Meine Damen und Herren, gemeinsam müssen wir daher entschlossen die Ursachen von Rassismus und von Gewalt bekämpfen, nicht nur in der Politik, in den Institutionen, überall, in der gesamten Gesellschaft. Jede Verbreitung von Hass, von Unwahrheiten, die Gift für unser Zusammenleben sind, lehnen wir strikt ab. Wir verurteilen sie als das, was sie sind – sie sind Quelle und Katalysator für Rassismus und für Gewalttaten gegen friedliche Mitmenschen von uns. Kassel, Hanau, Halle – wir alle verbinden mit diesen drei Städtenamen heute hier im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern gezielte Angriffe auf unser friedliches Zusammenleben. Entschlossen und überall gegen jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit einzutreten, meine Damen und Herren, heißt definitiv auch, jene beim Namen zu nennen, die Menschenfeindlichkeit gezielt schüren, um daraus eigenes politisches Kapital zu schlagen.
Meine Damen und Herren, die AfD setzt auf Spaltung, die AfD attackiert Moral und Werte, die AfD macht ganze Bevölkerungsgruppen verächtlich, die AfD argumentiert rassistisch, die AfD verbreitet Verschwörungstheorien. Das alles verstößt gegen ganz grundlegende Spielregeln eines demokratischen Miteinanders.
Das alles dient einzig und allein dazu, den gesellschaftlichen Frieden Stück für Stück zu zersetzen und aufzulösen. Die Entgrenzung unseres gesellschaftlichen Diskurses ist das eigentliche Ziel, das verfolgt wird, und dagegen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir uns wehren, und das tun wir auch. Das tun wir heute und alle Tage.
Und dazu, meine Damen und Herren, passt auch die Eilmeldung des heutigen Morgens, die vor wenigen Minuten über die Ticker gegangen ist. Demnach solle der von AfDMitgliedern gegründete „Flügel“ für den Verfassungsschutz nun offiziell zu einem Beobachtungsfall werden. Heute um 11.00 Uhr gibt es dazu eine Pressekonferenz, wo der Verfassungsschutz darlegen wolle, warum er den Verdacht als bestätigt ansieht, dass es sich bei diesem „Flügel“ um eine rechtsextreme Bestrebung handelt.
Wenn wir, meine Damen und Herren, diesem rechtsextremen „Flügel“ der AfD selbigen stutzen wollen, dann haben wir alle Hände voll zu tun. Alleine beim letzten Treffen des „Flügels“ in Binz,
zu dem unter anderem auch MdL Professor Weber eingeladen hat – zumindest hat er auf Facebook eine entsprechende Kachel gepostet –, wurden neben vielen anderen auch zahlreiche hier anwesende Abgeordnete gesehen, angefangen beim Ex-Abgeordneten der AfD Arppe, bei den beiden MdL Jess und Grimm über den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Obereiner, darüber hinaus Komning von der AfD im Bundestag bis hin zum Fraktionschef der AfD höchstselbst Nikolaus Kramer.
Meine Damen und Herren, das sind nur die, die in Binz bei diesem Treffen des rechtsextremen Flügels nachweislich vor Ort waren, hier aus dem Landtag und aus dem Bundestag.
Wir haben es hier, meine Damen und Herren, mit einer AfD-Fraktion zu tun, in der die Sympathien für diese rechtsextremen Bestrebungen tatsächlich nicht nur in der Mitte, sondern direkt an der Spitze angesiedelt sind.
Und da, Herr Kramer, bekommen die aus Versehen geposteten Wehrmachtsbilder in einem Chat ja noch mal
eine ganz andere Bedeutung. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, von den LINKEN, von der SPD, dagegen stehen wir entschlossen und geschlossen.
Was geschehen kann, was geschehen kann, wenn die Demokratinnen und Demokraten einfach zu schwach sind, sich stabil und unnachgiebig gegen derlei Tendenzen zu wehren, das hat das Ende der Weimarer Republik gezeigt. Eine Kooperation mit der AfD ist für uns daher undenkbar, ausgeschlossen. Gleiches erwarten wir von unseren Kooperationspartnern inner- und außerhalb des Parlamentes. Wir dürfen diese Art der demokratiefeindlichen Politik nicht akzeptieren.
meine Damen und Herren, was ich zur AfD gesagt habe, ist wichtig, aber längst nicht alles, was nach Kassel, Halle und Hanau gegen Rassismus, gegen Antisemitismus, gegen Menschenfeindlichkeit und Gewalt passieren muss. Seitens des Staates muss entschlossen und noch entschlossener gegen die Feinde unserer freiheitlichdemokratischen Grundordnung vorgegangen werden, durch einen allerhöchsten Verfolgungsdruck zur Kontrolle, zur Zurückdrängung, zur Zerschlagung aller Neonazistrukturen hier im Land, durch die komplette und unmittelbare Entwaffnung aller Gefährder, durch einen rigorosen Umgang mit Verschwörungen wie „Nordkreuz“ und die schonungslose Aufklärung aller Beteiligten. Das ist eine repressive Seite, auf die eine wehrhafte Demokratie sich immer berufen können muss.
Meine Damen und Herren, auf der anderen Seite gilt es selbstverständlich, den Antirassismus zu befördern, Menschen starkzumachen, die Demokratie aktiv zu leben und unsere Strukturen nachhaltig zu stärken, die unser friedliches Zusammenleben möglich machen.
Das geht in Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise durch die Fortsetzung unseres erfolgreichen Landesprogrammes „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!“. Rassismus gilt es systemisch und systematisch zu bekämpfen – im Sport, auf der Arbeit, in den Schulen und Universitäten, in der Wirtschaft ebenso wie im Parlament. Und hierzu ist unser Landesprogramm und hierzu sind die Akteure, die dieses Landesprogramm in MecklenburgVorpommern leben, breit und bestens aufgestellt. Ich möchte den Frauen und Männern, die diese immense Aufgabe in den Regionen, in den Städten und Dörfern übernehmen, an dieser Stelle Respekt und unseren Dank zollen.
Für ganz Deutschland fordern wir die Verstetigung der Prävention. Die Förderung und die Verteidigung unserer Demokratie ist keine Projektaufgabe, sie ist eine Daueraufgabe, und deshalb braucht es auf der Bundesebene endlich – und die Gelegenheit ist nun wirklich gekommen – ein Demokratiefördergesetz.
Das hat das klare Ziel, dieses zivilgesellschaftliche Engagement gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit dauerhaft und zuverlässig zu fördern und zu unterstützen.
Meine Damen und Herren, unsere Demokratie braucht eine starke Basis, unsere Demokratie braucht eine klare Haltung und unsere Demokratie braucht eine feste Verankerung.
Dafür stehen wir seit über 150 Jahren und dafür stehen wir als demokratische Fraktionen von CDU, SPD und LINKEN gemeinsam. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Zunächst, lieber Kollege Barlen, bedauere ich, dass Sie Medienmeldungen hier so im Parlament ad hoc mal zur Frage stellen, weil es gibt für solche Sachen abgestimmte Verfahren. Und was der Verfassungsschutz entscheidet, ist keine politische Entscheidung, es ist eine Entscheidung, die aufgrund der jeweiligen Behörden stattfindet. Und dass wir heute Entscheidungen treffen werden, ist richtig. Das gilt für den Landesverfassungsschutz genauso wie für den Bundesverfassungsschutz. Und ich werde auch dementsprechend heute die Parlamentarische Kontrollkommission informieren, wenn der Zeitpunkt rangekommen ist. So viel vielleicht als Einleitung.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Der kann doch nichts für die Tickermeldungen. Das ist doch ein blöder Einstieg. So ein Unfug!)
Meine Damen und Herren Abgeordnete, im Abstand von jeweils vier Monaten haben uns seit dem Sommer letzten Jahres grauenhafte und bis tief ins Mark erschütternde Nachrichten aus unserem Alltag und hier und da auch aus der Lethargie geholt: der Mord an Walter Lübcke sowie die Anschläge auf unsere Mitmenschen in Halle und in Hanau. An und für sich ist es nicht falsch, diese Bluttaten als Einzelfälle darzustellen. So waren zwei der drei Täter den Sicherheitsbehörden vorher nicht bekannt. Sie waren in keine terroristischen Strukturen eingebunden, sie waren untereinander nicht vernetzt, haben nicht
Und auch die Betrachtungsweise, es handele sich um gestörte Persönlichkeiten, ist an und für sich richtig. Mir ist zumindest kein Mensch bekannt, der als psychisch unauffällig beschrieben wird, wenn er es zeitgleich mental schafft, das Gegenüber so zu entmenschlichen, dass er zur Waffe greift und ihn niederschießt. Aber das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eben nur ein Teil der Wahrheit und er blendet komplett den gesellschaftlichen Zustand aus, in dem wir uns leider seit einiger Zeit auch in diesem Land befinden.
Der Attentäter von Hanau mag irgendeinen wirren Quatsch über eine Fernsteuerung durch Geheimdienste, den destruktiven Islam und die Nichtleistungsfähigkeit ganzer Volksgruppen beziehungsweise die Reinrassigkeit und den Wert der Deutschen fabuliert haben, aber diese Gedanken und Haltungen sind eben nicht allein in seinem Kopf entstanden, sondern sie sind Ausdruck der ewigen Debatten ums Anderssein, des pauschalen Herabwürdigens ganzer Bevölkerungsgruppen, des ewigen Man-wirdja-noch-mal-sagen-dürfen, der andauernden Weltuntergangsszenarien, die in rechten Milieus identitätsstiftend sind, des Redens vom „Asyltourismus“ und „anderen Kulturkreisen“, der „Umvolkung“ und von einer „Invasion“.
Kommen Ihnen, meine Herren von der AfD-Fraktion, diese Muster bekannt vor? Ja, am Ende des Tages ist jeder Mensch, am Ende des Tages ist jeder Mensch, der imstande dazu ist, einen Mitmenschen zu töten, geistig kaputt, aber angesichts des gesellschaftlichen Zustands, in dem sich unser Land derzeit befindet, ist dies natürlich auch eine wunderbare Ausrede, um von der eigenen Verantwortung abzulenken. Kein Wunder, dass sich die Pressestatements der AfD in den letzten Wochen mehr wie Beiträge aus Fachmagazinen zur Neurowissenschaft lesen denn die Statements einer politischen Partei, der es in erster Linie um das Wohl des Landes und das friedliche Zusammenleben aller in unserem Land lebenden Menschen gehen sollte.
Aber der simple Verweis auf den geistigen Zustand der Täter verkennt, dass es bei einem gestörten Menschen auch einen Auslöser braucht, der ihn zu dieser Tat schreiten lässt. Und dieser Auslöser wurde bereits vor einiger Zeit in Gang gesetzt: all die ausgrenzenden Debatten, die geführt werden, und das Herbeifabulieren eines Untergangs des Abendlandes. Sprache, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine starke Waffe, und vielleicht ist es auch kein Zufall, dass das Wort „Auslöser“ auch den Abzug einer Waffe beschreibt.
Meine Damen und Herren, die Sprache, die in den vergangenen Jahren verwendet wurde, hat dazu geführt, dass geistig umnachtete Menschen sich in ihren Wahnvorstellungen bestätigt fühlen oder diese verstärkt werden. Die Sprache hat dazu geführt, dass aus Spinnern Täter wurden, die davon überzeugt sind, dass es Zeit ist, sich zu wehren. Wir müssen zum Wohle unseres Landes aufhören mit diesem Mist, und erst dann, meine Herren von der AfD, dürfen Sie im Umkehrschluss von uns erwarten, dass wir aufhören, uns von Ihnen zu distanzieren. Bislang lassen uns Ihre Worte und die Taten
einiger Leute in Ihren Reihen dazu nämlich überhaupt keine andere Wahl, und das ist auch Hintergrund des fraktionsübergreifenden Antrages, bei dem der Name Ihrer Fraktion selbstverständlich nicht auf dem Papier steht.
Ich bin mir bewusst, dass bei Debatten dieser Art gerne staatstragende Sätze erwartet und hinterher in den Medien wiedergegeben werden, aber eins liegt auf der Hand, diese Anschläge waren Anschläge auch auf die Gesellschaft, aber vor allen Dingen, in erster Linie sollten hier gezielt Menschen anderer Herkunft, anderen Glaubens und nur einfach anderen Aussehens getötet werden – die Urdefinition, wirklich die Urdefinition eines rassistischen Mordes. Und es wurde jemand getötet, der sich im Sinne unserer Werte und unserer Verfassung dafür eingesetzt hat, dass Menschen anderer Herkunft, anderen Glaubens und anderen Aussehens selbstverständlich einen Platz in unserer Gesellschaft haben.