Protocol of the Session on September 25, 2020

Kleines Beispiel auch noch mal aus diesem Bereich wäre zum Beispiel der Kussmund der AIDA-Schiffe. Das ist auch ein wirtschaftliches Logo, wenn Sie so wollen, weltbekannt, aber natürlich von Künstlern hier aus Mecklenburg-Vorpommern entworfen, also ein tolles Beispiel dafür, wie Kunst und Wirtschaft zusammenhängen und wie sie gemeinsam dazu führen, dass es, ja, wirtschaftlich nach vorne geht. Also ich hoffe sehr, dass wir unsere Programme, wie sie jetzt laufen, gut durchziehen können.

Und natürlich hängt vieles davon ab, wie sich die Pandemie weiterentwickelt. Das ist ganz klar. In dem Moment, in dem die Sitzplatzkapazitäten eingeschränkt werden müssen, ist es schwierig, wirtschaftlich zu überleben. Da muss man dann tatsächlich immer sehr individuell schauen, wie man das hinbekommt, ob man vielleicht einen Teil der Fixkosten übernehmen kann oder auch pauschale Summen für ausgefallene Sitzplätze zur Verfügung stellen kann. Da gibt es mehrere Möglichkeiten, aber da muss immer tatsächlich sehr individuell geschaut werden. Letzten Endes ist alles nicht möglich ohne die Kreativität unserer Künstler selbst. Die sind der Motor,

die das Ganze antreiben. Und das möchte ich noch mal ausdrücklich unterstützen: Wir müssen denen den Rücken stärken, damit sie hier bei uns im Land bleiben und ihre Aufgabe oder ihr Leben einfach bei uns weiter verwirklichen können. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt der fraktionslose Abgeordnete Herr Arppe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Bürger! Es ist ja bei der Kultur jetzt so wie mit anderen Bereichen auch, dass die Corona-Pandemie eine krisenhafte Entwicklung offenlegt oder verstärkt, die ja eigentlich schon sehr viel länger existiert.

Dass das kulturelle Leben in Mecklenburg-Vorpommern chronisch unterfinanziert ist, das ist ja nun nichts Neues. Und wenn wir über massive finanzielle Hilfen für die Kulturszene reden, dann reden wir über Steuergelder. Diese Steuergelder, die sprudeln ja nicht aus einem Wasserhahn im Keller des Finanzministeriums, sondern die müssen von den Bürgern hart erarbeitet werden. Das setzt also voraus, das Mindeste ist, dass die Kultur auch alle Bürger im Blick hat und alle Bürger anspricht, denn es sollen ja auch die Steuergelder aller Bürger zur Aufrechterhaltung des kulturellen Lebens beitragen. Und da habe ich seit langer Zeit ein großes Problem mit dem Erscheinungsbild der Kultur, nicht in allen Bereichen, aber in vielen.

Vor einigen Jahren hatte ich mal ein Gespräch mit dem damaligen Intendanten des Rostocker Volkstheaters, das ja auch seit der Wende sozusagen um sein Überleben kämpft, wo es auch darum ging, wie bekommt man mehr Bürger ins Theater. Ich habe damals gesagt, wenn Sie sich schon Volkstheater nennen, dann müssen Sie auch Theater machen für das ganze Volk und nicht nur für eine kleine linksliberale Klientel, die ihre politischen Ansichten durch das, was auf der Bühne stattfindet, bestätigt sehen möchte.

Wir hatten das ja zuletzt in Greifswald, wo da ein Stück über das von den eigenen Insassen in Brand gesteckte Lager Moria inszeniert wurde. Aber es findet nie irgendwo irgendwas statt, wo auch mal die andere Sicht der Dinge dargestellt wird und dadurch eine Diskussion, eine Debatte überhaupt ermöglicht wird. Ich habe dem Herrn Latchinian damals gesagt, spielen Sie doch auch mal ein bisschen mehr, zum Beispiel Botho Strauß! Das ist mal was ganz anderes, und das sind dann auch Dinge, wo sich Meinungen aneinander reiben, wo man dann am nächsten Tag, in den nächsten Wochen in der Gesellschaft auch entsprechende Diskussionen und Streitigkeiten dann auch hat. Das passiert ja alles nicht.

Wir haben ja zuletzt auch diese Diskussion gehabt, als es um ein Konzert von Xavier Naidoo in Rostock ging, wo die SPD ja gesagt hat, sie wird mit allen ihren zur Verfügung stehenden Mitteln dieses Konzert verhindern. Und das ist eben das Problem. Und da kann man von den Bürgern natürlich nun auch nicht verlangen, dass sie so ohne Weiteres ihre Steuergelder hergeben, um so etwas

dann auch noch finanziell am Leben zu erhalten. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Julitz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kultur ist wichtig und Kultur fehlt. Nach dem ersten Schock des Lockdowns, geschlossenen Schulen und Kitas und all den damit verbundenen Herausforderungen im Job, im Privaten, einfach überall, fiel der Blick nach einiger Zeit auch auf den kulturellen Bereich. Dabei geht es eben nicht nur um Ängste um Existenzen, sondern auch um Ängste bei Vereinen, wie es weitergehen kann. Als Mitglied eines Karnevalsvereins, und ich grüße an der Stelle meinen Kollegen Marc Reinhardt,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Helau, Marc!)

kenne ich die täglichen Fragen und Ängste auch aus dem Landesverband, denn – und die Karnevalsvereine mit über 3.000 Aktiven im Land sind hier nur stellvertretendes Beispiel – da hängt eben sehr viel dran, an ihrem Stattfinden oder eben Nichtstattfinden: Vereinsarbeit allgemein, Traditionspflege, Kinder- und Jugendarbeit. Und es ist nicht einfach nur ein Jahr aussetzen, das wird Ihnen jeder Kulturschaffende emotional bestätigen können.

Und – so geht es vielen Künstlerinnen und Künstlern im Land in diesen vielfältigen Bereichen –, und das haben wir in diesem Bundesland eben zur, nee, nicht zur Genüge, das wäre das falsche Wort, aber Frau Kröger hat es so schön vorhin genannt, wir haben eine sehr vielfältige Kulturlandschaft, wo man aufpassen muss, dass eben keiner durchs Raster fällt.

Insgesamt ist es so, das würde ich jetzt gerne einfach zusammenfassen, dass alle Anwesenden hier heute sich für diese Aussprache bei Frau Kröger bedankt haben. Liebe Eva, das tue ich selbstverständlich auch. Und vor allem zeigt das meiner Meinung nach in dieser sehr sachlichen Debatte, dass hier alle Anwesenden Kultur ernst nehmen, hoch schätzen und eben bereit sind, so gut es geht zu unterstützen und auch weiterhin zu fördern, auch in Krisen, in denen wir alle derzeit stecken. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Um das Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion DIE LINKE, und für eine Minute, die Abgeordnete Frau Kröger.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Versprochen war 1:15!)

Gut, sehr geehrte Frau Präsidentin! Weil ich keine Zeit habe, machen wir das ganz schnell.

Lieber Herr Wildt, ja, richtig, aber erstens, viele gute Künstlerinnen und Künstler können eben leider nicht gut von ihrer Kunst leben. Zweitens, bitte machen Sie sich alle bewusst, dass es ja auch um die Theater und um die Festspiele geht und all die wichtigen Dinge! Da bin ich der Kollegin Julitz dankbar, sie hat jetzt den Karneval als anderes Beispiel genommen, meinetwegen. Was mir auf jeden Fall wichtig war, ist, noch einmal klar zu sagen, dass Kultur viel, viel, viel breiter und vielschichtiger im Land aufgestellt ist. Und bitte vergessen Sie diese Vielfalt nicht!

Ja, Herr Wildt, richtig, ein Kommen und Gehen, Abwechslung und Dynamik, Entwicklung und Wechsel, das ist wichtig in der Kultur. Aber wenn Bestehendes durch eine Pandemie ausgemerzt wird, dann ist dieser Prozess natürlich nicht entwicklungsorientiert, sondern destruktiv. Aber das weiß ich, dass Sie das auch nicht meinten.

Ansonsten bitte ich auch den Finanzminister, den Wirtschaftsminister, sich nach wie vor sehr intensiv mit dem Thema Kultur- und Kreativwirtschaft zu befassen, denn sie sind wichtige stabilisierende Faktoren im Land. Und auch das ist eine Debatte, die wir in Zukunft führen müssen: Wie ist die Kreativwirtschaft im Land aufgestellt? Welche Kulturträger gibt es? Und sind dann auch wirklich alle im Wirtschaftsministerium noch richtig aufgehoben oder muss nicht auch hier und da mal ein Wechsel Richtung Kultus stattfinden? Aber das ist eine Debatte, die wir noch führen.

(Heiterkeit bei Thomas Krüger, SPD)

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und die konstruktive Debatte.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Wir wollen hier am Freitag nicht päpstlicher sein als der Papst.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache und rufe auf den Tagesordnungspunkt 33: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Bildung und Teilhabe von jedem Kind und Jugendlichen sicherstellen – Kindergrundsicherung einführen, Drucksache 7/5357.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Bildung und Teilhabe von jedem Kind und Jugendlichen sicherstellen – Kindergrundsicherung einführen – Drucksache 7/5357 –

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Kinderarmut ist in Deutschland und auch in MecklenburgVorpommern nach wie vor ein Riesenproblem. Deutschlandweit sind mindestens zweieinhalb Millionen Kinder und Jugendliche von Armut betroffen. Einige Statistiken gehen sogar von viereinhalb Millionen Kindern und Jugendlichen aus.

In Mecklenburg-Vorpommern ist es mehr als jedes vierte Kind, welches in Armut lebt beziehungsweise von Armut

gefährdet ist. Und ja, es gab in den letzten Jahren auch in Mecklenburg-Vorpommern geringfügige Verbesserungen, was die Statistiken, was die Zahl der Kinder und Jugendlichen angeht, die in Armut leben beziehungsweise von Armut gefährdet sind, aber wir sind noch lange nicht da, wo wir sein sollten. Zu viele Kinder sind ungesund ernährt, haben geringere Bildungs- und Entwicklungschancen, sind unzureichend gekleidet und teilweise oder ganz von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen als Folgen von Armut beziehungsweise Armutsgefährdung.

Besonders hochgekocht ist das Thema Kinderarmut während des Lockdowns in den vergangenen Monaten aufgrund der Corona-Pandemie. Da Schulen und Kitas geschlossen waren, sind einige Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes zunächst ausgefallen. Besonders problematisch war dabei die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in Kitas oder Schulen, weil das eben nicht mehr stattfinden konnte.

Regulär ist es ja so, dass die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung bei anspruchsberechtigten Kindern aus dem Bildungs- und Teilhabepaket bezahlt wird. Theoretisch soll als Gegenzug für diese Kostenübernahme 1 Euro pro Tag vom Regelsatz in Abzug gebracht werden. Faktisch ist es aber so, dass die Landkreise und kreisfreien Städte in Mecklenburg-Vorpommern diesen Euro übernehmen und keinen Abzug von Regelsätzen vornehmen. Da unter Corona-Bedingungen keine gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in den Kitas oder Schulen stattfand, wurden die Kinder zu Hause verköstigt. Die Finanzierung der Mittagsverpflegung fand nun aus den Mitteln der Familienkasse statt. Das stellte natürlich eine ganz erhebliche Mehrbelastung dar, die viele Familien an ihre Grenzen gebracht hat. Das konnten Sie auch dem NDR-Beitrag beispielsweise entnehmen.

Wir haben deshalb gefordert, dass die BuT-Mittel, die ja sowieso eingestellt werden für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung, an die Familien direkt ausgereicht werden. Die Regierung stellte sich jedoch auf den Standpunkt, die Mittagsverpflegung sei bereits vom Regelsatz umfasst. Nur mal so: Im Regelsatz sind 3,45 Euro pro Tag pro Kind für einen 13-Jährigen im Hartz-IV-Regelsatz für Essen vorgesehen. Eine gesunde Ernährung ist hieraus aus unserer Sicht kaum möglich.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Sehr geehrte Damen und Herren, an dieser Stelle muss man noch mal an das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 2010 erinnern, welches der Grund überhaupt für die Einführung des Bildungs- und Teilhabepaketes war. Kurz gesagt hat das Bundesverfassungsgericht damals festgestellt, dass die Hartz-IV-Regelsätze für Kinder und Jugendliche nicht kindgerecht ermittelt wurden, sondern nur prozentual von Erwachsenen-Regelsätzen abgeleitet wurden, und insbesondere, dass das Bildungs- und Teilhabepaket aus diesen Regelsätzen nicht hinreichend berücksichtigt werde. Der Bund schuf daraufhin das Bildungs- und Teilhabepaket, das auch Mittel für eine gemeinschaftliche Mittagsverpflegung genauso wie für Klassenfahrten et cetera, umfasste.

Das Urteil ist mittlerweile zehn Jahre alt, und auch die Landkreise und kreisfreien Städte haben begriffen, dass die Regelsätze eben nicht ausreichend sind, um eine gesunde, vollwertige und abwechslungsreiche Mittags

verpflegung für Kinder zu Hause zu gewährleisten. Deshalb verzichten sie darauf, in den Fällen, in denen die Kinder an gemeinschaftlicher Mittagsverpflegung teilnehmen, eine Reduzierung der Regelsätze vorzunehmen.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU)

Corona und der Wegfall der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung haben uns noch einmal ganz deutlich vor Augen geführt, dass die Regelsätze viel zu niedrig bemessen sind und dass das Hartz-IV-System für Kinder und Jugendliche in Corona-Zeiten kläglich gescheitert ist.

(Glocke der Vizepräsidentin)

Und dieser Umstand wird nur dadurch kaschiert, dass das Bildungs- und Teilhabepaket nur oberflächlich wirkt.

Ein Aspekt, den wir ebenfalls in der ganzen Diskussion um Bildungs- und Teilhabepaket, Thema Hartz IV nicht vergessen dürfen, ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes von diesem Jahr, vom 7. Juli, der zur teilweisen Verfassungswidrigkeit des Bildungs- und Teilhabepaketes geführt hat.