Protocol of the Session on June 13, 2002

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal in aller Ruhe sagen, wie es sich im Wirtschaftsausschuss dargestellt hat. Zunächst einmal ist festzustellen, dass wir übereinstimmend der Meinung waren, dass ein einheitliches Bundesgesetz für alle beteiligten Bauunternehmen die bessere Entscheidung wäre. Darüber hinaus war klar, dass wir, wenn der Bundesgesetzgeber eine Entscheidung getroffen hätte, auf dem Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung sozusagen unsere Rechtsgestaltungsmöglichkeiten verloren hätten. Insofern haben wir einvernehmlich auf Berlin gewartet.

Was sich Anfang der Woche in einer Sitzung gezeigt hat, war das Drängen der sozialdemokratischen Mitglieder des Ausschusses, so schnell wie möglich zu einer Lösung zu kommen, da offenbar ein Scheitern des Bundesgesetzes bevorsteht und niemand weiß, was der Vermittlungsausschuss letztendlich noch zustande bringen wird.

In diesem zeitlichen Gerangel darüber, wann denn nun die Beratungen abgeschlossen sind, hat es - sagen wir einmal - seitens der CDU-Fraktion

durchaus den Wunsch gegeben, es nicht zu beschleunigen.

(Dinkla [CDU]: Was?)

- Das ist klar, Hermann Dinkla. - Schließlich haben wir gesagt, dass wir es am 12. August in einer Sondersitzung des Ausschusses zu Ende bringen wollen, damit wir rechtzeitig vor dem Auslaufen der Sommer-Baukonjunktur noch das eine oder andere bewegen können.

(Zuruf von Dinkla [CDU])

- Moment! Die CDU-Fraktion hat sich auf Drängen der SPD-Fraktion - die Mehrheit im Ausschuss war ja klar - damit einverstanden erklärt, dass wir diesen Zeitablauf wählen wollen.

(Dinkla [CDU]: Wählen müssen!)

Das ist der eine Teil, was den Ausschuss angeht.

Zu dem anderen, was den Bundesrat angeht, will ich nicht das wiederholen, was Herr Plaue hier in ausgezeichneter Weise dargestellt hat.

(Zuruf von Dinkla [CDU])

- Das war der andere Grund, dass nämlich der GBD gesagt hat, er habe sich damit nicht beschäftigen können, weil er an anderer Stelle durch andere Gesetze blockiert war.

Sie haben sogar erklärt, dass Sie sich durchaus in einem Konflikt mit Ihrer Bundesposition befinden könnten, dass Sie aber dennoch bereit seien - das muss ich Ihnen attestieren -, dieses Gesetz mit uns am 12. August zu Ende zu beraten. Bis zu diesem Zeitpunkt gibt es überhaupt keinen Unterschied zu der Position, die Herr Plaue hier dargelegt hat.

Ich weise noch einmal auf das Verhalten der CDU/CSU im Bundesrat hin. Es ist nun einmal so, dass wir dort das schnelle Gesetz nicht bekommen haben, weil diesbezüglich der Vermittlungsausschuss angerufen worden ist. Wir wissen nicht, wann und wie es dort herauskommt und welche Möglichkeiten wir dann noch haben.

Ich erkläre hier für die SPD-Fraktion nochmals: Wir werden die Beratung am 12. August im Ausschuss beenden. Dann haben die mitberatenden Ausschüsse in der darauf folgenden Woche noch Zeit, die Mitberatung durchzuführen, sodass wir in der ersten Plenarrunde nach der Sommerpause im

August abschließend darauf zurückkommen können. Ich hoffe, dass damit alles klar ist.

(Beifall bei der SPD)

Damit schließe ich die Beratung über diesen Antrag. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr in der Drucksache 14/3463 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das Erste war die Mehrheit.

Bevor ich Punkt 22 unserer Tagesordnung aufrufe, weise ich darauf hin, dass die Fraktionen übereingekommen sind, pünktlich um 13.15 Uhr bzw. nach Erledigung des Tagesordnungspunktes 22 in die Mittagspause zu gehen. Wir werden uns um 14.30 Uhr wieder treffen und dann nach der Mittagspause die noch nicht erledigten Punkte behandeln.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 22: Zweite Beratung: Zehn Jahre Betreuungsrecht: Qualität der Betreuungen sichern, Ehrenamtlichkeit fördern - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/3328 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen Drs. 14/3464

Dieser Antrag wurde in der 104. Sitzung am 24. April 2002 an den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

In der Beratung hat sich die Kollegin Frau Müller für die SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr gern das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen hat sich nach der ersten Beratung hier im Hause mit dem Antrag zum Betreuungsrecht befasst und einstimmig beschlossen, Ihnen diesen Antrag unverändert hier heute zur Abstimmung vorzulegen. Ich möchte Ihnen kurz einige Schwerpunkte nennen.

Besonderes Gewicht legen wir auf die Möglichkeiten der Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen. Dafür muss mehr geworben werden. Wir erwarten hierzu auch Aktivitäten von unserer Landesregierung, Herr Minister. Für uns sind die Betreuungsverfügungen und Vorsorgevollmachten ein ganz wesentlicher Ansatzpunkt, um die deutliche Unzufriedenheit mit vom Gericht eingesetzten so genannten Fremdbetreuern abzubauen. Eine rechtzeitig persönlich ausgesuchte Person des Vertrauens kann viel Ärger, Enttäuschung und Arbeitsbelastung der Vormundsgerichte ersparen. Meist sind die auf diesem Weg ausgesuchten Betreuer ehrenamtlich tätig. Das ist auch ein gangbarer Weg, um die ausufernden Kosten einzudämmen. Ich habe bereits bei der ersten Beratung hier im Hause darauf hingewiesen, dass die Kosten für den Landeshaushalt in der Zeit von 1992 bis 2002 von 1 Million um das Achtzigfache angestiegen sind. Ein Blick auf die demographische Entwicklung unserer Gesellschaft macht deutlich, dass wir noch längst nicht am Ende der Spirale angekommen sind.

Qualitätssicherung und Verbesserung einer inhaltlichen Kontrolle der Betreuung sind für uns ein weiterer Schwerpunkt. Es gibt kein Berufsbild für Betreuer. Im Prinzip kann es jeder und jede werden. Genau darauf ist aber ein Teil der immer wieder beklagten Missstände zurückzuführen. Die Auswahl und die Einführung in die Tätigkeit der Betreuer bedürfen einer dringenden Verbesserung. Die Tätigkeit des Gerichts darf sich nicht nur auf eine Kontrolle der Abrechnungen beziehen, sondern sie muss sich vermehrt auch auf eine inhaltliche Kontrolle erstrecken. Ich will aus Zeitgründen jetzt keine Einzelfälle schildern und möchte zum Thema Kontrolle das Stichwort „Kontaktsperre zwischen alten Eltern und ihren erwachsenen Kindern“ nennen. Das ist ein Punkt, um den wir uns besonders kümmern müssen.

Damit es keine Missverständnisse gibt, will ich auch sagen: Wenn wir von mehr Kontrolle reden, reden wir nicht von einem pauschalen Misstrauen gegenüber Betreuern. Es gibt viele, die ihre Aufgabe mit großem Verantwortungsgefühl wahrnehmen. Aber genau um deretwillen müssen wir die Zahl der leider auch vorhandenen schwarzen Schafe durch Qualität und Kontrolle vermindern. Sonst gerät das gesamte Betreuungswesen in Misskredit. Das jedoch können wir nicht wollen.

Die einzelnen Punkte unseres Antrages, die unter den Spiegelstrichen aufgeführt sind, will ich jetzt

auch nicht wiederholen. Aber ich betone noch einmal: Die Einführung einer gesetzlichen Vertretungsmöglichkeit durch Familienangehörige in bestimmten Fällen und die stärkere zeitliche Begrenzung von Berufsbetreuung betrachten wir als besonders dringlich.

Wir sind uns natürlich darüber im Klaren, dass das Betreuungsgesetz ein Bundesgesetz ist und wir hier im Hause nur Sachverhalte ändern können, die sozusagen unterhalb der gesetzlichen Ebene angesiedelt sind. Wir wollen das tun, bevor das Bundesgesetz novelliert werden wird. Denn die Sorgen und Beschwerden der Betroffenen und ihrer Angehörigen nehmen wir sehr ernst. Deshalb bitte ich das Haus um Zustimmung zu unserem Antrag. Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Der Kollege Heinemann vertritt die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben zu diesem Antrag bereits im Plenum ausführlich Stellung genommen, ihn nochmals im Rechtsausschuss beraten und stimmen mit den Forderungen völlig überein.

Das Betreuungsrecht hat sich in den vergangenen zehn Jahren bewährt. Das ist gar keine Frage. Es hat sich in der Praxis aber auch gezeigt, dass es viele Probleme gibt, die zu Schwierigkeiten führen. Diese Probleme müssen, wie gesagt, abgestellt werden.

Um Betreuung zu vermeiden, gibt es im Vorfeld von Betreuung eine große Anzahl von Möglichkeiten, die die Betreuung verhindern und vermeiden helfen. Frau Müller hat eben bereits die Betreuungsvollmacht erwähnt. Ich wiederhole insoweit die Bitte, Herr Minister, dass das Ministerium durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit verstärkt darauf hinweisen sollte, dass jeder Bürger vorsorglich Anordnungen für den späteren Fall einer Betreuung treffen kann. Damit kann er die Betreuerauswahl regeln, und er kann auch regeln, wie er später seine Zukunft und seine Lebensführung gestalten will.

Ich hatte schon beim letzten Mal gesagt, dass sich gerade die Betreuungsvollmacht anbietet. Nach

geltendem Recht können selbst Angehörige ohne erteilte Vollmacht nicht für einander handeln. Das weiß ein großer Teil der Bevölkerung nicht. Insbesondere Ehegatten, Kinder und Ehegatten glauben, dass sie für ihre Angehörigen handeln können. Das ist nicht der Fall. Es gibt keine gesetzliche Vertretung. Ich wiederhole auch meine Forderung, in großem Umfang für diese Betreuungsvollmachten zu werben. Damit kommt dem ehrenamtlichen Betreuer eine höhere Bedeutung zu, und es werden in erheblichem Umfang Kosten eingespart; Frau Müller hat den Anstieg der Kosten in den letzten Jahren erwähnt.

Ich wiederhole auch meinen Vorschlag, den Bürgern in Niedersachsen die Möglichkeit zu geben, solche Verfügungen bei den für den Wohnort zuständigen Amtsgerichten kostenfrei zu hinterlegen. Das müsste von Ihnen, Herr Minister, auf Landesebene geregelt werden können.

Die Landesregierung sollte des Weiteren durch eine Bundesratsinitiative versuchen, eine Gesetzeslücke zu schließen, indem man in das Betreuungsrecht Vollmachten für einzelne Angelegenheiten, beispielsweise für Gesundheitsangelegenheiten oder auch für Vermögensangelegenheiten, aufnimmt, und zwar mit gerichtlicher Kontrollfunktion. Eine solche gesetzliche Vollmacht ist im Betreuungsrecht nicht vorgesehen. Auch hierdurch ließe sich in erheblichem Umfange Betreuung vermeiden.

Bei der Bestellung der Betreuer ist meines Erachtens eine strengere Auswahl notwendig. Oftmals wird über den Kopf der Betreuten hinweg ohne Rückkopplung mit der Familie Betreuung angeordnet und wird ein Betreuer ernannt. Verwandte sollten aber viel stärker berücksichtigt werden, wenn sie denn eine Betreuung übernehmen wollen. Damit wäre auch das ehrenamtliche Engagement bei weitem größer.

Meine Damen und Herren, die Anzahl der Betreuungspetitionen, wenn ich sie einmal so nennen darf, hat im Rechtsausschuss zugenommen. Sie richten sich häufig gegen die Art und Weise der Betreuung und gegen den Umgang der Betreuer mit den Betreuten. Immer dann, wenn die Betreuer meinen, sie hätten jetzt das Bestimmungsrecht über die Betreuten, kommt es zu diesem Spannungsfeld. Sie arbeiten dann nicht kommunikativ, sondern verweigern sich der Familie und bestimmen das, was sie für richtig halten. In allen diesen Fällen bleibt dann nur der Gang zum Gericht, bleibt nur

der Gang der Beschwerde und zur Rücksprache mit dem Richter. Insoweit bedarf es meines Erachtens auch einer strengeren Beaufsichtigung der Betreuer. Insbesondere darf die Zahl der Betreuten der einzelnen Betreuer nicht zu hoch sein, weil diese sonst ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen können.

(Beifall bei der CDU)

In diesem Zusammenhang müssen auch eine inhaltliche Kontrolle der Betreuten und der Betreuungen stattfinden und eine Qualitätssicherung erfolgen. Um die Qualität der Betreuungen zu verbessern, müsste eine berufsbegleitende Fortbildung der Betreuer eingeführt werden. Auch der ehrenamtliche Betreuer müsste eine solche zusätzliche Ausbildung erfahren. Das Land Bayern tut das gerade. Das könnten wir auf Länderebene auch bei uns einführen.

Wir sind uns im Ausschuss über diesen Antrag einig, und wir unterstützen diesen Antrag in unveränderter Form.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Schröder vertritt die Auffassung der Fraktion der Grünen.

(Frau Vockert [CDU]: Da müssen wir noch einmal aufhorchen!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wir unterstützen die in dem Antrag der SPDFraktion aufgestellten Forderungen. Sie sind alle richtig und liegen im Wesentlichen auf der Linie des Eckpunktepapieres, das von einer interfraktionellen Arbeitsgruppe des Bundestages zum Reformbedarf im Betreuungsrecht erarbeitet wurde.