natürlich auch eine Ausgabe wie das Emssperrwerk.
Alles das belastet den niedersächsischen Landeshaushalt letztlich um einen zusätzlichen Milliardenbetrag, der in dieser Form in anderen Bundesländern nicht anfällt. Deswegen ist es keine Überraschung, wenn sich Niedersachsen im Vergleich zu anderen Ländern bei der Kreditfinanzierungsquote des Haushalts, bei der Zins-Steuer-Quote des Haushalts deutlich schlechter darstellt als insbesondere alle anderen westdeutschen Bundesländer.
Deswegen prognostizieren wir Ihnen: Das wird ein verfassungswidriger Nachtragsetat sein, den Sie hier vorlegen, weil Ihnen in der Vergangenheit zu drastischen Einsparungen die Kraft gefehlt hat und weil Sie auch bisher nicht den Mut hatten, vor dem Wahltag den Wählerinnen und Wählern in Niedersachsen reinen Wein einzuschenken.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe heute in der Hildesheimer Zeitung gelesen, dass ein gewisser Herr Machens sagt - -
- richtig, das stand in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung; Entschuldigung -, dass Herr Möllring lügt.
Herr Machens habe das gesagt. - Ich weiß nicht, ob das stimmt. Da will ich mich auch nicht einmischen. Aber ich will hier an dieser Stelle erklären, dass Herr Möllring als Finanzexperte keine Ahnung hat, wie unser Umsatzsteuersystem funktioniert; denn die Umsatzsteuer trägt nicht der herstellende Betrieb, sondern der Endverbraucher.
Meine Damen und Herren, wenn ich Finanzexperte bin, dann muss ich mich auch an diesem Punkt im System bewegen und kann ich nicht irgendetwas behaupten und darüber Krokodilstränen vergießen.
Nein, ich habe nur noch drei Minuten. Ich möchte gerne noch auf einen Punkt zu den beiden Kollegen eingehen.