Protocol of the Session on June 10, 2020

Wenn also eine frisch ausgebildete Lehrerin entscheidet, ob sie in Wismar oder in Braunschweig Lehrerin werden möchte, dann gibt es da zwei Gründe,

(Rainer Albrecht, SPD: Richtig!)

warum sie nach Wismar geht: Erstens ist Wismar tausendmal schöner als Braunschweig,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Jens-Holger Schneider, AfD – Rainer Albrecht, SPD: Jawoll!)

und zweitens wird sie dann in Wismar mehr verdienen als in Braunschweig.

(Andreas Butzki, SPD: Genau.)

Um es auf den Punkt zu bringen, es geht also um die Wertschätzung von Grundschullehrkräften und es geht zugleich um die Gewährleistung eines ordnungsgemäßen und einer ordnungsgemäßen Unterrichtsversorgung mit ausreichend Lehrkräften bei uns im Land, eine nicht triviale Aufgabe, wie wir alle wissen.

(Heiterkeit und Zuruf von Torsten Renz, CDU – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, um das große Ziel der finanziellen Gleichbehandlung zu erreichen, sind einige weiterführende Anpassungen notwendig. Unsere Absicht einer besseren Bezahlung muss auch durch vergleichbare Qualifikation der Lehramtsausbildung begründbar sein. Der hohe Anspruch des Studienganges sowie die gestiegenen Anforderungen auch an den Beruf einer Grundschullehrkraft machen diese Erweiterung unerlässlich. Wir verlängern deswegen die Regelstudienzeit für Lehrämter im Grundschulsektor um ein Praxisseminar.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Semester!)

Wir implementieren also mehr Praxis in das Studium. Und damit erfüllen wir auch eine Forderung, die von allen Seiten immer wieder kommt: Bitte gebt mehr Praxis in das Lehramt Grundschule hinein! Das werden wir hiermit auch erfüllen. Und diese zusätzliche Praxiszeit wird dann später auf das Referendariat angerechnet, das dann 12 statt 18 Monate dauert. Diese Option steht zwar jetzt schon im Gesetz, sie kann nun aber mit diesen zusätzlichen Praxisanteilen im Studium endlich auch breite Anwendung finden. Mehr Praxis und eine bessere Bezahlung im Berufseinstieg, das sind die beiden Dinge, die wir mit diesem Gesetzentwurf ermöglichen.

Ich freue mich auch deshalb sehr, dass wir jetzt schon gemeinsam mit der Universität Greifswald einen ausgesprochen innovativen Studiengang für das Lehramt an Grundschulen ab dem Wintersemester 2020/21 einrichten konnten. Dieser Studiengang wird von einer ganz engen Verzahnung zwischen Praxis und Theorie geprägt sein. Dabei schaffen wir vor allem einen frühen Einstieg in die Praxis und in den Berufsfeldbezug, den wir auch ganz in enger Kooperation mit den ländlichen und auch städtischen Grundschulen vor Ort dann durchführen werden.

Ich halte gerade diesen frühen Einblick und diese frühe Praxis und diesen frühen Berufsfeldbezug für ganz wichtig, weil, wir wissen alle, dieses Studium im Lehramt, nicht alle bringen es bis zum Ende. Und ich halte es für sehr wichtig, dass, wenn Grundschullehrer im Lehramt, also die angehenden, früh schon mal in die Schule gehen und sehen, was erwartet mich da eigentlich in meinem Beruf, das kann nur dazu führen, dass da auch gute Lehrkräfte rauskommen und dass auch das Studium zielgerichteter und besser laufen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der vorliegenden Gesetzesänderung ermöglichen wir erstmals die faire finanzielle Gleichbehandlung der Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer. Das Lehramt an Grundschulen ist nunmehr den weiterführenden Schulen vom

Umfang her gleichgestellt und rechtfertigt so auch die vorgehaltene Besoldung. Wir schnüren also ein Paket, das unsere Konkurrenzfähigkeit im bundesweiten Wettbewerb um die Lehrerinnen und Lehrer von morgen deutlich verbessern wird. Schließlich muss es in unser aller Interesse sein, dass wir den dringenden Bedarf an Lehrkräften stillen können und vor allen Dingen, dass wir den Lehrkräften hier im Land auch einen guten Weg in den Schuldienst in M-V ebnen können.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, mit der vorliegenden Gesetzesänderung gelingt uns ein wichtiger Zwischenschritt, um die Attraktivität des Lehrberufs in MecklenburgVorpommern weiter zu verbessern. Und ich sage deswegen „Zwischenschritt“, weil wir in der Tat noch mehr vorhaben im Bereich der Lehrerausbildung. Es wird also nicht das letzte Mal sein, dass wir uns hier und in dieser Legislaturperiode mit diesem Thema befassen, aber noch einmal: Dieser Schritt ist ein Meilenstein, wir werden alle Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer in diesem Land besser bezahlen können, mehr Wertschätzung ihnen entgegenbringen und auch konkurrenzfähiger auf dem Arbeitsmarkt für Lehrkräfte sein. Ich bitte Sie sehr um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin!

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Schneider.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wertes Präsidium! Meine Damen und Herren! Werte Gäste! Liebe Landsleute! Der vorliegende Gesetzentwurf ist eine Reaktion auf den wachsenden Mangel an Grundschullehrkräften. Das Grundschullehramt soll durch Anhebung der Vergütung auf A13 beziehungsweise E13 finanziell attraktiver gemacht werden, sodass mehr junge Menschen diesen Beruf ergreifen und eine gewisse Sogwirkung zugunsten unseres Bundeslandes entsteht.

In der Begründung wird auch die Konkurrenz mit anderen Bundesländern genannt, die bereits auf A13/E13 umgestellt haben. Hier sind Berlin, Brandenburg und Sachsen zu nennen, die allerdings nur etwa 12 Prozent der deutschen Bevölkerung stellen. Auch wenn Bremen und Schleswig-Holstein hinzukommen, werden es insgesamt nur 16,5 Prozent sein.

(Torsten Renz, CDU: Aber irgendwann sind wir bei 100.)

Die Konkurrenzsituation zum übrigen Bundesgebiet sollte also nicht überinterpretiert werden, Herr Renz.

(Zurufe von Rainer Albrecht, SPD, und Torsten Renz, CDU)

Das Ziel der verstärkten Gewinnung von Lehrkräften hat die Landesregierung erkannt, aber sind die hier vorgelegten Mittel zur Erreichung dieses Ziels auch plausibel? Immerhin beruhte die bisher ungleiche Vergütung der Lehrämter auf unterschiedlichen Anforderungen und Tätigkeitsmerkmalen sowie auf dem Abstandsgebot

zwischen den Besoldungsgruppen, welches das Bundesverfassungsgericht am 23. Mai 2017 bestätigt hat.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das können Sie auch gern nachprüfen, Herr Renz. Das machen Sie ja sehr gern.

Der Gesetzentwurf bedient sich nun mehrerer Tricks, um diese Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

(Rainer Albrecht, SPD: Es gibt keine Tricks.)

Das sind Tricks, Taschenspielertricks, Herr Albrecht.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Die Anforderungen an das Grundschullehramt werden nämlich scheinbar erhöht, indem das Studium um ein Praxissemester verlängert wird. Gleichzeitig wird aber das Referendariat für dieses Lehramt um ein halbes Jahr verkürzt,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Steht nirgendwo.)

sodass es sich praktisch um ein Nullsummenspiel handelt, das lediglich den Zweck hat, die Regelstudienzeit rein optisch an die der anderen Lehramtsstudiengänge anzugleichen, um eine Begründung für die Anhebung der Bezüge zu finden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Für diese Verlängerung des Studiums, die de facto gar keine ist, wird dann auch noch die ganz allgemeine Begründung gegeben, die Anforderungen an die Grundschullehrkräfte hätten sich erhöht. Worin diese Erhöhung besteht, wann, wo, wie und warum sie eingetreten ist, erfahren wir im Gesetzentwurf nicht,

(Andreas Butzki, SPD: Und Ihr Vorschlag?)

lediglich die vage Andeutung, dass sich die, ich zitiere, „Wissensvermittlung als entscheidende Grundlage für die weiterführenden Jahrgangsstufen“, Zitatende, geändert habe und die Grundschullehrkräfte stärker fordere.

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

Sollten damit die im Zuge von Inklusion und Integration entstandenen Probleme gemeint sein, so ist zu entgegnen, dass davon auch die anderen Schularten betroffen sind. Und dem Argument, dass in der Grundschule die Grundlagen für die spätere Schullaufbahn gelegt würden, ist zu entgegnen, dass am Gymnasium die noch anspruchsvolleren Grundlagen für die Hochschule gelegt werden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Auch wir sehen die Notwendigkeit, dass mehr Lehrkräfte, besonders auch für Grundschulen, geworben und gewonnen werden. Dazu muss die Attraktivität des Lehrerberufs insgesamt deutlich erhöht werden. Das kann durch finanzielle Zulagen in Problemgebieten, von denen es auch in unserem Bundesland so diverse gibt, erfolgen, durch Verbesserung der Rahmenbedingungen, Absenkung der Pflichtstundenzahl, kleinere Klassen, weniger

administrative Aufgaben, erleichterte Maßnahmen gegen Disziplinverstöße und so weiter und so fort.

Den jetzt von der Landesregierung gewählten Weg halten wir dagegen für fragwürdig, da er in ein gut begründetes Gehaltsgefüge eingreift. Gymnasiallehrkräfte haben deutlich anspruchsvollere Arbeitsanforderungen als im Grundschulbereich. Vorbereitung und Nachbereitung des Unterrichts sind zeitintensiver. Hinzukommen die schriftlichen und mündlichen Abiturprüfungen auf höchstem Niveau mit all ihren Vorbereitungen und Korrekturen.

Und, Frau Ministerin, was Hänschen nicht lernt, soll Hans dann definitiv lernen. Uns begleitet das Stichwort des lebenslangen Lernens, also muss auch Hans immer in seinem Alter deutlich dazulernen. Ich werde auch noch als der alte Hans dann vielleicht noch was lernen müssen

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Mit Sicherheit!)

und bin da auch gern bereit zu.

(Zurufe von Rainer Albrecht, SPD, und Andreas Butzki, SPD)

All dies ist auch von Sachverständigen aus der Praxis bestätigt worden. Die Landesregierung hat solche Stimmen allerdings ignoriert. Es ist zu erwarten, dass nun auch von anderen Lehrämtern Forderungen nach Gehaltserhöhungen oder zumindest einer Verringerung der Pflichtstundenzahl kommen, um ihre Benachteiligung auszugleichen. Zu erwarten ist auch, dass Gymnasiallehrer an Grundschulen wechseln werden, weil sie dort mit weniger Aufwand an Zeit und fachtheoretischer Tiefe Lerngruppen zu unterrichten haben, …