Ebenfalls für die Fraktion der SPD, aber insbesondere zu Tagesordnungspunkt 25, spricht Herr Kollege Wolf.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin meinem Vorredner Uwe-Peter Lestin dankbar, dass er darauf hingewiesen hat, dass wir uns beim Thema Schwarzarbeit nicht nur auf das Bauwesen konzentrieren sollten. Ich habe das vor Jahren schon gesagt, und ich sage das hier noch einmal mit Nachdruck. Man könnte lange darüber referieren, wo bundesweit schwarzgearbeitet wird. Das ist längst nicht nur auf dem Bau. Ich sage es bewusst als jemand, der vom Bau kommt.
Meine Damen und Herren, zu Ihrem Antrag. Wir haben uns ja auf kommunaler Ebene seit geraumer Zeit in Zusammenarbeit mit den Kreishandwerkerschaften und der Arbeitsverwaltung intensiv und auch mit Erfolg des Themas angenommen. Ich kann das für meinen Landkreis Holzminden sagen; und ich habe selbstverständlich auch nachgeguckt, wie die Gifhorner das nach ihrem Modell machen. Da kann man durchaus auch etwas kopieren, etwas abschreiben. Jedenfalls hat sich unser Landkreis daran orientiert. Ich kann auch sagen, dass wir die ersten sichtbaren Erfolge vorzuweisen haben. Ich meine, das ist der richtige Weg.
Nun muss ich sagen: Meine Damen und Herren von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, es ist schön, dass Sie sich dieses volkswirtschaftlich brisanten Themas nun auch angenommen haben und es hier einbringen. Das soll keine Rüge sein. Im Gegenteil; ich will Sie ja loben. Es soll die nüchterne Feststellung sein. Je mehr Gesellschaftsschichten sich dieser Thematik annehmen, umso größer wird der öffentliche Druck gegenüber diesem rasant ansteigenden Unwesen sein. Das ist meine persönliche Meinung. Ich möchte sie hier einmal wiedergeben.
Es ist bekannt, dass der Sektor Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung der am stärksten wachsende Wirtschaftszweig in Deutschland ist. Eine lückenlose Bekämpfung ist daher dringend notwendig, weil illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit nicht nur rechtswidrig sind, sondern auch die Funktionsfähigkeit der Sozialsysteme gefährden und die Lohnnebenkosten in die Höhe treiben, was die Arbeitsstunde eines Handwerkers noch weiter verteuert. Auch das sollten wir bei den Überlegungen mit einbeziehen und deutlich sagen.
Allerdings müssen wir zwischen den Begriffen „Schwarzarbeit“, „Leistungsmissbrauch“ und „illegale Beschäftigung“ unterscheiden. Eines ist ihnen jedoch gemeinsam: Sie stellen strafbare Handlungen dar und müssen mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden. Nicht umsonst heißt es in der Handwerksordnung: „Wer aus Gewinnsucht nebenberufliche Tätigkeiten gegen Entgelt ausübt, macht sich strafbar.“
Im Kampf gegen die Schwarzarbeit hat es daher seit 1998 zwei Bundesratsinitiativen zu diesem Thema gegeben. Darüber hinaus hat die Bundesregierung im Dezember 2001 einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der gegenwärtig im Bundesrat beraten wird. Meine Damen und Herren, Sie kön
nen daraus erkennen, dass sich alle staatlichen Ebenen ernsthaft mit diesem Thema befassen, um dauerhaft mittels eines Netzwerkes die volkswirtschaftlich schädigenden Umtriebe einzudämmen.
Nun noch einige Ausführungen zur Nachbarschaftshilfe. Die Nachbarschaftshilfe - das haben Sie richtig umschrieben - ist in Niedersachsen traditionell angesiedelt. Das sollte auch so bleiben, wenn es sich um echte Nachbarschaftshilfe handelt. Manches Einfamilienhaus konnte in der Vergangenheit nur fertig gestellt werden und wird auch zukünftig nur fertig gestelllt werden können, wenn die „Muskelhypothek“ ein wesentliches Element der Gesamtfinanzierung dargestellt hat bzw. darstellt.
Die Errichtung einer Zentralstelle, die nach einer Ausschreibung weit auseinander liegende Angebote prüft, ist entbehrlich. Aufgrund der Vergaberichtlinie werden bereits heute durch die Auftrag gebenden Behörden Vergleiche angestellt. Bei einer Abweichung vom Nächstbietenden um 10 % muss der Unternehmer auf Verlangen seine Kalkulation, getrennt nach Lohn- und Stoffkosten, aufdecken. Zuständig sind jetzt schon die jeweiligen Rechnungsprüfungsämter der Städte und Landkreise. Ich kann nur daran appellieren, dass bei solchen unterschiedlichen Ergebnissen bitte von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird. Manche machen das leider noch nicht. Auch das muss man hier einmal deutlich sagen.
Über die prozentuale Verteilung der eingenommenen Bußgelder zwischen den beteiligten Institutionen, lieber Herr Hagenah, wird man allerdings ernsthaft verhandeln müssen. Ich vertrete den Standpunkt: Wer sich ernsthaft bemüht, die Schwarzarbeit einzudämmen, und dabei Ausgaben hat, sollte auch angemessen an den Einnahmen beteiligt sein. - Schönen Dank.
Herr Kollege Hagenah möchte noch einmal das Wort ergreifen. Ihm stehen dafür noch gut dreieinhalb Minuten zur Verfügung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist ganz wichtig - gerade nachdem Herr Beckmann heute so steil eingestiegen ist und uns einen Grundkurs im Denken von Haus & Grund Hannover vorgetragen hat -, gleich beim ersten Rundumschlag durch alle Felder, die mir aus den vergangenen zehn Jahren nur allzu gut bekannt sind, hier gleich gegenzuhalten und deutlich zu machen, dass wir nicht nur die Bühne gewechselt haben, Herr Beckmann - wir sind jetzt hier im Landtag -,
sondern dass in einigen Bereichen auch andere Fakten vorliegen, die Sie jetzt erst einmal zur Kenntnis nehmen müssen.
Der bundesweite Durchschnitt beträgt 41 %. Wir unterscheiden uns da sehr stark von den anderen Bundesländern, weil hier - das sind auch die aktuellen Zahlen - überdurchschnittlich viel investiert und gebaut worden ist, gerade im Eigenheimsektor.
Die Baulandpreise in Niedersachsen haben in den vergangenen Jahren stagniert, Herr Beckmann, und sind sogar zurückgegangen.
Eine Förderung oder Subventionierung von öffentlicher Seite ist angesichts der in der Zwischenzeit real weiter gestiegenen Löhne und Einkommen geradezu absurd.
Die Bauabzugsteuer, Herr Beckmann, ist für jeden einigermaßen seriösen Handwerker und Bauherrn überhaupt kein Problem mehr, weil schon nach wenigen Tagen alle Handwerker, denen ich begegnet bin, zumindest eine entsprechende Freistellungserklärung beigebracht haben, weil sie diesen ganzen Apparat gar nicht erst auslösen wollten. Das Gesetz hat das ausdrücklich vorgesehen. Jeder, der einigermaßen professionell wirtschaftet, wird sie auch haben.
Zur Frage der Erhaltungssatzungen und dem, was damit zusammenhängt, und all den anderen Instrumenten der Wohnungsbewirtschaftung: Da haben Sie im Augenblick Konjunktur, weil derzeit Leerstände sind. Aber Sie haben auch Recht mit Ihren Ausführungen darüber, wie schnell es plötzlich zu diesen Leerständen gekommen ist. Das sind nämlich die letzten zwei, drei Jahre gewesen. Sie haben auch Recht, dass die Auseinandersetzung darüber zehn Jahre gedauert hat, womit wir mal wieder Recht haben, dass Sie sieben Jahre lang gegen Windmühlen gekämpft haben, als es nämlich noch Wohnungsnot gab und diese Instrumente dringend gebraucht worden sind. In dem Moment, als diese Instrumente nicht mehr marktgerecht waren, sind sie entsprechend maßvoll modifiziert worden, was völlig richtig ist.
In diesem Sinne hoffe ich, dass wir, da wir das einmal ausgetauscht haben, in Zukunft das Plenum davon verschonen können, diese Auseinandersetzung weiter zu treiben.
Herr Wolf, der 10-%-Erlass ist uns bekannt. Es ist auch gut und richtig, dass wir ihn eingeführt haben. Nach Einführung des 10-%-Erlasses haben wir aber zum Teil gemeinsam, zum Teil getrennt die Gespräche mit den Kommunen geführt. Uns ist deutlich gemacht worden, dass das lokale Rechnungsprüfungsamt, das lokale Bauamt im Kreis überhaupt nicht die fachlichen Kompetenzen haben, weil sie nur einmal in zehn oder 20 Jahren einen Schulkomplex, eine neue Turnhalle oder ein Spezialbauvorhaben haben und weder mit den Techniken, die angeboten werden, noch mit den unterschiedlichen Kalkulationen so professionell umgehen können, wie es jemand macht, der über eine Bezirksregierung oder auf Landesebene alle halbe Jahre oder alle paar Monate ein solches Bauvorhaben hat. Für diesen Zweck halten die Regionen und lokalen Fachleute eine solche bündelnde Funktion und Beratungsfunktion auf Landes- und Bezirksebene für geboten. Ich bitte Sie, darüber noch einmal nachzudenken.
Der CDU-Fraktion steht keine Redezeit mehr zur Verfügung, sodass ich die Wortmeldung des Kollegen Möllring jetzt nicht aufrufen kann. Aber nun
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach den ausführlichen Darstellungen der Fraktionen nur zu vier Punkten einige Worte.
Erstens. Es ist deutlich geworden: Dass wir hier über Schwarzarbeit im Zusammenhang mit der Bauwirtschaft diskutieren, ist wahrscheinlich auch ein Wahrnehmungsproblem in der Wirtschaft, weil jeder sieht, wo überall gebaut wird. Meine erste Feststellung ist, dass Schwarzarbeit nur da funktioniert, wo zwei zusammenspielen: Der eine gibt den Auftrag, und der andere nimmt das Geld. Wenn dies das Spiel ist, das in vielen Regionen und vielen Branchen unserer Wirtschaft stattfindet, dann gibt es eine relativ einfache Lösung: nämlich ein bisschen mehr Zivilcourage, ein etwas verändertes Anzeigeverhalten, damit all die Instrumente, die eben aufgezählt wurden, auch wirksam werden können. Ich bin sicher, dass die Unternehmer unter Konkurrenzgesichtspunkten genau wissen, an welcher Stelle mit illegalen Mitteln Preise gemacht werden und Aufträge geholt werden. Ich bin sehr sicher, dass auch die Gewerkschaften einen ziemlich guten Überblick darüber haben, wo Unternehmen Beschäftigte im Markt haben, die unter Schwarzmarktbedingungen arbeiten.
Die Reaktion auf diese Situation, Herr Beckmann, ist nun zweideutig. Sie haben hier auf der einen Seite gefordert: Weg mit den Regulierungsmaßnahmen! Auf der anderen Seite treffen wir ständig die Verbandsvertreter und die Unternehmensvertreter, die sagen: Wir brauchen einen Schutz gegen illegales Handeln im Baubereich, im Handwerksbereich und in sonstigen Bereichen. - Der Staat hat da reagiert, wo die Selbstheilungskräfte des Marktes nicht funktioniert haben. Deshalb haben wir so etwas wie ein Tariftreuegesetz, weil offensichtlich Tarife unterschiedlich unterschritten werden überschritten werden sie ja wohl selten. Wir haben so etwas wie eine Mindestlohnverordnung gemacht, um uns gewissermaßen gegen das Eindringen von illegal Beschäftigten aus Ländern zu schützen, die von Tariftreue noch nie etwas gehört haben. Deshalb gibt es auch so etwas wie eine Abzugssteuer, die nichts anderes bedeutet, als die schwarzen Schafe auszumerzen, die im Markt versuchen, mit illegalen oder unsauberen Voraussetzungen zu agieren.
Der zweite Punkt ist, dass wir uns darüber unterhalten müssen, dass vieles von dem, was hier vorgeworfen wird, als Reglementierung für den öffentlichen Sektor zwar greift, aber für den privatwirtschaftlichen Bereich nicht. Der öffentliche Sektor mit seinem Auftragsvolumen steht aber in gar keinem Verhältnis zu dem, was im privatwirtschaftlichen Raum eine Rolle spielt. Deshalb besteht auch hier ein Missverhältnis in der Schwerpunktsetzung.
Dritter Punkt. Da wird es dann in der Frage der Bekämpfung von Schwarzarbeit in Verbindung mit Wohnungsbaupolitik ganz makaber. Wenn Sie meinen, dass Sie einen hochsubventionierten Markt - das ist der Baumarkt, das ist der Wohnungsmarkt in Deutschland - durch eine zusätzliche Subvention über die Hälfte der Mehrwertsteuer - das ist ja Ihr Ansatz - noch stärker in die Subventionen treiben können, die Sie an anderer Stelle bekämpfen, und damit der Schwarzarbeit praktisch den Boden entziehen, ist das, glaube ich, eine Milchmädchenrechnung.
Denn solange die Schwarzarbeit preiswerter angeboten werden kann als ein heruntersubventionierter Lohnanteil im Preis, werden Sie Schwarzarbeit haben. Das ist eben auch Marktwirtschaft. So funktioniert sie. Das müssen wir sehr objektiv und offen ansprechen.
Wenn man das dann noch volkswirtschaftlich oder steuerpolitisch bewertet, dann ist Ihr Vorschlag sogar ein Vorschlag, bei dem es nur einen Verlierer gibt. Das ist der Fiskus, weil die Anteile von Lohnsubvention natürlich höher zu Buche schlagen als das, was Sie an Teilrechnungen im Bereich der Absenkung der Umsatzsteuer gegenrechnen können. Dass Sie dann einen Gesamtfinanzierungseffekt, den niemand quantifizieren kann, gegenrechnen, weil die Menschen plötzlich alle ehrlich werden, damit mehr Steuern hereinkommen und sich das System damit selbst finanziert - ich glaube, das ist ein bisschen im Sinne von Milchmädchenrechnung und gutem Glauben.
Zusammengefasst muss man, glaube ich, sagen, dass wir im Augenblick die Wohnungswirtschaft, in der Tat eine wichtige Branche, sehr sorgfältig in
ihrer Motorfunktion für die Wirtschaftspolitik beobachten müssen. Keine Frage! Aber das, was Sie angeboten haben, um zu mehr Impulsen zu kommen, zu mehr Beschäftigung zu kommen, sind alles die aufgearbeiteten Vorurteile der Vergangenheit, und Sie stellen es in einen krassen Gegensatz zu dem, was die Fachleute aus den Bausektor gleichermaßen fordern. Ich habe das einleitend gesagt. Die Abzugssteuer läuft ohne Probleme und merzt die schwarzen Schafe aus. Wir haben die Tariftreue, weil wir sie am Bau auch wollen. Wir haben die Kontrollinstanzen einschließlich Gifhorner Modell eingebaut, sodass, wenn es gewollt wird, auch kontrolliert werden kann.
Aber eines ist klar: Wenn sich die grundsätzliche Einstellung zur Schwarzarbeit nicht ändert, werden Sie durch Kontrollinstanzen das Übel nie ausmerzen können, weil Sie immer hinter den Tätern herlaufen. Insofern ist der Versuch, präventiv tätig zu werden, zu loben, Herr Beckmann. Das, was Sie als Instrumentarium angeboten haben, taugt leider nicht.
Die Fraktion der CDU möchte zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung. Bis zu drei Minuten, Herr Kollege Möllring!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister, mit dem Letzten, was Sie gesagt haben, haben Sie 100prozentig Recht. Wenn es keine gesamtgesellschaftliche Ächtung der Schwarzarbeit gibt, sondern sie zur Gewohnheit oder gar zum Gewohnheitsrecht wird, dann werden wir immer weiter in die Schwarzarbeit sinken. Deshalb nützt es auch nichts, so gut die Gifhorner Modelle usw. sind. Wenn wir neben jeden Arbeiter einen Aufpasser stellen, wird sich der Arbeiter immer noch überlegen, wie er dem Aufpasser entkommen kann, weil er nicht einsieht, dass er derart kontrolliert wird. Deshalb muss man die Ursachen der Schwarzarbeit so sehen.