Protocol of the Session on May 14, 2020

Das so wichtige Erklären des Stoffes durch die Lehrkraft, Antworten auf Schülerfragen, Lernerfolgskontrollen und so weiter blieben wegen des fehlenden Präsenzunterrichts auf der Strecke. Im Ergebnis haben viele Wochen Schulschließung erhebliche Lücken in die Stoffvermittlung gerissen, selbst kurz davor Gelerntes konnte nicht mehr ausreichend geübt und gefestigt werden. Die jetzigen Pläne des Bildungsministeriums zur schrittweisen Wiedereröffnung der Schulen sind gelinde gesagt sehr vage und bringen den Schülern nur einen Bruchteil der regulären Unterrichtszeit, der so bei Weitem nicht ausreicht, um die Ausfälle in irgendeiner Weise zu kompensieren, denn unterm Strich kommt dabei raus: „Viermal Schule, dann sind Ferien“.

Ab jetzt verbleiben bei den bestehenden Festlegungen bis zu den Sommerferien noch gut vier Wochen zum teilweisen Nacharbeiten des Versäumten. Für die letzten Klassen an den Gymnasien beginnen die partiellen Schulöffnungen sogar erst am 3. Juni, also gut zwei Wochen vor den Ferien, für sie also nicht einmal mehr: „Viermal Schule, dann sind Ferien“.

Am 22. Juni beginnen regulär die Sommerferien und beenden damit das bis dahin im Wesentlichen nur fragmentarische Unterrichtsgeschehen für dieses Schuljahr gänzlich. Wie soll nun unter derartigen zeitlichen Bedingungen noch eine halbwegs akzeptable Vermittlung des versäumten Lehrstoffes erfolgen oder gar eine aussagekräftige Note gebildet werden? Die angekündigte pauschale Versetzung aller Schüler ist jedenfalls nicht der richtige Weg, denn er wird das Scheitern bestenfalls nur ins nächste Schuljahr verlagern,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

denn: „Viermal Schule, dann sind Ferien“.

Wir beantragen deshalb, dass sich die Landesregierung bei der Kultusministerkonferenz umgehend dafür einsetzt, den Beginn der Sommerferien um einen Monat zu verschieben. Das ist möglich, da in keinem Bundesland die Sommerferien so früh beginnen wie in unserem, nämlich am 22. Juni. Zum Beispiel in Baden-Württemberg beginnen sie erst fünfeinhalb Wochen später, am 30. Juli.

(Andreas Butzki, SPD: Das ist immer so.)

Da die Sommerferientermine von der Kultusministerkonferenz schon lange im Voraus geplant und abgestimmt wurden, muss die Landesregierung also bei Änderungsabsichten sich an diese wenden, um vor dem Hintergrund der bundesweit bestehenden Ausnahmesituation eine Verschiebung zu erwirken. Was spricht dagegen? Es ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass diese Feriensaison sich sowieso grundsätzlich anders gestaltet als die von der KMK bei der bestehenden Ferienzeitplanung zugrunde gelegten Annahmen. Auch würde die von uns geforderte Verschiebung des Ferienbeginns um einen Monat zeitlich auch mit keinem anderen Bundesland unmittelbar zusammenfallen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns dabei auch noch einen Blick auf die Situation der Abiturienten werfen, denn diesen käme ein verlängertes Zeitfenster in ganz besonderem Maße entgegen.

Zum Verständnis hier eine kleine Chronologie: In der ursprünglichen Planung sollten sich die schriftlichen Abiturprüfungen auf den Zeitraum vom 30. März bis 7. Mai – das sind sechs Wochen – erstrecken. Davor hätten eigentlich fünf Schulwochen vom Ende der Winterferien bis zum geplanten Abiturbeginn gelegen, das heißt vom 24. Februar bis zum 29. März. Von diesen Wochen sind die beiden letzten den Schulschließungen anheimgefallen. Das sind genau die Wochen, die normalerweise der heißen Phase der Prüfungsvorbereitung zuzurechnen sind, also einer Zeit, in der die Lehrer ihre Schüler intensiv auf die Abschlussprüfungen vorbereiten.

Mit den Schulschließungen begann dann die Zeit der Unsicherheit, wie es mit dem Abitur weitergehen würde. Nichts lief mehr normal, große Teile der Schülerschaft – vermutlich auch zahlreiche Lehrer – rechneten, nachdem die Schulen ab den Osterferien nicht wieder geöffnet wurden, auch nicht mehr mit einem geordneten Ablauf des Abiturs. Stimmen, die ein Durchschnittsabitur – also ein Abitur ohne Prüfungen, nur auf Grundlage der erzielten Noten – forderten, wurden laut und lauter. Als Beispiel sei hier nur der Landesschülerrat genannt. Diese Phase der Ungewissheit bremste dann den Elan vieler Abiturienten und minderte damit die ohnehin schon durch den Unterrichtsausfall beeinträchtigte Qualität ihrer Prüfungsvorbereitungen.

Inmitten dieser Ungewissheit reagierte dann das Bildungsministerium mit einem unausgegorenen Zeitplan für die schriftlichen Prüfungen, der den dafür vorgesehenen Zeitraum von sechs auf drei Wochen verkürzen sollte.

(Präsidentin Birgit Hesse übernimmt den Vorsitz.)

Dieser Zeitplan wurde am 3. April veröffentlicht und aufgrund von Protesten am 9. April tatsächlich um drei Tage verlängert. Allerdings wurden die Schulen dann erst am 27. April für die Abschlussklassen geöffnet und am 8. Mai begannen dann schon die Klausuren.

Nachdem die schriftlichen Abiturprüfungen nunmehr nach diesem Plan in vollem Gange sind, lässt sich an Ihrem Zeitplan nichts mehr ändern. Ändern lässt sich aber der Beginn der mündlichen Prüfungen, um damit ausreichend Vorbereitungszeit – auch für eine Konsultation mit Lehrkräften, die ein wichtiges Element in der Abiturvorbereitung sind – einzuräumen.

Wir beantragen deshalb folgerichtig ihre Verschiebung um zwei Wochen auf die Zeit ab dem 15. Juni, also für die mündlichen Prüfungen. Wenn der Beginn der Sommerferien auf den 22. Juli verschoben wird, ließe sich der Zeitraum der mündlichen Prüfungen von jetzt zweieinhalb auf viereinhalb Wochen ausdehnen. Damit entspräche er der ursprünglich dafür vorgesehenen Zeitspanne. Die von uns geforderten Verschiebungen und Verlängerungen werden nicht nur den Schülern mehr Vorbereitungszeit geben, sondern auch den Korrekturen der Klausuren, die nach den jetzigen Plänen ebenfalls unter enormem Zeitdruck stehen.

Meine Damen und Herren, nutzen wir den Zeitvorteil, den uns der extrem frühe Ferienbeginn hier offeriert, und folgen Sie unserem Antrag! Ansonsten bleibt es bei: „Viermal Schule, dann sind Ferien“. – Vielen Dank!

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Vielen Dank, Herr Kröger!

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten vorzusehen.

(Andreas Butzki, SPD: Doch so lange?!)

Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Landesregierung die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Frau Martin.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Diese Krise verlangt uns allen vieles ab, und gerade auch für Schülerinnen und Schüler waren die vergangenen zwei Monate mehr als schwierig. Von einem Tag auf den anderen waren die Schulen zu, die Schüler durften ihre Freunde nicht mehr sehen, der gewohnte Schulalltag wich einer Zeit, in der Fernunterricht und selbstständiges Lernen notwendig wurden. Viele hatten das Glück, motivierte Lehrerinnen und Lehrer zu haben, die sehr schnell große Kreativität und großen Einsatz zeigten, um ihre Klassen mit digitalen Lerninhalten zu versorgen. Einige Lehrkräfte, ich habe es ja vorhin schon gesagt, haben sich etwas schwerer damit getan. Wir wissen auch von Lehrerinnen und Lehrern, die wie gesagt morgens sich aufs Fahrrad geschwungen haben und ihren Schülerinnen und Schülern – die, die eben nicht digital vernetzt waren – die Aufgaben in die Briefkästen geschmissen haben. Und wir hören von Eltern, die viel Zeit und viel Liebe einsetzen, um ihre Kinder beim sogenannten Homeschooling zu unterstützen. Für all diese Familien waren die Schulschließungen eine große Belastung, die Arbeit im Homeoffice, während die Kinder am Computer ihre Aufgaben lösen sollten und Hilfe wollten, eine enorme Kraftanstrengung für alle Beteiligten.

Und dann gibt es auch die Kinder, die von ihren Eltern keine Unterstützung erfahren,

(Horst Förster, AfD: Eben.)

denen es zu Hause eben nicht so gut geht.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Vor allem sie sind es, die darunter gelitten haben, dass sie wochenlang nicht in die Schule gehen konnten.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Wie gesagt, die Zeit der Schulschließungen war eine echte Zumutung für Schüler, Lehrkräfte und Eltern. Und deshalb möchte ich auch zunächst einmal Danke sagen, Danke an alle Schülerinnen und Schüler fürs Durchhalten, Danke an alle Lehrerinnen und Lehrer, die Schulleitungen und die Kolleginnen und Kollegen in den Schulbehörden dafür, dass sie in diesen Wochen so viel Schule und Bildung, wie es nur eben ging, für die Schülerinnen und Schüler ermöglicht haben. Und natürlich Danke, Danke

an alle Eltern für ihre Geduld und ihre Ausdauer, die sie gebraucht haben, um ihre Kinder während der vergangenen Wochen zu Hause zu unterstützen.

(Beifall Thomas Krüger, SPD, und Jens-Holger Schneider, AfD)

Wir sind nun auf dem Weg in eine neue Normalität während der Pandemie. Wir öffnen schrittweise viele Bereiche des öffentlichen Lebens, auch die Schulen. Und wir haben es gestern schon gehört, die Öffnung der Schulen ist dabei eine der schwierigsten Aufgaben, denn, meine Damen und Herren, die Krise ist nicht vorbei. Zumindest ist mir nicht bekannt, dass das Virus verschwunden wäre oder dass wir einen wirksamen Impfstoff hätten oder ein speziell wirksames Medikament auf dem Markt wäre.

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig! Genauso ist es.)

Die Gefahr ist nicht gebannt! Deshalb gilt es nun, unter diesen schwierigen Bedingungen den Betrieb in den Klassenräumen schrittweise wiederaufzunehmen und – und das ist wichtig – dabei den Gesundheitsschutz von Kindern, Jugendlichen und Lehrkräften zu gewährleisten. Deshalb müssen wir Lerngruppen teilen und Abstandsregeln wahren. Und deshalb haben auch Lehrkräfte aus den Risikogruppen, die mit Vorerkrankungen, die Möglichkeit, nicht im Präsenzbetrieb eingesetzt zu werden, sondern im Homeoffice zu bleiben, digitale Lehre zu machen, Korrekturen vorzunehmen von Prüfungen und so weiter. Wir brauchen also doppelt so viele Räume und für alle Lerngruppen zusätzliche Lehrkräfte. Das alles ist eine riesige Herausforderung vor Ort.

Und doch war es unser klares Ziel bei dem Konzept, das wir entwickelt haben für die schrittweise Öffnung der Schulen bis zu den Sommerferien am 20. Juni, dass alle Schülerinnen und Schüler noch mal in die Schule kommen können, Präsenzunterricht erfahren und den auch kombinieren können mit der digitalen Lehre, denn das ist wichtig. Aber weil wir hier vorsichtig vorgehen müssen, weil wir hier eine ganz besondere Verantwortung haben, können wir nicht einfach die Schultore aufmachen und so tun, als gäbe es das Corona-Virus nicht mehr.

Das aber ist genau das, was die Herren von der AfD vorschlagen. Sie wollen nämlich, dass wir so tun, als sei nichts gewesen.

(Horst Förster, AfD: Das ist völlig falsch!)

Wir sollen die Kinder ganz einfach in die Schule holen, das Schulhalbjahr um ein paar Wochen erweitern und den Stoff dann einfach mal nachbüffeln lassen.

(Thomas Krüger, SPD: Mit den Kindern experimentieren also?!)

Dann sei alles wieder gut.

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Diese Forderung geht nicht nur völlig an der Realität vorbei, sie ist vor allem absolut unverantwortlich,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, noch haben wir keine belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse, wie sich dieses Virus auf Kinder überhaupt auswirkt. Wir wissen noch nicht genug dafür.

Unverantwortlich ist es auch, zu fordern, dass wir jetzt mal so kurz einfach nebenbei die Prüfungstermine für die Abiturientinnen und Abiturienten über den Haufen werfen sollen. Die Prüfungsphase hat bereits begonnen. Ich habe sehr schnell nach den Schulschließungen klargestellt, dass die Abschlussprüfungen für Abi und Mittlere Reife erst im Mai stattfinden würden. Es gab also Planungssicherheit für alle, und ich habe dann sehr viel Wert darauf gelegt, dass die Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen – die, die nämlich Prüfungen vor der Nase hatten –, dass die auch wieder die Möglichkeit haben würden, als Erstes den Präsenzunterricht zu erfahren, nämlich Zeit dafür, zielgerichtet sich auf die Prüfungen vorzubereiten, Konsultationen mit ihren Lehrkräften zu machen, übrigens genau das, was Sie gerade gefordert haben. Das hat stattgefunden und findet immer noch statt, in den Schulen.

Ich bin mir sehr sicher, dass wir da vieles besser gemacht haben als viele andere Bundesländer, die genau diese Vorbereitungszeit eben nicht eingeräumt haben. Allein die Forderung, jetzt noch Prüfungstermine zu verschieben, führt zu Verunsicherung und ist überhaupt nicht hilfreich. Wichtig ist, dass die Prüfungen jetzt möglichst ungestört und geordnet ablaufen. Das brauchen die Prüflinge jetzt! Mehr ist zu dieser Schnapsidee der AfD von meiner Seite wohl nicht zu sagen.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Oha! Schnapsidee!)

Sie merken also, ich halte überhaupt nichts davon, die Sommerferien zu verschieben.

(Andreas Butzki, SPD: Ich auch nicht.)