Protocol of the Session on May 16, 2002

Diese Benachteiligung von Landesteilen macht sich natürlich auch fest an Hochschulen in Lüneburg, und sie macht sich auch fest an Hochschulen in Oldenburg.

(Plaue [SPD]: Verdichtungsräume!)

Darüber müssen wir reden, und an der Stelle lassen wir Sie mit Ihrem Antrag auch nicht durchkommen.

Wir wollen, dass eine gleichmäßige, an der wissenschaftlichen Qualität im Land ausgerichtete Verteilung von Fördermitteln stattfindet. Sie werden weder im Hochschulenhaushalt noch im

Schuletat, geschweige denn mit der Vergabe der VW-Vorab-Mittel diesen Qualitätskriterien gerecht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat der Kollege Busemann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch meine Wortmeldung kommt aus dem ländlichen Raum. Ich bin nun schon einige Jahre und Jahrzehnte in der Politik unterwegs und habe da so meine Beobachtungen gemacht, wie gewisse Grundstrukturen aussehen. Bei den Sozialdemokraten stelle ich z. B. immer wieder fest - das gilt für die kommunalpolitische wie auch für die landespolitische Ebene -, dass sie einen merkwürdigen Hang zu Konzentrationsprozessen und zum Leistungsabbau haben. Wenn die SPD Raumordnung macht, richtet sich das unter dem Strich immer gegen den ländlichen Raum und für die großen Einheiten. Deshalb sagen wir im Emsland auch immer: Wenn sie uns schon kein Geld geben, dann sollen sie uns wenigstens in Ruhe lassen, z. B. mit Raumordnungsprogrammen.

(Beifall bei der CDU)

Oder, Herr Plaue, wenn Sie sich an Verwaltungsreform heranmachen, was auch immer daraus wird: Es geht merkwürdigerweise immer in Richtung große Einheiten und große Standorte. Intelligente dezentrale Lösungen kommen von Ihnen einfach nicht.

(Biel [SPD]: Herr Busemann, ist Ih- nen bekannt, dass Ihre kommunalen Spitzen das ganz anders sehen?)

- Lassen Sie mich doch reden! Sie können nachher ja auch noch etwas sagen.

(Biel [SPD]: Herr Busemann, Sie sind nie zu Hause, deswegen wissen Sie gar nicht, was bei Ihnen los ist! Ihre kommunalen Spitzen sehen das ganz anders!)

Oder wenn ich sehe, wie Sie den kommunalen Finanzausgleich machen: Erst einmal ist er generell unterfinanziert, und dann wird kurioserweise immer die Fläche benachteiligt und werden be

stimmte andere Standorte begünstigt. - Sie stellen das zwar immer ganz anders dar, aber ich gebe Ihnen dies einfach einmal als persönliche Beobachtung mit.

Jetzt picke ich mir einen ganz bestimmten Bereich heraus - Herr Golibrzuch hat ihn auch angesprochen -, an dem deutlich wird, dass Sie zu Konzentrationsprozessen neigen und die Fläche benachteiligen. Ich meine die Schulpolitik. Da mag in Gottes Namen jeder sein eigenes Weltbild haben. Sie haben das Fernziel, aus Niedersachsen ein Gesamtschulland zu machen.

(Möhrmann [SPD]: Und welches ha- ben Sie?)

- So weit, so gut, Herr Kollege. - Aber wenn ich dann z. B. sehe, dass Sie die Förderstufen nicht mehr an jeden selbstständigen Haupt- und Realschulstandort geben wollen - Sie kommen mit Ausnahmeregelungen und mit „dies und das“ -, dann bedeutet das faktisch, dass bis zu 600 Hauptund Realschulstandorte in Niedersachsen in Frage gestellt sind, und zwar gerade in der Fläche, obwohl es dort absolut profilierte Realschulstandorte gibt.

(Möhrmann [SPD]: Genau das Ge- genteil ist der Fall, Herr Kollege!)

Das heißt, im Zuge eines solchen Konzentrationsprozesses vernachlässigen Sie wohnortnahe Schulangebote. Es wird ausgedünnt, und die Fläche ist wieder mal die Benachteiligte.

(Beifall bei der CDU - Frau Goede [SPD]: Das ist doch total verkehrt!)

Nehmen wir den Bereich der beruflichen Bildung und hier z. B. den Klassenbildungserlass. Sie mögen das zwar wohlfeil mit Worten wie „Modernisierung“ umschreiben und darstellen, warum das so sein muss. Aber angesichts auch dort irgendwann einmal zurückgehender Schülerzahlen bedeutet das unter dem Strich eine Ausdünnung des berufsschulischen Angebots gerade in der Fläche. Langfristig werden irgendwo wieder Standorte sterben. Das kommt dabei heraus.

Der Kollege Golibrzuch hat die Unterrichtsversorgung angesprochen. So dürftig sie insgesamt schon ist - faktisch liegt sie im Durchschnitt nur noch bei 86 % -: In den ländlichen Bereichen sieht das zum Teil noch viel schlechter aus. Wenn wir wissen, dass wir den Lehrernachwuchs nicht haben - weil

wir hier zehn Jahre und länger gepennt haben -, wenn wir wissen, dass von den ausgeschriebenen Stellen jetzt schon ein Fünftel nicht mehr ausschreibungsgerecht besetzt werden konnte, und wenn wir feststellen, dass vor allem der ländliche Raum wieder der Bereich ist, wohin die jungen Lehrer nicht gehen bzw. wohin wir sie nicht bekommen, dann ist das gegen den ländlichen Raum gerichtet.

(Möhrmann [SPD]: Und was wollen Sie jetzt beweisen? - Dass Sie mehr Lehrer hätten einstellen müssen, und zwar rechtzeitig, Herr Kollege! Sie hätten rechtzeitig handeln müssen und das Problem nicht zehn Jahre lang schönreden dürfen nach dem Motto „Das kriegen wir schon hin“ und mit statis- tischen Tricks „Gebt mal Ruhe, es ist schon alles in Ordnung.“ - Zu welchem Drama das führt, werden Sie erleben! Ich komme noch zu einem anderen Punkt, dem Grünen Plan. Darüber mag man reden, und darüber mag man ja auch streiten. Aber wenn Sie den ge- beutelten Kommunen, die nun wirklich kein Geld mehr für Schulbaumaßnahmen haben, sagen, „Grüner Plan, ihr könnt ja mal machen, aber Geld geben wir euch nicht“, dann gaukeln Sie ihnen doch lediglich Möglichkeiten vor, die sie faktisch nicht haben, eben weil Sie ihnen das Geld dafür nicht geben. (Biel [SPD]: Der Obergaukler steht aber da vorne in der Bütt!)

So weit zum Komplex Schule. Jetzt komme ich zur Kulturförderung generell.

Wir wollen im Wendland, im Emsland oder in Ostfriesland keine Opern, Schauspielerhäuser oder diese Dinge haben. Das ist so weit schon in Ordnung. Aber wenn ich dann sehe, dass die Landschaftsverbände nur noch 43 000 Euro pro Jahr bekommen und davon Kultur- und Vereinsförderung usw. betreiben sollen, dann kann ich nur sagen, dann geht es im Land Niedersachsen nicht gerecht zu. Das sollten Sie sich auch einmal hinter die Ohren schreiben.

(Beifall bei der CDU - Adam [SPD]: Das war auch ein bisschen sehr daneben!)

Meine Vorredner haben auch schon die Verkehrsund Strukturpolitik angesprochen. Für mich war es

in den letzten Jahren immer wieder Thema, auch im Emsland, zu begründen, warum es richtig ist, dass unsere Landeshauptstadt Hannover die EXPO hat, warum es vertretbar ist, dass Gemeindeverkehrsfinanzierungsmittel über den ÖPNV sehr stark in die Landeshauptstadt gesteuert werden. Schließlich wurde immer gesagt: Irgendwann danach ist die Fläche dran.

Aber wenn ich mir die laufenden Haushalte angucke, sehe ich dieses Signal zugunsten der Verkehrs- und Strukturpolitik in der Fläche weiß Gott nicht.

(Plaue [SPD]: Dann müssen Sie da einfach einmal reingucken!)

Ich warte auf Ihre Vorschläge, wie Sie da etwas aufholen wollen. Herr Golibrzuch hat das ganz prima dargestellt. Große Würfe mit einer Strukturwirkung vor allem für die Fläche - wie sie es z. B. der Transrapid oder der Tiefwasserhafen gewesen wären - kann ich bei Ihnen beileibe nicht erkennen.

(Lachen bei der SPD - Adam [SPD]: Was? - Möhrmann [SPD]: Das darf noch nicht wahr sein!)

- Was denn? Was haben Sie denn realisiert? Seit 20 Jahren reden wir hier schon über den Transrapid. Seit zwölf Jahren regieren Sie. Was ist denn daraus geworden?

(Beifall bei der CDU - Lachen bei der SPD - Adam [SPD]: Busemann, du machst alles kaputt, was Golibrzuch für euch aufgebaut hat)

Nun will ich Ihnen einmal sagen, warum aus vielen Dingen auch gar nichts werden konnte. Mit Berichten sind Sie ja immer ganz flott. Das war auch 1992 schon so. Da haben Sie geschrieben: „Für den Bundesverkehrswegeplan hat das Land keine neuen Fernstraßen angemeldet.“ - Dann dürfen Sie sich auch nicht wundern, wenn heute keine gebaut werden und wenn das nicht vernünftig läuft.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt darf ich noch daran erinnern, mit wie viel Hirn damals Verkehrspolitik angedacht wurde:

„Bei der Einschränkung des PkwVerkehrs geht die Landesregierung mit gutem Beispiel voran. Dienstfahrräder in Ministerien und Behörden,

rad- und bahnfahrende Minister und Ministerinnen.“

Aus dem Geist heraus haben Sie hier Verkehrspolitik machen wollen. Die Ergebnisse sind heute offenkundig; da dürfen Sie sich auch nicht wundern.

Ich kann nur sagen, meine Damen und Herren: Es geht nicht gerecht zu im Lande Niedersachsen!

(Beifall bei der CDU - Adam [SPD]: Platt!)

Jetzt hat sich die Wirtschaftsministerin Frau Dr. Knorre gemeldet.

(Biel [SPD]: Es darf sich jeder melden von der CDU, aber nicht Herr Buse- mann! Was zu euch geflossen ist, da muss jeder noch mal hingucken! Und jetzt stellt er sich hier hin und erzählt solche Märchen! Es ist ja auch richtig, dass ihr was gekriegt habt! Aber so dürft ihr hier nicht reden!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung lehnt es ab, so, wie es die CDUFraktion tut, abschätzig von „der Fläche“ zu reden.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU: Was?)

Wir haben in Niedersachsen starke, erfolgreiche und selbstbewusste Regionen, und darauf kommt es an.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Wir haben starke Regionen in der Luft- und Raumfahrtindustrie. Wir haben eine der bundesweit stärksten Regionen für die Biotechnologie. Wir haben eine der stärksten Regionen mit einem Schwerpunkt im Bereich Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft. Wir haben einen der stärksten Logistikstandorte in Niedersachsen, und wir haben mit die stärksten und erfolgreichsten touristischen Destinationen, die Deutschland zu bieten hat.