Protocol of the Session on September 25, 2020

Dass an dieser Stelle dringender Handlungsbedarf besteht, ist, denke ich unbestritten. Es ist jedoch wenig zielführend, der Pflegereform mit Einzelvorschlägen vorzugreifen, die darüber hinaus das Problem allein nicht lösen würden. Von daher werden wir Ihrem Antrag an dieser Stelle nicht zustimmen können. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Frau FriemannJennert!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD Frau Kaselitz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich kann mich noch an die vergangene Landtagssitzung erinnern. Die Linksfraktion hatte eine Aussprache genau zu diesem Thema beantragt. Vor einem Monat trug mein Kollege Jörg Heydorn vor und stellte fest, dass man sich in der Sache einig ist. Gern hätte er heute auch selbst zu Ihnen gesprochen, er ist leider erkrankt. Ich wünsche ihm von hier aus gute Besserung.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Festzustellen ist, noch immer sind wir uns in der Sache einig. Es muss was getan werden, um die steigenden Eigenanteile in den Griff zu bekommen. Es wurde aber auch deutlich, dass das eine große Herausforderung ist und dass das auf Bundesebene zu lösen ist. Trotz dieser Erkenntnis legt uns die Linksfraktion heute einen Antrag vor, der schnelle Lösungen verspricht. Eine Bundesinitiative und die Übernahme der Investitionskosten durch das Land sollen es richten. So einfach wird es nicht funktionieren, und das wissen Sie.

Was Sie wollen, ist ein erheblicher Eingriff ins derzeitige System. Das bedeutet nämlich – und das wird schon seit geraumer Zeit diskutiert –, den Anteil für die Pflegebedürftigen zu deckeln, den sogenannten Sockel-SpitzeTausch. Damit müssten Kostensteigerungen dann von der Pflegeversicherung getragen werden. Das setzt man aber nicht über Nacht um. Immerhin geht es um eine neue Ausrichtung der gesamten Pflegeversicherung. Das kostet alles viel Geld, das entweder aus Steuermitteln oder direkt über die Beiträge, die dann steigen, in die Pflegeversicherung gehen muss.

Mit diesem Thema hat sich bereits schwerpunktmäßig die Arbeits- und Sozialministerkonferenz beschäftigt. Die

Ministerin hat in ihrem Beitrag darauf hingewiesen. Auch dort wird das Problem so gesehen. Fachleute verweisen darauf, dass dieses umfassende Thema in einem längeren Prozess, unterstützt durch aktuelle Forschungen, bearbeitet werden muss. Der Grund ist allen klar: Wenn ich auf der einen Seite will, dass Pflegekräfte besser bezahlt werden, dann führt das zu höheren Kosten. Das muss refinanziert werden. Kosten steigen. Gerade hier in Mecklenburg-Vorpommern kam es in den letzten Jahren zu Lohnsteigerungen in der Pflege. Aber wir sind mit den Löhnen da noch längst nicht am Ende angekommen. Das hat viele Gründe: bessere Löhne in den Krankenhäusern, bessere Löhne in den Nachbarbundesländern, die generalistische Pflegeausbildung und so weiter.

Der Trend, dass die Pflegekosten steigen, wird sich also fortsetzen. Und blickt man auf den gesamten Bund, dann sind die Eigenanteile in Mecklenburg-Vorpommern noch am unteren Ende. Dabei sind die Investitionskosten nicht der Hauptkostentreiber. Natürlich kann das Land die Investitionskosten übernehmen, kann man machen, da muss man aber auch sagen, woher das Geld kommt. Und wenn das Land diese Kosten übernimmt, wird man sehen, dass die Eigenanteile dennoch steigen. Das zeigt, wir brauchen Veränderungen. Darin sind wir uns einig. Deshalb müssen diese Veränderungen auch kommen. Die Lösung liegt aber nicht allein hier im Landtag, sondern aktuell im Bund. Wir unterstützen das Anliegen unserer Ministerin für ein länderübergreifendes Gesamtkonzept und lehnen deshalb Ihren Antrag heute ab. – Danke schön!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete!

Das Wort hat jetzt noch einmal für die Fraktion DIE LINKE Herr Koplin.

Sehr geehrte Damen und Herren! Erst mal vielen Dank für die sachliche Aufnahme des von uns hier vorgelegten Vorschlags! Und gern möchte ich auf einige Punkte eingehen.

Es ist suggeriert worden, wir würden uns das ziemlich einfach vorstellen. Wenn wir jetzt faktisch die Übertragung der Kosten für die medizinische Behandlungspflege an die Krankenkassen geben, dann würde es sofort eine Entlastung geben und so weiter und so fort, mit den Folgewirkungen, alles wird gut. Wir haben zu keiner Zeit gesagt – und das will ich auch noch mal betonen –, dass wir hier ein dünnes Brett bohren. Es geht um ein systematisch aufgebautes Vorgehen, erstens, wir müssen die Entwicklung stoppen, wir müssen dafür sorgen, dass die Eigenanteile bei den Pflegekosten nicht noch höher steigen.

Wenn man sich einige Daten anschaut, dann handelt es sich in einigen Fällen um 20 Euro pro Quadratmeter kalte Unterkunftskosten. Und das schlägt dem Fass doch den Boden aus. Wir können doch nicht zusehen, dass die Kosten – ich habe vorhin von den Zahlen gesprochen – noch weiter steigen, nun mittlerweile schon jenseits der 2.000 Euro. Das wollen Sie auch nicht, haben Sie gesagt. Und dann beginnt eigentlich der Widerspruch, dass viele hier vorgetragen haben und gesagt haben, na ja, es muss etwas getan werden, aber wir warten erst mal ab, und wir schauen, sagt Frau Ministerin, also sie persönlich

schaut mit zunehmender Unruhe auf das Geschehen in Berlin, und gleichzeitig soll Berlin aber noch mehr Zeit eingeräumt bekommen.

Und wir sind der Meinung, nein, es muss sofort gehandelt werden, weil es nicht länger hinnehmbar ist, dass Unterbringung in der Pflege oder die Inanspruchnahme stationärer Pflege zu einem sozialen Risiko, zu sozialem Ruin führt. Deswegen unser Vorschlag, in mehreren Schritten vorzugehen, zunächst also die Kosten zu senken über einen speziellen Schritt, zweitens die Kosten zu deckeln. Von diesem Spitze-Sockel-Tausch ist hier gesprochen worden, das war ein fachlicher Begriff.

Und der dritte Punkt, weil ich das noch mal betonen möchte, am Ende drehen wir hier am großen Rad. Es geht darum, die Pflegeversicherung und überhaupt die sozialen Sicherungssysteme neu aufzustellen, zukunftsfest aufzustellen und solidarischer zu gestalten, weil das Problem, Herr de Jesus Fernandes, das nutzen Sie ja gern und malen so an die Wand, weil wir Migrationsprozesse haben, weil Menschen in unser Land kommen, dann sind unsere Sozialkassen am Ende. Mitnichten! Wenn diejenigen Menschen, die mit Migrationshintergrund hier leben, plötzlich weggehen würden aus unserem Land, würde unser gesellschaftliches Leben zusammenbrechen. Das ist der Punkt. Es würde zusammenbrechen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Heiterkeit bei Holger Arppe, fraktionslos)

Unser Problem in den sozialen Sicherungssystemen ist folgendes: eine unsolidarische Verhaltensweise. Den Reichen und Superreichen dieser Gesellschaft wird gestattet, sich aus dem Solidarsystem zu verabschieden. Und...

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Nein, das ist so! Das ist so!

Und das Zweite ist, es gibt eine Ungerechtigkeit, Herr Liskow, und das werden Sie nicht bestreiten können. Unternehmen mit wenigen Beschäftigten und hoher Wertschöpfung werden bevorteilt gegenüber denjenigen, die eine geringere Wertschöpfung haben und viele Leute beschäftigen. Wir werden am Ende also über Wertschöpfungsabgaben sprechen müssen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Wir werden darüber sprechen müssen, wie gestalten sich die sozialen Sicherungssysteme im Zeitalter der Digitalisierung,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

im Zeitalter künstlicher Intelligenz.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Darüber reden wir. Und deswegen muss man mit ersten Schritten beginnen. Und dann ist doch klar, wenn wir jetzt sagen, die medizinische Behandlungspflege – wir haben ja als Gäste auch Expertinnen und Experten aus den Krankenkassen hier –,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

wenn wir jetzt sagen, übernehmt ihr mal die medizinische Behandlungspflege, ist das doch erst einmal nur eine Verschiebung der Kosten. Das löst das Problem nicht.

Worauf wir abzielen, ist die Lösung der Problematik für die betroffenen Menschen, aber damit ist – wenn wir das machen, und das geht aus unserer Sicht –, damit ist das Problem in Gänze noch nicht gelöst, weil die Krankenkassen zu Recht sagen, wer soll es denn bezahlen. Also wir müssen über ein solidarisches Sozialsystem reden, das das dann nachher auch tragen kann. Und aus unserer Sicht ist das möglich. Dazu eben bedarf es der solidarischen Pflegeversicherung genauso wie einer solidarischen Gesundheitsversicherung.

Nun sagen Sie, also eine Bundesratsinitiative hätte wahrscheinlich wenig Chancen, wenn die anderen doch schon abgesetzt wurden. Also wenn wir der Logik folgen, bräuchten wir überhaupt keine Bundesratsinitiativen mehr zu machen. Ich denke, steter Tropfen höhlt den Stein und die Akzentuierungen der Bundesratsinitiativen, die es bislang gegeben hat, sind auch immer noch andere. Wir sollten trotzdem aktiv werden.

(Rainer Albrecht, SPD: Wir sind doch aktiv!)

Und ich teile viele Aussagen, die Frau Drese hier getätigt hat, und wertschätze das auch, was sie an Bemühungen nicht erst seit heute oder gestern oder vorgestern, sondern schon über die Amtszeit praktiziert, an der Stelle etwas zu machen, aber hier bietet sich doch das Zusammenspiel von Exekutive, also das Agieren der Ministerin, mit unserem Handeln, mit unseren Voten, das bietet sich doch geradezu an, immer wieder dranzubleiben, einzuladen, andere Länder aufzufordern, da mitzutun. Die haben doch die gleichen Probleme.

Und zu sagen, ja, wenn man jetzt diesen Weg gehen würde, das würde unseren Landeshaushalt überfordern – ja, auf Schlag würde es unseren Landeshaushalt sicherlich überfordern, das war auch nicht unser Petitum, wir legen mal den Schalter um, das Land zahlt alles. Vorangestellt – und deswegen verweise ich auf den zweiten Punkt unseres Antrags –, vorangestellt ist noch mal eine Analyse, was können wir selber beeinflussen, was können wir auch selber schrittweise leisten, um die Entlastung hinzubekommen. Und dazu muss man noch mal in die Tiefe gehen mit seiner Analyse.

Dafür werbe ich an dieser Stelle und

(Heiterkeit und Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

beende meinen Redebeitrag. Danke! Das wollte ich gerade vorlesen, steht hier nämlich. Nein, vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Ich werbe noch mal für unseren Antrag. Wir wollen den Menschen an dieser Stelle was Gutes tun, und das nicht aus einer Mildtätigkeit heraus, sondern aus einer Frage der sozialen Gerechtigkeit heraus. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Koplin!

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/5358. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Vielen Dank! Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/5358 bei Zustimmung durch die Fraktion DIE LINKE und der fraktionslosen Abgeordneten, bei Gegenstimmen durch die Fraktionen der SPD und CDU und Enthaltung durch die Fraktion der AfD sowie den fraktionslosen Abgeordneten abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 32: Aussprache gemäß Paragraf 43 Nummer 2 unserer Geschäftsordnung zum Thema „Aus der Krise in die Zukunft – Kultur ist Pflicht“.

Aussprache gemäß § 43 Nummer 2 GO LT zum Thema „Aus der Krise in die Zukunft – Kultur ist Pflicht“

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 58 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Frau Kröger.