Protocol of the Session on June 12, 2002

Da ich weiß, dass die Redner der Fraktionen gleich noch auf die Begründung eingehen werden, erlaube ich mir, den Rest des Berichts zu Protokoll zu geben. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

(Zu Protokoll:)

Zu Beginn der Beratung im federführenden Ausschuss für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht erläuterte ein Vertreter der Fraktion der SPD den Antrag seiner Fraktion.

Der Sprecher der CDU-Fraktion im Ausschuss erklärte, dass die SPD-Fraktion mit diesem Antrag die angeblichen Erfolge der von ihr getragenen Landesregierung in der Verwaltungsreform feiern lassen wolle. Der Antrag sei substanzlos und bleibe Antworten auf viele Fragen, z. B. nach der Anzahl der in Niedersachsen abgebauten Behörden, der gestrichenen Verwaltungsvorschriften oder der Download-Angebote, schuldig. Ohne eine Bestandsaufnahme zu den Themenbereichen, auf die sich die Forderungen der SPD-Fraktion bezögen, sehe sich seine Fraktion aber nicht in der Lage, die im eGovernment in Niedersachsen erreichten Standards zu beurteilen. Sie werde den Antrag daher ablehnen.

Darauf erwiderte ein Vertreter der SPD-Fraktion, dass die im Antrag erhobenen Forderungen an die Landesregierung notwendige, richtungsweisende Maßnahmen für die Zukunft aufwiesen. Die Auswahl der technischen Lösungen, mit denen Verwaltungsreform im Allgemeinen und eGovernment im Besonderen weiterentwickelt werden solle, überlasse seine Fraktion dagegen vertrauensvoll der Landesregierung.

Der Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Ausschuss führte aus, dass fast alle den Forderungen der SPD-Fraktion zugrunde liegenden Themenbereiche schon Gegenstand gemeinsam verabschiedeter Entschließungen gewesen seien. Neu sei nur die Ziffer 8 des Antrages. Gerade aber die in der Ziffer 8 verwendeten Formulierungen würden nicht der aktuellen Situation auf dem Gebiet der Qualifizierung der Beschäftigten entsprechen. Die Mittelansätze blieben nach wir vor weit hinter dem angemeldeten Bedarf zurück. Er könne daher dem Antrag nur zustimmen, wenn die Ziffer 8 gestrichen werden würde.

Mit der Streichung dieser Ziffer erklärten sich die Vertreterinnen und Vertreter der SPD-Fraktion im Ausschuss einverstanden.

Die mitberatenden Ausschüsse für innere Verwaltung und für Rechts- und Verfassungsfragen haben sich diesem Beratungsergebnis mehrheitlich angeschlossen.

Namens des Ausschusses für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht bitte ich Sie daher, der vorliegenden Beschlussempfehlung in der Drucksache 3423 zuzustimmen.

Herr Kollege Hepke, bitte schön! Sie sprechen zum SPD-Antrag.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit unserem Antrag, den wir im vorletzten Tagungsabschnitt in den Landtag eingebracht haben, haben wir eine Bestandsaufnahme über die bisherige Arbeit der Verwaltungsreform in Niedersachsen getroffen. Außerdem haben wir klare Aufträge für die Zukunft erteilt. Die Beratung dieses Themas im Landtag und auch unser Antrag machen deutlich, dass die Bedeutung der Verwaltungsreform häufig überschätzt wird. Das Thema ist nicht spektakulär, wie man auch an den reichlich gelichteten Reihen hier im Plenarsaal sehen kann.

(Adam [SPD]: Aber die Fachkompe- tenz ist dabei!)

- Schönen Dank, Herr Kollege.

(Althusmann [CDU]: Sie meinte er aber nicht! - Gegenruf von Adam [SPD]: He, he!)

- Ach so, ich hatte mich schon angesprochen gefühlt, wie ich zugeben muss. - Also: Dieses Thema ist nicht sehr spektakulär und wird in der Öffentlichkeit häufig auch nicht so zur Kenntnis genommen. Es schafft aber die Voraussetzung dafür, dass der Staat seine Aufgaben als Dienstleister - so verstehen wir ihn - uneingeschränkt und mit großer Effektivität durchführen kann. Die Schritte, die im Rahmen der Verwaltungsreform getroffen werden, haben Auswirkungen auf alle Bereiche der Verwaltung und damit letztendlich auch auf die Politik.

Mit dem Beschluss, den der Landtag heute - davon gehe ich aus - fassen wird, treffen wir die Feststellung, dass das Land Niedersachsen auf diesem Gebiet vieles erreicht hat. Dies lassen wir uns auch nicht von der vereinigten Opposition schlechtreden.

(Beifall bei der SPD - Althusmann [CDU]: Das Pfeifen im Walde!)

Diesen Erfolg haben die Landesregierung, aber auch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung erreicht, die - offensichtlich im Unterschied zu Ihnen - nach unserer Meinung in ihrer großen Mehrheit leistungsfähig und leistungsbereit sind.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, konkrete und konstruktive Kritik ist notwendig. Wir sind auch daran interessiert. Aber mies machen lassen wir uns die Verwaltungsreform nicht.

Bei den Beratungen im Ausschuss haben Sie von der Opposition keinerlei Vorschläge gemacht, wie der Antrag zu verbessern wäre. Damit hatten wir eigentlich gerechnet. Ich schließe daraus, dass es wahrscheinlich keine Verbesserungsvorschläge gibt. Jedenfalls haben Sie keine entdeckt. Das spricht für den Antrag.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Verwaltungsreform ist ein fortdauernder Prozess, der ständige Anstrengungen erfordert. Ein Endstadium wird es hier nicht geben. Wir werden versuchen, alle Ziele anzustreben, aber wir werden sie sicherlich nicht in vollem Umfang erreichen. In unserem Antrag nennen wir klare Ziele für die Zukunft. Die wichtigsten Punkte sind die Überprüfung von Rechtsvorschriften auf die Vereinbarkeit mit den modernen Informations- und Kommunikationstechniken, die Schaffung einer elektronischen Vorschriftensammlung, die Schaffung von erweiterten Informationsmöglichkeiten für alle Bürgerinnen und Bürger, interaktive Angebote der Landesverwaltung für die Bürger und Verbesserung der Rechtssicherheit zum Nutzen aller. Wir möchten klarstellen, dass es auch weiterhin Angebote für die Bürgerinnen und Bürger geben muss, die die elektronischen Medien nicht nutzen können.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der ersten Beratung dieses Antrages hat Herr Althusmann zum wiederholten Male versucht, negative Beispiele aus der Arbeit der Verwaltung zu finden.

Wir kennen den Spruch: Wer lange sucht - ich nehme an, es war recht lange -, der wird schließlich auch das eine oder andere finden. Herr Althusmann, mir würde das irgendwann langweilig werden, immer nur die negativen Aspekte zu suchen. Das wäre für mich nicht sehr erbaulich. Man muss auch einmal etwas Positives suchen. Das machen Sie vielleicht auf anderen Gebieten, aber hier haben Sie offenbar Schwierigkeiten damit. Damit Ihre Beispiele nicht als alleinige Beispiele dastehen, habe ich einige positive Beispiele herausgesucht. Es gibt sicherlich noch weitere.

Zunächst möchte ich das Gewerbeaufsichtsamt Hannover nennen. Dieses Amt hat in eigener Zuständigkeit Kundenworkshops eingerichtet mit dem Ziel, die neuen Vorschriften mit den Kunden - im Wesentlichen mit den Betrieben - zu erörtern und gemeinsam mit ihnen zu überlegen, wie diese Vorschriften am besten umgesetzt werden können. Das ist ein positiver Aspekt dieser Verwaltungsreform.

Einige Finanzämter haben so genannte Servicecenter eingerichtet, bei denen die Bürgerinnen und Bürger beispielsweise Änderungen von Steuerkarten oder Bescheinigungen aus den Steuerkarten sofort erledigen bzw. abholen können. Andere Dinge können sie mit den Sachbearbeitern direkt vor Ort besprechen. Dann kommen sie in vollem Umfang zufrieden gestellt aus dem Finanzamt zurück, jedenfalls was den Verwaltungsablauf betrifft. Ob der Besuch finanziell erfreulich war, ist natürlich eine andere Frage. Die Öffnungszeiten wurden erheblich ausgedehnt. Meine Fraktion konnte sich vor ein paar Tagen beim Finanzamt in Wilhelmshaven davon überzeugen, dass dort das Projekt „Finanzamt 2003“ - das war Gegenstand der letzten Landtagssitzung - zügig fortgeführt wird und bereits sehr interessante Ergebnisse gebracht hat.

Als Letztes nenne ich die Amtsgerichte Vechta, Bad Iburg und Jever, die die Kundenzufriedenheit in einem Benchmarking-Projekt - zu Deutsch: Bestenvergleich - überprüft haben. Die Ergebnisse waren z. B. Veröffentlichungen von Zwangsversteigerungsobjekten im Internet. Alle Urteile werden - natürlich ohne Namen - im Internet veröffentlicht. Nutzer des Internets sind also jederzeit in der Lage, auf diese Informationen zurückzugreifen. Diese interessanten Beispiele machen deutlich, dass es auch positive Entwicklungen gibt.

Meine Damen und Herren, die Maßnahmen der Verwaltungsmodernisierung müssen fortgeführt werden. Dies geschieht nach unserer Meinung in enger Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Personalräte, der betroffenen Gewerkschaften, aber auch der Kundinnen und Kunden der Behörden und Einrichtungen, wo immer dies möglich ist.

In der ersten Beratung haben die Fraktion der CDU und die Fraktion der Grünen versucht, ihre Alternativen darzustellen. Ich sage bewusst „versucht“, weil ich nicht den Eindruck habe, dass es ihnen gelungen ist. Es gibt entweder Kritik an Einzelbeispielen oder an einzelnen Mitarbeitern. So einfach werden wir es Ihnen jedoch nicht machen. Die Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung können sich darauf verlassen, dass die erfolgreiche Politik der Landesregierung und der sie tragenden SPD-Fraktion fortgesetzt wird. Die Verwaltungsreform erfordert Kontinuität. Wir sind uns sicher, dass uns die Bürgerinnen und Bürger Niedersachsens im kommenden Jahr den Auftrag hierfür erteilen werden. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU: Das hat Herr Höppner auch ge- sagt!)

Danke schön, Herr Kollege Hepke. - Jetzt spricht Herr Kollege Althusmann. Bitte schön!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werter Kollege Hepke, lassen Sie mich bei aller persönlichen und menschlichen Wertschätzung vorweg eines sagen: Die Aufbruchstimmung in Ihrer Rede war so stark, dass das Landesparlament bei geradezu knisternder Stimmung mitbekommen hat, wie es in Sachen Verwaltungsreform in Niedersachsen weitergehen soll. Wir haben hier ganz erstaunt gesessen, lieber Kollege Hepke, mussten uns aber über Ihre Ausführungen wundern.

(Beifall bei der CDU – Frau Leusch- ner [SPD]: Schauen Sie doch einmal in Ihre Reihen! - Plaue [SPD]: Das war der panzerpolitische Sprecher der CDU-Fraktion! - Weitere Zurufe von der SPD - Glocke der Präsidentin)

- Lieber Herr Plaue, erst einmal denken, drücken, sprechen. Wenn Sie dann zur Ruhe gekommen sind, werde ich versuchen, mich mit Ihrem Antrag auseinander zu setzen, obwohl es die Mühe eigentlich gar nicht wert wäre.

Meine Damen und Herren, wenn es einen letzten Beweises bedurft hätte, dass die SPD-Landtagsfraktion an einem bisher schon fast chronischen Realitätsverlust in Sachen Verwaltungsreform leidet, dann wäre das dieser Antrag, der die Modernisierung der niedersächsischen Landesverwaltung, lieber Kollege Rabe, keinen einzigen Zentimeter voranbringen wird.

(Adam [SPD]: Gehen Sie doch einmal in die Ämter! Wir waren da!)

Weder Bürgerorientierung noch Serviceorientierung werden durch diesen Antrag im Lande Niedersachen in irgendeiner Form bewegt werden. Was an diesem Antrag viel schlimmer ist, ist, dass Sie den völlig falschen Eindruck erwecken wollen, dass die Verwaltungsreform in Niedersachsen in den letzten zwölf Jahren - oder besser: in den letzten acht Jahren - entscheidend vorangekommen wäre. Das Gegenteil ist der Fall.

Eines möchte ich gerade in Bezug auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung sagen: Diese können in der Regel überhaupt nichts dafür, sondern das Grundsystem der Verwaltungsreform in Niedersachsen war falsch angelegt.

Meine Damen und Herren, es ist schon bitter für eine SPD-Fraktion, wenn der eigene Ministerpräsident das Scheitern der Verwaltungsreform in Niedersachsen eingesteht

(Zurufe von der SPD: Hat er nicht! Stimmt nicht!)

und laut der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 11. Juni dieses Jahres und laut rundblick vom 10. Juni dieses Jahres den Arbeitskreis Verwaltungsreform zum Ende einer Legislaturperiode – wörtlich - „wiederbeleben“ will.

(Zuruf von Adam [SPD])

Im rundblick, lieber Herr Adam, ist nachzulesen, dass die Abteilungsleiter vor allen Dingen das weitgehende Fehlen einer Aufgabenkritik bemängelt haben. Die Vorschläge der Arbeitsgruppe Aufgabenkritik, die vor einigen Jahren von sich reden gemacht hatte, seien in keiner Weise umgesetzt worden. Laut der Hannoverschen Allgemei

nen Zeitung vom 11. Juni könne es nicht angehen, dass Bürger zwölf Jahre lang auf die Planreife einer 8 km langen Straße warten müssten. - Diese Einsicht ist wohl richtig, aber ich frage Sie allen Ernstes, wer seit zwölf Jahren eigentlich die Verantwortung im Lande Niedersachsen trägt.

(Beifall bei der CDU)

Die Verantwortung in Niedersachsen in Sachen Verwaltungsreform tragen Sie und nicht wir. Wer ist denn für eine weitgehende Resignation, Demotivation und auch Enttäuschung bei den 200 000 Mitarbeitern in der Landesverwaltung verantwortlich? Wer treibt denn seit zwölf Jahren mit falschen Zahlen und einer atemberaubenden Ankündigungspolitik, die nicht hält, was sie verspricht, ein relativ falsches Spiel mit der Öffentlichkeit?

(Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, in der Regierungserklärung vom 23. Juni 1994 wird angekündigt - ich habe den Kabinettsbeschluss hier -, dass in Niedersachsen eine umfassende Reform der Landesverwaltung durchgeführt werden soll. Es werden - 1994! - vier Hauptziele angestrebt: Reduzierung der Aufgaben der Landesverwaltung, Minimierung des Verwaltungsaufwandes, Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Optimierung des Einsatzes von Landesmitteln. Im August 1995 kündigen die Abgeordneten Gabriel und Oppermann an, sich endlich auch einmal so richtig tief ins eigene Fleisch schneiden zu wollen. Die Antwort, die sie daraufhin von dem Vorsitzenden des Sachverständigenrates, Herrn Rieger, erhalten, ist letztendlich ernüchternd. Er sagt: Es fehlt der Reform nicht an Sachverstand und gutem Willen in den Reformgremien, wohl aber fehlt es manchmal an hinreichend gutwilliger Befassung und nicht selten an entschiedenen politischen Vorgaben. Verkrustung, so sagt Herr Rieger damals, braucht gelegentlich einen energischen politischen Willen, der weiß, wie sie zu überwinden ist. Sonst kommt Reform nur selten über den Kreis der Gewohnheit hinaus. - Die Vorschläge des Herrn Rieger, der dann von dem damaligen Ministerpräsidenten Schröder in die Wüste geschickt wurde, von 1996 und 1997 liegen uns vor. Dicke Bücher sind von der Sachverständigenkommission verfasst worden: Gesamtkonzept zur dauerhaften Senkung der Personalkosten, Vorschläge für eine Aufgabenkritik in Niedersachsen, Vorschläge für eine Veränderung und Untersuchung der Mittelinstanz, Vorschläge

zur Reduzierung und Verlagerung von Aufgaben von den Bezirksregierungen auf die Kommunen - alles liegt vor, und alles ist von Ihnen 1996, 1997 und 1998 letzten Endes versenkt worden.

Am 21. April schließlich kündigt der neue Fraktionsvorsitzende der SPD mehr Tempo an. Er will mehr Tempo bei der Verwaltungsreform. Dieser Fraktionsvorsitzende - Herr Gabriel - möchte also im April 1998 mehr Tempo. Am 28. April kündigt Herr Gabriel an: Die SPD-Fraktion macht Druck bei der Verwaltungsreform. - Kurze Zeit später, im Juli 1998, folgt ein großer Antrag der SPDFraktion zur Staatsmodernisierung und Verwaltungsreform, unterschrieben von Herrn Fraktionsvorsitzenden Gabriel. Im Juli 1998 sagt Herr Gabriel - im rundblick nachzulesen -: Wir nennen es Verwaltungsreform, aber an den Maßstäben des preußischen Beamtenrechts gemessen ist doch vieles, was wir machen wollen, eher eine Verwaltungsrevolution. - Herr Gabriel kündigt 1999 eine Änderung im Bereich der Agrarstrukturverwaltung an: Agrarämter vor dem Aus. Am 13. September 1999 fordert Herr Gabriel die Einsparung von 5 000 Personalstellen. Herr Gabriel will die Bergbehörden in Goslar abschaffen.