Der Herr hinten hat in dieser Diskussion darauf hingewiesen, dass es nicht sein kann, wenn Reden gehalten werden im Parlament, dass hier so ein Gegensturm sozusagen entsteht
und kaum zu verstehen ist, was da für Argumente vorgebracht werden. Ich dachte, darauf haben Sie sich bezogen, denn das fand ich einen wichtigen Einwurf, der auch von unseren Zuschauern – wir stellen ja alle Reden ins Netz – immer wieder erwähnt wird. Es ist tatsächlich so, die Zuschauer sind irritiert davon, dass hier in diesem Hause so miteinander umgegangen wird, denn es ist auch mein Gedanke gewesen. Viele von Ihnen sind natürlich schon länger hier und kennen das Spielchen, wie es hier auf dieser Showbühne läuft, aber wir sind als Neulinge darüber irritiert,
wir sind darüber tatsächlich irritiert, weil wir meinten, wir kommen ins Parlament und hier werden die Argumente ausgetauscht.
(Jochen Schulte, SPD: Da müssen, Herr Holm, aber auch Argumente kommen und nicht nur hohle Phrasen.)
Dazu gehört natürlich auch ein qualifizierter Zwischenruf, dazu gehört auch mal ein lustiger Zwischenruf, da bin ich völlig bei Herrn Kokert, das alles gehört dazu,
aber wenn ich mich hier vorne hinstelle und ein Schwall der Worte strömt mir entgegen, quasi eine Mauer an Verbalinjurien, dann ist hier irgendetwas nicht richtig. Wir sollten einander schon zuhören und die Argumente hören.
(Jochen Schulte, SPD: Herr Holm, ich habe gerade eine Frage gestellt. Das ist eine parlamentarische Gepflogenheit. Haben Sie nicht zugehört? – Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und Torsten Renz, CDU)
Hören Sie mir bitte wirklich einmal zu, statt ständig dazwischenzurufen! Ich habe es Ihnen doch erklärt, niemand hat etwas gegen qualifizierte Zwischenrufe oder mal ein Späßchen, dagegen spricht überhaupt nichts, aber wenn mir ein Dauerschwall entgegenschwirrt, wenn ich hier vorne rede, dann läuft hier etwas verkehrt.
Meine Damen und Herren, wenn Sie es ernst meinen mit dem fairen Debattieren, dann fangen Sie also bitte auch in diesem Hause damit an – gerne hart in der Sache, aber immer fair im Ton! Die Bürger werden uns allen dafür danken. Und mit etwas Geduld und guter Sacharbeit kehrt dann auch das Vertrauen in die Politik zurück. So wird es gemacht. Die AfD ist gerne dabei. – Danke schön.
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Tilo Gundlack, SPD: Wo ist denn Ihre Sacharbeit? Wo ist Ihre Sacharbeit?)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch von meiner Seite zuallererst einen herzlichen Glückwunsch an alle Frauen im Plenum, an alle Frauen, die rundherum hier ihren Dienst versehen, an alle Frauen draußen in Mecklenburg-Vorpommern, die jeden Tag gemeinsam mit uns dafür arbeiten, dass das Leben in Mecklenburg-Vorpommern vernünftig läuft. Ich glaube anzuerkennen, dass Männer und Frauen gleich sind und dass wir dafür arbeiten müssen, dass Gleichwertigkeit auch wirklich gelebt wird, das ist eine Aufgabe, der wir uns zu stellen haben, und eine Aufgabe, die bei Weitem noch nicht erfüllt ist. Insofern ist dieser Tag heute sehr wichtig.
Meine Damen und Herren, als ich den Titel der heutigen Aussprache gesehen habe, war ich etwas überrascht. In
der Tat, ich hatte nicht mit einer solchen Aktuellen Stunde gerechnet, aber ich fand die Ausführungen meines Kollegen Kokert interessant. Insofern kann man auch mal darüber reden. Wir alle miteinander werden ja in den nächsten Wochen und Monaten darüber zu streiten haben, was die richtigen Konzepte auf Bundesebene sind. Fakt ist aber, zuallererst reden wir im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern natürlich über die Landespolitik.
In einer Demokratie gehört es dazu, dass man einen gewaltlosen Machtwechsel akzeptiert. Dies ist Teil unserer humanistischen Gesellschaft, Teil unserer liberalen Gesellschaft, und das akzeptieren wir. Dass Menschen in freien, gleichen und geheimen Wahlen ihre Vertreterinnen und Vertreter wählen können, ist für uns gelebte Praxis. Es ist auf diesem Globus aber keine Selbstverständlichkeit und es war bis vor etlichen Jahren auch in Ostdeutschland noch keine Selbstverständlichkeit. Denn gerade wir Ostdeutschen wissen, dass zu freien, gleichen und fairen Wahlen auch das Auswählen gehören muss, und das gehört es ja heute.
Richtig ist, dass wir im bevorstehenden Wahlkampf auch befürchten, dass der Wahlkampf beispielweise durch sogenannte Fake News beeinflusst sein kann. Fake News beeinflussen Wahlentscheidungen, und wir haben gerade im amerikanischen Wahlkampf gesehen, was das am Ende bedeuten kann. Eine Demokratie kann sich medial auf eine Rutschbahn begeben, das müssen wir zur Kenntnis nehmen.
Auch in Deutschland hatten wir schon entsprechende Fälle. Ich erinnere daran, dass wir am 11. Januar des letzten Jahres den Fall „Lisa“ hatten, wo ein Mädchen über 30 Stunden verschwunden war und in den sozialen Netzwerken ein Shitstorm losgebrochen ist, der bis hin zum diplomatischen Parkett gereicht hat, indem sich der russische Außenminister dazu geäußert hat und so weiter, und so weiter. Zentrale Aussage in den sozialen Medien war, dass dieses Mädchen von Migranten entführt wurde und über 30 Stunden vergewaltigt worden ist. Das Ganze, das auf der einen Seite in den sozialen Netzwerken Fake war, erstunken und erlogen war, war auf der anderen Seite real, denn in sozialen Netzwerken ist beispielsweise zu Demonstrationen aufgerufen worden und es hat diese Proteste dann ja auch in der Realität gegeben. Am Ende wurde der Politik und den Medien vorgeworfen, sie würden gemeinsam ein Schweigekartell bilden.
Meine Damen und Herren, diese Dinge, diese Nachbeben in der Gesellschaft, sind anders als die Fakten – eben real. Wer am Ende den Medien oder der Politik ein Schweigekartell vorwirft, der arbeitet sich an der Glaubwürdigkeit der Medien, der arbeitet sich an der Glaubwürdigkeit der Politik und der arbeitet sich damit natürlich am Fundament der Demokratie ab. Das muss man an der Stelle ganz deutlich sagen. Aber vielleicht ist das ja auch genau das, was von denen, die das betreiben, gewünscht wird.
Vor diesem Hintergrund sollten wir alle miteinander dankbar sein, dass wir in Deutschland ein System von freien Medien haben. Das System nennt sich bei uns „Pressefreiheit“. Jeder kann zu jeder Zeit ein neues Medium herausbringen oder Dinge am Ende veröffentlichen. Wie hoch dieses Gut einzuschätzen ist, das spürt der Korrespondent der „Welt“ Deniz Yücel momentan am eigenen Leib – im wörtlichen Sinne. Glaubt denn wirklich
jemand ernsthaft, dass bei dem Mut, den beispielweise Deniz Yücel und seine türkischen Kollegen haben, sich die deutschen Kollegen zu einer Staatspresse degradieren lassen? Ich glaube das nicht. Vor diesem Hintergrund verbietet sich auch, dass man das Wort „Lügenpresse“ in den Mund nimmt.
Was für die kommenden Monate des Wahlkampfes bleibt, ist, dass – außer der Gefahr durch bewusste Falschmeldungen von innen und außen – diese Falschmeldungen den Bundestagswahlkampf beeinflussen. Ich hoffe und erwarte von den hier handelnden Politikern, dass wir, wenn irgendwelche abstrusen Meldungen in der Welt sind, gegenseitig eher den Telefonhörer in die Hand nehmen und den Gegenüber mal anrufen und nachfragen, was da los ist, als dass wir beispielsweise über die sozialen Medien zurückschlagen. Das wäre das beste Mittel, um einer Ablenkungsstrategie durch Fake News zu begegnen.
Meine Damen und Herren, zu einer fairen Debatte und einer politischen Auseinandersetzung gehört der gegenseitige Respekt. Kollege Kokert hat eben von einer Debattenkultur gesprochen. Richtig ist, meine Damen und Herren, auch bei uns sind im letzten Wahlkampf Plakate in Massen verschwunden. Die Scheiben meines Büros sind eingeworfen worden wie in anderen Büros auch, das gehört dazu. Und wenn der Kollege Holm sich hier hinstellt und Fairness einfordert, Kollege Holm, dann muss ich Ihnen sagen, dass Sie vielleicht in Ihrer eigenen Fraktion mit Ihren Mitgliedern einfach noch mal reden müssen.
„Vielen Dank, Stefan! Wir werden diesen roten Saustall ausräuchern und wer es zur rechten Zeit nicht ins nordkoreanische Exil geschafft hat, wird den Tag seiner Geburt verfluchen. Darauf mein Versprechen!“ Herr Holm, vielleicht kommen Sie noch mal nach vorne,
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Jochen Schulte, SPD: Das zum Thema „Verbalinjurien“.)
Meine Damen und Herren, Beleidigungen, Lügen und das In-die-Enge-Treiben des politischen Gegners, das alles soll es nicht geben. Die Bürger sollen in einem fairen Wettbewerb zwischen Programmen und zwischen Personen entscheiden. Für uns ist klar, im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern geht es zuallererst um die Landesthemen, um die Themen, die hier im Land relevant sind. Das erwarten die Bürger von uns zu Recht und dafür haben sie uns auch gewählt. – Besten Dank.
Früher machten sich die Menschen Luft am Stammtisch, zu Hause am Küchentisch und im Freundeskreis. Der Kreis derer, die so erreicht wurden, blieb überschaubar. Das findet heute natürlich auch noch statt, aber wir haben heute eine andere Situation. Falschmeldungen, Fakten, die unterschlagen wurden, Retuschieren von Bildern, alles nichts Neues.
Das gab es in der Geschichte, das gab es in Politik und Medien immer. Diese Mittel dienten der Täuschung und der Manipulation von Menschen genauso wie von Regierungen. Diese Mittel gehörten und gehören zu den Methoden von Informationskriegen. Zu diesen Mitteln gehört auch die Verbreitung von Hetze und Hass. Wir reden heute über Fake News, Hate Speech, alternative Fakten. Was ist das eigentlich, ein alternativer Fakt? Die postfaktische Interpretation sozialer und politischer Ereignisse hat in brisanter Geschwindigkeit unsere Wirklichkeit erreicht. Heute sind Hass und Lüge online gegangen, online wird weniger kritisiert, es wird vielmehr gehasst. Diejenigen, die sich nicht repräsentiert fühlen, haben durch das Internet die Möglichkeit, sich bemerkbar zu machen, und das auch sehr radikal.
Mit dem Internet und mit den sozialen Medien wurde ein Forum eröffnet, in dem in Sekundenschnelle viele, sogar Millionen Menschen weltweit erreicht werden können. Es gibt einen Unterschied zu früher, der Absender bleibt anonym. Er kann aus der Ferne hemmungslos hetzen, pöbeln und hassen. Alles, meine Damen und Herren, beginnt sehr früh, etwa mit dem Mobbing in der Schule. Deswegen und nicht nur aus diesem Grund kann nicht genug für Medienbildung und Medienkompetenz der Kinder getan werden.
Ich bin der Überzeugung – und da bin ich ganz bei Vincent Kokert –, wir müssen auch über unser Menschenbild sprechen. Es ist doch so, dass ich den anderen, ob Freund oder Feind, immer als Menschen achten sollte. Die Kraft des Argumentes muss entscheidend sein, nicht Zuneigung, Ablehnung, Liebe oder Hass. Und nicht nur im öffentlichen, auch im privaten Diskurs laufen tiefe Brüche durch die Gesellschaft. Sie alle können doch über Ihre Erfahrungen aus Ihrem Freundeskreis, aus Ihren Familien berichten über nicht selten die eigene Überhöhung und die Abwertung der Meinung des anderen. Es geht oft nicht um den Diskurs, sondern darum, den anderen zum Schweigen zu bringen.
Ja, Herr Holm, ein Satz kann Folgen haben. Ein Satz kann benutzt werden, um eigene Ziele bewusst herbeizuführen oder die eigene Entscheidung zu begründen. In dem besagten Satz, den Frau Dr. Schwenke formuliert hat, geht es um das Offensichtliche. Ein Zitat, Herr Krüger, haben Sie bereits vorgetragen, darauf kann ich verzichten.
Nun hat Björn Höcke, Ihr Kollege aus Thüringen, gestern formuliert, dass er an Hitler auch gute Seiten erkennen
kann. Dann steht schon die Frage, was wird denn hier verbreitet, auch wenn der Bundesvorsitzende der Jungen Alternative das klar benennt, und ich darf zitieren: „Ich sage diesen linken Gesinnungsterroristen, diesem Parteienfilz ganz klar: Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht – denn wir sind das Volk, liebe Freunde“. So weit das Zitat dieses Bundesvorsitzenden.
Aber ich kann noch eins hinzufügen: Ein AfD-Kreisvorstand aus Salzwedel sprach sich auf Facebook dafür aus, die Todesstrafe wieder einzuführen, damit die politische Führung in Deutschland an die Wand gestellt werden kann. Auch dazu fordere ich Sie auf, Stellung zu beziehen