Also von daher, glaube ich, ist das Thema Rekommunalisierung hier an der Stelle, glaube ich, auch nicht richtig angebracht, weil, wenn wir uns mal anschauen die finanzielle Situation der Kommunen, die wir jetzt noch verbessern, aber ich glaube, es ist nicht so, dass wir am Ende des Tages die Kommunen in die Situation versetzen, dass sie in der Lage sind, wieder auch Krankenhäuser zu erwerben.
Und wenn ich mir das anschaue, der Kaufpreis in Schwerin, Helios seinerzeit, da hat Helios 150 Millionen Euro investiert, da fehlt mir ein bisschen Fantasie, wie Schwerin das mit hier auf den Weg bringen soll. Und auch die Trägerschaft des Krankenhauses, mit Verlaub, meine sehr verehrten Damen und Herren, bedeutet ja auch automatisch nicht mehr Kinderärzte, denn die Situation, dass es dort momentan keine Kinderärzte gibt, hat ja aus meiner Sicht sehr wenig mit der Trägerschaft zu tun. Ein kommunales Krankenhaus hätte wahrscheinlich ähnliche Probleme.
In diesem Sinne sollten wir nach meinem kleinen Exkurs zu dem, was uns trennt, dann in der Tat auch schauen, dass wir mit den Dingen, die uns gemeinsam bewegen – und da bin ich auch den Kommunalpolitikern aller Fraktionen dankbar, dass sie vor Ort auch den entsprechend Druck machen –, hier heute das Signal senden, dem Wirtschafts- und Gesundheitsminister ja auch den entsprechenden Rückenwind geben für die Gespräche mit dem Träger und schauen, dass wir das Thema dort vor Ort gemeinsam lösen. Und in diesem Sinne werbe ich ausdrücklich noch mal auch um Zustimmung zu dem gemeinsamen mehrfraktionellen Antrag. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 55 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat zunächst für die Landesregierung der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Herr Glawe.
Ja, sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist natürlich so, dass jetzt zwei Anträge auf dem Tisch liegen, einmal „Gesundheit darf keine Ware sein“ und „Kinder- und Geburtenstationen erhalten“, das ist sozusagen der Urantrag der LINKEN. Und jetzt gibt es ja noch einen interfraktionellen Antrag, einen Dringlichkeitsantrag mit dem Titel „Pädiatrische Versorgung und Geburtshilfe in Parchim sichern“.
Wenn man die Begriffe mal genau auseinanderdividiert, dann sind da auch zwei verschiedene Ansätze drin.
Sichern heißt, auch neue Konzepte zu entwickeln. Das könnte eine der Überschriften sein. Zweitens ist es so – lassen Sie mich noch zwei, drei Worte in die Geschichte richten –, seit 110 Jahren wird in Parchim eine Klinik betrieben, die immer die medizinische Versorgung der Bevölkerung sichergestellt hat. Und das Krankenhaus ist auch in der Notfallversorgung eingebunden und im Rettungsdienst. Dazu kommen die verschiedenen Abteilungen. Und es hat in den letzten Monaten in besonderer Weise Schwierigkeiten gegeben in der Pädiatrie und auch in der Gyn/Geb-Station.
Warum ist das so? Ich hatte schon mal gesagt vor einigen Wochen, ich habe noch nie erlebt in meiner Tätigkeit, zumindest solange ich an der Uni Greifswald war, dass fünf Ärzte auf einmal krank sind oder kündigen und sechs Wochen später keiner mehr da ist. Das habe ich in meiner beruflichen Zeit nie erlebt. Also spricht es dafür, dass wir insgesamt mit der Klinikleitung sprechen müssen, und zwar mit der gesamten Klinikleitung, dem ärztlichen Bereich, dem kaufmännischen Bereich und mit dem Pflegebereich. Das sind die Ansätze, an die wir natürlich in besonderer Weise rangehen wollen.
Und Frau Bernhardt hat was Richtiges gesagt. Es gibt eine Empfehlung der Ärztekammer, wo es in besonderer Weise darum geht, die Frage zu beantworten, wie sichere ich einerseits die Geburtenstation, damit sozusagen die Geburten von Kindern, und andererseits, wie kriege ich es abgesichert, dass Pädiater da sind, falls es Schwierigkeiten oder schwerere Entbindungen sind, dass auch dort Pädiater tätig sind. Das wird eine der entscheidenden Fragen in der nächsten Woche sein, um insgesamt die Dinge zu besprechen. Wenn man aufeinander zugeht, bin ich der Überzeugung, dass wir Lösungen finden, die dazu führen, dass wir die Geburtenstation fortführen werden und dass wir auch im Bereich der Pädiatrie eine Lösung finden. Dazu finden zurzeit Gespräche demnächst mit den Krankenkassen statt, allerdings jetzt schon mit der Ärztekammer und mit der Kassenärztlichen Vereinigung. Wir haben einen Vorteil in Parchim, wir haben ein Medizinisches Versorgungszentrum. Von daher sind Pädiater da.
Jetzt muss man sehen, wie man die Dinge zusammenbringt, und auch die Frage muss beantwortet werden, wie viele Betten braucht die Pädiatrie wirklich. Wenn Sie sich die Verweildauer ansehen oder die Belegung von Betten, dann ist das eine Frage, die auch mit der Hausleitung besprochen werden muss, und dann müssen wir natürlich in besonderer Weise auch in die Planungsbeteiligtenrunde, um Lösungen zu erarbeiten. Die Planungsbeteiligtenrunde ist vorgesehen für die erste Dezemberwoche. Daraus werden dann Gespräche mit allen an der Planung Beteiligten abgeleitet. Und es wird darauf ankommen, wie wir insgesamt auch dem Wunsch und dem Willen … Und die Forderungen sind ja auf der Straße da, es ist ja nicht so, dass das in Parchim nicht wahrgenommen wird.
Wir sind etwas weiter weg, aber nichtsdestotrotz ist die Bevölkerung verunsichert. Die Bevölkerung möchte eine gute medizinische Versorgung insgesamt gesichert sehen. Und dazu gehören natürlich auch die Versorgung im Kinder- und Jugendbereich und die Frage von Geburten. Bei Geburten kann man heute sagen, eigentlich erfüllt Parchim heute noch die Qualitätskriterien übers Jahr. 300 Geburten ist etwa die Zahl, die auch bei den Planungsbeteiligten toleriert wird, um die Frage der Qualität
zu beantworten. Bei der Frage „Behandlung von Kindern und Jugendlichen“ kann man ganz klar sagen, dass wir dort wahrscheinlich eine neue Lösung brauchen. So stellt sich das jedenfalls heute dar. Ich will jetzt nicht weiter ins Detail einsteigen. Und das will ich natürlich mit Asklepios insgesamt dann auch besprechen.
Wichtig scheint mir, dass hier auch noch mal gesagt wird, die Landesregierung hat in den letzten 30 Jahren unter den verschiedenen Gesundheitsministern 45,5 Millionen Euro in Parchim investiert, also um OPs zu gestalten, um vernünftige Aufenthaltsbedingungen zu schaffen, kleinere Patientenzimmer einzurichten. Auch Medizintechnik sozusagen konnte angeschafft werden. All das sind Dinge, die in Parchim dazu gereichen, dass auch ein Linksherzkathetermessplatz vorhanden ist und dass man insgesamt, denke ich, eine sehr gute Grund- und Regelversorgung sichern kann.
Jetzt geht es allerdings um die Frage, wie ist das Personal aufgestellt und wie schaffen wir es auch, Schwestern, die eine hohe Qualifikation haben, an dieses Haus zu binden. Ich bin sehr davon überzeugt, wenn wir Ärzte, die Facharztabschlüsse haben, oder auch Assistenten, die zur Ausbildung herangehen – mir ist jedenfalls bekannt, dass zurzeit zwei Ärzte vor der Facharztprüfung, einer in Pädiatrie und einer in Gynäkologie, stehen –, wenn man die auch überzeugen kann, in Parchim zu bleiben, haben wir schon eine weitere Lücke geschlossen.
Also ich will mich jetzt gar nicht weiter äußern. Ich finde den Dringlichkeitsantrag hervorragend. Wichtig ist, dass die Politik in dieser Frage auch ganz klar sagt, was sie erwartet, und sie erwartet, dass die 37 Krankenhausstandorte in Mecklenburg-Vorpommern erhalten bleiben. Dazu gehört Parchim. Dafür will ich mich einsetzen. Ich verspreche Ihnen, so lange zu verhandeln, bis alle überzeugt sind.
Genau, dass das Ergebnis passt. Und wenn es passt, dann bin ich natürlich sehr schnell bereit – das habe ich auch gesagt –, Anfang Januar die Entscheidung öffentlich zu machen, in welche Richtung es gehen wird.
Von daher vielen Dank, Frau Bernhardt. Dass Sie mir so viel Glück wünschen, hätte ich gar nicht erwartet von den LINKEN,
aber das ist vielleicht diesmal sogar ehrlich gemeint. Es wird einige Nächte wahrscheinlich an Schweiß und Tränen bringen. Sie wissen ja auch, ich muss Krankenkassen überzeugen mitzumachen,
Ja, die haben schon was gehört, was ich will. Das ist das Problem. Aber bis jetzt sind wir immer miteinander klargekommen, und ich denke, auch in dieser Frage wird es
eine Einigung geben, wenn einerseits die Politik mitmacht und andererseits auch die Krankenkassen sehen, dass die ländlichen Räume versorgt werden müssen. Und daran werden wir arbeiten. Und jetzt geht es darum, mit der Geschäftsleitung, also, noch mal, mit dem ärztlichen Direktor, mit den kaufmännischen Direktoren und mit der Pflege zu kommunizieren, um die Zukunft des Krankenhauses in Parchim zu sichern. Und ich habe mir auch vorgenommen – als letzten Satz –, mit dem Landrat zu sprechen, denn auch der Landkreis, glaube ich, hat ein Interesse daran, dass die Versorgung der Bevölkerung auch in Parchim sichergestellt wird. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute und verehrte Gäste! Wir debattieren heute zwar aus aktuellem Anlass, wie alle wissen, die Probleme in der Pädiatrie in Parchim, wir sollten dabei aber nicht vergessen, dass es im Grunde auch um Probleme der pädiatrischen Versorgung und der Geburtshilfe in Mecklenburg-Vorpommern geht. Ich darf nämlich daran erinnern, dass eine analoge Situation seit Langem Anlass für Bürgerproteste in Wolgast ist.
Deshalb möchte ich meinen Redebeitrag zunächst auf die pädiatrische Versorgungssituation in ganz M-V beziehen.
Zunächst möchte ich, wie schon gestern bei der Debatte über das Landarztgesetz, auf die existierende offizielle Datengrundlage aus 2018 laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung hinweisen. Danach weisen die KV-Regionen Hamburg, Bremen, Berlin und Sachsen mit einer Ärztedichte um 11 Kinderärzten pro 100.000 Einwohner die höchsten Werte auf. Danach kommen bereits Thüringen mit 10,2 und Mecklenburg-Vorpommern mit 9,9 Kinderärzten pro 100.000 Einwohner. Alle anderen Bundesländer weisen einen Durchschnittswert darunter auf. Der Anteil der weiblichen Kinderärzte ist in den drei Bundesländern Sachsen-Anhalt, Thüringen und MecklenburgVorpommern am höchsten. Mecklenburg-Vorpommern hat 71,9 Prozent. Bekanntermaßen hat das Auswirkungen auf die effektive Lebensarbeitszeit der Berufsgruppe der Ärzte.
Wie ich bereits gestern bei der Hausarztdichte erwähnte, ist die Heterogenität der Arztverteilung in den einzelnen Bundesländern teilweise sehr groß. Bei den Kinderärzten ist dies in Mecklenburg-Vorpommern besonders ausgeprägt. Heruntergebrochen auf die Kreise und großen Städte haben Schwerin mit 24,8 Kinderärzten bei 100.000 Einwohnern, Rostock mit 18,9 und der Landkreis Vorpommern-Greifswald mit 12,6 auch im bundesweiten Vergleich mit die höchsten Werte. Die geringste Arztdichte weisen tatsächlich die Landkreise Nordwestmecklen
burg mit 5,8 und – einsamer negativer Spitzenreiter – Ludwigslust-Parchim mit 5,1 Kinderärzten pro 100.000 Einwohnern auf. Diese Zahlen gelten alle für 2018, denn neuere gibt es in dem Bereich nicht.
Damit gehören diese beiden Landkreise in der Problematik „Kinderarztdichte“ zu den abgehängten in der Bundesrepublik. Hinzu kommt, dass in Ludwigslust-Parchim auch das Durchschnittsalter der Kinderärzte mit 55,5 Jahren einen Höchstwert in Mecklenburg-Vorpommern aufweist, obwohl der Anteil der tätigen Ärzte, die älter als 65 Jahre sind, wiederum geringer als in den anderen Landkreisen ist, das heißt, der wirkliche Durchschnitt ist relativ ungünstig.
Aufgrund dieser Datenlage ist festzustellen, der Landkreis Ludwigslust-Parchim ist ein Problemschwerpunkt bei der kinderärztlichen Versorgung in MecklenburgVorpommern. Das manifestiert sich in der aktuellen Situation in Parchim. Ähnliche Feststellungen gibt es aber in allen Regionen in Deutschland. Es ist ein bundesweites Problem. Sogar in Hamburg haben sich Eltern aus verschiedenen Stadtteilen über einen unzureichenden Zugang zum Kinderarzt beschwert, wie „Die Welt“ vom 10.01.2018 berichtet hat.
Über die Ursachen dieser desaströsen Situation in der Pädiatrie kann man prächtig streiten. Aus unserer Sicht sind folgende Faktoren dabei wesentlich:
Erstens die stiefmütterliche Behandlung des Fachgebiets Pädiatrie bei der Finanzierung sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich. Die DRG für stationäre Pädiatrien sind seit Jahren nicht auskömmlich. Niedergelassene Pädiater haben geringere Einkommen als ihre Berufskollegen anderer Spezialisierungen.
Zweitens ein wachsender Aufwand im Zusammenhang mit den Pflichtuntersuchungen und Impfaktivitäten bei Kleinkindern ohne zusätzliche Vergütung bei Pädiatern.
Drittens. Die Bedarfsplanungsrichtlinie aus dem Jahr 1993 für Kinderärzte entspricht nicht mehr der Realität. Die Zeit nach 1990 war durch einen Einbruch der Geburtenzahlen gekennzeichnet. Hier besteht dringender Handlungsbedarf für den zuständigen Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen. Da ist eine Anpassung dringend geboten.
Nun komme ich zu den vorliegenden Anträgen, zunächst zum Dringlichkeitsantrag von CDU und SPD. Der Antrag kann von uns voll…
Ah, DIE LINKE hat sich angeschlossen, ja, ist richtig, obwohl Ihr Antrag und der Antrag, über den wir hier sprechen, überhaupt nicht zusammenpassen.
(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das sind ja zwei verschiedene Ansätze. – Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist eine verbundene Aussprache, das ist so verabredet worden.)