Nennen wir die Investitionshemmer doch einmal beim Namen. Obwohl längst keine Wohnungsnot mehr herrscht, muss ein privater Investor nach Umwandlung eines Miethauses in Eigentumswohnungen zehn Jahre warten, bis er selbst in diese von ihm gekaufte Wohnung einziehen kann. Zehn Jahre lang ist in vielen Städten in Niedersachsen eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ausgeschlossen, weil der Mieter angeblich so lange braucht, um eine neue Wohnung zu finden.
Meine Damen und Herren, wer sich die Landschaft heute ansieht, muss feststellen, dass das geradezu grotesk ist.
Landauf, landab stehen Wohnungen zuhauf leer, und der Immobilienmarkt wird nach wie vor durch Regelungen aus der wohnungspolitischen Mottenkiste belastet. Für die Bauwirtschaft, die maßgeblich von Investitionen in die eigenen vier Wände profitieren würde, bedeutet dies Umsatzeinbußen in nicht zu beziffernder Millionenhöhe.
Ein anderes Beispiel: Stichwort „Wohnraumzweckentfremdungsverordnung“. In vielen Städten Niedersachsens - so auch in der Landeshauptstadt Hannover - können Bußgelder von bis zu 50 000 Euro verhängt werden, wenn eine Wohnung leer steht, weil unterstellt wird, dass dies mit Absicht geschieht. Leer stehender Wohnraum kann nicht in Gewerberaum umgewandelt werden, was bedeutet, dass Flächen - wenn sie überhaupt vermietet werden können - weiter als Wohnungen zu Mieten vermietet werden müssen, die angesichts der geänderten Marktverhältnisse nicht einmal ausreichen, um davon auch nur die Instandsetzungskosten bezahlen zu können. Meine Damen und Herren, Ausbau, Modernisierung, energiesparende Maßnahmen - all das unterbleibt, weil es schlicht nicht finanzierbar ist.
Auch der private Investor muss sich den Marktverhältnissen anpassen. Der Skandal ist nur, dass die Politik nicht das tut, was von ihr erwartet wird, dass die Politik auch gar nicht zur Kenntnis nimmt, wie sich die Welt verändert hat.
Dazu, meine Damen und Herren, passt ein weiteres Stichwort, und dieses Stichwort, Herr Hagenah, kennen Sie ganz besonders, weil Sie nämlich daran mitgewirkt haben, dass in der Stadt Hannover eine solche kontraproduktive Wohnraumerhaltungssatzung beschlossen worden ist. Diese Wohnraumerhaltungssatzung sollte sichern, dass die Bevölkerungsstruktur erhalten bleibt, hatte aber zur Folge, dass Modernisierungen wie der Anbau eines Balkons, wie der Einbau einer zweiten Toilette oder wie die Verlegung von Parkett nicht vorgenommen werden konnten. Hier hat man Investitionen verhindert. Und weil in den Gebieten, in denen wir mit unglaublich viel Geld, mit Bundesmitteln, mit Landesmitteln, mit Städtebauförderungsmitteln Sanierungsmaßnahmen durchgeführt haben, anschließend die Erhaltungssatzung eingeführt worden ist, haben wir genau das Gegenteil erreicht, nämlich dass die Bevölkerung, die dort gewohnt hat, weggezogen ist, weil sie die verbesserten Standards doch nicht bekommen hat. Das hat zur Folge gehabt, dass dringend notwendige Investitionen nicht erfolgen konnten, womit natürlich auch die Bauwirtschaft geschädigt worden ist.
Meine Damen und Herren, es hat zehn Jahre gedauert, bis die SPD-Mehrheitsfraktion im Rat der Stadt Hannover begriffen hat, dass diese Verordnung kontraproduktiv war. Im letzten Jahr ist sie auf Antrag der CDU-Fraktion endlich in den Papierkorb gewandert. Das war eine richtige Maßnahme. Aber leider musste man die negativen Folgen und Mängel, die heute mit neuen Mitteln aus dem Programm „Soziale Stadt“ beseitigt werden müssten, erst einmal zehn Jahre lang ertragen.
Alle vorliegenden Gutachten und empirischen Untersuchungen namhafter Institute - Pestel, Gewos - und der Städte und Gemeinden selbst sprechen eine ganz eindeutige Sprache. Schon lange besteht ein Überangebot an Wohnungen. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird sich der Wohnungsmarkt noch weiter dramatisch verschlechtern. Wie heute der Presse zu entnehmen war, wird für Niedersachsen und Bremen für das Jahr 2015 ein Leerstand von 170 000 Wohnungen prognostiziert.
Diese Zahlen geben noch nicht die ganze Entwicklung wieder. Deshalb kommt es schlicht einer Enteignung gleich, wenn durch anachronistische Landesverordnungen weiter in Eigentumsrechte eingegriffen wird, obwohl es dafür schon längst
keine Legitimation mehr gibt. Wir fordern die Landesregierung nochmals auf, endlich alle wohnungswirtschaftlichen Verordnungen aufzuheben, die den Markt in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise reglementieren, und auf diese Weise für mehr Investitionen und für mehr Beschäftigung in der Bauwirtschaft Sorge zu tragen.
Gerade im Bestand der Städte gibt es genug zu tun. Gebäude aus den 30er-Jahren sind in vielen Bereichen nicht mehr wettbewerbsfähig. Weder energiesparende Maßnahmen noch die multimediale Infrastruktur der Gebäude entsprechen modernen Standards.
Meine Damen und Herren, in Zeiten leerer öffentlicher Kassen muss privates Kapital mobilisiert werden, um wichtige Infrastruktureinrichtungen wie Straßen, Schulen, Krankenhäuser sowie Kultur- und Sporteinrichtungen finanzieren zu können.
Hemmnisse gibt es allerdings auch auf kommunaler Ebene noch genug. Nehmen wir z. B. das Thema Baulandpreise. Bauland ist kein Tafelsilber der Kommunen. Mit ihrem Bauland müssen die Kommunen auf die wesentlich differenzierter werdende Nachfrage antworten. Ich meine, sie müssen die Zeichen der Zeit erkennen und sicherstellen, dass wir heute nur Einfamilienhäuser bauen können, die nicht wesentlich mehr als 150 000 Euro kosten. Das ist auch in einer Stadt möglich, wenn die Preise entsprechend günstig gestaltet werden. Dazu kann die Kommune erheblich beitragen.
- Zum Beispiel dadurch, dass sie ihre eigenen Grundstücke nicht, wie die Stadt Hannover, für mehr als 250 Euro pro Quadratmeter verkauft. Das wäre z. B. eine Antwort auf Ihre Frage „Wie denn?“ Denn die Kommune ist ja diejenige, die den Marktpreis ganz wesentlich beeinflussen kann, indem sie das Angebot entweder groß oder klein gestaltet. Das steht im Übrigen nicht im Gegensatz zu den katastrophalen Leerstandszahlen, da Eigenheime nach wie vor nachgefragt werden und die Anforderungen an Infrastruktur und Lage steigen.
Bauland muss vor allem jungen Familien in ganz Niedersachsen zu fairen, günstigen Preisen angeboten werden. Davon profitiert auch und gerade die Bauwirtschaft. Bei der Eigentumsquote - das wissen wir alle - liegen wir in Deutschland und damit natürlich auch in Niedersachsen an letzter Stelle in der Europäischen Union, hinter Italien, Spanien und Frankreich.
Während mit der zurzeit wieder diskutierten Eigenheimzulage der Bau und Erwerb von selbstgenutzten Immobilien pauschal gefördert werden, fehlt es an umfangreichen Anreizen für Instandhaltung, Modernisierung und energieeinsparenden Maßnahmen bei bestehenden selbstgenutzten Eigenheimen und Eigentumswohnungen. Notwendige Investitionen in diesem Bereich werden hinausgeschoben. Der Schwarzarbeit werden damit Tür und Tor geöffnet. Schon jetzt, Herr Hagenah, gibt es zwei Preissysteme bei privaten Aufträgen. Ist die Arbeit beendet, gibt es viele, die fragen: „Wollen Sie 5 000 DM mit Rechnung? Oder sind Sie bereit, ohne Rechnung 4 000 DM zu zahlen?“ Das soll in einigen Landstrichen zur Tagesordnung gehören.
Meine Damen und Herren, wenn die Steuerquote so hoch wie in diesem Lande ist, bedrückt das natürlich die Leute stark und schnürt auch letztendlich den Hals zu und lässt sie nach solchen Auswegen suchen. Im Gegensatz zu Ihnen sind wir der Auffassung, dass die Menschen, wenn Sie die Steuerlastquote der einzelnen Menschen senken, auch mehr Geld zu ihrer Verfügung haben, um solche Maßnahmen ganz legal finanzieren zu können.
Meine Damen und Herren, wir sind mit Ihnen der Meinung, dass Schwarzarbeit kein Kavaliersdelikt ist. Aber zur Schwarzarbeit kommt es besonders auch vor dem Hintergrund einer schwachen Konjunktur, die dem Mittelstand kaum Luft zum Atmen lässt. Wenn im Vorfeld von Wahlen über Steuersenkungsprogramme gesprochen wird, die zum Ziel haben, den Bürgern mehr Geld zum Ausgeben zu lassen, sollte man auch darüber nachdenken, wie Investitionen zielgerichtet erleichtert werden können.
Konsum wird der Bauwirtschaft wenig helfen. Meine Damen und Herren, nur wer den Rahmen, in dem sich die Bauwirtschaft bewegen muss, verändert, indem er z. B. überflüssige Limitierungen zurücknimmt, und den steuerlichen Bereich zugunsten privater Investoren verbessert, der hilft der gesamten Wirtschaft, und der hilft, den Abschwung in einen Aufschwung umzukehren.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich bitte Sie: Handeln Sie! Ich meine, das ist das Gebot der Stunde. Versuchen Sie die ruhenden Hände zu aktivieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war eben verunsichert, weil mir nicht klar war, ob wir noch beim Tagesordnungspunkt 24 und damit bei dem Antrag der CDU-Fraktion waren. Ich möchte nicht über kommunale Angelegenheiten der Stadt Hannover und nicht über Fragen der Baulandpolitik und nicht über Fragen der Vermarktung von Bauland sprechen. Ich spreche zum Antrag der CDU-Fraktion, Lohnkosten von der Steuer freizustellen.
Der hier anstehende Antrag der CDU-Fraktion nennt Ziele, die selbstverständlich von jedem unterschrieben werden können: Bekämpfung der Schwarzarbeit, Vermeidung von Steuerhinterziehung und Förderung der Bauwirtschaft. Das sind unser aller Ziele. Wir teilen die Sichtweise, dass es erhebliche Probleme für die Betriebe der Bauwirtschaft und damit auch für die Beschäftigten in der Bauwirtschaft gibt.
Aber die Ursachen für die gegenwärtige Lage sind sehr vielfältig und vielschichtig, keineswegs eindimensional und damit auch nicht durch so einfache Rezepte zu beseitigen.
Der Antrag der CDU-Fraktion wirkt angesichts dieser Vielfalt an Ursachen irgendwie zu kurz gekommen aus zweierlei Sicht, begründet allein aus tagesaktuellen Anlässen. Er ist für uns deshalb nicht zustimmungsfähig.
In zwei Punkten greift Ihr Vorschlag eindeutig zu kurz. Die Abzugsfähigkeit von Lohnkosten bei Handwerkerrechnungen könnte ja eine Maßnahme sein, mittelständische Wirtschaft und Kleinbetriebe zu fördern. Das ist aber gar nicht Ihr Vorschlag. Sie sprechen nur vom Lohnkostenabzug allein bei Bauaufwendungen von privaten Haus- und Wohnungseigentümern. Diese Kosten sollen absetzbar sein, eben aus tagesaktueller Gegebenheit.
Meine Damen und Herren, Sie wollen mit Ihrem Antrag Lohnkosten steuerlich freistellen. Was ist dann mit den Lohnkosten in der mittelständischen Autowerkstatt? Wird nicht auch an Autos viel in Garagen und auf Hinterhöfen schwarz gebastelt?
Wenn Ihr Konzept richtig ist, dann müsste auch in dieser Branche mit der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Lohnkosten sehr viel zu erreichen sein, nämlich gut bezahlte Arbeitsplätze in gut ausgestatteten Werkstätten, verbunden mit absoluter Steuerehrlichkeit der Beteiligten. Auch wenn Sie sagen würden, Ihre Initiative richte sich auf Ausgaben für Investitionen, wissen Sie selbst, wie schwierig es wird, zwischen Unterhaltung und Erhaltung und zwischen konsumtiven und investiven Ausgaben zu unterscheiden.
Ich könnte dann auch noch vom Frisör reden. Da hätten Sie dann wenigstens den Vorteil, dass Sie die Rechnung nicht splitten müssten, weil es nur Lohnkosten sind; oder vielleicht auch nicht. Dazu gehört ja auch die Abnutzung von Kamm und Schere, Miete, Heizung und Beleuchtung.
Auf jeden Fall soll hier etwas steuerlich abzugsfähig gemacht werden, was eindeutig dem privaten Bereich zuzuordnen und damit nach unserer Steuersystematik nicht abzugsfähig ist. Dasselbe gilt für den Steuerabzug der Lohnkosten bei Rechnungen aus dem Bauhandwerk, wie Sie es vorschlagen. Das entspricht schlicht und einfach nicht den Grundlagen unserer Steuersystematik.
Wenn Sie aus tagesaktueller Sicht eine grundlegende Änderung des Steuerrechts wollen, müssen Sie auch die Konsequenzen bedenken und hier offen darstellen. Oder glauben Sie, alle anderen Branchen würden stillhalten und wortlos zusehen, wie ein Teil der Wirtschaft steuerlich bevorzugt wird? Oder hatten Sie das als zeitlich begrenzte Maßnahme gedacht, quasi als Konjunkturprogramm für die Bauwirtschaft, das dann wieder eingesammelt wird, wenn irgendjemand feststellt, dass es nun wieder besser ist?
Nun wieder zu Ihrem Vorschlag. Auch aus einem anderen Grunde ist Ihr Antrag zu kurz gegriffen. Es gibt nicht nur Eigentümer, es gibt auch Mieter, die investieren. Sollen die benachteiligt werden? Dann müssten sie doch auch einbezogen werden.
Sie sehen, Ihr Antrag enthält einige Ungereimtheiten. Auf die Probleme mit dem Steuersystem will ich angesichts meiner beschränkten Redezeit nicht näher eingehen. Sie kennen die Probleme bereits aus den Beratungen in den Ausschüssen.
Zur Finanzierung Ihres Vorschlages nur so viel: Die von Ihnen unterstellte Refinanzierung der Steuerausfälle durch die Abzugsfähigkeit der Lohnkosten durch vermehrte Steuereinnahmen bei den Betrieben rechnet sich auch nicht. Auch das haben die Beratungen ergeben.
Aber Sie kennen den Antrag der SPD-Fraktion „Bei Vergabe öffentlicher Aufträge auf Qualität, Leistung und Tariftreue setzen“, dem Sie zugestimmt haben. Das ist mit Sicherheit ein besser geeignetes Mittel, der Bauwirtschaft zu helfen.
Bei aller Sorge um die Probleme der Bauwirtschaft und der dort tätigen Arbeitnehmer sind wir der Überzeugung, dass Ihr Vorschlag nicht zur Lösung des Problems beitragen kann.
Ebenfalls für die Fraktion der SPD, aber insbesondere zu Tagesordnungspunkt 25, spricht Herr Kollege Wolf.