(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht! Weitere Zurufe von der CDU - Glocke des Präsidenten)
- Ja, das ist leider der Fall: Gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Ich kann das voll bestätigen. Herr Wulff, genau das Gleiche habe auch ich gestern gedacht, als ich den Brief zum ersten Mal gelesen habe. Wenn er gut gemeint war, kann man sagen: Er hat versucht, die schulfachlichen Dezernate - das sind die Dezernate 402 für die Grund-, Haupt- und Realschulen sowie die Orientierungsstufen, 403 für die Gesamtschulen und 404 für die Gymnasien; für die berufsbildenden Schulen gilt ein anderes Verfahren - zu einem einheitlichen Handeln zu veranlassen. Deshalb hat er an die schulfachlichen Dezernate geschrieben. Ob er bei ihnen ein Defizit bezüglich ihrer Kenntnisse über das Presserecht vermutet hat und sie deshalb darüber informieren wollte, kann ich an dieser Stelle nicht sagen. Wir werden das vielleicht aber noch nachtragen können.
Herr Präsident! Frau Ministerin, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Sie für die Schulen, die Eltern und die Lehrkräfte nach Ihren Worten mehr Transparenz schaffen wollen, nicht aber verschleiern möchten, frage ich Sie, ob Sie die Anweisung des Controllers, bloße Prozentzahlen in Zukunft nicht zu veröffentlichen, zurücknehmen werden, da bisher alle Beteiligten mit Prozentzahlen gearbeitet haben, uns diese Prozentzahlen im Kultusausschuss seit einem Jahr aber regelmäßig verwehrt werden, obwohl wir sie immer wieder einfordern.
(Frau Seeler [SPD]: Weil Sie keine Prozentrechnung können! Sonst könnten Sie das selbst ausrechnen!)
Meiner Meinung nach ist auch dieser Satz auf Seite 2 des Briefes klarstellungsbedürftig. Deshalb habe ich gesagt: Wir werden es tun.
- Ich sage Ihnen das jetzt. Nicht so aufgeregt! „Bloße Prozentzahlen“ meint - deshalb vorhin: gut gemeint, schlecht ausgeführt -, dass die Prozentzahl erklärungsbedürftig ist. Das sagen doch auch Sie. Wenn z. B. ein Gymnasium eine Unterrichtsversorgung von 96 % hat, dann ist das ungünstiger, als wenn eine Hauptschule eine Unterrichtsversorgung von 96 % hat, weil der Zusatzbedarf größer ist. Das wissen Sie doch alles; denn wir haben darüber im Ausschuss schon etliche Male diskutiert. Das bedeutet also: Wir möchten gern, dass die Prozentzahlen so erläutert werden, wie Herr Golibrzuch es gefragt hat, nämlich: Wie viele Lehrer-Ist-Stunden sind an einer Schule vorhanden? Wie viele Stunden hat die Schule demgegenüber prognostiziert und angemeldet? Daraus kann man die Unterrichtsversorgung errechnen. Das können wir im Kultusausschuss gern weiter so machen, Frau Vockert. Dann bringen wir einen Rechner mit. Wenn Sie das Soll als 100 % festsetzen und dem das Ist gegenüberstellen, dann ergibt sich die prozentuale Unterrichtsversorgung.
- Ja, das ist Transparenz. Sie haben immer eingefordert, dass die Eltern wissen müssten, was es bedeutet, wenn eine Schule 93 % Unterrichtsversorgung hat: Kann sie dann noch die Stundentafel erfüllen? Kann sie dann noch den Förderunterricht durchführen? Das muss meines Erachtens dargestellt werden.
- Ja, hat er auch. Deshalb weiß er auch, wie schwierig es ist, mit diesem Erlass in der Öffentlichkeit aufzutreten. Das ist ein Planungserlass, ein Steuerungserlass. Deshalb bin ich der Meinung, dass die Prozentzahlen allein zu wenig aussagen. Deshalb werden wir hier etwas ändern und eine Klarstellung vornehmen, weil er ja geschrieben hat: Bloße Prozentzahlen sollen nicht veröffentlicht werden. Sie sollen erklärt werden. - Das ist der Sinn, der hinter dieser Bemerkung steckt.
Wir sollten einmal die Daten über die Unterrichtsversorgung des letzten Jahres nehmen; denn ich bin der Meinung, dass sie ein gutes Beispiel und
auch sehr interessant sind, wenn es darum geht, die Prozentzahlen einzuschätzen. Im letzten Jahr hatten wir bei der Unterrichtsversorgung Eckwerte - Schülerstunden pro Kopf, Klassenfrequenzen etc. -, die etwa denen aus der Mitte der 80er-Jahre entsprachen. Sie wissen, warum ich das sage. Raten Sie einmal, was Sie angesichts der 97 %, die wir ausgewiesen haben, auf der Grundlage des Erlasses, den Sie damals herangezogen haben, für eine Unterrichtsversorgung dargestellt hätten. Genau 104 %! An diesem Beispiel sehen Sie, wie relativ dieser Erlass ist. Es ist ein reiner Steuerungserlass.
Frau Ministerin, ich möchte noch einmal auf die tatsächliche Unterrichtsversorgung im Regierungsbezirk Lüneburg zurückkommen. Sie haben vorhin ausgeführt, dass diesem Regierungsbezirk 239 Stellen zugewiesen worden seien. Es war der Eindruck entstanden - bei mir jedenfalls -, dass diese Stellen durch das Clearing-Verfahren gelaufen sind. Jetzt frage ich Sie: Wie viele Stellen sind im Regierungsbezirk Lüneburg tatsächlich beantragt worden?
Es ist nicht so, dass die Bezirksregierungen bei uns Stellen beantragen. Vielmehr ist es so, dass der Landesgesetzgeber, das Parlament, entscheidet, wie viele Stellen und zusätzliche Stellen im Stellenplan jeweils ausgewiesen werden. Diese Stellen können dann exakt vergeben werden, und zwar nach dem Ersatzbedarf und dem Bedarf, den die Schulen angemeldet haben. Die Schulen melden ihren Bedarf aufgrund der Lage an, die ich vorhin geschildert habe. Grundlage für die Schulen ist ihre Vermutung über die Zahl der Abgänge im zweiten Halbjahr, wobei immer noch ein Zusatzbedarf auftritt. Von daher ist die von mir genannte Zahl der Zuweisungen richtig. Es gibt keine Stellenbeantragung, sondern wir weisen die Stellen zu.
Mit diesen Stellen sollen die Planungswerte erreicht werden, die wir vorgeben. Diese Planungswerte sehen in diesem Jahr so aus - deshalb ist das mit „Sinkflug“ falsch -, dass wir im Durchschnitt an 98 % herankommen. Wir müssen sehen, ob dieser Werte auch in Uelzen erreicht werden kann. Wenn nicht, soll mit Springerstellen nachgesteuert werden, wie ich bereits gesagt habe.
Vor dem Hintergrund dieses Verschleierungserlasses - so haben wir ihn bezeichnet - frage ich Sie, Frau Ministerin: Sie haben hier erklärt, dass Ihnen die Praktiken der Unterrichtsversorgungsbehörden bisher nicht bekannt gewesen und Ihnen erst gestern durch diesen Brief bekannt gemacht worden seien. Wie vereinbart sich diese Aussage mit einem Brief aus Ihrem Hause an die Dezernenten vom 30. Juli 2001, mit dem die Dezernenten auf die gleiche Art und Weise angewiesen werden, keine prozentuale Rechnung vorzulegen und z. B. zu schreiben: „Aus gegebenem Anlass möchte ich Sie noch einmal bitten, dafür Sorge zu tragen, dass bei nach außen gerichteten Schreiben an die Bezirksregierungen so verfahren wird wie hier beschrieben.“? Danach wird noch auf Folgendes hingewiesen: „Ich bitte, in Zukunft folgende Formulierungen zu verwenden.“ Das heißt, hier wird ein Einheitsbrei mit Verschleierungsüberlegungen gemacht.
Es wird aber nicht im Detail auf die Unterrichtsversorgung einzelner Schulen hingewiesen. Dieses Schreiben liegt hier vor, Frau Ministerin.
Zunächst einmal haben Sie mir unterstellt, ich hätte vorhin gesagt, mir seien die Verfahren aus dem Ministerium nicht bekannt. Ich benutze jetzt nicht das Wort „Praktiken“, weil ich von Verfahren gesprochen habe. Ich habe gesagt: Selbstverständlich sind sie mir bekannt. Selbstverständlich ist mir auch dieser Brief bekannt, der aus dem letzten Jahr stammt.
Ich habe Ihnen auch gesagt, dass ich durchaus der Meinung bin, dass die Prozentzahlen erläuterungsbedürftig sind.
Ich war der Meinung, dass wir uns bisher darüber einig waren. Es gab zumindest im Kultusausschuss Einigkeit. Wenn Sie die Prozentzahl aus Soll und Ist nicht errechnen können, dann tun wir das für Sie.
(Plaue [SPD]: Mit einer Excel-Tabelle kann man das machen! - Wulff (Os- nabrück) [CDU]: Sie sind doch ablösungsreif!)
Herr Klare, das, was Sie unter Einheitsbrei verstehen, ist unsere Aufgabe. Wir haben zu gewährleisten, dass es einheitliche Vorgaben darüber gibt, wie bestimmte Dinge zu beantworten sind, weil - das möchte ich Ihnen deutlich sagen - ich hier immer sehr detailliert über einzelne Schulen Auskunft geben muss. Das verlangen Sie von mir. Dann möchte ich auch von den Dezernenten keine unterschiedliche Darstellungsweise bekommen, sondern ich möchte Darstellungen, mit denen ich einen Vergleich herstellen kann. Das ist für ein Ministerium notwendig. Deshalb wird das in der Bezirksregierung kein Einzelfall bleiben, sondern wir werden das für alle Schulabteilungen klarstellen. Wie ich es dargestellt habe, wird es einheitliche Darstellungen zu den Prozentzahlen geben.
Frau Ministerin, vor dem Hintergrund, dass mein Kollege Heiner Ehlen mir eben berichtet hat, dass er am Beispiel der Realschule Zeven und am Beispiel des Gymnasiums Bremervörde Ähnliches erlebt hat, wie ich es am Beispiel der beiden Schulen in Verden geschildert habe, nämlich dass sich Schulleiter von der Bezirksregierung eingeschüchtert fühlen und deshalb nicht möchten, dass Abgeordnete hier den Wünschen der Eltern entsprechend Anfragen stellen, frage ich Sie, ob es nicht angemessen wäre, dass Sie die Pfingstferien dazu nutzten, einen Brief an die Schulleiter zu formulieren, um ihnen den Rücken zu stärken.
Die Schulleiter sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Ressorts und meines Fachbereiches. Das ist schon einmal klar. Es ist die Führungsebene. Diese Führungsebene hat mit dafür zu sorgen, dass ein sorgfältiger Unterrichtsausgleich geschaffen wird. Diese Führungsebene weiß auch, dass sie auf Ihre Nachfragen zu antworten hat. Das hat überhaupt nichts mit Ängsten zu tun, sondern das hat etwas mit Darlegungspflicht zu tun. Wir haben viele Ressourcen zur Verfügung gestellt und geben viel Geld für den Bildungsbereich aus. Deswegen hat das Parlament das Recht auf eine Darlegung, wie diese Ressourcen verwendet werden und ob sie so verwendet werden, wie wir es in unseren Vorgaben für die Schule festgelegt haben. Es geht nicht um Angst oder Nichtangst, sondern es geht darum, dass eine sorgfältige Darlegung stattfindet. Bei Nachprüfungen haben wir leider häufiger festgestellt, dass nicht so dargelegt worden ist, wie es notwendig wäre, und Stunden unter Umständen
Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Es gibt die klare Vorgabe, dass die Stunden, die an einer Schule zur Verfügung stehen, vorrangig für die Erteilung der Stundentafel zu verwenden sind. So schreiben wir ihnen das auch. Wie viele Stunden brauchen die Schülerinnen und Schüler, damit die Stundentafel erteilt wird? - Es gibt aber Schulleiter, die finden, dass ihre profilierte Schule sehr viele AGs haben muss. Dann wird die Stundentafel zum Teil zugunsten von Arbeitsgemeinschaften gekürzt. Das ist erlasswidrig. Zunächst ist sicherzustellen, dass die Schülerinnen und Schüler den Unterricht bekommen, der in der Stundentafel festgelegt ist.
Wenn da Angst entsteht, dann hat das etwas mit dem inneren Dienstverhältnis zu tun, nämlich damit, dass wir ganz deutliche Vorgaben machen, wie mit den Stunden umzugehen ist. Das ist in jeder Firma so, wenn es um Geld geht. Bei uns ist es kein Finanzbudget, sondern ein Stundenbudget. Über die Verwendung dieser Stunden ist Rechenschaft abzulegen, auch von Schulleiterinnen und Schulleitern, die in die Führungsebene gehören und dieses Geschäft im Augenblick zusammen mit den Dezernenten betreiben müssen.
Es geht zunächst einmal um ein Miteinander in diesem Prozess. Wir haben es jetzt erreicht, dass uns die Schulleiter offen sagen, was sie benötigen. Dann wird ausdiskutiert und zugewiesen. Dieses Verfahren findet gerade statt. Es ist klar, dass es Aufregung verursacht, wenn eine Schule feststellt, dass drei oder vier Lehrkräfte gehen und noch nicht klar ist, wie viele Zugänge es gibt. Dann ist das auszuhalten, weil der Dezernent die Aufgabe hat, die fehlenden Lehrerstellen, wenn er keine neuen zuteilt, durch Versetzungen und Abordnungen auszugleichen. Das werden Sie dann wieder nachfragen können. Ich bitte Sie darum, dass Sie das tun.