Protocol of the Session on November 13, 2019

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig!)

Änderungsanträge anderer Fraktionen haben wir heute als Tischvorlage bekommen – den letzten von SPD und CDU um 11.11 Uhr.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Tärä! Tärä! – Heiterkeit und Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Weil wir aber im Gegensatz zur Koalition wissen, welche Änderungsanträge wir gestellt haben, und weil wir von ihrer Richtigkeit und von ihrer Notwendigkeit überzeugt sind und weil wir auch die Hinweise der Anzuhörenden ernst nehmen, deshalb stellen wir hier heute nochmals viele unserer Änderungsanträge zur Abstimmung.

Sehr geehrte Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf bleibt nun genau das, was die Anzuhörenden im Februar äußerten: Er bleibt ein unzureichendes Gesetz, er bleibt ein sinkendes Schiff, weil eben die Rettungsboote und Funkverbindungen fehlen und es nicht aufgetankt ist. Es bleibt ein Gesetz, das scheitern wird, weil die Ressourcen ungeklärt sind.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Und, sehr geehrte Damen und Herren, allein das Gesetzgebungsverfahren, was wir bis zum heutigen Tag erleben müssen, ist der Bedeutung des Schulgesetzes unwürdig. Die Koalition und die Landesregierung haben weitestgehend den Verband Bildung und Erziehung, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, die Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen ignoriert. Sie haben im großem Stil die Hinweise der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, des Städte- und Gemeindetages und des Landkreistages ignoriert. Sie ignorieren die Vorschläge des Landeselternrates, des Landesschülerrates, des Verbandes der Sonderpädagogen, der Schulleitungsvereinigung, des Verbandes der Grundschullehrer und, und, und.

So, sehr geehrte Damen und Herren, so geht man nicht mit den Frauen, Männern und Jugendlichen um, die sich Gedanken um dieses Land, Gedanken um eine gute Bildung für die Kinder machen!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

So geht man mit niemandem um! Auch deshalb werden wir den Gesetzentwurf, so, wie er hier vorliegt, natürlich ablehnen. Und ich beantrage im Namen meiner Fraktion, ihn in den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur zurückzuüberweisen,

(Vincent Kokert, CDU: Bitte nicht!)

eine Anhörung durchzuführen

(Vincent Kokert, CDU: Bitte nicht!)

und laut Paragraf 50 Absatz 3 der Geschäftsordnung eine Dritte Lesung zu beschließen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Butzki.

(Heiterkeit und Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und Torsten Renz, CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nach der sehr engagiert vorgetragenen Rede von Frau Oldenburg möchte ich jetzt einiges zum Schulgesetz noch mal geraderücken aus meiner Sicht

(Peter Ritter, DIE LINKE: Zu der Rede gibt es nichts geradezurücken!)

und auch noch mal die Position der SPD-Fraktion darlegen.

Die Ministerin, denke ich, hat das alles sehr gut dargestellt. Und die wichtigsten Punkte waren von diesem Schulgesetz: Inklusionsfrieden oder die Inklusionsstrategie soll mit diesem Gesetz umgesetzt werden. Viele Kräfte haben da mitgewirkt. Wenn ich mich zurückerinnere, 2011/2012 gab es eine Expertengruppe. Parallel dazu hat die Begleitgruppe getagt. Die hat einstimmig diese Empfehlungen weiterempfohlen. Es hat sich daran der politische Prozess angeschlossen. Die Fraktionen SPD, CDU, LINKE und DIE GRÜNEN haben zwei Jahre lang diskutiert und der Inklusionsfrieden kam dann zusammen zwischen SPD, CDU und DIE LINKE.

Wir haben dann in den Beratungen – ich denke, die sehr konstruktiv waren – festgelegt, dass die Umsetzung der Inklusionsstrategie zeitlich gestreckt werden soll, dass insgesamt mehr Fortbildung von Lehrkräften zur Verfügung, mehr Zeit dafür zur Verfügung steht. Das war eine große Kritik jetzt im letzten Jahr von den Schulen. Dass auch die sächlichen Voraussetzungen und baulichen Veränderungen gründlich vorbereitet werden, dass der Informationsfluss, das war auch eine Kritik, für Eltern, Schüler und Lehrer intensiver wird. Es gab irgendwelche Lücken dann immer auf dem Weg vom Ministerium, Schulamt – Schule beziehungsweise auch Ministerium, kreisliche Schulträger zu den gemeindlichen Schulträgern.

Was heißt es nun genau? Wir werden weiterhin Förderschulen haben. Also das, was die AfD sagt, es wird keine Förderschulen mehr geben, stimmt einfach nicht. Wir werden die Förderschwerpunkte geistige Entwicklung, Sehen, Hören, körperliche und motorische Entwicklung weiter vorhalten. Es wird weiter Unterricht für kranke Schüler und Schülerinnen geben als eine temporäre Beschulung. Und wir haben durchgesetzt, dass in jedem Schulamtsbereich eine Förderschule für emotionale und soziale Entwicklung vorgehalten wird.

Die überregionalen Förderzentren, ich will sie hier noch mal nennen: Neukloster –Sehen, Güstrow – Hören, Neubrandenburg – körperliche und motorische Entwicklungen, die vier ESE-Schulen werden zu überregionalen Kompetenzzentren ausgebaut. Dazu wird es noch 28 Schulen mit spezifischer Kompetenz geben, verteilt über das ganze Land, den Bedürfnissen der Schülerin

nen und Schüler angepasst, und damit wird auch eine wohnortnahe Beschulung ermöglicht.

In der Schulorganisation wird es Veränderungen geben. Wir haben gerade von der flexiblen Schuleingangsphase gehört, wo die Schulen entscheiden können, die Jahrgangsstufen 1 und 2 bis zu drei Jahre zu strecken, aber auch ein Jahr kann genutzt werden. Es werden aber weiterhin die Diagnoseförderklassen erhalten bleiben. Und der Unterricht kann auch oder das Lernen kann auch jahrgangsübergreifend stattfinden.

Neben der Schuleingangsphase wird es eine Schulausgangsphase geben, auch eine flexible. Und hier will ich daran erinnern, dass wir das freiwillige 10. Schuljahr hier festschreiben, dass Schüler, die eben länger brauchen, die Berufsreife zu erreichen, das 10. Schuljahr nutzen können beziehungsweise auch die Berufsreife dual, das heißt, dass Schüler, die die 7. Klasse haben, deren Schulabschluss gefährdet ist, das nutzen können.

Ein großes Problem haben wir bei uns in Deutschland. Seit einigen Jahren haben wir in Deutschland mehr Studierende als Auszubildende. Und das ist für den Wirtschaftsstandort Deutschland, denke ich, mit großen Problemen behaftet. Deshalb soll mit dieser Schulgesetzänderung die berufliche Ausbildung gestärkt werden. Auch in Gymnasien wird es neben der Studien- eine Berufsorientierung geben. Und wir haben es vorhin schon gehört, eine große Forderung auch in der Anhörung war, für die Schulträger von Kooperativen Gesamtschulen eine Neuregelung der Schulkostenbeiträge zu regeln, also die Wohnsitzgemeinden werden das für die Mittlere-Reife-Schüler machen und die Landkreise bleiben Finanziers für die gymnasiale Ausbildung.

Und mit dieser Schulgesetzänderung werden weitere Neuregelungen vorgenommen. Einige möchte ich noch mal nennen: Die Digitalisierung bringt viele Vorteile, aber auch Probleme. Ich denke da zum Beispiel gerade bei den Jugendlichen an die Plattformen Twitter, Instagram und Facebook. Und wir wissen, wie problembehaftet es sein kann: Hetze, Mobbing. Und deshalb wird erstmals bei uns in Deutschland in einem Schulgesetz Schutz gegen sexualisierte Gewalt und Mobbing im Rahmen des Schulprogramms festgehalten. Diesen Vorschlag der Ministerin haben wir gern aufgenommen und, ich denke, er ist auch sehr wichtig und wertvoll.

Zweitens. Der länderübergreifende Schullastenausgleich wird auch erstmals im Schulgesetz geregelt.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Nur für Ganztagsschulen.)

Natürlich muss es dann bilaterale Abkommen geben, zum Beispiel mit dem Land Brandenburg, damit Schüler aus Mecklenburg-Vorpommern dort beschult werden können. Gerade in grenznahen Regionen ist es sehr wichtig. Ich weiß, dass bei mir in Neustrelitz einige Schüler gerne ans Carolinum aus Fürstenberg gekommen sind, Land Brandenburg. Das wird hiermit geregelt.

Und für Sporttalente, wir haben es gehört, das war auch lange eine Forderung unserer Fraktion, dass die Sporttalente aus anderen Bundesländern, ob das Kanuten sind oder Boxer oder andere Sportler, bei uns an den Sportschulen dann lernen können und das Land die Kosten übernimmt.

Die Schulgirokonten wurden auch erwähnt. Ich weiß als Schulleiter, es war immer schwierig, solche Sachen zu machen. Die Lehrer waren dann immer in Grauzonen. Man hat dann so Schulfördervereine gehabt, die das übernommen haben. Das wird hier rechtssicher gelöst.

Und dann der Erwerb der Mittleren Reife, der war ja nun lange in der Diskussion. Viele Schüler, das wissen wir, wechseln von der Orientierungsstufe Richtung Gymnasium. Ein Teil der Mädchen und Jungen haben nicht die Empfehlung und erfüllen die Bedingungen, aber der Elternwille entscheidet. Dafür haben wir jetzt das Probejahr eingeführt und nicht das Probehalbjahr.

Und wir haben lange hin und her überlegt, und das haben wir ja auch verfolgt: Wie soll es jetzt am Ende am Gymnasium nach der 10.Klasse aussehen? Ohne Mittlere-ReifePrüfung gab es großen Widerspruch. Mit Mittlerer-ReifePrüfung gab es großen Widerspruch. Dann haben wir zusammen überlegt, wie machen wir das. Wir haben einen Beschluss – ohne Gegenstimme, möchte ich noch mal betonen, nach unseren Aufzeichnungen, ohne Gegenstimme – gefasst. Das heißt, Schüler, die die Fachhochschulreife haben, kriegen die Mittlere Reife zuerkannt.

Das war vor 14 Tagen. Daraufhin hat sich dann einiges in Bewegung gesetzt. Wir haben auch bei uns in der Fraktion ernsthaft diskutiert. Und Politik, denke ich, sollte auch den Mut haben, wenn Sie erkennen, dass es dann Probleme gibt und wir für die Schüler keine gerechte Lösung haben, darauf reagieren zu können. Das ging natürlich dann alles sehr kurzfristig und teilweise auch holprig vielleicht. Die Kommunikation hat auch nicht richtig gestimmt. Und, ich denke, wir haben jetzt einen Vorschlag gehabt. Ich hätte es auch lieber gesehen, dass man die Grenze ein bisschen anders eingezogen hätte. Der Koalitionspartner wollte ohne Versetzung und dann musste man sich einigen. Und wir haben uns geeinigt dann auf 3,9, und ich denke, die Lösung ist vertretbar. Ohne Prüfung mit …

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Zurufe von Marc Reinhardt, CDU, und Torsten Renz, CDU)

Okay. Die Versetzung ohne Prüfung nach Klasse 11, wenn die Bedingungen erfüllt sind.

Wir haben uns dann auf den Notendurchschnitt von 3,9 geeinigt. Alles, was schlechter ist, muss dann dementsprechend eine Prüfung machen.

(Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Und man muss dazusagen, Herr Reinhardt hat es vorhin gesagt, die meisten Bundesländer haben es. Und bei uns kam auch die Frage, warum wollen wir schärfere Bedingungen haben. Und ich denke, man kann hin und her überlegen. Auch eine Prüfung, eine verpflichtende Prüfung, was ja auch einige gefordert haben, konnte man auch überlegen. Aber bei uns ist die Prämisse, wir wollen am zwölfjährigen Abitur festhalten, und wenn wir zwingend dann eine Prüfung mit eingezogen hätten, wäre es gerade für die Schüler ein Verlust von mindestens zwei Monaten gewesen, sodass eine verpflichtende Prüfung da recht kompliziert war.

Ich will dann noch kurz weiter erwähnen, wir haben auch darauf reagiert, weil gesagt wurde, in der Anhörung ha

ben die überhaupt nicht reagiert. Es gab große Kritik bei der Schüler- und Elternmitwirkung, die Reduzierung von zwölf auf acht Personen. Das wurde auch relativ schnell geheilt. Die Überlappung, das wurde auch vorhin schon gesagt, das hat auch der Ausschussvorsitzende gesagt, darauf wurde auch reagiert.

Schulkostenbeiträge, die Regelungen für freie Träger, Herr Reinhardt hat die alle vorgestellt, die will ich jetzt nicht wiederholen. Wir haben, das wurde noch gar nicht so groß erwähnt, auch Anpassungen der DatenschutzGrundverordnung vorgenommen. Wir verankern die DGE-Standards für die Mittagsverpflegung in der Schule im Gesetz und setzen damit auch einen Landtagsbeschluss um.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Für Ganztagsschulen!)

Jetzt kann man sich streiten, kann, soll, muss. Also ich denke, wir haben eine vertretbare Lösung hier im Angebot.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Nur für Ganztagsschulen!)

Den Grundsatz, dass ein Gesetz so, wie es ins parlamentarische Verfahren geht, nicht rauskommt, das haben wir heute schon mehrfach gehört, ist …

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Mehr als eingehalten wurde der Grundsatz! Mehr!)