Ich hatte u. a. darauf hingewiesen, dass die aktuellen Überlegungen, in Niedersachsen einen zusätzlichen Standort für den Frauenvollzug zu suchen, beispielsweise die JVA Hildesheim in eine Frauenanstalt umzuwandeln, nach unserer Überzeugung zu einer sinnvollen Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes für den Frauenvollzug in Niedersachsen führen sollten. In der Beratung im Unterausschuss hat das Ministerium darüber Auskunft gegeben, dass die Justizvollzugsanstalt in Hildesheim frühestens im Jahre 2004/2005 für den Frauenvollzug zur Verfügung stehen könnte, und zwar dann, wenn beispielsweise die JVA Rosdorf in Betrieb gegangen ist. Die Standorte Vechta und Hildesheim würden dann zu einer Einheit zusammengelegt, sodass ein einheitlicher Frauenvollzug in Niedersachsen stattfinden wird. Die Ausrichtung dieser Anstalt wird - so das Ministerium - in enger Abstimmung mit der JVA Vechta/Frauen festgelegt werden.
Weiterhin wurde vom Ministerium klargestellt, dass im Hinblick auf die künftige Gestaltung des Frauenvollzuges in Niedersachsen die Anstalt in
Vechta bereits ein Grobkonzept erarbeitet hat, das im Hinblick auf die im Antrag gestellten Forderungen lediglich noch der weiteren Verfeinerung bedarf. Die Überlegungen der Anstalt gehen dahin, in der Jugendabteilung und in der Mutter-KindAbteilung im geschlossenen Vollzug gezielt eine Persönlichkeitsförderung zu betreiben, Antiaggressions-, Antigewalt- und Konfliktbewältigungstraining anzubieten sowie die soziale Kompetenz der Frauen zu fördern. Neben der inhaltlichen Ausgestaltung soll auch der voraussichtliche Personalbedarf ermittelt werden, sodass die Anstalt alsbald - ich betone: alsbald - ein sorgfältig ausgearbeitetes Konzept vorlegen wird, das dann im Unterausschuss zur Beratung ansteht.
Der Antrag der SPD-Fraktion beinhaltet - ich wiederhole das, damit Sie alle sich das einprägen, vor allen Dingen die Kollegin Müller -, dass die Landesregierung ein Konzept zur Verbesserung des Behandlungsvollzuges in der JVA Vechta/Frauen entwickeln und vorlegen soll. Meine Damen und Herren, diesem Begehren des SPD-Antrages ist mit den von mir gerade vorgetragenen, vom Ministerium erarbeiteten und bereits durchgeführten Maßnahmen in vollem Umfang Rechnung getragen worden, sodass überhaupt nicht nachzuvollziehen ist, warum und mit welcher Zielsetzung darüber hinaus der Antrag der SPD-Fraktion nun aufrechterhalten bleiben soll. Er hat sich, meine Damen und Herren, ganz und gar erledigt. Warum heute über einen bereits erledigten Antrag noch eine zweite Beratung und eine Beschlussfassung herbeigeführt werden soll, ist völlig unerfindlich und konnte von der SPD-Fraktion überhaupt nicht schlüssig begründet werden. Ich sage Ihnen einmal, meine Damen und Herren: Das, was wir jetzt hier machen, ist, liebe Kollegin Elke Müller, ein bisschen wie Haarwasser: Es schadet nichts und nützt nichts. Es ist Ihr Geheimnis, weshalb Sie heute noch auf einer weiteren Beratung bestehen.
Wir haben im Unterausschuss nicht zögerlich, nicht zurückhaltend, sondern sehr sachgerecht beantragt, den Antrag für erledigt zu erklären, weil dieser Antrag erledigt ist. Diesem sehr vernünftigen Antrag unsererseits ist - die Gründe werden die SPD-Kolleginnen und -Kollegen vielleicht kennen; wir kennen sie nicht - nicht gefolgt worden. Von daher, liebe Frau Kollegin Müller, ist es völlig klar, dass wir heute bei Stimmenthaltung bleiben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als wir gegen Ende der vorangegangenen Wahlperiode einen vergleichbaren, wenn auch inhaltlich wesentlich besser fundierten und besser begründeten Antrag vorgelegt haben, haben Sie von der SPDFraktion erklärt: Das brauchen wir nicht, wir haben ein Konzept, Sie laufen offene Türen ein, der Antrag ist erledigt. - Heute legen Sie einen Antrag vor, mit dem wir schlicht beschließen sollen, dass die Landesregierung aufgefordert wird, ein Konzept für junge Frauen und junge Mütter in der JVA Vechta vorzulegen. Dabei handelt es sich um einen Antrag, den wir Ihnen in vergleichbarer Weise vielleicht dutzendfach pro Plenarsitzung vorlegen könnten und der sicherlich - die Kollegin hat das gesagt - nicht schadet, aber auch wenig nützt.
Wir finden es natürlich immer gut, wenn sich die Landesregierung Gedanken machen soll. Hinter einem solchen Antrag der Regierungsfraktion steckt ja auch zumindest ein Körnchen Kritik. Denn wenn Sie das für notwendig halten, Frau Kollegin Müller, dann heißt das ja: Dort steht nicht alles zum Besten, wie es uns in der Vergangenheit gesagt worden ist. Zumindest ist es offenbar notwendig, solche Konzepte einzufordern. Das ist so ziemlich der einzige Grund, liebe Frau Kollegin, weshalb wir uns bei diesem Antrag nicht der CDUFraktion anschließen, sondern zustimmen nach dem Motto: Schauen wir mal, welches Konzept dabei herauskommt.
Ich möchte die mir verbleibende Redezeit dazu nutzen, um der Sache auch mal ein bisschen inhaltliche Würze zu geben und zu sagen, was aus unserer Sicht in einem solchen Konzept stehen sollte.
Erstens. Für die jugendlichen Gefangenen in Vechta - das ist eine relativ kleine Gruppe - ist es besonders wichtig, die schulischen und beruflichen Bildungschancen zu verbessern, die Angebote auszubauen.
Zweitens. Gerade unter dem Gesichtspunkt des sozialen Lernens ist es notwendig, den Wohngruppenvollzug und die Freizeitangebote zu verbessern.
Drittens müssen für jedes einzelne dieser jungen Mädchen und jede einzelne dieser jungen Frauen individuelle Hilfepläne erarbeitet werden, um Defizite und Probleme aufarbeiten zu können.
Ferner haben wir das Problem - das gilt für alle Frauen im Vollzug -, dass sich der Frauenvollzug auf eine Anstalt im Westen des Landes konzentriert. Wir brauchen dringend Angebote in der Mitte bzw. im Osten Niedersachsens. Da bietet sich die Umnutzung der vorhandenen JVA Hildesheim an. Sie wissen, das ist eine Anstalt, die für ausbruchswillige männliche Gefangene eher eine sportliche Herausforderung darstellt, die aber von der Lage her gut geeignet ist, um dort auch Frauenvollzug zu machen.
Für inhaftierte Frauen und Männer gilt gleichermaßen, dass der Schutz von Ehe und Familie oder auch die neuerdings von allen Parteien beschworene Familienpolitik hinter Gittern aufhört, keine Rolle spielt. Ungefähr die Hälfte der Frauen hat Kinder, in Vechta zum Teil sogar bis zu zwei Drittel. Selbst in der Jugendanstalt Hameln gibt es rund 30 junge Männer, die Kinder haben. Man schätzt, dass im Erwachsenenvollzug etwa 30 bis 40 % der Inhaftierten Kinder haben. Die Möglichkeiten, die es hierzu bisher in Vechta gibt, sind völlig unzureichend. Das ist zwar ein wichtiger Einstieg gewesen, aber er ist nicht weiterentwickelt worden. Im geschlossenen Vollzug gibt es die Möglichkeit, dass Mütter mit Kindern bis zu drei Jahren zusammen sein können, und im offenen Vollzug bis zu sechs Jahren. Geschwisterkinder und ältere Kinder werden nicht berücksichtigt. Jahr für Jahr werden Ehefrauen - manchmal auch Ehemänner - und Kinder mit bestraft, wenn der Vater bzw. der Partner ins Gefängnis muss. Auf diese Weise werden 100 000 Menschen Jahr für Jahr mit bestraft und müssen darunter leiden, dass der Freiheitsentzug langwierige Anfahrten, sehr kurze Besuchszeiten und restriktive Bedingungen bedeutet.
Es ist dringend notwendig, dass wir einen familiengerechten Vollzug bekommen, und zwar nicht nur für die Frauen, sondern auch für die Männer. Das schließt Langzeitbesuchsmöglichkeiten als Standard in allen größeren Anstalten ein - also nicht nur in Vechta, sondern auch in Hannover, auch in der Jugendanstalt Hameln. Es muss die Möglichkeit bestehen, in einer privaten, intimen Atmosphäre auch mal einen Tag, eine Nacht, ein Wochenende gemeinsam verbringen zu können; denn der Kontakt zu Kindern oder auch eine stabile
Paarbeziehung, die selbst den Bedingungen der Haft standhält, sind natürlich ganz wichtige Chancen für eine Reintegration in das normale Leben. Deswegen erwarten wir ein Konzept, das die Situation für Mütter verbessert, aber insgesamt die Weichen für einen familiengerechten Vollzug auch in Niedersachsen stellt. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich noch einmal ganz kurz äußern und fange mit Herrn Schröder an. Inhaltlich, meine ich, liegen wir überhaupt nicht weit auseinander. Aber Sie sagen ausgerechnet, die Bildungs- und Ausbildungsangebote müssten verbessert werden. Gerade im Hinblick hierauf ist in Vechta in den letzten Jahren sehr viel getan worden.
Man hat sich insbesondere auf Bildungsangebote für Frauen spezialisiert. Sie wissen, dass das bei kleinen Gruppen immer ganz schwierig ist. Nachdem man zu Beginn versucht hatte, mit der Anstalt für männliche Jungtäter gemeinsame Ausbildungsprogramme zu gestalten, macht man das inzwischen, nachdem das nicht funktioniert hat, allein für die Frauen in Vechta.
Auf diesem Gebiet ist also eine ganze Menge getan worden. Auch sozialterapheutische Ansätze sind vorhanden. Mit dem, was in den letzten Jahren dort gemacht worden ist, hat man recht gut arbeiten können, aber - damit komme ich noch einmal zu Frau Körtner - die Klientel hat sich in den letzten Jahren völlig verändert. Die jungen Frauen, die heute in Vechta einsitzen, haben einen völlig anderen Erfahrungs- und Gewalthintergrund, als das in früheren Jahren der Fall war. Wenn inzwischen in Vechta daran gearbeitet wird, ein neues Konzept aufzustellen, dann hat das auch etwas damit zu tun, dass wir einen solchen Antrag eingebracht haben. Dass erste Überlegungen angestellt werden und dass das gemeinsam mit dem Ministerium geschieht, halten wir für selbstverständlich. Wir meinen, es war wichtig, diesen Anstoß zu geben, um erneut darüber nachzudenken.
Frau Präsidentin! Liebe Kollegin Elke Müller, es ist völlig unbestritten: Wir liegen gar nicht weit auseinander. Sie loben die Anstalt Vechta wegen der guten Arbeit. Diese Anstalt hat mit sehr viel Mühe ein fantastisches Konzept entwickelt, analog zu dem, was in Ihrem Antrag steht. Das Ministerium hat uns das im Unterausschuss vorgestellt. Sie waren mit allem einverstanden. Das Ministerium wurde gelobt. Alles, was in Ihrem Antrag steht, ist erledigt.
Stellen Sie sich doch bitte nicht hier hin und erzählen so etwas! Wenn Sie Ihrem Ministerium nicht trauen, dann tut es mir Leid, dann ist das Ihr Problem.
Wir sagen ganz klar, und wir lassen uns da von Ihnen auch nicht in die Suppe spucken: Wir stehen hinter jeder Verbesserung eines Behandlungsvollzuges in diesen Bereichen. Nur, diese Konzepte sind bereits erarbeitet, sie sind auf den Weg gebracht. Warum Sie hierzu einen erledigten Antrag in eine Beschlussfassung überführen wollen, ist wirklich Ihr Geheimnis. Aber das müssen Sie verantworten. Dazu müssen Sie stehen. Allerdings lassen wir uns von Ihnen nicht vorhalten, dass wir bestimmte Dinge zögerlich angingen.
Wir kommen zur Abstimmung. Wenn Sie der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechtsund Verfassungsfragen in der Drucksache 3359
zustimmen wollen, bitte ich um Ihr Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? - Bei vielen Stimmenthaltungen ist dieser Antrag angenommen worden.
Tagesordnungspunkt 13: Zweite Beratung: Neues Leitbild für die niedersächsische Steuerverwaltung - Projekt Finanzamt 2003 - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/3188 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht - Drs. 14/3361
Dieser Antrag wurde in der 101. Sitzung am 13. März 2002 an den Ausschuss für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht überwiesen. Auch hier ist eine Berichterstattung nicht vorgesehen.
Zur Beratung hat sich die Frau Kollegin Leuschner zu Wort gemeldet, die für die SPD-Fraktion spricht.
war es unser Anliegen, das vor über zwei Jahren durch den Niedersächsischen Finanzminister initiierte Projekt zur grundlegenden Reform der Steuerverwaltung in Niedersachsen zu unterstützen.
Meine Damen und Herren, ich werde auch im Hinblick darauf, dass dies heute der letzte Tagesordnungspunkt ist, nicht noch einmal alle Punkte unseres Antrages aufzählen. Nur so viel: Das Reformprojekt soll, nachdem dem Lenkungsausschuss Anfang 2003 alle Ergebnisse vorliegen, flächendeckend in allen niedersächsischen Finanzverwaltungen eingeführt werden. Sie wissen von den Modellprojekten in 24 Finanzämtern, die schon abgeschlossen sind und die sich mittlerweile bewährt haben. Wichtig ist uns auch, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Erfahrungen in ein solches Projekt einbringen und es damit verbessern.
Dieses Reformprojekt beinhaltet- das ist mittlerweile bekannt - mehrere Etappenschritte, die wir von der SPD-Landtagsfraktion nachdrücklich unterstützen. Dabei geht es im Wesentlichen darum, dass grundlegende wirtschaftliche und technologische Wandlungsprozesse die Steuerverwaltung vor ganz neue Herausforderungen stellen. Wir wollen diese Herausforderungen mit den Beschäftigten gemeinsam gestalten.
Die Rahmenbedingungen der Steuerverwaltung haben sich in den letzten Jahren nachhaltig verändert. Auf diese Herausforderung reagieren wir. Eine unserer Antworten ist das Projekt Finanzamt 2003. Ziel ist es, ein zukünftiges Leitbild zu entwickeln. Ich meine, dass wir hier auf einem guten Weg sind. Wir setzen innerhalb dieses Prozesses bewusst auf das Wissen und Können der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch auf externen Sachverstand.
Deswegen- das habe ich im März schon einmal erwähnt - ist es wichtig, dass die Erkenntnisse des Beauftragten für Staatsmodernisierung, des Landesrechnungshofes und der Gewerkschaften mit einfließen, Herr Althusmann,
Wichtig, meine Damen und Herren, ist auch die Evaluierung des Projekts. Wir fordern deshalb in unserem Antrag die Landesregierung auf, durch ein Projektcontrolling im Sinne einer Zielerreichungskontrolle die Projektarbeit zu ermöglichen, damit den Projektauftrag sicherzustellen und über die Ergebnisse zu berichten. Wir halten es für wichtig, dass innerhalb des Gesamtprozesses auch die Erfahrungen ausländischer Steuerverwaltungen genutzt werden.
Wir wollen die konsequente Weiterentwicklung elektronischer Dienste wie ELSTER und der rechtssicheren elektronischen Signatur, und wir begrüßen es, dass das Projekt Finanzamt 2003 endlich sowohl die Zukunftsfragen einer modernen Steuerverwaltung als auch den Aufbau eines serviceorientierten und effizienten Verwaltungsteils innerhalb der Landesverwaltung in Angriff nimmt.
Umso mehr hat mich bei den Beratungen verwundert, dass Sie, Herr Althusmann, nicht dem Gesamtanliegen unseres Antrages Rechnung getragen haben, sondern sich mehr bei der Kritik von Detailproblemen, die bei der praktischen Umsetzung in diesem Projekt eindeutig erstehen können - ich sage einmal - ereifert haben und dem Gesamtprojekt Ihre Absage erteilen werden. Auch Sie, meine Damen und Herren, müssen wissen, dass Effizienz und Leistungsfähigkeit notwendige Voraussetzungen sind, um die Gemeinschaft beispielsweise vor Steuerkriminalität schützen zu können. Das ist in Zukunft wichtiger denn je.