Protocol of the Session on August 30, 2002

Meine Damen und Herren, wir wissen: Immer mehr junge Menschen wollen heute eine mehr praxisbezogene Hochschulausbildung. Deshalb wird die Nachfrage nach Studienplätzen an Fachhochschulen in Zukunft weiter wachsen. Aber die Fachhochschulen müssen nicht nur für die wachsende Nachfrage gewappnet sein - also nicht immer nur mehr von dem Gleichen -, sondern sie müssen sich auch den neuen Qualifikationsanforderungen des Beschäftigungssystems stellen. Wir brauchen also auch Strukturreformen. Hier hat die Landesregierung gemeinsam mit unseren Fachhochschulen Vorbildliches geleistet. Ich nenne nur einige Stichworte: Die Aufnahmekapazität der ITStudiengänge wurde auch dadurch ausgeweitet, dass an Fachhochschulen ausgebaut worden ist, sodass wir gemeinsam mit den Universitäten die Zahl von knapp 1 000 auf fast 2 000 Studienplätze in den letzten fünf Jahren landesweit verdoppeln konnten.

(Zustimmung von Dr. Domröse [SPD])

Ein weiteres Stichwort. Neue innovative Schwerpunkte wurden eingerichtet, z. B. mit den Studiengängen Medieninformatik, Medienmanagement, Biotechnologie, Bioinformatik und wie sie alle heißen. Aber nicht nur die neuen Studiengänge machen die Fachhochschulen wettbewerbsstark und attraktiv, auch die neuen Intensivstudiengänge, z. B. der Praxisverbund gleich dreier Intensivstudiengänge, Maschinenbau, Maschinenbauinformatik und Umweltverfahrenstechnik an der FHS Oldenburg-Ostfriesland-Wilhelmshaven.

Übrigens, die Fachhochschulfusion, der Sie sich verweigert haben, was Sie heute noch einmal deutlich gemacht haben, ist zur Erfolgstory geworden.

(Beifall bei der SPD)

Seit dem Zusammenschluss zählt die Fachhochschule 850 Studierende mehr, davon allein 500 in Emden. So macht man Fachhochschulpolitik.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben noch vieles mehr auf den Weg gebracht - das brauche ich hier nicht auszuführen -: BA-, MA-Abschlüsse, Forschungsförderung an Fachhochschulen usw. Eines aber ist wohl hinreichend klar geworden: Unsere Fachhochschulen sind spitze. Dafür, dass das so bleibt, werden wir, die SPD, auch in Zukunft sorgen. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Nun hören wir Herrn Golibrzuch.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fachhochschulen in Deutschland, auch die in Niedersachsen, haben einen exzellenten Ruf. Das hat mit der intensiven Betreuung der Studierenden dort zu tun. Das hat mit einer sehr guten Zusammenarbeit mit der örtlichen Wirtschaft und auch mit der häufig familiären Atmosphäre an den einzelnen Standorten zu tun. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass wir in den vergangenen Jahren einen großen Überhang an Bewerbern und Bewerberinnen erlebt haben, eine Überlast von nahezu 100 % der vorhandenen Studienplatzkapazitäten.

Wir haben Ihnen bekanntlich seit Jahr und Tag vorgerechnet, dass auf die knapp 6 000 Studien

plätze an den niedersächsischen Fachhochschulen nahezu 12 000 Bewerberinnen und Bewerber kommen. Da wundern wir uns natürlich, dass ausgerechnet fünf Monate vor der Landtagswahl die eine große Fraktion im Hause den Entschließungsantrag einbringt, das Fachhochschul-Entwicklungsprogramm neu aufzulegen, und die andere große Fraktion im Hause nun verkündet, das demnächst, nachdem sie dreieinhalb Jahre Zeit dazu hatte, in ihr Regierungsprogramm aufzunehmen.

Diese Überlast existiert seit Jahren in Niedersachsen. Hier werden seit Jahren Mittel in der Hochschulpolitik fehlgeleitet, weil sie nicht bei den Fachhochschulen ankommen, die dieses Geld dringend nötig hätten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir reden über einen Umbau der Hochschullandschaft in Niedersachsen. Nach meiner Überzeugung muss den Fachhochschulen deutlich mehr Geld zur Verfügung gestellt werden. Das ist auch die Auffassung des Wissenschaftsrates. Es gibt dort nicht nur die Empfehlung, in einem ersten Schritt 40 %, aber dann mittelfristig auch deutlich mehr Studienplätze insgesamt an Fachhochschulen vorzuhalten, zulasten auch des universitären Angebotes. Das heißt aber auch, zusätzliches Geld in das System zu geben.

Es gibt - das ist bemerkenswert - die Empfehlung des Wissenschaftsrates, einen wissenschaftlichen Mittelbau an den Fachhochschulen einzurichten, was bedeuten würde, auf drei Fachhochschulprofessoren eine Mitarbeiterstelle. Das kostet round about 175 Millionen bundesweit. Niedersachsen wäre also hochgerechnet mit vielleicht 20 Millionen - übrigens noch DM - dabei. Ich glaube, das ist finanzierbar, und das muss man sich auch leisten können, wie man sich auch eine Absenkung des Lehrdeputats an Fachhochschulen leisten können muss, wie es eigentlich schon vor der Wende 1989 zugesichert worden war.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sind der festen Überzeugung, dass man, um nicht weiter eine Fehlsteuerung von Mitteln konstatieren zu müssen, eine leistungsbezogene Mittelvergabe in der Hochschulpolitik nicht nur an Fachhochschulen vertreten kann, sondern dass man eine solche Leistungsformel in Niedersachsen auch an Universitäten einführen muss. Ich weiß um die Schwierigkeiten, wie Forschungsleistungen an

Universitäten zu bewerten sind. Deshalb sollte man eine solche leistungsbezogene Mittelvergabe für den Bereich der Lehre auch zwischen Fachhochschulen und Universitäten einführen.

Nach meiner Überzeugung ist das deswegen sachgerecht, weil wir diese große Überlast an den Fachhochschulen vor uns herschieben, weil wir dort aber eine geringere Abbrecherquote haben und weil wir dort die bessere Vermittlungsquote in die Berufe hinein haben. Das hat, glaube ich, etwas miteinander zu tun.

Wenn Sie mit Studierenden sprechen, werden Sie in aller Regel hören, dass ein großer Teil von Studierenden, die sich vergeblich auf einen Fachhochschulplatz beworben haben, quasi in Universitäten geparkt ist, dort gar kein Interesse an der sehr wissenschaftsbezogenen theoretischen Ausbildung hat und sich bei nächster Gelegenheit auf einen freien bzw. frei gewordenen Fachhochschulplatz bewirbt. Das ist genau die Fehlsteuerung von Mitteln, die wir nicht haben möchten. Wir möchten, dass dann eben auch nicht ausgelastete Kapazitäten in den Universitäten umgeschichtet werden zugunsten der übermäßig belasteten und übermäßig nachgefragten Fachhochschulen hier im Lande.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Natürlich kann nicht von heute auf morgen durch die Einführung einer leistungsbezogenen Formel 1 : 1 das notwendige Geld für den Ausbau der Fachhochschulen bei den niedersächsischen Universitäten eingespart werden. Deswegen haben wir Ihnen vorgeschlagen, in einem ersten Schritt die Zuschüsse, die das Land Niedersachsen an die Managerakademie GISMA zahlt, eine Einrichtung, die rein auf Großkonzerne orientiert ist, alljährlich zugunsten des Ausbaus der Fachhochschulen umzuschichten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kollege Domröse findet das übrigens auch; das sagt er öffentlich nicht so gerne, aber das wissen wir aus den Ausschussberatungen. Wir haben Ihnen vorgeschlagen, für den Ausbau neuer Studiengänge die Mittel des VW-Vorab schwerpunktmäßig im Bereich der Fachhochschulen einzusetzen. Wir haben Ihnen vorgeschlagen, die Liegenschaften nicht nur bei Stiftungshochschulen, sondern generell bei allen Hochschulen in Niedersachsen auf die Hochschulen zu übertragen, den jeweiligen Erlös, der dort durch die Bewirtschaftung dieser Liegenschaften eingeworben wird, zu

60 % an den Hochschulstandorten zu belassen, zu 40 % dem Hochschulbauplafond zweckgebunden zuzuführen und damit dafür zu sorgen, dass der Ausbau von bisher überlasteten Standorten in Wolfsburg, von jungen Standorten in Salzgitter oder Lingen und meinetwegen auch, wenn es gut nachgewiesen werden kann, von neuen Standorten in Niedersachsen finanziert werden kann.

Wir halten das für den einzig seriösen Weg. Wir glauben, dass wir es uns nicht länger leisten können, in dieser Weise Mittel in nicht nachgefragte Kapazitäten der Universitäten fehlzuleiten. Wir brauchen dieses Geld dringend für Fachhochschulen in Niedersachsen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Dr. Dom- röse [SPD]: Klare Worte!)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Wer möchte, dass dieser Antrag federführend im Ausschuss für Wissenschaft und Kultur und mitberatend im Ausschuss für Haushalt und Finanzen beraten wird, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist so beschlossen.

Die Tagesordnungspunkte 43 bis 45 rufe ich vereinbarungsgemäß zusammen auf - dazu liegen Ihnen drei Anträge der Fraktion der CDU vor -, also

Tagesordnungspunkt 43: Erste Beratung: Stärkung der europäischen Zusammenarbeit bei der Kriminalitätsbekämpfung Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3592

Tagesordnungspunkt 44: Erste Beratung: Sicherheitspaket zur verbesserten Terrorismusbekämpfung I - Umsetzung des Sicherheitspaketes II in Niedersachsen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3606

Tagesordnungspunkt 45: Erste Beratung: Sicherheitspaket zur verbesserten Terrorismusbekämpfung II - Notwendigkeit eines Sicherheitspaketes III - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3610

Die Anträge werden vom Kollegen Biallas eingebracht. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Anträge haben, wie man verschiedenen Presseveröffentlichungen im Vorfeld dieser Debatte entnehmen konnte, schon zu Reaktionen insbesondere bei der SPD-Fraktion geführt, die man für bemerkenswert halten kann, aber je nachdem, wie man es bewertet, auch für merkwürdig. Herr Kollege Adam, wenn ich das richtig gelesen habe, haben Sie in der Ihnen eigenen Art davon gesprochen, das sei reiner Populismus.

(Adam [SPD]: Das haben Sie richtig gelesen!)

Dann haben Sie das noch gesteigert und gesagt, das sei verbale Brandstiftung.

(Adam [SPD]: Das haben Sie auch richtig gelesen!)

Herr Kollege Adam, trotz allen politischen Streites muss ich sagen, dass ich insofern sehr enttäuscht bin. Ich bin deswegen enttäuscht, weil ich finde, das ist ein sehr ernsthaftes Thema, das auch die Bürgerinnen und Bürger bewegt.

(Adam [SPD]: Gerade deshalb!)

Nach dem grauenvollen Attentat vom 11. September geht es nicht nur darum, das, was wir an Lücken auch gemeinsam ausgemacht haben, in der politischen Debatte hin und her zu bewegen, vielleicht auch übereinstimmend als richtig zu beschließen, sondern es geht darum, ob es umgesetzt wird, ja oder nein.

Sicherlich nicht nur wir als Opposition haben die Aufgabe, zu sehen, was aus dem einen oder anderen Wort, das der eine oder andere gesagt hat, tatsächlich geworden ist. Genau darum geht es bei diesen drei Anträgen zur Kriminalitätsbekämpfung innerhalb Europas, im europäischen Raum und zu den Sicherheitspakten II und III.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will noch einmal deutlich machen, dass es in einem Punkt eine große Übereinstimmung wenigstens zwischen SPD und CDU gibt, nämlich darin, dass die Tatsache, dass die terroristischen Gewalttäter des 11. September in New York zum Teil buchstäblich hier vor unserer Haustür gelebt, diese Attentate von hier aus vorbereitet und logistisch auch von hier aus durchgeführt haben, in der Bevölkerung - zu Recht - die Frage aufwirft: Wie können wir für die Zukunft dafür Sorge tragen, dass sich so etwas nicht wiederholt? Wir sind uns doch wohl einig, dass wir es uns nicht leisten können, durch Untätigkeit aufzufallen nach dem Motto: Solange in Deutschland, in Europa nichts passiert, können wir uns in relativer Sicherheit wiegen.

Meine Damen und Herren, wir müssen entschlossen gegen den Terrorismus handeln.

(Beifall bei der CDU)

Dafür stehen wir ein. Und wenn Sie, Herr Kollege Adam, sich anschließen, dann sind wir in guter Gesellschaft. Das soll ja auch gar nicht ein Streit in der Sache sein, sondern hier geht es auch darum, Herr Kollege Adam, wie man „Populismus“ interpretiert. Ich bin ein leidenschaftlicher Populist, wenn es darum geht, dass wir als Politik unsere Verantwortung wahrnehmen und das tun, was die Bürgerinnen und Bürger von uns verlangen. Dazu bekenne ich mich.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir können den alten Vorwurf, der Europa häufig gemacht wird - jetzt will ich etwas zu dem Antrag zum Thema Kriminalitätsbekämpfung im europäischen Rahmen sagen -, nämlich dass das alles so langsam geht, ehe etwas umgesetzt wird, dass das Jahre und manchmal Jahrzehnte dauert, nicht mehr aufrecht erhalten. Vielmehr hat man im Bereich der Terrorismusbekämpfung die europäische Rahmengesetzgebung relativ schnell umgesetzt. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass Europa funktioniert. Es geht jetzt nur noch um die Frage, wie wir in Deutschland - natürlich auch durch unser Polizeiund Sicherheitsrecht in Niedersachsen - innerhalb unseres Rahmens dafür sorgen, dass entschieden gegen terroristische Gewalttäter vorgegangen wird. Und genau darum geht es in dem Antrag, zu dem ich jetzt spreche. Der Kollege Schünemann wird

nachher noch auf Einzelheiten der Sicherheitspakete II und III eingehen