Protocol of the Session on March 12, 2020

Insgesamt können wir sagen, dass es natürlich auch bei der Frage darum geht, die Verantwortung der Länder, die Finanzverantwortung, mit Augenmaß zu sehen und nicht grundsätzlich einerseits die Betriebskosten über die Krankenkassen abrechnen zu können, und andererseits dann alles, was Investitionen betrifft, sollen die Länder stemmen. Da gebe ich Ihnen völlig recht. Das ist eine Aufgabe, die zurzeit jedenfalls die Länder aus unserer Sicht überfordern wird.

Die gemeinsame Notfallleitstelle, also die Rufnum- mer 116117, wird als sehr positiver Ansatz gewertet und soll auch dazu führen, dass der Notruf 112 dann weiterhin auch über die Feuerwehralarmierung et cetera genutzt werden kann. Die Rettungsleitstellen und die ärztlichen Bereitschaftsdienste sollen koordiniert werden, um zu entscheiden, ist es ein Fall, der sozusagen im notärztlichen Bereich stationär oder ambulant versorgt werden kann. Und die Frage, die in besonderer Weise uns umtreibt, ist dann, wenn man Zentren schafft, wie Sie die Frage gestellt haben, ob dort dann alle Einsatzzeiten nach dem heutigen Muster gehalten werden können oder nicht. Jedenfalls glauben wir, dass das noch mal eine intensive Diskussion nach sich ziehen muss. Und andererseits geht es darum, auch die Krankenhäuser in der Fläche aus unserer Sicht zu stärken, um die Versorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum sicherzustellen.

Grundsätzlich sagen wir aber, vom Ansatz her ist das Gesetz, denke ich, gut, aber im Detail muss nachgearbeitet werden, auch das, was das Verhältnis zwischen Krankenkassen und KVen auf der einen Seite ausmacht und andererseits auch die Abrechnungssysteme, die dann noch auszuhandeln sind, ob das prioritär grundsätzlich bei den KVen liegt oder ob es nicht da nach dem bewährten Prinzip geht, derjenige, der die Mittel bereitstellt, hat dann auch ein bisschen mehr zu sagen. Das ist noch eine Frage, die wir mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss und mit dem Bundesgesundheitsministerium zu besprechen haben. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass auch die Innenminister der Länder mit diesem Thema befasst sind. Und wichtig ist, dass wir den Reformstau auflösen. Dazu brauchen wir allerdings etwas mehr Zeit, als das im Gesetzentwurf zurzeit vorgesehen ist.

Bitte eine Zusatzfrage?

Ja. Vielen Dank für die Antwort bis hierher!

Sie haben ja differenziert ausgeführt. Darf ich das so verstehen, dass die Landesregierung – wir haben es angesprochen, unsere Planungshoheit für die Landeskrankenhausplanung ist berührt –, wenn unsere Planungshoheit untergraben wird, dass Sie dann dem Gesetzesvorhaben nicht zustimmen werden?

Nein, wir werden jetzt erst mal unsere Bedenken anmelden und hier werden wir mit

anderen Ländern auch abstimmen. Es gibt viele Länder, die in dieser Frage etwas sehen, was ihnen jetzt als Aufgabe zuwächst, also wenn die Planungshoheit oder auch die Frage der Investitionen, wenn die Länder sich daran beteiligen sollen, dann muss das auch unter Beteiligung des Bundes stattfinden – aus unserer Sicht jedenfalls. Und zweitens ist es so, wenn wir schon erhebliche Mittel bereitstellen müssen – am Ende kommt das vielleicht so, weiß ich nicht, erst mal werden wir das grundsätzlich diskutieren –, dann wollen wir aber auch Mitspracherecht haben. Und deswegen sage ich das eben, dass die Interessen der Länder auch in diesem Gesetzentwurf sich niederschlagen müssen, denn nur zu bezahlen und nichts zu sagen zu haben, halten wir nicht für den besten Wurf.

Vielen Dank, Herr Minister!

Bevor ich den nächsten Geschäftsbereich aufrufe, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler des Gymnasialen Schulzentrums in Wittenburg. Herzlichen willkommen hier bei uns im Landtag!

Ich rufe auf den Geschäftsbereich der Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung. Hierzu bitte ich die Abgeordnete Jacqueline Bernhardt, Fraktion DIE LINKE, die Frage zum Thema Nummer 4 zu stellen.

Guten Morgen, Frau Ministerin! Im Rahmen der Haushaltsberatungen im Oktober 2019 wurde uns im Sozialausschuss angekündigt, dass der Landesjugendplan überarbeitet wird samt seinen Richtlinien. Und die Frage, die sich uns stellt, ist: Wie weit ist die Erarbeitung des Landesjugendplanes?

Ja, sehr geehrte Frau Präsidentin! Guten Morgen, Frau Bernhardt! Der Landesjugendplan ist auf einem guten Weg. Wir sind im Moment dabei, hausintern den Landesjugendplan abzustimmen, werden ihn dann den Ressorts zur Überarbeitung übergeben und dann auch frühzeitig Städte- und Gemeinde-, Landkreistag, LIGA und Jugendämter beteiligen. Und so, wie ich das im Sozialausschuss am 15. Januar zugesagt habe, werde ich dann auch den Sozialausschuss umgehend informieren, wenn also die frühzeitige Verbandsanhörung startet.

Eine Nachfrage, Frau Bernhardt?

Nur eine Nachfrage. Sie hatten jetzt dargestellt, wen Sie alles mit beteiligen wollen. Ist auch der Landesjugendring mit vorgesehen, an der Erarbeitung teilzunehmen?

Also selbstverständlich. Wenn es an die Verbandsanhörung geht, ist auch der Landesjugendring dann Teil. Und ich gehe davon aus, dass, wenn wir das im Ausschuss beraten oder uns dazu dann noch weiter verständigen, auch dort noch die Möglichkeit besteht, die Expertise einzuholen.

Vielen Dank, Frau Ministerin!

Ich bitte nun die Abgeordnete Christel Weißig, fraktionslos, die Frage zum Thema Nummer 5 zu stellen.

Frau Präsidentin! Guten Morgen, Frau Minister! Ich frage Sie, ob Sie was unternehmen können und wollen, Kleinstkinder aus Lagern vorübergehend in SOS-Kinderdörfern unterzubringen. Und haben Sie diese Möglichkeit schon mal durchdacht? Ich weiß, dass das gemeinnützig ist und die Heime weltweit sind, aber außergewöhnliche Umstände sind auch außergewöhnliche Maßnahmen. – Danke!

Ja, sehr geehrte Frau Präsidentin! Guten Morgen, Frau Weißig! Ich halte es nicht für vertretbar, Kleinkinder von ihren Eltern zu trennen. Auch in prekären Situationen von Flüchtlingslagern, wie Sie es ansprechen, sollte es vermieden werden, Kinder zusätzlich dadurch zu traumatisieren, selbst wenn die Eltern es wollten, sie von ihnen zu trennen. Da würde ich eher dafür plädieren, dass wir weiterhin nach menschlichen, nach humanitären Lösungen suchen, um Kinder gemeinsam mit den Eltern unterzubringen, dass explizit sie in SOS-Kinderdörfern untergebracht werden sollen. Bei der Inobhutnahme beispielsweise von unbegleiteten Minderjährigen sind die Jugendämter ja die Ansprechpartner, wo die Unterbringung stattfindet. Dort sind also nicht nur die SOS-Kinderdörfer in Augenschein zu nehmen.

Nichtsdestotrotz möchte ich, weil das ja so in Ihrer Frage mitklingt, noch mal sagen, dass ich es sehr begrüße, dass die Bundesregierung die Entscheidung getroffen hat, möglichst für die Kinder, die unbegleitet sind und an der griechisch-türkischen Grenze in unhaltbaren Zuständen dort campieren, eine Lösung zu finden, möglichst gesamteuropäisch oder innerhalb Deutschlands. Und ich bin sehr dankbar für die vielen Kommunen, die ihre Bereitschaft dort schon angezeigt haben, diesen Kindern in der prekären Situation zu helfen, aber die SOSKinderdörfer an sich jetzt als Ansprechpartner anzusehen, entspricht auch wohl nicht dem Gang der Jugendämter hier bei uns im Land.

Eine Nachfrage? Bitte, Frau Weißig.

Ja, also ich meine ja hauptsächlich, dass man also die Kinder, die jetzt krank sind und wirklich hilfsbedürftig sind, nicht für immer in SOS-Kinderdörfer bringt, sondern kurzfristig. Und es gab zu Kriegszeiten ja auch Kinder, die in Kinderlager gekommen sind, um aus dieser gefährlichen Zone rauszukommen, und das meine ich ja nur.

Ja, das ist die von mir angesprochene gesamteuropäische Lösung, die im Moment versucht wird, wobei ich der Bundesregierung dankbar bin, dass sie klargemacht hat, dass es auch ein Bündnis der Willigen geben kann, wenn es keine gesamteuropäische Lösung gibt, dass Deutschland an sich hilft. Wenn ich richtig informiert bin, handelt es sich um 1.000 bis 1.500 Kinder, die dort allein unterwegs sind, hauptsächlich Mädchen, und die dann aufzunehmen auch in Mecklenburg-Vorpommern und Hilfe zu leisten, ist dann auch angezeigt, wenn es keine gesamteuropäische Lösung gibt.

Vielen Dank, Frau Ministerin!

Weitere Fragestellungen liegen mir nicht vor. Damit sind wir am Ende der heutigen Befragung der Landesregierung.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus haben in unserer Gesellschaft keinen Platz, Drucksache 7/4748. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/4786 vor.

Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus haben in unserer Gesellschaft keinen Platz – Drucksache 7/4748 –

Änderungsantrag der Fraktion der AfD – Drucksache 7/4786 –

Das Wort zur Begründung des Antrages auf Drucksache 7/4748 hat der Abgeordnete Herr Barlen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Es gibt keine Begründung. Es ist der erste Redebeitrag. Es gibt keine Begründung. Es ist die erste Rede.)

Wir machen fünf Minuten Auszeit.

Unterbrechung: 9.31 Uhr

__________

Wiederbeginn: 9.34 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung und führe fort.

Ich habe im Rahmen der bevorstehenden Debatte gehört, dass das Wort zur Einbringung nicht gewünscht wird.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 58 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Und das Wort hat für die Fraktion der SPD Herr Barlen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir gedenken. Wir gedenken Ferhat Unvar, wir gedenken Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun, Said Nesar Hashemi, Fatih Saraçoğlu und auch der Mutter des Attentäters von Hanau, die zu den Opfern zählt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir gedenken der Toten und der Verletzten des rassistischen Mordanschlages von Hanau. Hass tötet – daran kann kein Zweifel bestehen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Ann Christin von Allwörden, CDU)

Allen, meine Damen und Herren, die durch rassistische Gewalt, die durch politische Gewalt getötet und verletzt wurden, allen, die Angehörige und ihnen nahestehende Menschen verloren haben, ihnen gilt unser ehrendes Andenken und unsere aufrichtige Anteilnahme. Wir sind

auch als Landtag Mecklenburg-Vorpommern geeint in Trauer und wir sind gewillt, gemeinsam gegenzuhalten.

Einen Moment! Einen Moment bitte, Herr Barlen!

Ich möchte Sie an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es nicht in Ihrem Ermessen liegt beziehungsweise Ihre Aufgabe ist, eine Gedenkveranstaltung hier durchzuführen, und würde Sie bitten, zur Rede zu kommen.

Wir werden gegenhalten durch eine entschlossene Verteidigung unserer freiheitlichdemokratischen und solidarischen Grundwerte – Werte, meine Damen und Herren, die ein friedliches Miteinander in unserer Gesellschaft überhaupt erst möglich machen. Gemeinsam stehen wir mit all unseren Verbündeten in der Zivilgesellschaft Seite an Seite gegen Terror, gegen Rassismus, gegen Antisemitismus, gegen Menschenfeindlichkeit und Gewalt. Alle Menschen, meine Damen und Herren, die von Rassismus, von Hass und von Hetze bedroht sind, die können sich auf die Solidarität des Landtages Mecklenburg-Vorpommern von der SPD, von der CDU und von den LINKEN verlassen. Opfer jeder Form von Menschenfeindlichkeit und politischer Gewalt, aber auch jene, die sich für unsere offene Gesellschaft starkmachen und die erst durch dieses Engagement für unsere Demokratie ins Visier der Demokratiefeinde geraten, die brauchen unseren Schutz und die brauchen ein höchstes Maß an Unterstützung.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Torsten Renz, CDU)

Opferschutz und auch die Opferberatungen müssen neben den bereits bestehenden hervorragenden zivilgesellschaftlichen Angeboten auch staatlicherseits gestärkt werden. Eingeschüchterte und bedrohte Frauen und Männer, die sich für unser friedliches Zusammenleben engagieren, müssen das gute Gefühl haben, von einer ganz großen Mehrheit ihrer Mitmenschen und auch vom Staat geschützt, gestützt und getragen zu werden.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Ann Christin von Allwörden, CDU)

Meine Damen und Herren, gemeinsam müssen wir daher entschlossen die Ursachen von Rassismus und von Gewalt bekämpfen, nicht nur in der Politik, in den Institutionen, überall, in der gesamten Gesellschaft. Jede Verbreitung von Hass, von Unwahrheiten, die Gift für unser Zusammenleben sind, lehnen wir strikt ab. Wir verurteilen sie als das, was sie sind – sie sind Quelle und Katalysator für Rassismus und für Gewalttaten gegen friedliche Mitmenschen von uns. Kassel, Hanau, Halle – wir alle verbinden mit diesen drei Städtenamen heute hier im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern gezielte Angriffe auf unser friedliches Zusammenleben. Entschlossen und überall gegen jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit einzutreten, meine Damen und Herren, heißt definitiv auch, jene beim Namen zu nennen, die Menschenfeindlichkeit gezielt schüren, um daraus eigenes politisches Kapital zu schlagen.