Lieber Herr Kolbe, Sie haben ja eindrucksvoll noch mal für den Impfgipfel geworben, aber Sie wissen, dass die Impfkampagne zur Grippeschutzimpfung in der nächsten Woche beginnt. Dazu haben wir mit allen Beteiligten von der KV, über das Landesamt für Gesundheit, Gesundheitswesen und auch mit allen anderen beteiligten Hausärzten, Impfärzten die Dinge besprochen, was wir an
Impfungen brauchen und erwarten. Und wir haben Kapazitäten von 450.000 Impfmöglichkeiten jetzt geschaffen. Und das ist ein Drittel mehr, als das im letzten Jahr der Fall war. Von daher sehe ich in dieser Frage jetzt erst mal den Impfgipfel nicht als zwingend erforderlich an. Und wir haben diese Impfkampagne „MecklenburgVorpommern impft – Gemeinsam Verantwortung übernehmen“. Daran haben sich alle Fraktionen dieses Hauses beteiligt. Und ich denke, wir sollten diesen Weg auch weitergehen.
Entscheidend ist jetzt, dass wir die Influenzaimpfung machen sollten. Ich hatte ja vorige Woche schon darüber auch berichtet und gesprochen und im Ausschuss auch noch mal vorgetragen, dass wir in besonderer Weise natürlich die ältere Generation, chronisch Kranke et cetera – ich will das jetzt gar nicht alles aufzählen – dann auch impfen wollen, natürlich immer nach dem Prinzip der Freiwilligkeit.
Meine Damen und Herren, das andere Thema, da geht es um den SARS- und Covid-19-Impfstoff. Der ist in der Entwicklung. Und es wird dann eben auch so sein, dass in diesem Falle nicht die Länder bestellen, sondern es wird bundesweit ein gemeinsames Beschaffungsverfahren geben, über das dann die Verteilung läuft, und dann wird auch festgelegt, welche Berufsgruppen zuerst geimpft werden sollten oder welche Gefährdungspotenziale insgesamt vorgesehen sind. Und dazu finden jetzt schon erhebliche Telefonschalten statt. Es wird auch bereits an den Impfplänen gearbeitet, und die werden dann in dem Moment auch freigeschaltet, wenn die Impfstoffe gegen Covid-19 zugelassen sind. Und an der Thematik arbeiten eben zurzeit die Länder, das Bundesgesundheitsministerium und das Robert Koch-Institut, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und natürlich, wie Herr Kolbe richtig gesagt hat, auch das Paul-Ehrlich-Institut, sodass also alle Fachexperten, die in unserem Land da berufen sind, auch eingebunden werden.
Herr Kolbe, wenn wir dann so weit sind, dann bin ich gerne bereit, dass wir auch noch mal darüber reden, dass wir das allen bekanntmachen, dass wir auch mit Fachleuten noch mal darüber sprechen, dass alle sich noch mal einbringen können, aber jetzt für diese Grippewelle und das Impfen zur Influenzagefahr sehe ich jetzt nicht den Grund, einen Impfgipfel einzuberufen. Lassen Sie uns darüber reden, wenn es darum geht, Covid-19 dann auch noch mal allen transparent zu machen, auch noch mal alle zu informieren, auch die politischen Gremien, und dann, denke ich, ist auch die Zeit, das noch mal mit allen zu besprechen.
Von daher würde ich Sie eigentlich heute darum bitten, dass Sie Ihren Antrag nicht noch mal so vehement initiieren, weil wir, glaube ich, in der Frage seit mindestens zwei Jahren parteiübergreifend die Dinge alle besprechen, und wir informieren auch darüber, und zwar rechtzeitig, und das will ich auch so beibehalten. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute und verehrte Gäste! Die Fraktion DIE LINKE beantragt mit der Drucksache 7/5360, dass die Landesregierung noch im vierten Quartal 2020 einen Impfgipfel Mecklenburg-Vorpommern initiieren soll.
Sie begründet ihre Initiative damit, dass laut Auskunft der STIKO in Deutschland für 2020/2021 nur etwa 25 Millionen Dosen Vakzine gegen Influenza zur Verfügung stehen. Sie vermuten aber aufgrund der SARS-CoV-2Pandemie einen höheren Bedarf als in den Vorjahren. Ich frage mich: Brauchen wir dafür einen Impfgipfel? Man könnte die Frage mit Ja beantworten, wenn wir in unserem Land in der Impffrage einen akuten Missstand hätten mit hoher Zahl an Infektionskrankheiten, wenn die zuständigen Institutionen – das Ministerium, das LAGuS, die Ärzte und der öffentliche Gesundheitsdienst – ihren Aufgaben nicht gerecht werden würden.
Das kann ich derzeit aber nicht sehen. Das sehe ich so, obwohl ich die Probleme im Gesundheitswesen, das heißt den Fachkräftemangel und so weiter, natürlich kenne.
Meine Fraktion meint, für diese Fragen brauchen wir keinen Impfgipfel, der würde nämlich nur einen Ausbau der Bürokratie und zusätzliche Kosten generieren.
Zudem habe ich aus dem Vortrag von Herrn Kolbe entnommen, dass Sie eigentlich dahinter auch etwas anderes sehen und induzieren wollen. Sie möchten nämlich eine Anpassung von Bedarf und Angebot bei den Vakzinen abstimmen. Und ich vermute, dass Sie die Impfpflicht als Idealfall ansehen und die erreichen wollen.
Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass es durchaus Sinn machen könnte, kritische Problembereiche im Zusammenhang mit dem Impfen in geeigneteren Formaten öffentlich zu erörtern. Dabei denke ich zum Beispiel an ethische Problembereiche in Bezug auf die neueren Impfkonzepte, die offenbar bei vielen Menschen zu Verunsicherung und Vertrauensverlust in Bezug auf das Impfen führen. Wer dies nicht ernst nimmt und über „Impfzwang“ und Ähnliches fabuliert, der agiert in meinen Augen wahrlich verantwortungslos. Ich bin gespannt, ob das Symposium der Akademie der Wissenschaften in Hamburg am 30.10.2020 zum Thema „Infektionen und Gesellschaft“ ein derartiges Format sein könnte.
Lassen Sie mich aber noch kurz ausführen, worum es bei diesen kritischen Themen, die ich angesprochen habe, geht. Impfen im klassischen Sinne kennen wir als Verabreichung von Vakzinen. Die Immunisierung kann aktiv oder passiv erfolgen.
Bei der aktiven Immunisierung, die mit dem Namen des britischen Arztes Jenner und dem Kampf gegen die Pocken verbunden ist, enthält die Vakzine ein sogenanntes Antigen. Dieses stimuliert die Immunantwort im Organismus. Als Antigen nutzt man klassisch inaktivierte Krankheitserreger (sogenannter Totimpfstoff) oder geschwächte Erreger (sogenannter Lebendimpfstoff oder attenuierter Impfstoff). Die erzeugte Immunität bei Lebendimpfstoffen ist länger wirksam als bei Totimpfstoffen. Die Herstellung dieser Impfstoffe ist aufwendig, zum Teil mit hohen Sicherheitsanforderungen, da zunächst die Lebenderreger angezüchtet werden müssen.
Bei der Passivimpfung – verbunden mit dem Namen von von Behring – wird im Unterschied zur Aktivimpfung die Immunisierung nicht im eigenen Organismus angeregt, sondern von einem anderen immunisierten Fremdorganismus in Form der Antikörper übertragen. Sie ist nur kurzfristig wirksam und birgt bei mehrfacher Anwendung das Risiko anaphylaktischer Reaktionen. In der Anfangszeit dieser Immunisierungsart kam es zu tödlichen Verläufen, heute ist die Gefahr der anaphylaktischen Reaktion weitgehend kontrollierbar. In Akutfällen, zum Beispiel bei Tollwut, Hepatitis B, diversen Toxinen, kann sie lebenserhaltend sein.
Seit einigen Jahren gibt es neue Ideen der Immunisierung, nämlich auf der Basis von Vektorimpfstoffen, und jetzt wird es auch ethisch spannend. Dabei werden für den Menschen harmlose, also nicht pathogene Viren, zum Beispiel Adenovirus oder Vesicular stomatitis virus, mit Teilen des Erbmaterials der pathogenen Viren, zum Beispiel SARS-CoV-2 oder HIV-Viren, genetisch kombiniert und in die menschlichen Körperzellen über das Trägervirus eingeschleust. Die so befallenen und, wenn man will, geimpften Zellen des Menschen produzieren dann aufgrund des eingeschleusten Erbmaterials die Antigenstrukturen des pathogenen Virus selbst. Jetzt kommt das Immunsystem ins Spiel und neutralisiert beziehungsweise vernichtet die frisch produzierten Strukturen des pathogenen Virus und bildet vor allem Immunität aus.
Es gibt verschiedene gentechnische Varianten, sowohl über die DNS als auch über mRNS. In der Tiermedizin sind DNS-Impfstoffe derzeit bereits zugelassen. Sie beinhalten aber gewisse theoretische Risiken, sodass das in der humanen Anwendung derzeit nicht möglich ist. Diese gentechnischen Immunisierungsverfahren werden bei unterschiedlichen pathogenen Viren angewendet und auch für potenzielle SARS-CoV-2-Impfstoffe diskutiert. Dabei wird insbesondere die Einschleusung von mRNA des pathogenen Virus in die menschlichen Zellen favorisiert.
Derartige Impfstoffe besitzen produktionstechnische und logistische Vorteile. Sie sollen sich günstig und schnell in großen Mengen produzieren lassen und müssen nicht gekühlt werden. Gentechnisch vermittelte Immunität hat nur noch bedingt etwas mit der klassischen Impfung zu tun. Die Zulassung derartiger Impfstoffe ist eine besondere Gratwanderung. Ich zitiere aus einer Pressemitteilung der deutschen Gesellschaft für Virologie und der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Zitat: „In der Ge
schichte der Impfstoffe gibt es einige Beispiele für“ Vakzine „mit zu starken Nebenwirkungen und für“ solche, „mit denen das Ziel eines sicheren Schutzes nicht erreicht werden konnte, sondern Schaden verursacht wurde...“, Zitatende.
Meine Damen und Herren, wenn es diese negativen Beispiele in der Geschichte der Impfstoffe gab, dann wird es sie auch bei der Weiterentwicklung in der Zukunft geben, insbesondere, wenn die Zulassungsverfahren – wie bei SARS-CoV-2 geschehen – deutlich beschleunigt wurden. Deshalb dürfen die Risiken insbesondere dieser neueren Entwicklungen nicht bagatellisiert werden. Sie müssen in der Öffentlichkeit angesprochen und gegebenenfalls kontrovers diskutiert werden. Eine solche offene, auch ethische Diskussion könnte ich mir als sinnvoll vorstellen. Sie muss aber auch deutlich machen, dass die Risikoabwägung für oder gegen eine Impfung immer eine Individualentscheidung des Einzelnen beziehungsweise der Eltern für ihre Kinder bleibt. Direkter oder indirekter Zwang zu Impfungen sind Ausdruck eines obrigkeitsstaatlichen, bei starker Ausprägung sogar eines diktatorischen, menschenverachtenden Denkens.
Lassen Sie mich zurückkommen auf den Ausgang meiner Ausführungen. Unser Fazit: Impfgipfel mit einer Zielstellung, wie sie die Fraktion DIE LINKE beschreibt, ist aus unserer Sicht viel zu kurz gesprungen und falsch. Deshalb lehnen wir das ab.
Dagegen könnte eine öffentliche Debatte über Chancen und Risiken des Impfens – insbesondere mit Blick auf die neueren gentechnischen Entwicklungen – hilfreich sein. Dies kann dieser Antrag aber nicht gewährleisten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst muss ich natürlich sagen, der vorliegende Antrag verfolgt ein sehr sinnvolles Anliegen. Die Menschen in unserem Land mit ausreichend Impfstoff zu versorgen, das ist wichtig,
das ist sehr gut, und aus genau diesem Grund ist das auch Bestandteil des tagtäglichen Regierungshandelns, sich um solche Dinge zu kümmern. Da ist Manuela Schwesig, der Gesundheitsminister Harry Glawe, die haben sich mit dieser Frage gerade auch in den jüngsten Beratungen sehr intensiv auseinandergesetzt, und auch wir hier im Landtag haben – auf verschiedene Initiative hin, aber auch auf mehrfache Initiative der Regierungsfraktionen – den Impfschutz der Bevölkerung mehrfach debattiert.
Die gute Nachricht ist und bleibt ja, dass die Impfbereitschaft in Mecklenburg-Vorpommern im Bundesdurchschnitt überdurchschnittlich hoch ist. Die Menschen hier
wissen zu schätzen, dass das Impfen die eigene Gesundheit, aber auch die Gesundheit anderer Menschen – vor allen Dingen gerade ja derer, die sich aus verschiedenen Gründen selber nicht impfen lassen können – schützt.
Die präventive Förderung der Gesundheit der Bevölkerung hat für uns hier in Mecklenburg-Vorpommern seit Langem hohe Tradition und hohe Priorität. Zahlreiche Aktionen und Maßnahmen sind im Rahmen von „MV impft“ durchgeführt worden. Aufklärung und Förderung von Impfungen stehen nach wie vor ganz oben auf der politischen Agenda. Harry Glawe ist darauf eingegangen, dass auch die Planung und die Durchführung von Maßnahmen mit allen Akteuren im Gesundheitssektor gemeinsam erfolgt. Das ist natürlich auch der richtige Weg, und das, was in dem Antrag, den Herr Kolbe hier stellvertretend vorgetragen hat, gefordert wird, findet natürlich in der Praxis bereits statt. Das kann man jetzt „Impfgipfel“ nennen, das kann man auch lassen, aber am Ende ist es derselbe Sachverhalt.
Und noch dazu – das werden Sie am vergangenen Montag sicher ganz aufmerksam verfolgt haben – hat die Landesregierung mit den Vertreterinnen und Vertretern der Kommunen, der Wirtschaft, der Gewerkschaften und der Sozialverbände ein 10-Punkte-Programm verabredet, und da waren auch die Krankenhausgesellschaft, die eine wichtige Rolle spielt zum Thema Impfzentren, die Kassenärztliche Vereinigung und auch die Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst unmittelbar mit an Bord.
Erstens. Grippeschutzimpfung soll verstärkt genutzt werden, um das Gesundheitssystem nicht zusätzlich zu belasten, überzustrapazieren, und dazu stehen mehr Impfdosen in dieser Saison zur Verfügung. Diese Impfungen sind ab sofort möglich. Es können sich alle Personengruppen impfen lassen.