Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 58 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Für die Landesregierung hat zunächst ums Wort gebeten der Minister für Inneres und Europa. Bitte schön, Herr Caffier.
Lieber Kollege Förster, dieser Antrag besteht im Kern ja eigentlich aus zwei Punkten, einmal die stärkeren Kontrollen der Außen- und Binnengrenzen und schärfere Sanktionen bei unerlaubten Einreisen. Beim ersten Thema komme ich allerdings nicht hinterher mit dem Zählen, wie oft wir Anträge zu diesem Thema sowohl hier im Plenarsaal als auch im Innenausschuss und auch mit Kleinen Anfragen haben, die in der Regel vom Kollegen Kramer gestellt werden. Es bleibt aber dabei: Für die Außen- und die Binnengrenzen ist nicht die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern zuständig.
Da können Sie noch so viele Anträge stellen, an den Fakten ändert das nichts. Auch da scheinen Sie sich nicht mit der Materie zu befassen, dafür ist der Bundesrat auch nicht zuständig.
Wieder und wieder haben wir auch schon darüber gesprochen, dass wir Frontex und damit unsere gemeinsamen Außengrenzen stärken. Wir haben das EU-TürkeiAbkommen, wir haben Kontrollen an und hinter den Bundesgrenzen. Die Bundesrepublik Deutschland macht alles, was sie im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten machen kann. Aber ab einem gewissen Punkt sind diesen Maßnahmen in einem freiheitlichen Deutschland und einem freiheitlichen freizügigen Europa auch einfach Grenzen gesetzt. Und diese Grenzen bildet – und Sie sind ja für Grenzen – das Schengener Abkommen, mit dem stationäre Grenzkontrollen bei gleichzeitiger Stärkung der EU-Außengrenzen abgeschafft wurden. Auch das ist ein Grundrecht.
Die Reisefreiheit beziehungsweise Freizügigkeit ist ein hohes Gut auf einem Kontinent, der bis vor 70 Jahren nichts anderes als Nationalismus und Gewalt kannte. Natürlich – das ist richtig – könnte man für totale Sicherheit sorgen, die Grenzen dichtmachen und jeden in Gewahrsam nehmen, der einem irgendwie verdächtig vorkommt, aber dann leben wir halt nicht in der EU, sondern dann sind wir in Nordkorea. Totale Sicherheit kann man haben, muss sich aber ernsthaft fragen, zu welchem Preis und in welchem Umfang der Aufgabe der Rechtsstaatlichkeit.
Natürlich schließt das nicht aus, dass man nachsteuern muss, wo das möglich ist, und wo man seine eigenen Werte nicht auf dem Altar der totalen Sicherheit opfert. So hat jeder Staat das Recht, darüber zu entscheiden, wer sich auf seinem Staatsgebiet aufhalten darf und wer nicht. Spricht der deutsche Staat, und da sind wir uns einig, ein Einreiseverbot gegen das Oberhaupt beispielsweise eines kriminellen Clans aus, muss es das dann auch gewesen sein. Wie Hohn kommt es uns vor, wenn dieselbe Person Tage später wieder an die Tür klopft, um einen erneuten Asylantrag zu stellen. Solche Folgeantragsteller sind natürlich problematisch, denn in den Köpfen der Menschen zeichnet sich ein Bild, in dem der Rechtsstaat sich auf der Nase herumtanzen lässt. Deshalb kann ich jede Initiative nur unterstützen – und die begleiten wir auch –, die die Verschärfung im Aufenthaltsgesetz an dieser Stelle vorsieht. Innerhalb der Innenministerkonferenz diskutieren wir solche Verschärfung, ob es nun um Mindestfreiheitsstrafen geht oder um andere Dinge. Das Signal muss klar sein: Das Hinwegsetzen über staatliche Verbote wird nicht geduldet, es drohen ernsthafte Konsequenzen.
Auch diskutieren wir, wie gesagt, bei einem Verstoß gegen des Wiedereinreisegebot über die Aufnahme eines Regelabschiebungshaftgrundes im Aufenthaltsgesetz, das, was Sie ja auch ansprachen. Danach muss jeder, der sich über ein Wiedereinreiseverbot hinwegsetzt, damit rechnen, sofort wieder in Abschiebungshaft genommen zu werden. Das ist eine Initiative, die vonseiten des Bundes ausgeht, die von uns auch unterstützt wird. Vor allem wird uns damit die konsequente Wiederabschiebung erleichtert. Auch deshalb errichten wir mit den anderen Nordländern die Abschiebungshafteinrichtung in Glückstadt. Und auch deshalb stehen mein Haus und auch das der Justizministerin im Austausch über eine Zwischenlösung, bis die Einrichtung in SchleswigHolstein ihren Betrieb aufgenommen hat.
Die Innenminister der Länder haben das Bundesinnenministerium damit beauftragt, entsprechende Änderungen im Aufenthalts- und Asylrecht zu prüfen und in die Gespräche mit dem Bundesjustizministerium einzutreten, weil beide Regelungen sind immer bedingt, dass sowohl Bundesjustizministerium als auch Bundesinnenministerium sich gleichzeitig verständigen. Und nachdem hierzu innerhalb der Bundesregierung eine Abstimmung stattgefunden hat, wird das Thema natürlich auch im Bundesrat auf uns zukommen. Dementsprechend gehe ich dann allerdings davon aus, dass so eine Regelung auch mehrheitsfähig im Bundesrat wird, jedenfalls will ich alles dafür tun. Insofern rennen Sie in der Frage offene Türen bei diesem Thema ein, mit dem wir bestimmte Regelungen dann abändern können.
Die eine oder andere Frage wird immer offenbleiben. Das wissen Sie auch immer wieder zu dieser Thematik. Wir haben ein Asylrecht, auf dessen Grundlage alle Entscheidungen getroffen werden. Diese Änderungen innerhalb des Asylrechtes bedürften einer Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag und die ist derzeit in keiner Weise absehbar. Deswegen ist es richtig, dass wir uns derzeit auf das beschränken, was möglich ist. Und wie gesagt, die Regelungen, die der Bundesinnenminister in der Frage anstrebt, werden von uns unterstützt und begleitet. Ich bin da auch mit ihm persönlich im engen Gespräch. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Werte AfD-Fraktion! Sie malen ja hier ein recht düsteres Bild von M-V und von Deutschland. Auch Ihre Anträge „Effektivere Rückkehrpolitik sicherstellen“ und „Abschiebungshaft in Justizvollzugsanstalten umsetzen“ suggerieren den Menschen in diesem Land, dass Migrantinnen und Migranten, dass Flüchtlinge immer und ausschließlich schwer kriminell, illegal und dazu auch noch Terroristen sind. Sie differenzieren nicht, Sie hetzen. Sie hetzen gegen Menschen und Sie hetzen Menschen in diesem Land auf. Noch dazu tun Sie so, als ob in diesem Bundesland Zustände wie im wilden Westen herrschen. Sie erzählen den Menschen, dass die Behörden unfähig seien, und Sie wundern sich, dass die Menschen das Vertrauen in Ämter, in Behörden, in Justiz, Polizei und Politik verloren haben.
Aber bleiben wir nun mal bei der Wahrheit! Als Opposition nutzen Sie Ihr legitimes Mittel der Kleinen Anfrage. Wenn Ihnen die Antwort der Landesregierung aber nun mal wieder nicht in den Kram passt, dann ignorieren Sie diese ganz einfach. Es macht sich wohl nicht so gut, wenn Sie in der Öffentlichkeit sagen müssten, oh sorry, wir haben uns da wohl geirrt, das ist nur so ein Gefühl der Unsicherheit. Die Wahrheit ist nämlich: Zum Stichtag 30. Oktober 2019 waren 0,276 Prozent aller Schutzsuchenden wiedereingereiste Asylbewerberinnen beziehungsweise Asylbewerber – 0,276 Prozent! Und nicht alle Wiedereinreisen sind verboten oder mit einer Sperre
belegt. Ein Beispiel wäre hier zum Beispiel der November 2019. 0,178 Prozent aller an den Grenzen und Flughäfen kontrollierten Ausländer hatten eine Wiedereinreisesperre – 0,178 Prozent! Was für ein Chaos beschwören Sie hier eigentlich herauf?! Und entdeckt wurde das durch Kontrollen an den Grenzübergängen und an den Flughäfen. Was wollen Sie also?
Meine Herren der AfD, kommen wir mal zum Punkt 2 Ihres Antrages. Sie wollen die Aktuelle Stunde des Deutschen Bundestages vom 8. November 2019 zum Fall Ibrahim Miri wie schlechten Eintopf einfach wieder aufwärmen. Ja, das kann man so machen, schont es doch auch noch Ihre eigene Denkarbeit, einfach abzuschreiben. Die Landesregierung soll sich also öffentlich den Bundesinnenminister mal so richtig vorknöpfen, mal so richtig zur Brust nehmen.
Auch das kann man machen, vor allen Dingen dann, wenn man sich gern zum Affen machen möchte. Ernsthaft kann man das nur fordern, wenn man, wie die AfDFraktion es stets praktiziert, Anfragen stellt und die Antworten einfach ignoriert.
Meine Damen und Herren, ganz offensichtlich entspricht die stetige Forderung nach Haft nicht mal Ihrer BundesAfD. Die AfD im Bundestag zum Beispiel redet vielmehr dauernd vom Asylrecht als „Gnadenrecht“ und dass unsere Asylpraxis für unsere „Dämlichkeit“ spreche. Und nun mal zur Erinnerung: Das unverbriefte Recht auf Asyl steht in unserem Grundgesetz. Es ist Bestandteil unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Das Recht auf Asyl ist die Konsequenz aus den Gräueltaten der Nazis, die Konsequenz aus millionenfachem Mord, millionenfacher Vertreibung und millionenfachem Wegsehen.
Unser Grundgesetz ist der Minimalkonsens unseres Staates. Wer auch nur einen Artikel als „Dämlichkeit“ unseres Volkes bezeichnet, disqualifiziert sich für jeglichen demokratischen Diskurs.
Werte Damen und Herren, wir als Linksfraktion und unsere Partei – und das ist bekannt – lehnen dieses Hau-abGesetz in Gänze konsequent ab und damit auch jeden Antrag, der dieses Gesetz noch verschärfen will. Statt Geflüchtete immer massiver unter Druck zu setzen, brauchen wir eine ernsthafte Bekämpfung der Fluchtursachen, wir brauchen humanitäre Bleiberechtsregeln und positive Angebote bei der Integration. Nicht weitere Haftgründe sind das Gebot der Stunde, sondern zum Beispiel Zuflucht für Kinder und die Aufnahme unbegleiteter Minderjähriger aus Griechenland. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Gäste! Einmal mehr nutzt die AfD die Gelegenheit, wieder unseren deutschen Rechtsstaat
in Zweifel zu ziehen und hier den Eindruck zu erwecken, als hätten wir die Scheunentore sozusagen für alle kriminellen Ausländer weit offen
und unsere rechtsstaatlichen Mittel würden nicht ausreichen, um diesem Übel beizukommen und ihm entgegenzuwirken. Wir sollen hier unter Punkt 1 mal wieder feststellen, dass die Außengrenzen nur unzureichend, unwirksam kontrolliert werden, sodass es zu vielfachen Einreisen und Asylfolgeanträgen führt.
sodass Sie, glaube ich, vorbeugen wollen, dass, wenn Sie wieder mit fragwürdigen Zahlen argumentieren, man dann nicht sofort die Glaubwürdigkeit überprüfen kann.
Einige Zahlen hat ja Herr Förster vorhin auch genannt, und am tollsten fand ich noch in der Einbringung von Herrn Förster die Aussage, dass die gesetzlichen Regelungen einfach auf dem Papier stehen, aber ja nicht umgesetzt werden, so ungefähr. Das finde ich sehr bemerkenswert, weil in Absatz 2 ja Sie genau neue weitere Rechtsgrundlagen möchten, nämlich in dieser Form, dass wir das Ansinnen vom Bundesinnenminister, generell – generell! – Ausländer, die mit Wiedereinreisesperre hier bei uns einreisen, in Haft nehmen zu können, unterstützen. Dafür ist der Bundestag zuständig. Dass Sie Ihrer Bundestagsfraktion da nichts mehr zutrauen oder nie was zugetraut haben, das registrieren wir hier auch, und Herr Gauland hat zurzeit ja noch ganz andere Probleme.
wir teilen Ihre Einschätzung unter Punkt 1 nicht und wir teilen auch nicht Ihre Auffassung, dass die Maßnahmen über die bestehende Rechtslage und das, was sowieso schon wieder angedacht ist, hinaus als erforderliche Maßnahmen notwendig sind.
Und was noch gar nicht zur Sprache gekommen ist – aber das haben Sie natürlich, das ist für Sie ja wahrscheinlich auch einfach so vom Tisch zu wischen –, auf Grundlage unserer gesetzlichen Regelungen hat unser Bundesinnenminister Maßnahmen eingeleitet Ende letzten Jahres, allerdings untergesetzlich, das reicht Ihnen vielleicht wieder nicht aus, auf dem Erlasswege, die dazu geführt haben, dass in den ersten vier Wochen der Wirksamkeit dieses Erlasses knapp über 100.000 Überprüfungen von einreisenden Ausländern stattgefunden haben zusätzlich, also man messbar mehr über die Bundespolizei hier in diesem Bereich tut, im Sinne der Um
setzung unserer Gesetze. Und aufgefallen ist dabei, dass 178 Ausländer tatsächlich, also Fälle aufgedeckt werden konnten von Personen, die trotz einer Wiedereinreisesperre nach Deutschland zurückkehren wollten. Wie gesagt, das wurde aufgedeckt. Die meisten von ihnen fielen übrigens an den Grenzen zu Frankreich und Österreich auf.