Protocol of the Session on September 6, 2019

Deswegen bitte ich darum, diesen Antrag in den Finanzausschuss zu überweisen. Es reicht vollkommen, den Finanzausschuss zu nehmen und dort zu beraten, ob wir nicht einen Vorschlag machen können, wie man auf Bundesebene dieses Gesetz ändert. Und ich bitte darauf zu achten, dass es zwischen 0 und 100 noch ganz viele andere Ziffern gibt. Das heißt, wir müssen nicht die volle Besteuerung oder eine besonders hohe Besteuerung empfehlen, aber man sollte darüber nachdenken, ob es nicht eine angemessene Besteuerung von solchen Gewinnen geben kann, um eben genau diesen Ausverkauf der Wirtschaft mit dem damit verbundenen Arbeitsplatzabbau und Know-how-Abfluss zu verhindern oder zumindest – es geht ja gar nicht darum, es zu verhindern – etwas zu reduzieren.

Was auch auf der Hand liegt und vielleicht noch angesprochen wird im Rahmen der Debatte, wären natürlich Gerechtigkeitsaspekte. Da kann es also sein, dass jeder seine 5 Euro Gewinn versteuern muss und nur solche großen Beträge – hier geht es ja um Millionen und Milliarden – steuerfrei bleiben. Das habe ich bewusst bisher ausgeklammert und möchte das auch gern weiterhin ausklammern, weil man da schnell in die Diskussion kommt, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Die Krankenschwester ist eben kein Konzern oder umgekehrt. Es geht hier ausschließlich, aus meiner Sicht, um die volkswirtschaftlichen Auswirkungen dieser Gesetzesreform von Gerhard Schröder. Und von der SPD ist zwar jetzt fast keiner mehr da, aber immerhin der Fraktionsvorsitzende noch, Herr Krüger.

(Thomas Krüger, SPD: Der hört auch aufmerksam zu.)

Der hört auch aufmerksam zu, wie immer, das weiß ich ja.

Ich bitte, wirklich auch noch mal intern zu überlegen innerhalb Ihrer Partei. Sie wissen, dass einige Reformen der damaligen Zeit am Ende kontraproduktiv waren. Dieses Thema ist anscheinend ein bisschen in Vergessenheit geraten innerhalb der SPD, wahrscheinlich, weil so wenige Menschen direkt davon betroffen sind. Und deswegen fordere ich Sie noch mal auf, in sich zu gehen und zu überlegen, ob wir da nicht etwas tun könnten und gerade als Mecklenburg-Vorpommern, als kleines Bundesland, als östliches Bundesland mal zeigen, dass wir uns nicht hinter dem Mond verstecken müssen, dass wir wissen, was in der Welt vor sich geht und was in Deutschland vor sich geht, und wir deswegen in der Lage sind, gute Vorschläge zu machen, auch wenn kein DAXKonzern bisher seinen Sitz in Mecklenburg-Vorpommern hat. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion Freie Wähler/BMV)

Vielen Dank, Herr Wildt.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 61 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Landesregierung der Finanzminister Herr Meyer.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD:

Wir sind nicht beschlussfähig! –

Dann müsst ihr das beantragen! –

Haben wir gerade. – Peter Ritter, DIE LINKE: Seid ihr vollzählig?

So was macht man, wenn die eigene

Truppe vollständig ist, ihr Pfeifen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es tut mir leid, Herr Meyer, dass ich Sie jetzt umsonst an das Mikrofon gerufen habe.

(Peter Ritter, DIE LINKE:

Ihr habt es ja nicht beantragt. –

Tun wir. –

Ihr schickt die

eigenen Leute raus, damit es nicht reicht.

Sonst wären sie doch alle da bei euch. –

So ein Blödsinn! –

Rechnen Sie

doch mal! Wie viele fehlen hier bei

uns und wie viele fehlen da?)

Ich unterbreche die Sitzung für fünf Minuten.

Unterbrechung: 12.35 Uhr

__________

Wiederbeginn: 12.37 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort. Wir befinden uns in der Aussprache.

Das Wort hat für die Landesregierung der Finanzminister Herr Meyer.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kommen wir also zur Debatte zurück.

Herr Wildt, Sie sehen, auch der Minister ist ein Sozialdemokrat, das wird hier vielleicht noch mal eine Rolle spielen.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: War das eben eine Drohung oder was?)

Natürlich könnte man meinen, dass nicht nur der Sozialdemokrat Meyer, sondern auch der Finanzminister Feuer und Flamme ist, wenn es darum geht, Steuerprivilegien, noch dazu für Großkonzerne, abzuschaffen. Aber sie werden jetzt keine flammende Rede von mir gegen die Globalisierung erleben. Darüber ließe sich trefflich streiten, auch mal in einer Diskussion an sich sicherlich, die man hier führen könnte. Aber es gibt, wie so oft, natürlich Ungereimtheiten im Steuerrecht. Und wenn wir damit

anfangen, können wir den ganzen Tag, vielleicht die ganze Woche darüber diskutieren.

(Heiterkeit und Zuruf von Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

Ich möchte vielleicht mal – Sie haben ja damit angefangen, Herr Wildt – über die historische Einordnung reden, also dass im Jahr 2000 darüber befunden wurde, diskutiert wurde, was hier vorliegt, nämlich die Steuerfreiheit bei der Veräußerung von Kapitalgesellschaften an andere Kapitalgesellschaften, und in welchem Kontext das zu betrachten ist. In der Tat unter einer rot-grünen Bundesregierung von Gerhard Schröder – aber durchaus volkswirtschaftlich betrachtet, weil damals gab es Artikel in den Zeitungen, wo die Bundesrepublik Deutschland als kranker Mann Europas galt, war sicherlich auch ein Erbe der Zeit von Helmut Kohl,

(Torsten Renz, CDU: Der Einstieg war gut. – Zuruf von Christoph Grimm, AfD)

ein Erbe der Zeit von Helmut Kohl – waren hohe Arbeitslosigkeit, die Wirtschaft im Strudel von New Economy, Rezessionen und drastische Steuereinbrüche, das heißt, die Frage, auch am Arbeitsmarkt sich Gedanken darüber zu machen, wie man mit dem Thema umgeht.

Also Sie sehen, es gelingt schon, Sie ein bisschen aufmerksamer zu machen, auch für dieses Thema. Was es damals gab, war so eine Art Deutschland AG. Das war die Bonner Republik. Für ausländisches Kapital war es schwer, am Standort Deutschland überhaupt Fuß zu fassen und für Beschäftigung zu sorgen. Das war Ausgangspunkt einer umfassenden Steuerreform. Und in der Tat kann man trefflich darüber streiten, wie ich finde, nicht volkswirtschaftlich, aber natürlich gesellschaftspolitisch, ob es ein Ziel ist, ausländischem Kapital sozusagen den Weg auf den deutschen Markt zu ebnen.

Tatsache war aber auch, dass viele Kapitalgesellschaften damals in Deutschland Kapital im Unternehmen belassen haben, das nicht mobilisiert wurde, zum Beispiel für Investitionen. Es blieb regelrecht ungenutzt an der Stelle. Und das waren sozusagen die historischen Antriebe, warum man damals diese Entscheidungen innerhalb der Bundesregierung getroffen hat. Das führte dazu, dass ab dem Jahr 2002 die Veräußerung von Beteiligungen steuerfrei gestellt wurde. Und jetzt muss man sich natürlich die Frage stellen: War das vom Zweck her erfolgreich oder nicht? Ich finde, schon.

Jetzt muss man über das Thema Globalisierung reden, aus der Perspektive des Jahres 2002. Wie stellen sich eigentlich deutsche Unternehmen auf innerhalb der EU, innerhalb der Weltgesellschaft, innerhalb globaler Märkte, ob man die jetzt gut findet oder nicht? Viele Unternehmen sind danach in der Globalisierung angekommen. Deutschland ist volkswirtschaftlich Profiteur von Globalisierung, ob wir das jetzt unbedingt unterstützen oder nicht. Aber ich will hier nicht den Populismus reden, dass man sich gegen Märkte nach außen abschotten soll, denn das würde – das haben Sie auch nicht getan, Herr Wildt – den Wohlstand in Deutschland eindeutig gefährden. Allerdings – und da kommt der Sozialdemokrat natürlich auch durch –, ein ungezügelter Kapitalismus darf nicht das Ergebnis sein, was wir gesellschaftspolitisch anstreben, und das muss sich dann auch bisweilen im Steuerrecht abbilden.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Die Sozialdemokraten streben ja diesen demokratischen Sozialismus an, ne?)

Der vorliegende Antrag unternimmt nun den Versuch, aus meiner Sichtweise, das Rad der Zeit zurückzudrehen. Das ist das eine, darüber kann man diskutieren, wie sozusagen heute diese Anwendung im Steuerrecht zu beurteilen ist, aber ich finde es problematisch, wenn man über eine Steuerreform redet und dann ein kleines Steinchen nimmt, einen Baustein, hier bei der Körperschaftsteuer, und das sozusagen zum Thema macht, für die Forderungen an die Landesregierung doch eine Bundesratsinitiative zu ergreifen. Ich finde, es macht wenig Sinn, meine Damen und Herren, ein Steinchen aus dem Gesamtkontext herauszunehmen und das zu debattieren. Deswegen sehen wir das als Landesregierung an der Stelle kritisch.

Ein zweiter Punkt: Auch über Steuersätze, Herr Wildt – Sie haben das gesagt –, kann man trefflich streiten, aber die Bundesregierung hat ja bereits 2004 nachjustiert und den Steuersatz dann auf fünf Prozent angehoben bei den Veräußerungen. Also Sie sehen, es ist nicht so, dass man einmal etwas beschlossen hat und das dann auf alle Ewigkeiten so lässt, sondern tatsächlich ist dort nachgesteuert worden. Wir halten das nach wie vor für angemessen als Landesregierung, und insofern können wir summa summarum nicht empfehlen, dem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD Herr Hersel.

Wertes Präsidium! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Verehrte Gäste und Zuschauer! Heute, zum Freitag, werden also die richtig heißen Eisen angepackt. Die Freie Wähler/BMV-Fraktion möchte endlich den Gordischen Knoten durchschlagen und den Bund zur großen Steuerreform auffordern. Ich rechne jetzt fest mit Dutzenden Einzelanträgen wie diesen beiden in der heutigen Tagesordnung.