Protocol of the Session on March 9, 2017

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als pauschalen Beweis gegen die Umweltverträglichkeit von Windenergieanlagen wird jetzt hier versucht, diesen klar regelwidrigen Vorgang im Windpark Küstrow bei Barth zum Massenphänomen hochzustilisieren. Bekannt geworden ist dieser Vorfall bei der Landesregierung durch eine Presseanfrage am 15. Februar im zuständigen Landwirtschaftsministerium. Die zuständige untere Bodenschutzbehörde beim Landkreis Vorpommern-Rügen hat dann unverzüglich reagiert, die Kollegen vom Umweltamt haben den Standort besichtigt, im Übrigen mit folgendem Ergebnis: Eine Gefahr – und das war das zentrale erste wichtige Argument – für die Trinkwasserversorgung in der Region besteht nicht.

Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur nahm dann den Eigentümer in die Pflicht, bis zum 31. März die Abfälle zu beräumen und die Folgen der unsachgemäßen Lagerung – auch die Bodenverunreinigungen werden durch ein Gutachten festgestellt werden – zu beseitigen. Der Betreiber sicherte dem Amt für Umwelt und Natur zu, innerhalb dieser Frist zu reagieren und insbesondere die betroffenen Ackerflächen von einem zertifizierten – das ist für uns wichtig – Entsorgungsfachbetrieb vorschriftswidrig, nein, vorschriftsmäßig diesmal,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Ralf Borschke, AfD)

und schnellstmöglich beräumen zu lassen. Die Aufträge sind bereits ausgelöst, auch das musste nachgewiesen werden, und nach Abschluss dieser Arbeiten wird der Betreiber ein akkreditiertes Prüflabor mit einer Bodenbeprobung beauftragen. Abhängig vom Ergebnis der Begutachtung muss er dann die erforderlichen Maßnahmen einleiten. Die werden durchs Amt vorgegeben werden, wenn sich sodann entsprechende Bodenverunreinigungen feststellen lassen und insbesondere das Ausmaß feststellen lässt.

Sie sehen also, meine Damen und Herren, für derartige – nochmals – Einzelfälle haben wir alle erforderlichen Instrumente und wissen uns auch ihrer zu bedienen. Wir werden auch künftig für keinen Lebens- und Gewerbebereich und, als Verkehrsminister sage ich, gerade auch für keinen Verkehrsteilnehmer ausschließen können, dass es vereinzelt zu Regelverstößen kommt. Dann kommt es darauf an, dass wir Instrumente und Eingriffsbefugnisse haben, um darauf klar und konsequent reagieren zu können. Die haben wir hier und ich habe gerade dazu berichtet.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, den absoluten Ausschluss – auch das gehört der Ehrlichkeit halber dazu – jeglicher Regelverstöße werden wir nicht umgesetzt bekommen, und das gilt leider für alle Berei

che unseres Lebens. Es wird immer wieder Autofahrer geben, die am Steuer telefonieren, allen Vorschriften und Strafen zum Trotz. Ich vermute, dass keiner deshalb sagt: Jetzt verbieten wir die Autos, sicher ist sicher. Wir werden auch unzureichende Altölentsorgungen in Fachwerkstätten leider immer mal wieder in Einzelfällen erleben. Auch andere Gewerbebetriebe mögen dazu verleitet werden. Wir werden auch deshalb nicht sämtliche Fachwerkstätten verbieten oder sämtliche Unternehmen und Gewerbebetriebe unter Generalverdacht stellen. Wir müssen diesen Verstößen, wenn sie passieren, nur adäquat begegnen können, und – noch mal wiederholt – das können wir. Das können wir mit Ordnungsrecht, das können wir mit entsprechenden Maßnahmen des vorsorgenden Ordnungsrechts, wir können es mit dem Ordnungswidrigkeitenrecht ahnden, wir sind da gut aufgestellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle aber noch einmal darauf verweisen, dass die Erzeugung von Strom durch unsere modernen Windkraftanlagen eine verhältnismäßig junge Technologie ist. Dass da immer noch an Verfeinerungen – im Übrigen gerade für die von Ihnen kritisierten Windradflügel und deren Entsorgung – gearbeitet wird, dass daran gefeilt wird, steht außer Frage. 1886 fuhr das erste Auto des Erfinders Carl Benz mit einem Verbrennungsmotor auf der Straße. Heute, mehr als 130 Jahre später, forschen die Hersteller immer noch an nicht wenigen Stellen daran, wie sie ihre Fahrzeuge sicherer und sauberer machen, und auch bei manchem Fahrzeugbauteil haben wir noch eine Restaufgabe zu lösen, wie wir es denn endgültig recyceln, damit wir nicht einige Dinge lagern müssen. Trotzdem gibt es immer noch, in der Regel im Übrigen verursacht durch menschliches Versagen, trotz aller Forschungsfortschritte der Kraftfahrzeugindustrie hin und wieder Unfälle – nein, leider häufig Unfälle, viel häufiger, als uns lieb ist –, es gibt in Einzelfällen auch leckende Tanks und Leitungen. Dennoch käme niemand in diesem Hause auf die Idee zu sagen, das Auto muss grundsätzlich verbannt werden.

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

So, wie das Auto unverzichtbarer Bestandteil unserer Verkehre ist,

(Ralf Borschke, AfD: Das geht am Thema vorbei, Herr Pegel.)

gibt es an der Windenergie als essenziellem Bestandteil der Energiewende keinen breitenwirksamen Zweifel –

(Ralf Borschke, AfD: Für die Autos gab es keine Milliardensubventionen.)

Ihren Einzelzweifel habe ich ja zur Kenntnis genommen. Daran werden auch die mit solchen Anträgen und Aussprachen von Ihnen hier bemühten Diskreditierungsversuche nichts ändern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil es aufgerufen ist: Das Recycling der Anlagen gelingt weitgehend, wie auch bei Autos im Übrigen. Ja, die Flügel sind noch unsere offene Flanke. Die werden zerkleinert und verbrannt, zum Teil wird aber auch unter gewissen Bedingungen – je nachdem, welcher Stoff eingesetzt wird – das Verbrennungsergebnis, die Asche, die kleine Glaspartikel enthält, hinterher wiederum in Zementsteinen mit

eingesetzt, um diese zu produzieren. Aber wir können in der Tat nicht für alle Rückstoffe, die da bleiben, schon ein komplettes Recycling anbieten – wie für nahezu kein anderes Produkt, das die Beteiligten in diesem Saal am Leibe tragen, als Brille mit sich führen oder als Kraftfahrzeug vermutlich heute Morgen oder in den letzten Tagen genutzt haben. Die Flügel sind zurzeit unser größtes Problem.

Und in der Tat – weil Sie es angesprochen haben – sind mir zu verbrennende Flügel und deren Asche lieber, als strahlenden Atommüll zu lagern. Ich habe verstanden, wir sind da unterschiedlicher Meinung. Ihren Keller bieten Sie gerne herzlich an, die Kolleginnen und Kollegen in Berlin beginnen gerade mit der Atommüllendlagersuche.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ich möchte aber nicht daneben wohnen.)

Schlagen Sie doch einen Standort in diesem Land vor, dann werden Sie mal Widerstand spüren! Dann werden Sie mal ernsthaft Widerstand spüren! Da gebe ich Ihnen Brief und Siegel drauf.

Dass noch funktionstüchtige Anlagen gebraucht gehandelt und weiterverwendet werden, das ist zu begrüßen und nicht zu kritisieren. Im Rahmen des Repowering gibt es in der Tat gebrauchte Anlagen, die in anderen Ländern, an anderen Standorten noch Nutzen finden. Das ist mir lieber, als wenn die halb neu sofort verschrottet werden. Das ist auch bei Autos und vielen anderen Maschinen etwas völlig Übliches, dass man eine gebrauchte Maschine übernimmt und erst, nachdem sie ihre Lebenszeit wirklich durch hat, der Verwertung zuführt, die im Übrigen hier funktioniert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein kleiner Hinweis am Rande: Ich bin – nur so als Lernbeitrag des heutigen Tages – nicht für die Umsetzung des BundesImmissionsschutzgesetzes zuständig. Diese Zuständigkeit liegt im Umweltministerium mit den nachgeordneten Staatlichen Ämtern für Landwirtschaft und Umwelt. Und ich bin auch nicht für die Vorstandswahlen des BWE zuständig. Das ist auch keine uns nachgeordnete Einrichtung, über die ich die Rechtsaufsicht mit den Kolleginnen und Kollegen führe. Ich gehe davon aus, dass Sie beim Parlamentarischen Abend des BWE teilnehmen werden, der in einigen Wochen stattfindet.

(Ralf Borschke, AfD: Ich freue mich schon.)

Das wäre ein geeigneter Rahmen,

(Ralf Borschke, AfD: Ich freue mich schon.)

um diese Frage noch einmal aufzuwerfen.

Ich würde im Übrigen für Folgendes plädieren: Wir können jetzt ja mal gemeinsam alle unsere Verkehrszentralregisterauszüge bei der nächsten Landtagssitzung mitbringen und vor uns auf den Tisch legen. Dann gucken wir mal, ob nicht auch in diesem Saale hier oder da der eine oder die andere dabei ist, die oder der sich auch schon mal vertan hat.

(Jochen Schulte, SPD: Nee, machen wir nicht.)

Und weil ich daraus keinen Vorwurf mache, glaube ich, jeder darf sich mal vertun, dafür gibt es auf die Finger,

dafür gibt es eine Regelstrafe, und dann muss man auch mal wieder einen Gang zurückschalten. Ich finde, die Skandalisierung, die Sie bemühen, die ist der eigentliche Skandal, die ist völlig aus der Spur. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich freue mich auf die Debatte.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Eifler für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch von meiner Seite hier einen guten Morgen für das Haus! Wir haben ja mit einer …

(Jochen Schulte, SPD: Guten Morgen, lieber Dietmar! – Thomas Krüger, SPD: Morgen!)

Danke schön.

(Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Wir haben ja eine lebendige Debatte – jetzt gerade mit einer Rede vom Minister – geführt zu diesem Antrag oder dieser Aussprache mit dem Thema „Umweltverschmutzung durch Windkraftanlagenüberreste“. Ich gehe noch mal auf die Ausgangssituation ein.

Herr Borschke, Sie sprachen von der Gesamtanzahl der Windkraftanlagen, die in der Bundesrepublik Deutschland in Betrieb sind. Und Sie nehmen in der Tat diesen Einzelfall aus meinem Wahlkreis – da, wo ich vor wenigen Wochen das Direktmandat errungen hatte –

(Minister Harry Glawe: Sehr gut!)

zum Anlass, hier eine Generaldebatte zu führen. Ich bin der festen Überzeugung, wenn die Vorwürfe zutreffen, und daran habe ich auch keine Zweifel, dass die zuständigen Ordnungsbehörden die Verursacher entsprechend zur Verantwortung ziehen werden. Das ist auch richtig so. Dafür gibt es Regularien, wie Anlagen zu betreiben sind.

Aber ich will auch den Aspekt aufgreifen, dass es einer der ältesten Anlagenbereiche ist, die in Betrieb sind und im Repowering sind. Wenn ich durch das Land fahre, sehe ich an vielen, vielen Stellen Veränderungen an den Anlagen, dass die umgebaut werden, und mir ist in der Tat kein weiterer Fall bekannt in dieser Dimension, in dieser Form. Deshalb ist ja Ihre Zielrichtung in der Aussprache eine ganz andere. Es geht Ihnen gar nicht um diesen Einzelfall im Wesentlichen, dass der aufgeklärt wird und dass die Ursachen und die Missstände beseitigt werden. Ohne Frage, Ihnen von der Fraktion der AfD geht es darum, die Generaldebatte zu führen und ein Stück weit die Betreiber der Anlagen unter Generalverdacht zu stellen. Und das machen wir einfach nicht mit, weil wir sehr wohl auf den Einzelfall und auf die Situation insgesamt abstellen.

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig.)

Wenn wir das Thema „erneuerbare Energien“ ansprechen, so gibt es überhaupt keinen Zweifel mehr, der Atomausstieg ist beschlossen. Und wenn wir vernünftige und gute Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland und auch in Mecklenburg-Vorpommern weiterhin garantieren wollen, brauchen wir erneuerbare Energien.

Ich gehe auch auf diesen Aspekt noch ein, dass ganz Flinke dabei sind, auch noch den Kohleausstieg zu dem Atomausstieg zu machen. Dass das nicht funktioniert, da haben wir ja in den letzten fünf Jahren häufig hier im Haus debattiert, dass wir uns mit Weitblick und einem maßvollen Umgang damit auseinandersetzen müssen, denn sonst kann die Energieversorgung in diesem Land nicht mehr aufrechterhalten werden. Das betrifft nicht nur das persönliche Leben, sondern eben auch unsere gesamte Wirtschaft. Wir sind alle in der Verantwortung und in der Pflicht, vernünftige und sichere Energiebereitstellung und die Energiesicherheit zu gewährleisten. Da kann man nicht mit einem Generalverdacht ankommen und sagen, alle Windkraftanlagenbetreiber verhalten sich nicht normgerecht und die gesamte Technologie ist umweltunverträglich. Das funktioniert so einfach nicht.

Unsere Aufgabe ist – und da kann man Befürworter oder Gegner der erneuerbaren Energien sein –, unsere Aufgabe ist es doch, Lösungen zu finden, und ich habe bei all den Debatten, die wir im Haus in den letzten Wochen und Monaten hier geführt haben, von Ihnen in dieser Richtung nicht einen einzigen Lösungsvorschlag gehört. Das funktioniert nicht, da machen wir auch nicht mit. Wir sind gern bereit, mit allen zusammen Lösungen zu finden, die eine Energieversorgung gewährleisten, die die Energiesicherheit und die Versorgungssicherheit gewährleisten, und da sind wir mit dabei. Aber auf diese Art und Weise Anlagenbetreiber unter Generalverdacht zu stellen und die Energiewende insgesamt infrage zu stellen, glaube ich, ist mit der CDU-Fraktion nicht dauerhaft zu machen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank.

Ich bitte jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Schwenke, für die Fraktion DIE LINKE zu sprechen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ehe ich mit dem eigentlichen Thema, das die Überschrift zum Ausdruck bringt, beginne, reizt mich natürlich die Rede von Herrn Borschke dazu, ein paar Vorbemerkungen zu machen.

Das Erste: Herr Borschke, die AfD war noch nicht im Parlament, da haben wir hier heftigst darüber diskutiert, ob wir in der Lübtheener Gegend zulassen wollen, dass die MIBRAG Untersuchungen durchführt mit dem späteren Ziel, dort Braunkohle abzubauen. Sie konnten damals noch nicht wissen – eigentlich hätten Sie es schon damals wissen müssen, denn Sie leben ja schon längere Zeit in Mecklenburg-Vorpommern –, aber es hat einen Sturm der Entrüstung in der Bevölkerung der ganzen Gegend gegeben.

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig.)