Protocol of the Session on September 24, 2020

Ich rufe jetzt auf für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau Friemann-Jennert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Landtag! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun liegt also der Bericht der Anhörungsreihe „Jung sein in Mecklenburg-Vorpommern“ dem Landtag vor.

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben heute Gelegenheit, die Ergebnisse der insgesamt acht Anhörungen, also mit den Auswertungsanhörungen, zusammenzufassen und auszuwerten, die in den Jahren 2018 und 2019 gemeinsam mit zehn Jugendlichen durchgeführt wurden. Darüber hinaus haben auch jeweils sechs verschiedene Sachverständige, der Landesseniorenbeirat, der Städte- und Gemeindetag sowie der Landkreistag, teilgenommen. Und auch wenn sich, Frau Bernhardt, DIE LINKE mit einer Enquetekommission nicht durchsetzen konnte, fanden die Anhörungen auf einem sehr hohen Niveau statt.

An dieser Stelle möchte ich mich auch noch einmal bei allen Beteiligten für die konstruktive Diskussion und Mitarbeit bedanken. Ich denke, der Abschlussbericht spiegelt diese Zusammenarbeit wider. Dankbar bin ich vor allem auch den teilnehmenden Jugendlichen für die Beratungen in den Ausschusssitzungen, aber insbesondere

für den persönlichen Austausch am Rande und im Nachgang der Sitzungen.

Besonders aufschlussreich war es dabei aus meiner Sicht, die Meinungen und Ideen der jüngeren Generationen aufzunehmen, die noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive auf die verschiedenen Aspekte und Fragestellungen geblickt haben. Die Anhörungsreihe hat uns die Möglichkeit gegeben, in einem anderen Format mit den Jugendlichen in unserem Land ins Gespräch zu kommen. Wir konnten dadurch sehr umfangreich und umfassend über zwei Jahre verschiedene Fragestellungen und Themen miteinander beraten. Und das ist vielleicht auch ganz gut so, weil durch die Pandemie die Veranstaltungen „Jugend im Landtag“ und „Jugend debattiert“ ja nicht stattfinden konnten.

Der Abschlussbericht, die 75 Seiten ohne Anhang, mit seinen Handlungsempfehlungen kann zudem eine wichtige und gute Grundlage für die kommende Arbeit des Landtages darstellen. Er kann auch als Leitfaden und Hilfestellung für jugendpolitische Fragestellungen verstanden werden. Und das will ich auch noch mal sagen, es ging nicht um das Parteiprogramm der LINKEN, es ging um „Jung sein in Mecklenburg-Vorpommern“.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Im Folgenden möchte ich auf drei Schwerpunkte eingehen, die aus meiner Sicht noch einmal eine besondere Bedeutung innerhalb des Abschlussberichtes einnehmen:

An erster Stelle ist dabei die Einführung eines AzubiTickets zu nennen. Nicht nur für unsere Fraktion ist dieses Thema ein sehr wichtiges Anliegen, auch für die Jugendlichen hat die Frage nach Mobilität insbesondere im ländlichen Raum, insbesondere die Erreichbarkeit des Ausbildungsbetriebes und der Berufsschule, eine hohe Bedeutung eingenommen, mehr vielleicht sogar als das Wahlalter. Das ist auch noch einmal im Rahmen der Anhörungen deutlich geworden und in beide Entschließungen eingegangen, vom 27.11. und vom 29.04.2020, also 27.11.2019.

Fakt ist ja, dass die Berufsschulstandorte in den vergangenen Jahren immer stärker zentralisiert wurden. Folge sind weite Wege für die Auszubildenden, und das ist ein wirkliches Problem in unserem Land. Jedenfalls ist es alles andere als werbewirksam für die duale Ausbildung, die sonst in jeder zweiten Sonntagsrede gelobt wird. Und ich verstehe nicht, wie es sein kann, dass die Wirtschaft in unserem Land bundesweit als eine der ersten in ganz Deutschland dieses Ticket forderte, MecklenburgVorpommern bei der Umsetzung aber mittlerweile von ziemlich jedem anderen Bundesland überholt wurde.

Ja, wir haben die jungen Leute angehört und Empfehlungen daraus formuliert. Ich sage es noch mal, wir brauchen das Azubi-Ticket. Es ist zwar aufgrund der Entwicklungen sicher kein Standortvorteil zu anderen Bundesländern mehr, aber den Standortnachteil, der mittlerweile entstanden ist, den müssen wir wenigstens abmildern.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Lassen Sie uns diese Empfehlung also bitte schön umsetzen!

Der Ausschuss hat hierzu am 29. April dieses Jahres einen eindeutigen Beschluss gefasst und folgende Handlungsempfehlung gegeben, ich zitiere, „die Einführung eines mindestens landesweit und auch während der Berufsschulferien gültigen Azubi-Tickets für alle öffentlichen Verkehrsmittel ist schnellstmöglich unter finanzieller Beteiligung der Wirtschaft umzusetzen“, Zitatende. Im Zusammenhang mit der Mobilität von Jugendlichen, insbesondere im ländlichen Raum, sind jedoch noch weitere Aspekte zu beachten und zu prüfen, zum Beispiel die Einführung eines Praktikum-Tickets, die Verbesserung der Fahrpläne oder auch die bedarfsgerechte Anhebung der Fahrkostenzuschüsse.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Thematik Ehrenamt, insbesondere das ehrenamtliche Engagement der Jugendlichen. Dies gilt es bereits frühzeitig zu fördern, schließlich sind damit verschiedene positive Effekte verbunden: Der Zusammenhalt und die persönliche Entwicklung werden gestärkt oder die Kultur und der Sport vor Ort gefördert. Mit der Landesehrenamtskarte haben wir in dieser Legislatur einen Meilenstein in der Würdigung und Förderung des Ehrenamtes gesetzt. Diesen Erfolg wollen wir künftig weiter verstetigen, da von der Ehrenamtskarte ja nicht zuletzt auch Jugendliche ab 14 Jahren profitieren.

Darüber hinaus kann die Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements von Jugendlichen gelingen, indem ehrenamtliche Aktivitäten durch die Schule mehr anerkannt werden. Weiterhin könnte geprüft werden, inwieweit auch rechtlich flexiblere Freistellungsregelungen für besondere ehrenamtliche Veranstaltungen geschaffen werden könnten. Auch die vermehrte Einbindung von Jugendlichen auf kommunaler Ebene, zum Beispiel bei Fragen der Verkehrsplanung oder Stadtentwicklung, könnte eine Möglichkeit darstellen, und das wird ja an manchen Orten auch schon praktiziert. Also das wäre dann beispielsweise praktische politische Bildung und demokratiefördernd im besten Sinne.

Und ich wollte es auch noch mal sagen, Herr de Jesus Fernandes, die AfD wollte die politische Bildung dann auch nicht, also im Konsenspapier, das nicht zustande gekommen ist. Sie wollten das gar nicht!

(Heiterkeit und Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Sie wollten das nicht, so!

Dann möchte ich als dritten und als letzten Punkt noch das Thema Digitalisierung benennen. Die Anhörung „Medienbildung für junge Leute im Kontext der Digitalisierung“ fand ja bereits im Jahr 2018 statt und könnte aktueller nicht sein. Die Corona-Krise hat uns nicht nur den enormen Handlungsbedarf im Bereich der Digitalisierung gezeigt, sondern auch Nachholbedarf beim Umgang mit digitalen Medien, vor allem auch in der Schule. Und daher muss nicht nur die entsprechende Infrastruktur bereitgestellt werden, insbesondere ein flächendeckendes Glasfasernetz, sondern auch entsprechende Fort- und Weiterbildungen für Lehrkräfte bei der Nutzung digitaler Medien und Lernplattformen müssen vorgesehen werden. Dies ist zum einen Grundlage für einen sicheren Umgang mit digitalen Medien von Schülerinnen und Schülern, zum anderen können dadurch aber auch die Vorteile, die sich durch die Nutzung digitaler Lernplattformen ergeben, vollständig genutzt werden. Mit itslearning haben wir an

den Schulen erste Schritte gewagt, insgesamt müssen wir dabei aber flexibler, agiler und auch smarter werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies waren nur einige Punkte aus dem Abschlussbericht der Anhörungsreihe „Jung sein in Mecklenburg-Vorpommern“. Sie bilden auch nur einen geringen thematischen Teil der Anhörungen ab. Ich freue mich besonders noch einmal, dass wir im Anschluss auch noch einmal mit den jungen Leuten bei einer kurzen Zusammenkunft uns noch mal austauschen können, und hoffe, dass das auch nicht das letzte Gespräch dann gewesen sein wird. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort die Abgeordnete Nadine Julitz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine wichtige Anhörungsreihe soll heute ihren Abschluss finden, wobei das natürlich nicht ganz richtig ist, denn die Erkenntnisse und Ergebnisse sollten und werden uns noch eine Weile beschäftigen.

Die zweijährige Anhörungsreihe „Jung sein in MecklenburgVorpommern“ mit zehn jugendlichen ständigen Mitgliedern und elf Abgeordneten hat sich in sechs thematischen Anhörungen durch externen Sachverstand eben mit verschiedenen Themen beschäftigt, die vor allem, aber eben nicht ausschließlich Jugendliche und junge Menschen beschäftigen. Dazu zählten die Themenbereiche Teilhabe und Mitwirkung, Übergangsmanagement Schule, Bildung und Beruf, Medienbildung im Kontext der Digitalisierung, Mobilität, Ehrenamt sowie Kinderarmut und Chancengleichheit.

Sie sehen, die Themen waren sehr vielfältig, oft aber haben sich Themenbereiche durchaus vermischt. So muss man, wenn man über das Thema Ehrenamt redet, zwangsläufig auch darüber sprechen, wie die Jugendlichen von A nach B kommen, und landet automatisch auch beim Thema Mobilität. Das soll nur ein Beispiel sein. Uns sind im Verlauf der Anhörungen oft Überschneidungen begegnet.

Insgesamt ist festzustellen, dass viele Forderungen und Erkenntnisse der jugendlichen Experten, aber auch der Fraktionen nicht neu waren. Ich sagte bereits, dass die ausgewählten Themenbereiche eben nicht nur die Jugendlichen betreffen. So ist Mobilität im ländlichen Raum beispielsweise auch ein Thema in der älteren Generation und so auch im Bericht der Enquetekommission „Älter werden in M-V“ zu finden. Daher sind die festgestellten Forderungen im Bericht „Jung sein in Mecklenburg-Vorpommern“ zum Teil auch langjährige Forderungen, an deren Herausforderung die Landesregierung arbeitet und auch durchaus schon Erfolge erzielen konnte. Aber nichts ist eben so gut, dass es nicht verbessert werden kann. Außerdem verändern sich die Rahmenbedingungen, wir müssen also ständig nachbessern oder schlichtweg neu denken.

Des Weiteren gibt es Forderungen, die in den verschiedenen Fraktionen durchaus kontrovers diskutiert werden. So ist es kein Geheimnis, dass beim Thema „Teilhabe

und Mitbestimmung“ eine zentrale Forderung die Herabsenkung des Wahlalters auf 16 Jahre ist und diese in den Fraktionen nicht erst seit der Anhörungsreihe diskutiert wird. Und auch ist es kein Geheimnis, dass man hier im Saal eine klare Linie in der Mitte des Saales ziehen kann und die Meinungen sich hierzu in Schwarz und Weiß unterteilen lassen.

(Torsten Renz, CDU: Jetzt sind wir an allem schuld, oder was?! – Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Ihr seid immer schuld!)

Auch kein Geheimnis bleibt allerdings das Prinzip von Koalitionsverträgen, weswegen sich die Empörung über vergangene Abstimmungen dann bitte auch wieder legen kann.

Wir haben uns nach jeweils drei Anhörungen in den Fraktionen SPD, CDU und DIE LINKE auf Zwischenauswertungen einigen können und sind dabei auf den Maximalkonsens dieser drei Fraktionen gekommen. Dabei sind auch diverse Handlungsempfehlungen erarbeitet worden.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das stimmt doch gar nicht!)

Nein, Sie sind auf dem Konsenspapier nicht zu finden.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

An diesen...

Dass Sie zugestimmt haben, ist eine andere Sache, aber das erarbeitet haben wir.

(Heiterkeit bei Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Wie bitte?!)

An diesen müssen wir nun weiterarbeiten. Das sind wir nicht nur unseren eigenen Ansprüchen schuldig, sondern eben auch den Jugendlichen, denen ich an dieser Stelle ausdrücklich für ihre Zeit und ihren Einsatz danken möchte. Genau dieser Einsatz für ihre Generation, für bessere Bedingungen – klar, in dem Fall auch gerade für sich selber, aber eben auch für nachfolgende Generationen, die davon profitieren sollen – ist toll und zeugt davon, dass junge Menschen keineswegs politikverdrossen sind. Sie wollen mitmischen, sie wollen mitdenken und sind auch bereit, an komplexen Problemen gemeinsam zu arbeiten. Im Übrigen ist der Einsatz, den die Jugendlichen hier gezeigt haben, auch ein super Argument für das Wahlalter 16.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danken möchte ich an dieser Stelle natürlich auch dem Landesjugendring und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die die Jugendlichen hier toll begleitet haben und bei den Arbeitsweisen und Besonderheiten in diesem Hause gut unterstützt haben und bestärkt haben. Ich finde, wir hatten in den zwei Jahren eine gute Arbeitsatmosphäre und tolle Gespräche am Rande. Ich jedenfalls habe sehr genossen, mal nicht die Jüngste in der Runde zu sein, und finde die erfrischenden Argumentationen und Sichtweisen super.

Jetzt darf Folgendes nicht passieren: Das Papier darf nicht in den Schubladen verschwinden. Aber dass es

eben nicht passiert, liegt eben an uns und natürlich an dem Druck der jungen Leute. Aber da ich Sie und euch als sehr hartnäckig erlebt habe, bin ich mir sicher, dass wir den einen oder die andere hier wiedersehen, und ich freue mich darauf. Also noch einmal vielen Dank! Ich möchte diese Anhörungsreihe nicht missen. Und nun liegt es an uns, auch Ergebnisse folgen zu lassen.

An die AfD-Fraktion zum Schluss: Heute Morgen in einer vorherigen Debatte hat Professor Weber an die LINKEN – da ging es um die Corona-Maßnahmen und wie die verschiedenen Fraktionen damit umgehen – die Worte gerichtet, wenn Sie das Wahlrecht 16 einführen wollen, wenn Sie für jeden und alles ein offenes Ohr haben wollen. „Für jeden und alles“! Liebe Jugendliche, diese Fraktion nimmt euch nicht ernst.

(Zuruf von Nikolaus Kramer, AfD)

Und an den Kollegen Herrn de Jesus Fernandes – Demokratiebildung in Kitas, das war ein Vorwurf an die LINKEN –: Kinder sollen spielerisch lernen, wie Mitbestimmung funktioniert, und das kann man zum Beispiel in Kitas ganz gut machen, indem man sie mitbestimmen lässt, wie ein Gruppenraum aussehen kann oder wie ein Spielplatz eingerichtet wird.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Das hat überhaupt nichts mit Ideologien zu tun.