Dies heißt Flur. Und wenn Sie jetzt sagen, es gibt doch die lautsprachlichen Gebärden, das ist etwas völlig anderes. Die deutsche Gebärdensprache hat nämlich für jedes Wort eine einzige Gebärde.
Auch das Dauerproblem „Schülerbeförderung für Kinder mit Behinderung“ reißt beim Bürgerbeauftragten nicht ab. Irgendwie fühlt sich niemand zuständig. Wenn dann das Innenministerium eingreifen muss, dann wird es Zeit, generell umzudenken in den Ämtern und Behörden der Landkreise.
Nach der Schule ist man ja meistens erwachsen, oder man will es noch werden, endlich selbstbestimmt leben. Auch das wollen Menschen mit Behinderung. In einigen wenigen Fällen benötigen Menschen mit Einschränkungen die Unterstützung von Betreuerinnen und Betreuern, und nach wie vor ist die Situation dieser Menschen äußerst prekär. Die Vergütung der Betreuungspersonen wurde seit Jahren nicht angepasst und angehoben. Die anderen Bundesländer sind hier längst Vorreiter. Zwar sieht das Sozialministerium des Landes diese Probleme, würde auch gerne etwas ändern, aber es stünden angeblich überhaupt keine finanziellen Mittel zur Verfügung. Das sehen wir als Fraktion völlig anders, denn was politisch gewollt ist, wird ja auch finanziert.
Wissen Sie, der Bürgerbeauftragte fragt auf Seite 26, warum nicht gleich barrierefrei. Das fragen wir uns auch immer wieder. Warum muss man immer auf Barrierefreiheit hinweisen? Warum diese ständig anmahnen? Warum empfinden so viele Menschen mit Behinderung diese Untertöne im Stöhnen und das Augenverdrehen? Warum? Wem tut Barrierefreiheit weh? Niemandem! Sie nutzt uns allen. Immer! „Barrierefreiheit und bauen“ – auch dies immer wieder ein Thema, kennen wir alle aus unseren Städten und Kommunen. Um gesellschaftliche Einrichtungen wie Schulen, Kitas, Sporthallen und Sportplätze, Straßen, Spielplätze zu sanieren oder auch neu zu bauen, muss man Fördermittelanträge stellen. Oft werden sie bewilligt und auf die Barrierefreiheit wird aber lediglich hingewiesen. Zu kontrollieren scheint dies niemand, es sei denn, ein kommunaler Beirat für Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung beschwert sich, und ja, diese Beschwerden gibt es regelmäßig.
Barrierefreiheit, meine Damen und Herren, ist kein Kann, es ist ein Muss. Auch im privaten Bereich kann ein Bedarf zum Umbau eines Hauses bestehen. Manchmal muss dazu nur ein Bebauungsplan geändert werden, eigentlich überhaupt keine große Hürde in den Gemeinden und Städten, aber Dienst nach Vorschrift scheint so einige Male einfacher zu sein, als gelegentlich die Notwendigkeit zu prüfen.
Die Arbeit des Bürgerbeauftragten mit den Menschen mit Behinderung ist einzigartig. Ich möchte hier noch einige Beispiele nennen. Ein Inklusionsförderrat sollte mehrheitlich aus Menschen bestehen, die es auch betrifft, nicht aus Landesbediensteten. Die Landesbauordnung muss geändert werden, damit Architektinnen und Architekten, Bauzeichnerinnen und Bauzeichner, Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter wissen, wie sie barrierefrei bauen. Öffentliche Einrichtungen müssen alle zwingend barrierefrei sein und Gespräche mit den betroffenen Menschen führen, nicht über sie.
Ich könnte hier lange über Inklusion und Barrierefreiheit vortragen, möchte aber zu einem anderen Thema kommen, das auch heute Abend auf einer Kreistagssitzung Thema in meinem Landkreis ist. Der Landkreis Rostock wird wiederholt tatsächlich namentlich im Bericht benannt. Seit mehr als 20 Jahren gibt es Probleme bei der Beantragung und Bewilligung zur Förderung in Kitas und Horten. So lange beschweren sich Eltern, Träger, Städte und Gemeinden. Seit Jahren sind die jeweiligen Bürgerbeauftragten und auch das Sozialministerium in Gespräche involviert.
So lange stelle auch ich persönlich Anfragen im Kreistag dazu. So lange höre ich, Güstrow, jetzt Landkreis Rostock, sind da ganz schöne Spezialfälle. Nichts hat sich in 20 Jahren gebessert.
Bei den Eltern erweckt das ständig den Eindruck, der Landkreis sitzt diese Problematik aus, in 2018, in 2019 und in 2020 natürlich auch. Jetzt endlich hat der Bürgerbeauftragte den Druck erhöhen können, denn auch das Innenministerium hat sich eingeschaltet bezüglich einer Richtlinie. Es ist einfach nicht zu ergründen, was das Problem in unserer Kreisverwaltung ist. Die Landräte wechselten in den letzten 20 Jahren, die Gebietsreform fand statt, die Amtsleitungen wechselten, die Mitarbeiter gingen und kamen. Es ist und bleibt dasselbe Problem. Bei den Entscheidungen wird einzig die Situation der Eltern berücksichtigt, die des Kindes nie.
Die Bearbeitung der Anträge dauert immens lange. Ich kann Ihnen das sagen: 800 Anträge sind in meiner Stadt immer noch nicht bearbeitet. Das bringt Träger und auch Gemeinden und Städte in die Bredouille, Eltern erhalten mittlerweile Mahnbescheide oder Pfändungen, Tagespflegepersonen können ihre Krankenversicherung nicht bezahlen und Kinder erhalten den Anspruch aus dem Bildungs- und Teilhabepaket nicht. Auch eine nachträgliche Erstattung durch den Landkreis von in Vorleistung bezahlter Mittagsversorgung findet nicht statt, obwohl es darauf eigentlich einen Rechtsanspruch gibt.
Die größte Krux ist nun, dass alleinerziehende Elternteile nachweisen sollen, dass das andere Elternteil die Kinder nicht etwa betreuen kann, bevor ein Kita- und Hortplatz bewilligt wird. Eine sogenannte Negativbescheinigung
wird verlangt, die braucht es eigentlich nur für Unterhalt. Sehr gerne würde ich im Bericht des Bürgerbeauftragten ein Mal lesen, dass es im Landkreis Rostock mal keine Probleme mit dem Jugendamt, mit dem Sozialamt oder mit dem Jobcenter gibt – vielleicht im nächsten Bericht. Vielleicht!
Vielen Dank, Herr Crone, für Ihre unermüdliche Arbeit! Und wir hoffen heute auf die Entscheidung des Kreistages. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben viel gehört bisher, ich bin die letzte Rednerin. Ich kann mich natürlich zurücklehnen und sagen, die Beispiele, die Ihnen hier gebracht wurden, die sind schon beeindruckend. Was ich Ihnen empfehlen möchte, Sie haben sicherlich den Bericht schon gelesen, wenn nicht, sollten Sie das nachholen, die 60 Seiten sind interessant. Aber was wichtig ist, es ist gut, dass wir dieses Amt haben. 1.749 Eingaben, das sind so Stück á acht rund pro Tag. Das ist ja nicht nur, dass man da anruft oder schreibt, das muss man ja auch bearbeiten. Und danke an das Team von Matthias Crone und danke denen, die auch noch da sind!
Wir haben heute Morgen „30 Jahre Mecklenburg-Vorpommern“ gehabt. Wir sind eines von sechs Bundesländern – Berlin ist ein Sonderfall –, wo es das Amt eines Bürgerbeauftragten gibt, und wir sind das einzige Bundesland, das dieses Amt in der Landesverfassung festgeschrieben hat. Insofern die Beratungen, die Sie besucht haben, meine Herren – wir sind einzigartig, und das soll so bleiben. Natürlich wäre es schön, wenn wir das Amt nicht bräuchten, wenn wir keine Eingaben hätten. Ich würde es begrüßen, aber wir haben gehört, mehr als die Hälfte dieser Eingaben sind sozialrechtlich, dazu kommen Bausachen, wo sich die Betroffenen nicht mitgenommen oder benachteiligt fühlen. Wir haben allerhand zu tun, sowohl im Petitionsausschuss als auch Sie, lieber Herr Crone.
Ich freue mich, dass wir das heute in dieser Beschlussvorlage so gehört haben. Wir ziehen Lehren daraus, alles wird sich sicherlich nicht erfüllen lassen, aber ich werbe bei Ihnen, meine Damen und Herren Abgeordnete, um Zustimmung. Und bei Ihnen, lieber Herr Crone, möchte ich mich bedanken. Ich hoffe auf weiterhin gute Zusammenarbeit und vielleicht werden es weniger. Ich fürchte, das wird nicht an dem sein. Trotzdem herzlichen Dank!
Der Petitionsausschuss empfiehlt in Ziffer I seiner Beschlussempfehlung, einer Entschließung zuzustimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein
Handzeichen. – Danke schön! Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Ziffer I der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses auf Drucksache 7/5377 bei Zustimmung durch alle Fraktionen und beide fraktionslose Abgeordnete angenommen.
In Ziffer II seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Petitionsausschuss, die Unterrichtung durch den Bürgerbeauftragten auf Drucksache 7/4868 verfahrensmäßig für erledigt zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön! Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer II der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses bei gleichem Stimmverhalten angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Beratung der Unterrichtung durch die Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SEDDiktatur – Jahresbericht 2019, auf Drucksache 7/4683, hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Rechtsausschusses auf Drucksache 7/5383.
Unterrichtung durch die Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur Jahresbericht 2019 – Drucksache 7/4683 –
Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Rechtsausschusses Herr Abgeordneter da Cunha.
Herr da Cunha, einen kleinen Moment! Ich darf die Landesbeauftragte herzlich begrüßen. Herzlich willkommen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Vor Ihnen liegt auf Drucksache 7/5383 die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum Jahresbericht der Landesbeauftragten für die Aufarbeitung der SED-Diktatur. Wenn ich Ihnen diese Beschlussempfehlung jetzt vorstelle, meine Damen und Herren, dann geschieht das in vollem Respekt und in Hochachtung vor der Arbeit der Landesbeauftragten und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und diesen Respekt darf ich auch im Namen aller Mitglieder des Ausschusses so teilen.
Unter Ziffer 1 der Entschließung haben wir den Teilbereichen der Aufgaben der Landesbeauftragten Rechnung getragen. Als Besonderheit ist dort zum Beispiel die Arbeit der Landesbeauftragten für die ehemaligen DDR-Heimkinder aufgeführt, außerdem die Tätigkeit als Anlauf- und Beratungsstelle der Stiftung Anerkennung und Hilfe. Und schließlich ist die Landesbeauftragte als Anlaufstelle für die in der DDR von Doping betroffenen und geschädigten ehemaligen Sportlerinnen und Sportler aktiv gewesen.
Hinter jeder dieser Positionen stehen zum Teil ergreifende Schicksale, Unrechts- und Leiderfahrungen, Schicksale, die bewegen und betroffen machen, und Schicksale, die dazu geführt haben, dass die Landesbeauftragte und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein hohes Ansehen innerhalb und außerhalb unseres Landes genießen, denn –
auch das muss an dieser Stelle gesagt werden – mit der Tätigkeit für Sportlerinnen und Sportler als Opfer des Dopings steht unsere Landesbeauftragte deutschlandweit einzigartig da.
Wenn ich Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, diesen Bericht nahebringen kann, dann sollen Sie auch und gerade die dort enthaltenen Fallbeispiele lesen, die ich Ihnen aus Zeitgründen hier nicht in Gänze vorstellen kann. Doch einen Bericht muss ich Ihnen hier kurz zitieren, denn dabei geht es um die Erfahrungen von Scham und Leid. Da ist der Fall von Frau E. Sie war grundsätzlich leistungsorientiert. Ihre Eltern gaben ihr bei dem Wechsel an die Kinder- und Jugendsportschule mit, dass sie, und da zitiere ich, „sie durchziehen müsse“, Zitatende. Das hat gezogen, auch als sie das erste Mal nackt vor ihrem Trainer stehen musste. Sie hatte früh Rückenschmerzen, da gab es Tabletten und Spritzen. Später kamen unterschiedliche Tabletten hinzu, wie sich später herausstellte, anabole Steroide. Ebenfalls bekam sie Medikamente, damit die Monatsblutung stoppte. Als dann später ein Nominierungswettkampf für Olympia fehlschlug, musste sie in eine psychosomatische Behandlung. Mit 18 hatte sie einen Bandscheibenvorfall, und das bei einer ehemals hoch motivierten jungen Dame. Depressionen, Angststörungen und Zwangshandlungen beeinträchtigten ihr Leben und die Spätfolgen. Und dann kommt sie in die Beratung bei der Landesbeauftragten und in eine Selbsthilfegruppe, und erst jetzt kommt so etwas wie Anerkennung des Leides, das sie erfahren hat.
Das soll es auch an der Stelle gewesen sein. Wir sollten mitnehmen, mit wie viel Verständnis bei der Landesbeauftragten mit den Schicksalen umgegangen wird.
Meine Damen und Herren, und da geht es auch wieder um anderes, uns alle auch wirklich im letzten Jahr auch direkt Tangierendes. Das Jahr 2019 stand bei der Landesbeauftragten und der Landeszentrale für politische Bildung ganz im Mittelpunkt der zentralen Aufarbeitung. Dazu kommt das Konzept „Gedächtnisort Friedliche Revolution 1989 in Mecklenburg-Vorpommern“. Hier ist ein Element des zentralen Erinnerns geplant worden, ein künstlerischer Wettbewerb ist ausgelobt worden, ein Siegerentwurf wurde gekürt, und genau ein Jahr nach unserer Feier wird am 16. Oktober 2020, also in drei Wochen, das zentrale Denkmal „Perspektiven zur Freiheit“ von Dagmar Korintenberg und Wolf Kipper in Waren an der Müritz eröffnet. Aus meiner Sicht ist das eine Abrundung der Geschichte.
Das mag hinreichen, um die Beschlussempfehlung zu begründen. Vielen Dank für Ihr Interesse, und ich hoffe, dass Sie der Beschlussempfehlung zustimmen. – Vielen Dank!
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache nicht vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Der Rechtsausschuss empfiehlt in Ziffer I seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 7/5383, einer Entschließung
zuzustimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön! Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer I der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses bei Zustimmung durch alle Fraktionen und den fraktionslosen Abgeordneten angenommen.
In Ziffer II seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Rechtsausschuss, die Unterrichtung auf Drucksache 7/4683 verfahrensmäßig für erledigt zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön! Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer II der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses auf Drucksache 7/5383 bei Zustimmung durch alle Fraktionen – den fraktionslosen Abgeordneten habe ich nicht gesehen,
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrages der Fraktion Freie Wähler/BMV – Schwimmfertigkeiten der Grundschüler sofort verbessern, auf Drucksache 7/3716, sowie Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/3744,
hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur, auf Drucksache 7/5375.