Frau Bernhardt, ich danke Ihnen. Sie haben vollkommen recht, uns trennt in dieser Politik ein tiefer Graben.
Wir lehnen Kinderrechte im Grundgesetz ab, nicht, weil wir in irgendeiner Weise uns anlasten lassen, dass wir Kinder weniger ernst nehmen, dass uns das Wohl der Kinder weniger wert ist oder Kinder weniger wert sind. Wissen Sie, darum gehts ja gar nicht.
Die Kinderrechte sind in vielen Gesetzen hinreichend geschützt. Die Kinder sind übrigens auch Menschen und die Menschenrechte sind geschützt.
da sind wir uns wahrscheinlich völlig einig, aber damit, dass Sie das Kinderrecht in die Verfassung setzen, ändern Sie nichts daran. Ein Bild letzter Tage, dass ein Vater mit der Bierflasche in der Hand, die Mutter mit der Zigarette in der Hand mit dem Kinderwagen daherschoben und man sich dann Gedanken macht, natürlich, Gott, wenn man sich die beiden Gestalten ansah, was kann der Staat da machen, dass da die Verhältnisse sich verbessern.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Und was ist aus den deutschen Familien nur geworden, werden sie sich gefragt haben.)
dass es vielfach um die Verhältnisse in Familien geht, wo die Möglichkeiten, dort helfend oder korrigierend einzugreifen, sehr beschränkt sind. Und diese Probleme, das sind die wahren Probleme, und nicht, ob jetzt Kinderrechte in der Verfassung stehen. Dadurch ändert sich dort, wo den Kindern Leid geschieht, wo sie nicht hinreichend gefördert werden, gar nichts.
(Beifall vonseiten der Fraktion AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Eine wenig hilfreiche Argumentation, die Sie hier bringen. – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)
Ich verstehe Sie so – überspitzt, das habe ich schon angedeutet bei Kinderechten –, Sie würden auch hier wahrscheinlich Mitspracherechte der Kinder entdecken und entwickeln.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist doch völliger Quatsch, was Sie da erzählen! – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)
(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie wollen missverstehen, um Ihre verschrobene Ideologie hier zu verbreiten. – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir jetzt nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Die Fraktion der AfD hat gemäß Paragraf 91 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung zum Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/4439 eine namentliche Abstimmung beantragt.
Meine Damen und Herren, wir beginnen nun mit der Abstimmung. Dazu werden Sie vom Präsidium namentlich aufgerufen und gebeten, vom Platz aus Ihre Stimme mit Ja, Nein oder Enthaltung abzugeben. Damit Ihr Votum korrekt erfasst werden kann, bitte ich Sie, sich nach Aufruf, wenn möglich, von Ihrem Platz zu erheben und Ihre Stimme laut und vernehmlich abzugeben. Darüber hinaus bitte ich alle im Saal Anwesenden, während des Abstimmungsvorgangs von störenden Gesprächen Abstand zu nehmen.
(Die Abgeordneten Dr. Gunter Jess und Bert Obereiner werden nachträglich zur Stimmabgabe aufgerufen.)
Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme jetzt noch nicht abgegeben hat? – Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen und unterbreche die Sitzung für eine Minute.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die Sitzung und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. An
der Abstimmung haben insgesamt 58 Abgeordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 14 Abgeordnete, mit Nein stimmten 44 Abgeordnete. Es enthielt sich kein Abgeordneter. Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/4439 abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Sanktionen bei Hartz IV gegen Jugendliche und Erwachsene überprüfen, Grundsicherung neu justieren – Normenkontrollklagen einleiten, Drucksache 7/4340.
Antrag der Fraktion DIE LINKE Sanktionen bei Hartz IV gegen Jugendliche und Erwachsene überprüfen, Grundsicherung neu justieren – Normenkontrollklagen einleiten – Drucksache 7/4340 –
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 5. November dieses Jahres hat das Bundesverfassungsgericht zum dritten Mal seit 2007 die Hartz-IV-Gesetzgebung in einem weiteren Punkt als nicht rechtens erklärt. Ich darf daran erinnern, dass das erste Urteil des höchsten Gerichts der Bundesrepublik Deutschland gegen das SGB II im Jahr 2007 gefällt wurde und sich gegen das Konstrukt der Jobcenter richtete. Dieses Konstrukt wurde für grundgesetzwidrig erklärt und musste korrigiert werden. Das zweite Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2010 richtete sich gegen die Ermittlung der Regelsätze. Auch diese war und ist auch heute – nicht nur nach Auffassung meiner Fraktion – weiterhin grundgesetzwidrig.
Und nun also das Urteil vom 5. November, mit dem das höchste Gericht einen weiteren zentralen Punkt des Hartz-IV-Systems für grundgesetzwidrig erklärt hat, nämlich die Sanktionspraxis, wenn sie eine 30-prozentige oder aber eine noch höhere Kürzung zur Folge hat. Verhandlungsgegenstand waren jedoch lediglich die Sanktionen gegen Erwachsene und dabei auch nicht alle Sanktionsinstrumente in Gänze. Das stellen wir in unserem Antrag unter Ziffer I dar und leiten die Handlungserfordernisse entsprechend unter Ziffer II ab.
Es geht also um die Frage, ob die verschärften Sanktionen gegen Jugendliche grundgesetzkonform sind. Fraglich ist, ob ein einmaliges Meldeversäumnis, also eine geringe Verfehlung, mit einer Leistungskürzung in Höhe von zehn Prozent bestraft werden darf, wie es der Paragraf 32 des SGB II derzeit vorschreibt. Das wird in der Fachwelt schon lange diskutiert und von vielen Expertinnen und Experten als unverhältnismäßig angesehen. Und schließlich wollen wir geklärt haben, ob die Ermittlung der Regelsätze grundgesetzkonform erfolgt und damit letztendlich auch ihre Höhe sowie der Umfang der Leistungen dem Gedanken des Grundgesetzes entsprechen.
Streits zwischen dem Bund und den Ländern wurden, will ich gleich vorwegnehmen, all diese vermeintlichen oder tatsächlichen Verbesserungen entbinden nicht von der Pflicht gegenüber diesem Land und seinen Einwohnerinnen und Einwohnern, für eine rechtskonforme Gesetzgebung und für eine rechtskonforme Ausführung von Gesetzen Sorge zu tragen. Es nutzt alles nichts, wenn sich jahrelang vor der Wahrheit gedrückt wird, und es nutzt alles nichts, zum Nachteil Zehntausender Betroffener bei uns im Land schon seit einiger Zeit auf Zeit zu spielen. Und alles nutzt nichts, wenn wir nicht gewillt sind, Rechtssicherheit für alle Beteiligten herzustellen, Rechtssicherheit für Jobcenter, aber vor allem Rechtssicherheit für die Bedürftigen. Dieses Nichtwollen, dieses Zeitspiel macht die Menschen zu Recht wütend, und das führt zu Verdruss.
Mein geschätzter Kollege Henning Foerster hat in der 66. Sitzung dieses Landtages im Mai 2019 bei der letzten Befassung mit dem Thema hier im Hohen Haus auf die Widerspruchs- und Klagesituation an den Sozialgerichten hier im Land hingewiesen. Die Sozialgerichte sind überlastet und die Verfahren dauern viel zu lange. Meine Kollegen Jacqueline Bernhardt und Henning Foerster haben in den letzten Jahren immer wieder mit Kleinen Anfragen und hier im Landtag auf diese Belastung der Gerichte im Land durch Hartz-IV-Klagen und auch auf die lange, auf die viel zu lange Verfahrensdauer hingewiesen.